Urteil vom Landgericht Freiburg - 12 O 19/16 KfH

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft (Ordnungshaft jeweils zu vollziehen an ihren Geschäftsführern) bis zu 6 Monaten für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung, insgesamt jedoch nicht mehr als 2 Jahren zu unterlassen

für ein vergoldetes Produkt wie folgt zu werben:

mit den Aussagen gemäß Anlage A:

a. "In Gold getaucht: ... Diese echte Rose ist natürlich gewachsen und auf dem Höhepunkt der Blüte in echtem Gold konserviert worden"

oder

b. "In mehreren aufwendigen Produktionsschritten wird die Pflanze mit dem Edelmetall (24 Karat) plattiert"

oder

c. "Echte Pflanze mit konservierendem Edelmetall-Mantel"

jeweils wenn die Goldauflage auf einen Metallunterbau aufgebracht ist.

Anlage A ergibt sich (auszugsweise) aus nachfolgender Abbildung:

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 246,10 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Oktober 2015 zu zahlen.

3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreit hat die Beklagte 1/3, der Kläger 2/3 zu tragen.

5. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 8 000 vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte im Kostenpunkt ohne Sicherheitsleistung. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,1-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

 
Gegenstand des Rechtsstreits sind wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche, die der Kläger, ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, gegen die Beklagte, einen Warenversender geltend macht. Es geht um die Bewerbung einer vergoldeten Rose wie Anlage K1.
Der Kläger trägt vor, mit den Angaben "Echte Rose für immer schön: 24 Karat vergoldet" täusche die Beklagte über die Beschaffenheit der Deko-Rose. Die Beklagte erwecke beim angesprochenen Verkehr den Eindruck einer Werthaltigkeit, die dem Produkt nicht zukomme. Denn die Deko-Rose sei lediglich mit einer hauchdünnen Goldschicht überzogen, deren Dicke kaum messbar sei und deren Materialwert im Cent-Bereich liege. Dabei seien die Wertungen des Gesetzes über den Feingehalt der Gold- und Silberwaren zu würdigen. Wenn also auf der Rose aufgrund ihres verschwindend geringen Goldanteils zur Vermeidung einer Irreführung des Verkehrs kein Feingehalt angegeben werden dürfe, selbst wenn er zutreffend wäre, sei es ebenso irreführend, wenn in der Werbung auf einen solchen Feingoldgehalt hingewiesen werde. Mit der beanstandeten Aussage verstoße die Beklagte außerdem auch gegen § 3 Abs. 2 UWG. Die Werbung richte sich an Verbraucher. Es entspreche nicht der unternehmerischen Sorgfalt, wenn die Beklagte ein Produkt, welches aus rechtlichen Gründen nicht mit einer Feingehaltsangabe versehen werden dürfe, mit einer solchen Feingehaltsangabe "24 Karat" bewerbe.
Die Beklagte täusche mit der Werbung des Weiteren darüber, dass eine echte Rose vergoldet worden sei. Tatsächlich sei die Rose nicht mit einer Goldauflage versehen. Die Goldauflage sei vielmehr auf einem Metallunterbau aufgebracht. Schneide man die Deko – Rose auf, ergebe sich, dass sie einen Metallkern besitze.
Schließlich werbe die Beklagte mit der Aussage, dass das Produkt mit einem Echtheitszertifikat ausgeliefert werde. Damit verstoße die Beklagte erneut gegen § 5 Abs. 1 UWG, weil sie den Eindruck erwecke, der Käufer erhalte ein von einer unabhängigen Stelle ausgestelltes Echtheitszertifikat.
Der Kläger stellt folgende Anträge, wobei er klargestellt hat, dass jeweils die konkrete Verletzungsform geltend gemacht werde und einmal offensichtlich versehentlich von "Echtmetall" die Rede ist anstatt "Edelmetall":
1. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, für ein vergoldetes Produkt wie folgt zu werben:
1.1. "St. Leonhard Echte Rose für immer schön: 24 Karat vergoldet, 28 cm", wenn dies geschieht wie in der Werbeanzeige gemäß Anlage A;
und/oder
1.2 mit den Aussagen gemäß Anlage A:
10 
„In Gold getaucht: ... Diese echte Rose ist natürlich gewachsen und auf dem Höhepunkt der Blüte in echtem Gold konserviert worden“
11 
und/oder
12 
"In mehreren aufwendigen Produktionsschritten wird die Pflanze mit dem Edelmetall (24 Karat) plattiert"
13 
und/oder
14 
"Echte Pflanze mit konservierendem Edelmetall-Mantel"
15 
wenn die Goldauflage auf einen Metallunterbau aufgebracht ist;
16 
und/oder
17 
1.3 mit Hinweisen auf ein "Echtheitszertifikat", wenn es geschieht wie in Anlage A, wenn dem Produkt ein Echtheitszertifikat gemäß Anlage B beigefügt ist;
18 
2. der Beklagten für jeden Fall einer schuldhaften Zuwiderhandlung gegen eine der Unterlassungsverpflichtungen gemäß Ziffer 1 ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000,- EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anzudrohen (Ordnungshaft jeweils zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten);
19 
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 246,10 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Oktober 2015 zu zahlen.
20 
Die Beklagte beantragt Klagabweisung.
21 
Die Beklagte stellt eine Irreführung in Abrede und weist darauf hin, dass das Gesetz über den Feingehalt von Gold- und Silberwaren vorliegend nicht anwendbar sei.
22 
Die Aussagen zum Herstellungsprozess seien weder wahrheitswidrig noch irreführend. Die Aussage echte Pflanze mit konservierendem Edelmetall-Mantel entspreche der Wahrheit. Dasselbe gelte für die Aussage in Gold getaucht. Aus Sicht des Verbrauchers sei dies erkennbar symbolisch gemeint, zumal der Herstellungsprozess unmittelbar an diese Aussage anknüpfend in dem Angebot ausführlich beschrieben werde. Es liege keine unwahre Angabe vor, das gelte selbst für den Fall, dass noch eine weitere Zwischenschicht auf der Rose zwischen Rose und Goldauflage aufgetragen wäre. Denn auch in diesem Fall wären die Angaben nicht wahrheitswidrig. Denn es würde sich weiterhin um eine echte Rose handeln, die in mehreren aufwändigen Arbeitsschritten mit echtem Gold konserviert worden wäre.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die Klage ist zulässig, jedoch nur hinsichtlich Antrag 1.2 nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG begründet.
25 
Zu Antrag 1.1:
26 
Die Parteien stimmen mit Recht darin überein, dass das Gesetz über den Feingehalt der Gold- und Silberwaren vorliegend nicht anwendbar ist. Eine analoge Anwendung scheidet aus (vergleiche BGH, Urteil vom 05. Mai 1983 - I ZR 47/81 -, juris - Feingoldgehalt).
27 
Die Anwendbarkeit der allgemeinen lauterkeitsrechtlichen Bestimmungen wird dadurch jedoch nicht ausgeschlossen. Allerdings kann der Beklagten eine Irreführung des Verbrauchers, wie sie der Kläger geltend macht, nicht vorgehalten werden.
28 
Der Kläger trägt nicht konkret vor, dass die Behauptung der Beklagten, die Rose sei mit 24 Karat vergoldet, unzutreffend wäre.
29 
Zu der Art der Goldlegierung macht die Beklagte in der angegriffenen Werbung keine weiteren als die zitierten Angaben. Der Kläger legt auch nicht dar, dass es unterschiedliche Arten von Goldlegierungen gäbe, über die hier getäuscht würde.
30 
Er macht lediglich geltend, auch eine objektiv wahre Angabe könne irreführend sein, was vorliegend aus den von ihm dargelegten Gründen zu bejahen sei. Die Beklagte täusche damit über den Wert der Rose. Sie suggeriere, die Rose sei aufgrund der Goldauflage besonders werthaltig. Dem Verbraucher sei nicht bekannt, dass der Goldwert bei vergoldeten Produkten aufgrund der minimalen Dicke der Goldauflage minimal sei.
31 
Dieser Argumentation kann das Gericht nicht folgen.
32 
Nach ständiger Rechtsprechung, an der sich durch die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken nichts geändert hat, kann auch eine objektiv richtige Angabe irreführend sein, wenn sie beim Verkehr, an den sie sich richtet, gleichwohl zu einer Fehlvorstellung führt, die geeignet ist, das Kaufverhalten oder die Entscheidung für die Inanspruchnahme einer Dienstleistung durch die angesprochenen Verkehrskreise zu beeinflussen. In einem solchen Fall, in dem die Täuschung des Verkehrs lediglich auf dem Verständnis einer an sich zutreffenden Angabe beruht, ist für die Anwendung des § 5 UWG grundsätzlich eine höhere Irreführungsquote als im Fall einer Täuschung mit objektiv unrichtigen Angaben erforderlich; außerdem ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Bei der Abwägung der maßgebenden Umstände, insbesondere der von einer Werbung mit objektiv richtigen Angaben ausgehenden Auswirkungen, der Bedeutung der Irreführung sowie dem Gewicht etwaiger Interessen der Verbraucher und der Allgemeinheit oder des Werbenden selbst sind auch Wertungen des Gesetzgebers sowie das verfassungsrechtliche und auch in Erwägungsgrund 6 der Richtlinie 2005/29/EG zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsgebot zu beachten (BGH, Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 219/12 -, juris - Medizinische Fußpflege).
33 
Insoweit ist zu beachten, dass das maßgebliche Verbraucherleitbild von dem angemessen gut unterrichteten und angemessen aufmerksamen und kritischen Verbraucher bestimmt wird. Deshalb wird der Verbraucher je nach den konkreten Umständen auch den für die Lieferung der Ware geforderten Preis in seine Überlegungen einbeziehen(vergleiche Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 21. Juni 2001 - 2 U 139/00 -, juris).
34 
Auch wenn der Verbraucher nicht weiß, dass bereits eine 1 Feinunze ≈ 31,10 Gramm Gold deutlich mehr als 1000 Euro kostet, so ist ihm doch bewusst, dass Gold ein sehr wertvoller Rohstoff ist. Verglichen hierzu ist der von der Beklagten angesetzte Preis von Euro 49,99 Preis für ein Produkt wie das Beworbene, das nicht nur aus einer Legierung besteht, sondern mit weiteren Herstellungs- und Transportkosten verbunden ist, geradezu geringfügig. Unter den konkreten Umständen kommt der Vergoldung für den Verbraucher keine entscheidende Bedeutung zu für die Frage, ob das Produkt werthaltig ist oder nicht.
35 
Andere Gesichtspunkte, aus denen sich zu Unrecht eine besondere Werthaltigkeit des beworbenen Produkts ergäben, trägt der Kläger nicht vor.
36 
Soweit der Kläger sich auf § 3 Abs. 2 UWG stützt, sind darüber hinausgehende Gesichtspunkte nicht erkennbar.
37 
Zu Klagantrag 1.2:
38 
Dieser Antrag ist wegen Irreführung des Verbrauchers begründet. Unstreitig befindet sich unter dem Goldüberzug ein Metallunterbau. Darunter befindet sich dann die Rose. Das die Beklagte in der angegriffenen Werbung den Herstellungsprozess einschließlich Zwischenschaltung eines Metallunterbaus wiedergegeben hätte, wird von ihr trotz Hinweises nicht konkret vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Selbst der angemessen aufmerksamen und informierte Verbraucher kann nicht wissen, dass, so der nicht bestrittene Vortrag des Klägers, ohne einen Metallunterbau eine solche Deko - Rose gar nicht hergestellt werden könnte. Die Beklagte beruft sich auch nicht auf ein anderweitiges Erfahrungswissen des aufgeklärten Verbrauchers. In Anbetracht der heutigen vielfältigen technischen Möglichkeiten darf der Verbraucher bei der Werbung der Beklagten erwarten, dass die Rose ohne Zwischenschaltung eines Metallunterbaus mit Gold überzogen (vergoldet) worden ist und dass die Stabilität der Rose auf andere Weise erreicht wird. Wie dies geschieht, ist für den Verbraucher (zunächst) nicht von Interesse. Nachdem die Rose in der angegriffenen Werbung lediglich bildhaft dargestellt ist und dem Verbraucher nicht im Original zur Verfügung steht, kann er nicht erkennen, dass die Rose nach ihrem massiven, in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Erscheinungsbild im Original tatsächlich einen Metallunterbau haben muss. Sämtliche angegriffenen Aussagen in Antrag 1.2 sind somit irreführend und unlauter.
39 
Zu Klagantrag 1.3:
40 
Eine Irreführung ist insoweit nicht erkennbar. Die Werbung mit einem Echtheitszertifikat besagt nicht, dass dieses Zertifikat von einer dritten Person ausgestellt ist. Die Begrifflichkeit eines Zertifikates setzt dies nicht notwendig voraus. Vielmehr stellt die Ankündigung, ein solches Zertifikat zu liefern, lediglich eine (rechtlich verbindliche) Erklärung dar, dass eine "Echtheit" - in welchem Sinne auch immer - garantiert werde. Mit der Frage, was hier überhaupt garantiert wird, beschäftigt sich der Kläger nicht. Es fehlt somit an Tatsachenvortrag, der es dem Gericht erlauben würde, den hier in der konkreten Verletzungsform geltend gemachten Verstoß unter anderen, ggf. denkbaren Gesichtspunkten zu würdigen. Eine Irreführung des Verbrauchers ist damit nicht dargetan.
41 
Die vorgerichtlichen Mahnkosten sind in voller Höhe begründet (§ 12 Abs. 1 S. 2 UWG) und im Übrigen auch unstreitig.
42 
Die Entscheidung beruht im Übrigen auf den §§ 92,709,708 Nr. 11,711 ZPO, 288 BGB.

Gründe

 
24 
Die Klage ist zulässig, jedoch nur hinsichtlich Antrag 1.2 nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG begründet.
25 
Zu Antrag 1.1:
26 
Die Parteien stimmen mit Recht darin überein, dass das Gesetz über den Feingehalt der Gold- und Silberwaren vorliegend nicht anwendbar ist. Eine analoge Anwendung scheidet aus (vergleiche BGH, Urteil vom 05. Mai 1983 - I ZR 47/81 -, juris - Feingoldgehalt).
27 
Die Anwendbarkeit der allgemeinen lauterkeitsrechtlichen Bestimmungen wird dadurch jedoch nicht ausgeschlossen. Allerdings kann der Beklagten eine Irreführung des Verbrauchers, wie sie der Kläger geltend macht, nicht vorgehalten werden.
28 
Der Kläger trägt nicht konkret vor, dass die Behauptung der Beklagten, die Rose sei mit 24 Karat vergoldet, unzutreffend wäre.
29 
Zu der Art der Goldlegierung macht die Beklagte in der angegriffenen Werbung keine weiteren als die zitierten Angaben. Der Kläger legt auch nicht dar, dass es unterschiedliche Arten von Goldlegierungen gäbe, über die hier getäuscht würde.
30 
Er macht lediglich geltend, auch eine objektiv wahre Angabe könne irreführend sein, was vorliegend aus den von ihm dargelegten Gründen zu bejahen sei. Die Beklagte täusche damit über den Wert der Rose. Sie suggeriere, die Rose sei aufgrund der Goldauflage besonders werthaltig. Dem Verbraucher sei nicht bekannt, dass der Goldwert bei vergoldeten Produkten aufgrund der minimalen Dicke der Goldauflage minimal sei.
31 
Dieser Argumentation kann das Gericht nicht folgen.
32 
Nach ständiger Rechtsprechung, an der sich durch die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken nichts geändert hat, kann auch eine objektiv richtige Angabe irreführend sein, wenn sie beim Verkehr, an den sie sich richtet, gleichwohl zu einer Fehlvorstellung führt, die geeignet ist, das Kaufverhalten oder die Entscheidung für die Inanspruchnahme einer Dienstleistung durch die angesprochenen Verkehrskreise zu beeinflussen. In einem solchen Fall, in dem die Täuschung des Verkehrs lediglich auf dem Verständnis einer an sich zutreffenden Angabe beruht, ist für die Anwendung des § 5 UWG grundsätzlich eine höhere Irreführungsquote als im Fall einer Täuschung mit objektiv unrichtigen Angaben erforderlich; außerdem ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Bei der Abwägung der maßgebenden Umstände, insbesondere der von einer Werbung mit objektiv richtigen Angaben ausgehenden Auswirkungen, der Bedeutung der Irreführung sowie dem Gewicht etwaiger Interessen der Verbraucher und der Allgemeinheit oder des Werbenden selbst sind auch Wertungen des Gesetzgebers sowie das verfassungsrechtliche und auch in Erwägungsgrund 6 der Richtlinie 2005/29/EG zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsgebot zu beachten (BGH, Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 219/12 -, juris - Medizinische Fußpflege).
33 
Insoweit ist zu beachten, dass das maßgebliche Verbraucherleitbild von dem angemessen gut unterrichteten und angemessen aufmerksamen und kritischen Verbraucher bestimmt wird. Deshalb wird der Verbraucher je nach den konkreten Umständen auch den für die Lieferung der Ware geforderten Preis in seine Überlegungen einbeziehen(vergleiche Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 21. Juni 2001 - 2 U 139/00 -, juris).
34 
Auch wenn der Verbraucher nicht weiß, dass bereits eine 1 Feinunze ≈ 31,10 Gramm Gold deutlich mehr als 1000 Euro kostet, so ist ihm doch bewusst, dass Gold ein sehr wertvoller Rohstoff ist. Verglichen hierzu ist der von der Beklagten angesetzte Preis von Euro 49,99 Preis für ein Produkt wie das Beworbene, das nicht nur aus einer Legierung besteht, sondern mit weiteren Herstellungs- und Transportkosten verbunden ist, geradezu geringfügig. Unter den konkreten Umständen kommt der Vergoldung für den Verbraucher keine entscheidende Bedeutung zu für die Frage, ob das Produkt werthaltig ist oder nicht.
35 
Andere Gesichtspunkte, aus denen sich zu Unrecht eine besondere Werthaltigkeit des beworbenen Produkts ergäben, trägt der Kläger nicht vor.
36 
Soweit der Kläger sich auf § 3 Abs. 2 UWG stützt, sind darüber hinausgehende Gesichtspunkte nicht erkennbar.
37 
Zu Klagantrag 1.2:
38 
Dieser Antrag ist wegen Irreführung des Verbrauchers begründet. Unstreitig befindet sich unter dem Goldüberzug ein Metallunterbau. Darunter befindet sich dann die Rose. Das die Beklagte in der angegriffenen Werbung den Herstellungsprozess einschließlich Zwischenschaltung eines Metallunterbaus wiedergegeben hätte, wird von ihr trotz Hinweises nicht konkret vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Selbst der angemessen aufmerksamen und informierte Verbraucher kann nicht wissen, dass, so der nicht bestrittene Vortrag des Klägers, ohne einen Metallunterbau eine solche Deko - Rose gar nicht hergestellt werden könnte. Die Beklagte beruft sich auch nicht auf ein anderweitiges Erfahrungswissen des aufgeklärten Verbrauchers. In Anbetracht der heutigen vielfältigen technischen Möglichkeiten darf der Verbraucher bei der Werbung der Beklagten erwarten, dass die Rose ohne Zwischenschaltung eines Metallunterbaus mit Gold überzogen (vergoldet) worden ist und dass die Stabilität der Rose auf andere Weise erreicht wird. Wie dies geschieht, ist für den Verbraucher (zunächst) nicht von Interesse. Nachdem die Rose in der angegriffenen Werbung lediglich bildhaft dargestellt ist und dem Verbraucher nicht im Original zur Verfügung steht, kann er nicht erkennen, dass die Rose nach ihrem massiven, in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Erscheinungsbild im Original tatsächlich einen Metallunterbau haben muss. Sämtliche angegriffenen Aussagen in Antrag 1.2 sind somit irreführend und unlauter.
39 
Zu Klagantrag 1.3:
40 
Eine Irreführung ist insoweit nicht erkennbar. Die Werbung mit einem Echtheitszertifikat besagt nicht, dass dieses Zertifikat von einer dritten Person ausgestellt ist. Die Begrifflichkeit eines Zertifikates setzt dies nicht notwendig voraus. Vielmehr stellt die Ankündigung, ein solches Zertifikat zu liefern, lediglich eine (rechtlich verbindliche) Erklärung dar, dass eine "Echtheit" - in welchem Sinne auch immer - garantiert werde. Mit der Frage, was hier überhaupt garantiert wird, beschäftigt sich der Kläger nicht. Es fehlt somit an Tatsachenvortrag, der es dem Gericht erlauben würde, den hier in der konkreten Verletzungsform geltend gemachten Verstoß unter anderen, ggf. denkbaren Gesichtspunkten zu würdigen. Eine Irreführung des Verbrauchers ist damit nicht dargetan.
41 
Die vorgerichtlichen Mahnkosten sind in voller Höhe begründet (§ 12 Abs. 1 S. 2 UWG) und im Übrigen auch unstreitig.
42 
Die Entscheidung beruht im Übrigen auf den §§ 92,709,708 Nr. 11,711 ZPO, 288 BGB.

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