Urteil vom Landgericht Hamburg (30. Zivilkammer) - 330 O 69/16

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung der Beklagten in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

1

Der Kläger macht mit der vorliegenden Klage aus eigenem und abgetretenen Recht seiner Ehefrau I. J. gegenüber der Beklagten Rückzahlungsansprüche geltend aus dem Widerruf eines Darlehensverhältnisses.

2

Der streitgegenständliche Darlehensvertrag kam im sogenannten Antragsverfahren zustande, indem der Kläger und seine spätere Ehefrau am 13. Mai 2007 den Antrag über ein Darlehen von insgesamt € 222.500,--, der von der Beklagten vorbereitet, aber noch nicht unterschrieben worden war, unterzeichneten (vgl. Anlage K 2). Auf die Widerrufsbelehrung auf Seiten 5 f. des Darlehensantrages (Anlage K 2) wird hinsichtlich der näheren Einzelheiten Bezug genommen.

3

Der Kläger trägt vor:

4

Ein Widerruf hinsichtlich seines Darlehensantrages sei noch möglich gewesen, da die Widerrufsbelehrung der Beklagten fehlerhaft gewesen sei. Zum einen hätte jeder Darlehensnehmer gesondert belehrt werden müssen. Weiterhin sei der Begriff des Vertragsschlusses in der Belehrung nicht ordnungsgemäß erläutert worden, sodass der Kläger nicht gewusst habe, ob damit bereits die Zusendung an sich gemeint gewesen sei, der Tag seiner Unterschrift, des Zugangs bei der Beklagten oder aber eine förmliche Bestätigung des Vertragsschlusses. Schließlich enthalte der Darlehensvertrag unmittelbar im Anschluss an die Widerrufsbelehrung auf Seite 7 eine „Belehrung“ zur „Verbindlichkeit dieses Antrages/ Bindungsfrist“. Durch diese weitere Belehrung zum Zustandekommen des Vertrages habe der Kläger nicht mehr eindeutig den Beginn der Widerrufsfrist bestimmen können.

5

Der Kläger stellt folgende Klaganträge:

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1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus der Rückabwicklung des Darlehensverhältnisses zur Nr. als Teilbetrag € 13.000,.. zzgl. Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1.3.2016 zu zahlen.

7

2. Hilfsweise zu 1. wird die Beklagte verurteilt, das Darlehenskonto Nr. nach dem Widerruf des Klägers vom 6.10.2014 mit einer Verzinsung von 4 % p.a. (hilfsweise hierzu: einer marktüblichen Verzinsung nach Ermessen des Gerichts) auf die Kapitalauszahlung vom 1.7.2007 über € 222.500,-- einerseits, und den jährlichen Zahlungen des Klägers über insgesamt gem. der anliegenden Bescheinigungen der K.. und einer Verzinsung von 4,50 % p.a. per Monatsultimo abzurechnen.

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3. Höchst hilfsweise zu 2. wird festgestellt, dass das Darlehensverhältnis Nr. durch den Widerruf des Klägers vom 6.10.2014 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte macht geltend:

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Die Aktivlegitimation des Klägers werde bestritten. Hiervon abgesehen sei die verwandte Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß. Die Erklärung des Widerrufs sei zudem rechtsmissbräuchlich. Die Beklagte berufe sich auf Rechtsmissbrauch sowie auf Verwirkung.

13

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, jedoch der Sache nach unbegründet.

15

Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung in der Darlehensvereinbarung vom 11. Mai 2007 (Anlage K 2) war nach §§ 495, 355 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und 3 BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung ordnungsgemäß, weil sie umfassend, inhaltlich richtig, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig war und deshalb die Widerrufsfrist in Gang setzte, sodass der vom Kläger mit Schreiben vom 6. Oktober 2014 (Anlage K 5) erklärte Widerruf verfristet war.

16

Die Nichtaushändigung von zwei Widerrufsbelehrungen an zwei Darlehensnehmer begründet nicht die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung. Denn beim Abschluss eines Darlehensvertrages durch zwei in häuslicher Gemeinschaft lebenden Verbraucher, die Mitbesitz an der Widerrufsbelehrung erlangen, bedarf es keiner zweifachen Widerrufsbelehrung (vgl. hierzu auch OLG Hamm, Urteil vom 21.10.2015, I - 31 U 56/15, 31 U 26/15 - Juris).

17

Die in Rede stehende Widerrufsbelehrung belehrt auch richtig über den Beginn der Widerrufsfrist. Aus der Belehrung wird deutlich, dass vor Annahmeerklärung der Bank die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt. Auch die Belehrung über die Verbindlichkeit des Angebots eines Darlehensnehmer auf Seite 7 führt nicht zur Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Darlehensvertrages. Denn aus dem Wortlaut und aus dem Zusammenhang dieser Belehrung ist ersichtlich, dass sich diese Belehrung auf die Wirksamkeit der einseitigen Erklärung des Darlehensnehmers bezieht. Hier ist nichts unklar. Die Kammer tritt insoweit auch der rechtlichen Beurteilung in dem als Anlage B 42 eingereichten Urteil des Landgerichts Bonn vom 11.3.2016 bei, wo es auf Seite 9 f. wie folgt heißt:

18

„Der Verbraucher hat in der vorliegenden Konstellation des Antragsverfahrens im Zeitpunkt des Beginns des Fristlaufes bereits ein bindendes Angebot abgegeben und ist sich über den Inhalt des abzuschließenden Vertrages im Klaren. Ebenso ist er sich aufgrund der erkennbar noch fehlenden Erklärung der Bank dessen bewusst, dass ein Vertragsschluss nicht bereits mit der Abgabe/Unterschrift seines Antrages erfolgt. Es ist für ihn aus der Belehrung heraus erkennbar, dass die Widerrufsfrist nach Übersendung seines Vertragsangebotes, aus dem sich die Vertragsbedingungen ergeben, beginnt, sobald er die Annahmeerklärung der Beklagten erhält (...)

19

Verwirrend ist auch insofern der Zusatz „jedoch nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses“ nicht, als der Verbraucher weder den Eingang seines Angebots bei der Bank noch den Zeitpunkt der Unterschrift der Bank bestimmen kann. Denn diese Bestimmung ist für den Verbraucher offensichtlich gar nicht notwendig, weil jedenfalls im vorliegenden Antragsverfahren die Widerrufsfrist aufgrund der Formulierung „mit der Annahmeerklärung der Bank“ erst zu laufen beginnt, wenn der Verbraucher diese erhalten hat. Denn die Formulierung „nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses“ bedeutet nicht, dass die Widerrufsfrist mit dem Vertragsschluss, sondern lediglich, dass die keinesfalls vorher zu laufen beginnt. Wann sie beginnt, nämlich mit dem Zugang der Annahmeerklärung der Bank beim Verbraucher, erschließt sich aber ohne Weiteres (...)

20

Auch führt der Abschnitt „Verbindlichkeit dieses Antrages/Bindungsfrist“ (...) nicht zur Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung. Er erweckt beim durchschnittlichen Verbraucher weder den Eindruck, der Widerruf könne innerhalb einer Bindefrist von einem Monat nicht erklärt werden, noch die Widerrufsfrist beginne erst mit Ablauf der Antragsbindungsfrist. Die Textpassage ist erkennbar unabhängig von der Widerrufserklärung und zeigt dem Verbraucher lediglich, dass er sich einer eventuellen Annahmeerklärung der Bank auch ohne sein Zutun nicht bis in Ewigkeit ausgesetzt fühlen muss, sondern nur im Laufe eines Monats. Dies ergibt sich auch bereits aus der drucktechnischen Gestaltung. Die Passage befindet sich auf einer neuen Seite und ist trotz der im unmittelbaren Umfeld befindlichen Widerrufserklärung, (...) deutlich von dieser abgesetzt.“

21

Nach alledem stand dem Kläger kein Widerrufsrecht zu, sodass die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO abzuweisen ist.

22

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in § 709 Satz 2 ZPO.

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