Beschluss vom Landgericht Hannover (55. Zivilkammer) - 55 T 43/17

Tenor

Auf die Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss des Amtsgericht Hameln vom 29.06.2017 wird die angefochtene Entscheidung aufgehoben.

Die Kostenrechnung des Gerichtsvollziehers wird dahin abgeändert, dass von dieser die Gebühr nach Nr. 208 KV-GvKostG und die darauf entfallene Auslagenpauschale abzusetzen ist. Bereits vereinnahmte Gebühren sind an die Gläubigerin zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hameln vom 05.06.2002, Az.: 23 B 186/02. Mit Vollstreckungsauftrag vom 12.04.2017 beauftrage sie den Gerichtsvollzieher mit der Abnahme der Vermögensauskunft. Im Feld F war in diesem Auftrag „Mit einer Zahlungsvereinbarung bin ich nicht einverstanden (§ 802 Abs. 2 S. 1 ZPO“ angekreuzt.

2

Am 06.06.2017 erschien der Schuldner zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft. Der Gerichtsvollzieher erörterte mit ihm auch die Möglichkeit der gütlichen Einigung. Der Gläubigerin stellte er mit der anschließend übersandten Kostenrechnung u. a. die Gebühr nach KV 208 - Versuch einer gütlichen Einigung - sowie eine entsprechend erhöhte Auslagenpauschale in Rechnung.

3

Die Gläubigerin wandte sich mit der Begründung, eine gütliche Einigung im Vorfeld abgelehnt zu haben, gegen diese Kostenrechnung. Das Amtsgericht Hameln wies die Erinnerung mit der Begründung zurück, ein Verzicht auf den Versuch einer gütlichen Einigung sei nach § 802a Abs. 1 ZPO nicht möglich.

4

Dagegen wendet sich die Landeskasse mit ihrer im vollem Umfang erfolgreichen Beschwerde.

II.

5

Die Beschwerde der Landeskasse ist zulässig.  Das Amtsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Beschwerde zugelassen, woran das Beschwerdegericht gebunden ist. Nach § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i. V. m. 66 Abs. 1 S. 1 GKG kann auch die Landeskasse die Beschwerde einlegen.

III.

6

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Kostenansatz ist rechtsfehlerhaft. Die vom Gerichtsvollzieher unternommene Vollstreckungshandlung - die Herbeiführung einer gütlichen Einigung - ist nicht vom Gläubiger veranlasst worden. Als Folge dessen kann der Gerichtsvollzieher hierfür keine Gebühr geltend machen.

7

Der in § 802a Abs. 1 ZPO niedergelegte Grundsatz, nach dem Gerichtsvollzieher in jeder Lage des Verfahrens eine gütliche Einigung anzustreben hat, steht einem wirksamen Ausschluss der gütlichen Einigung nicht entgegen. Diese Regelung ist nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich als programmatischer, die Zwangsvollstreckung prägender Leitsatz zu verstehen, der jedoch keine unmittelbaren Rechtsfolgen hat (BTDrs 16/10069, S. 24: „Zu § 802a Zu Absatz 1“). Ziel dieses Handlungsgrundsatzes ist die effiziente und zeitnahe Vollstreckung des Gläubigers (BTDrs, a. a. O.), mithin nicht eine etwaige Arbeitserleichterung für den Gerichtsvollzieher. Vor diesem Hintergrund ist die Unwirksamkeit eines Ausschlusses einer gütlichen Einigung nicht zu begründen. Der Gläubiger kann nicht gegen seinen Willen zum Akzeptieren einer vom Gerichtsvollzieher erreichten Einigung gebracht werden. Dies ergibt sich aus § 802b Abs. 3 S. 2 ZPO. Auch aus § 802 Abs. 2 S. 1 ZPO ergibt sich, dass das Zustandekommen einer Zahlungsvereinbarung - die das Ziel einer gütlichen Einigung ist - durch den Gläubiger von vornherein ausgeschlossen werden kann. Folgerichtig hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung auch nochmals klargestellt, dass jede Stundungsvereinbarung die Zustimmung des Gläubigers erfordert (BTDrs., a. a. O. „ Zu § 802b Zu Absatz 2“).

8

Für den Fall, dass der Gläubiger sich bei Beauftragung der Gerichtsvollziehers nicht zur Frage der gütlichen Einigung verhalten hat, hat der Gerichtsvollzieher freilich gleichwohl den Versuch einer solchen zu unternehmen; dies ergibt sich jedoch nicht aus § 802a Abs. 1 ZPO, sondern aus § 802a Abs. 2 S. 2 ZPO. Auch dann kann der Gläubiger aber eine zustandegekommene Einigung ablehnen wie sich aus § 802b Abs. 3 S. 2 ZPO ergibt. Erst recht muss dies gelten, wenn der Gläubiger eine Einigung bereits bei der Beauftragung ablehnt. Der Gerichtsvollzieher darf dann nicht auf Kosten des Gläubigers Vollstreckungshandlungen gegen dessen Willen vornehmen.

IV.

9

Die weitere Beschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 66 Abs. 4 S. 1 GKG nicht vorliegen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es besteht keine zu klärende Rechtsfrage. Entgegenstehende Rechtsprechung ist nicht vorhanden und auch in der Literatur wird Sachlage einhellig beurteilt.

V.

10

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet, § 66 Abs. 8 GKG.

 


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