Urteil vom Landgericht Hamburg (3. Kammer für Handelssachen) - 403 HKO 30/15

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere EUR 3.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2014 zu zahlen.

1. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

1. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 15 % und die Beklagte 85 %.

1. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

1. Der Streitwert wird auf EUR 39.281,83 festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte nach der Kündigung einer stillen Beteiligung auf Zahlung in Anspruch.

2

Die Beklagte ist eine Anlagegesellschaft, die das von ihr erworbene Alten- und Pflegeheims „A. S.“ in A./ T. hat herrichten lassen, um es an eine Betreibergesellschaft zu vermieten. Der Kläger beteiligte sich im Hinblick hierauf mit einem Einlagebetrag von EUR 30.000,00 als stiller Gesellschafter. Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des in diesem Verfahren bereits ergangenen Teilurteils vom 22.10.2015 verwiesen. Mit diesem Teilurteil wurde unter anderem dem Kläger ein Anspruch in Höhe von EUR 30.000,00 auf Rückzahlung seiner Einlage zuerkannt.

3

Durch das Teilurteil noch nicht beschieden ist der nunmehr gestellte Zahlungsantrag des Klägers, mit dem er als Teil des ihm zustehenden Auseinandersetzungsguthabens die Zahlung von weiteren EUR 8.281,83 verlangt.

4

Diesen Antrag stützt der Kläger in Höhe von EUR 3.000,00 auf § 8.4 des Gesellschaftsvertrags (Anlage K 2), wonach dem stillen Gesellschafter bei seinem Ausscheiden „ca. 10 % Ausschüttungen“ bezogen auf die Einlage aus den stillen Reserven zustehen.

5

Außerdem ist der Kläger der Auffassung, dass ihm nach § 8 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrags ein Betrag von EUR 5.281,83 als den Garantiegewinn übersteigender Gewinnanteil für das letzte Jahr seiner Beteiligung zustehe. Maßgeblich für die Berechnung des Gewinns im letzten Geschäftsjahr sei der von der Beklagten erwirtschaftete Gesamtüberschuss und nicht etwa der auf ein einzelnes Investitionsobjekt entfallende Gewinn. Dieser Gewinn belaufe sich unter Addition des im Jahresabschluss 2013 ausgewiesenen Gewinnvortrags von EUR 1.465.120,19 und des Jahresüberschusses von EUR 705.436,07 auf insgesamt EUR 2.170.556,26. Hieran sei der Kläger mit 0,347 % beteiligt, sodass ihm ein Betrag von EUR 7.531,83 zustehe, von dem der bereits vorab gewährte Garantiegewinn von EUR 2.250,00 abgezogen werden könne.

6

Der Kläger beantragt,

7

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere EUR 8.281,83 nebst Zinsen hierauf seit dem 28.11.2014 zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass sich die stille Beteiligung des Beklagten ausschließlich auf das Immobilienobjekt Alten- und Pflegeheim „A. S.“ in A. als Teil der Unternehmung der Beklagten beziehe. Folglich könne sich die Beteiligung des Klägers an den Gewinnen der Beklagten auch nur auf die Gewinne beziehen, die im Rahmen der abgeschlossenen stillen Gesellschaft in Bezug auf dieses Objekt entstanden seien. Im Übrigen sei selbst bei Zugrundelegung der hiervon abweichenden Sichtweise des Klägers ein Gewinnvortrag aus Vorjahren nicht in die Berechnung einzubeziehen.

11

Der Kläger könne auch keine weitere Zahlung nach § 8.4 des Gesellschaftsvertrags als Beteiligung an den stillen Reserven verlangen. Stille Reserven seien nämlich gar nicht gebildet worden, was vor allem darauf beruhe, dass das Alten- und Pflegeheim, auf das sich die Beteiligung beziehe, erst vor kurzem fertiggestellt worden sei.

12

Für die weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

13

Die Klage hat über den bereits mit dem Teilurteil vom 22.10.2015 zuerkannten Betrag von EUR 30.000,00 hinaus in Höhe weiterer EUR 3.000,00 Erfolg. Hierbei handelt es sich um den Betrag, den die Beklagte nach § 8.4 des Gesellschaftsvertrags als Beteiligung an den stillen Reserven schuldet. Die darüber hinaus gehende Klage ist unbegründet und deshalb abzuweisen.

1.

14

Der Kläger kann nach der Kündigung der stillen Gesellschaft gemäß § 8.4 des Gesellschaftsvertrags als Beteiligung an den stillen Reserven einen Betrag von EUR 3.000,00 beanspruchen. Dies entspricht 10 % des von ihm geleisteten Einlagebetrags von EUR 30.000,00.

15

§ 8.4 des Vertrags über die atypisch stille Gesellschaft bestimmt, dass dem Stillen bei einer vereinbarten Laufzeit der Beteiligung von 5 Jahren bei seinem Ausscheiden „nach heutigem Stand ca. 10 % Ausschüttungen... bezogen auf die Einlage ohne Agio aus den stillen Reserven“ zustehen. Welche Bedeutung dieser Formulierung zukommt, ist durch Auslegung zu ermitteln.

16

Eine Beteiligung des stillen Gesellschafters an den während der Dauer der stillen Gesellschaft gebildeten stillen Reserven im Verhältnis seiner kapitalmäßigen Beteiligung regelt der Wortlauf von § 8.4 nicht. Vielmehr sollen bei 5 Jahre Laufzeit der Beteiligung „ca. 10 % Ausschüttungen“ gerechnet auf die Einlage „aus“ den stillen Reserven gewährt werden. Dies deutet darauf hin, dass der stille Gesellschafter nicht etwa entsprechend seiner Beteiligung in voller Höhe an den stillen Reserven partizipieren soll und diesen Anteil bei seinem Ausscheiden ausgezahlt erhält, sondern eine weitere Ausschüttung in Höhe von etwa 10 % gerechnet auf die Nominaleinlage erfolgen soll, die gleichsam die Beteiligung an den stillen Reserven repräsentiert, ohne mit ihr identisch zu sein. Für dieses Verständnis spricht auch der Beteiligungsprospekt, mit dem die Beklagte die stille Beteiligung angeboten hat (Anlage K 6). So heißt es dort auf Seite 5 bei der Übersicht über die wesentlichen Merkmale des Beteiligungsangebots unter 4.: „10 % oder 20 % zusätzliche Gewinnausschüttung laut Gesellschaftsvertrag nach 5 oder 8 Jahren“. Auf Seite 8 des Prospekts wird ferner unter der Überschrift „Ausschüttungen“ ausgeführt: „Zuzüglich ist eine Gewinnausschüttung von 10 % bis 20 % bezogen auf den Beteiligungsbetrag (ohne Agio) nach Ablauf der Beteiligung (also nach 5 oder 8 Jahren) fest aus den Rückstellungen eingerechnet. Diese Gewinnausschüttung gibt es zusätzlich zur 100%-igen Rückführung des eingesetzten Kapitals ohne Agio.“. An anderer Stelle heißt es: „Dem atypisch stillen Gesellschafter stehen nach heutigem Stand ca. 20 % der stillen Reserven, bezogen auf die Einlage ohne Agio zu, die nach Vertragsende an die Gesellschafter ausbezahlt werden.“ (Seite 9). Auf Seite 24 wird ausgeführt: „Diese Mietkonstante beinhaltet den Nachweis der Ausschüttungshöhe (7 %) sowie die mögliche 10 %- oder 20 %ige Gewinnausschüttung nach 5 oder 8 Jahren.“. Auf Seite 28 des Prospekts wird wiederum die Formulierung aus § 8.4 des Gesellschaftsvertrags gebraucht.

17

Der Inhalt dieser Aussagen ist hinsichtlich der Rechtsnatur dessen, was am Ende der Laufzeit ausgeschüttet werden soll, durchaus uneinheitlich. Mal soll es sich um eine zusätzliche Gewinnausschüttung, mal um eine Beteiligung an den stillen Reserven handeln. Gemeinsam ist aber allen Aussagen die zum Teil mit, zum Teil ohne ca.-Zusatz ausgelobte Höhe der zusätzlichen Zuwendung, nämlich 10 % oder 20 %, je nachdem, ob die Laufzeit der Beteiligung 5 oder 8 Jahre beträgt. Diese zusätzlich Ausschüttung soll nach den Angaben auf Seite 8 des Prospekts aus den Rückstellungen fest eingerechnet und der Aussage auf Seite 24 zufolge aus der „Mietkonstante“ gedeckt (“nachgewiesen“) sein.

18

Diese Erklärungen der Beklagten bedeuten, dass es offenbar für die zusätzliche Ausschüttung gar nicht auf die Bildung stiller Reserven ankommen soll. Im Vordergrund steht immer die Richtgröße von 10 % bzw. 20 % der Einlage, die eine Beteiligung an den stillen Reserven abgelten soll, die für die atypisch stille Gesellschaft charakteristisch ist. An keiner Stelle des Gesellschaftsvertrages oder des Prospekts wird auch nur die Möglichkeit angedeutet, dass die zusätzliche Ausschüttung, die § 8.4 des Gesellschaftsvertrags bei Beendigung der stillen Gesellschaft auslobt, mangels Bildung stiller Reserven ganz oder teilweise ausfallen kann noch dass und wie sie überhaupt an die Höhe der stillen Reserven gekoppelt sein soll. Die Prozentsätze von 10 % bzw. 20 % beziehen sich nämlich nur auf die Einlage. Auf die Höhe etwaig gebildeter stiller Reserven haben diese Bezugsgrößen naturgemäß keinen Einfluss.

19

Diese Überlegungen verdeutlichen, dass es offensichtlich für die zusätzliche Ausschüttung gemäß 8 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrags nicht auf die Höhe der stillen Reserven ankommen sollte, sondern nur auf die Höhe der Einlage. Hierauf sollten je nach Laufzeit 10 % (5 Jahre) oder 20 % (8 Jahre) gezahlt werden.

20

Den relativierenden Angaben in § 8.4 des Gesellschaftsvertrags (“nach heutigem Stand“ bzw. „ca.“) kommen nach den Aussagen im Beteiligungsprospekt, wo verschiedentlich auf diese Einschränkungen verzichtet wird, keine bestimmbare Bedeutung zu. Nach den Aussagen des Prospekts ist diese zusätzliche „Gewinnausschüttung“ am Ende der Laufzeit fest eingerechnet. Sie ist daher auch in dieser Höhe auszuzahlen.

21

Die vom Kläger geltend gemachten Zinsen sind gemäß § 286 Abs. 1 Nr. 2 BGB in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes aus § 288 Abs.1 BGB gerechtfertigt.

2.

22

Die weitergehende Klage ist unbegründet.

23

Der Kläger kann über den für das letzte Beteiligungsjahr 2013 ausgeschütteten Betrag von EUR 2.250,00 hinaus keine weitere Gewinnausschüttung für dieses Beteiligungsjahr beanspruchen.

24

Nach § 8.2 des Gesellschaftsvertrags ist der „den Garantiegewinn übersteigende Gewinnanteil“ unverzüglich nach Feststellung der Bilanz auszuschütten. Mit „Garantiegewinn“ ist - wie bereits im Teilurteil vom 22.10.2015 eingehend begründet wurde - die in § 4.2 des Gesellschaftsvertrags geregelte „feste Entnahme von 7,5 %“ bezogen auf die Einlage gemeint. Dies ergibt den Betrag von EUR 2.250,00, der für das letzte Beteiligungsjahr 2013 bereits an den Kläger ausgezahlt wurde. Darüber hinausgehende Gewinne wurden nach der Auskunft der Beklagten nicht erzielt, wobei sich die Auskunft der Beklagten zu Recht nur auf den Gewinnanteil 2013 aus dem Immobilienobjekt Alten- und Pflegeheim „A.S.“ in A. bezieht. Dem von der Beklagten hierfür mitgeteilten Gewinn ist der Kläger, der für das Vorhandensein höherer Gewinne die Darlegungs- und Beweislast trägt, nicht spezifiziert entgegengetreten, obwohl er sich die dafür erforderlichen Kenntnisse durch die Ausübung von Einsichtsrechten beschaffen könnte.

25

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Berechnung seines Gewinnanteils für 2013 nicht in der Weise vorzunehmen, dass auf die Gewinne der Beklagten in ihrem gesamten Handelsbetrieb abgestellt wird. Die Beklagte weist zurecht darauf hin, dass eine stille Beteiligung ggfs. auch auf einen Geschäftszweig des Handelsgewerbes beschränkt werden kann (vgl. auch Roth: Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 230 Rn. 1). Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - der Geschäftszweig selbstständig ist und abgegrenzt werden kann.

26

Eine solche Begrenzung der stillen Beteiligung auf das Objekt „A.S.“ ist A. ist hier vorgenommen worden. Das ergibt sich aus dem Vertrag über die stille Gesellschaft, wo es in § 1 heißt, der stille Gesellschafter beteilige sich „an dem Unternehmen der Inhaberin mit o. a. Objekt“. Auch das Beitrittsformular und der Beteiligungsprospekt lassen keinen Zweifel, dass sich die stille Beteiligung nur auf dieses Objekt und nicht auf das gesamte Handelsgewerbe der Beklagten beziehen sollte, zu der zahlreiche weitere Objekte zählen.

3.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 91 a ZPO.

28

Gemessen am Streitwert von EUR 39.281,83 ist der Kläger mit EUR 500,00 (früherer Antrag zu 2. c) und EUR 5.281,83 (vorstehend unter 2.) behandelter Teilbetrag) unterlegen. Den hierauf entfallenden Kostenanteil hat der Kläger zu tragen. Die übrigen Kosten fallen der Beklagten zu Last. Dies gilt auch hinsichtlich des übereinstimmend für erledigten Antrags zu 2. a). Dieser war ursprünglich begründet und ist erst auf Grund der Mitteilung der Beklagten über die 2013 erzielten Gewinnanteile unbegründet geworden.

4.

29

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 709 ZPO.

5.

30

Der Streitwert wird auf insgesamt EUR 39.281,83 festgesetzt. Er setzt sich zusammen aus EUR 30.000,00 für den Zahlungsantrag zu 1.) aus der Klage und jeweils EUR 500,00 für die Anträge zu 2. a) und 2. c) der Klage. Der Wert der Anträge zu 2. b) und 2. d) geht in dem nunmehr gestellten weiteren Zahlungsantrag auf, dessen Wert sich auf EUR 8.281,83 beläuft.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen