Urteil vom Landgericht Itzehoe (7. Zivilkammer) - 7 O 301/10

Tenor

1. Der Beklagte zu 3.) wird verurteilt, an die Klägerin 61.880,12 € nebst 4,0 % Zinsen aus 25.293,99 € vom 16.10.2007 bis 13.03.2008, aus 20.735,31 € seit dem 14.03.2008 bis 23.06.2009, aus 20.505,66 € seit dem 15.11.2007 bis 23.06.2009, aus 13.250,76 € seit dem 12.02.2008 bis 23.06.2009, aus 15.245,16 € seit dem 12.02.2008 bis 23.06.2009 sowie 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszins auf den Gesamtbetrag seit dem 24.06.2009 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung folgender Wertpapiere:

9 % ... Inhaber Teilschuldverschreibung von 2006 im Nominalbetrag von 20.000,00 €,

9 % ... Inhaber Teilschuldverschreibung von 2006 im Nominalbetrag von 20.000,00 €,

... Inhaber Genussschein Tr. 2 von 2006 im Nominalbetrag von 12.400,00 €,

... Inhaber Genussschein von 2004 im Nominalbetrag von 14.300,00 €.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte zu 3.) 1/3 und die Klägerin 2/3, die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1.) und 2.), der Beklagte zu 3.) trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher Falschberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Wertpapieren durch Vermittlung der in Insolvenz befindlichen ... gegen die Beklagten zu 1.) und 2.) als Vorstände der ... und den Beklagten zu 3.) als bei der ... beschäftigter Anlageberater geltend.

2

Die Klägerin hatte bei der ... zunächst Beträge als Festgeld angelegt. Mit E-Mail vom 12.10.2007 wurde der Klägerin die Inhaber Teilschuldverschreibung der ... als Alternative zum bisherigen Festgeld angeboten. Das Papier wurde mit garantierter Verzinsung vorgestellt. Zu den Einzelheiten wird Bezug genommen auf die E-Mail des Beklagten zu 3.) vom 12.10.2007 (Anlage K 6). Die Klägerin antwortete darauf, dass sie gerne den Betrag von 25.500,00 € mit 9 % fest verzinsen möchte (Anlage K 6). Darauf hin rief der Beklagte zu 3.) die Klägerin am 16.10.07 auf der Arbeitsstelle an. Im Verlauf des Gesprächs beauftragte die Klägerin den Beklagten zu 3) für sie im Werte von 25.000,00 € die Teilschuldverschreibung der ... zu erwerben. Zu den Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Telefondatei vom 16.10.07.

3

Zuvor hatte die Klägerin unter dem 15.10.07 auf telefonische Abfrage des Beklagten zu 3.) Angaben zum Fragebogen nach dem WPHG gemacht. Insoweit wird Bezug genommen auf die Anlage K 4. Unter dem 15.11.07 rief der Beklagte zu 3.) die Klägerin erneut auf ihrer Arbeitsstelle an. Im Verlaufe des Gespräches beauftragte die Klägerin den Beklagten zu 3.) für sie Teilschuldverschreibungen der ... im Wert von 20.000,00 € zu erwerben. Zu den Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Telefondatei vom 15.11.07.

4

Unter dem 12.02.08 rief der Beklagte zu 3.) die Klägerin erneut auf ihrem Arbeitsplatz an. In zwei Telefongesprächen beauftragte die Klägerin den Beklagten zu 3.) für sie die im Tenor genannten ... im Wert von 13.000,00 € und 15.000,00 € zu erwerben. Zu den Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Telefondateien vom 12.02.08 (zwei Mal).

5

Die Papiere waren der Klägerin jeweils vom Zeugen ... zum Kauf empfohlen worden. Die ... veranlasste den Erwerb der Papiere über die ...

6

In der Folgezeit hatte die Klägerin hinsichtlich der Sicherheit ihrer Anlagen Bedenken, da sich der Wert des Depots senkte. U. a. fragte sie unter dem 8. Dezember 2007 den Beklagten zu 3.) nach dem Bestand, weil der Kurs der ... Anleihe gesunken war. Dieser erwiderte u. a. sie könne das Papier jederzeit zu 100% wieder verkaufen, alles sei gut. Ab Sommer 2008 wurde die Klägerin unruhig, da sich der Wert des Depots ständig verringerte. Während der Vermögensstatus der Beklagten zum 29.02.2008 noch ein Gesamtvermögen von 73.526,08 € auswies, verringerte sich das Gesamtvermögen zum 30.04.2008 auf 67.653,74 €, am 30.09.2008 noch auf 59.066,65 € und per 28.02.09 nur noch auf 27.209,05 €. Diesbezüglich führte die Klägerin mit dem Beklagten zu 3.) mehrfach Telefongespräche. Der Beklagte zu 3.) riet der Klägerin davon ab, die Produkte zu verkaufen, u. a- mit der Begründung, der die Anleihen würden jedenfalls am Ende zu 100 % zurückgezahlt, der Kursverlust beruhe darauf, dass Kunden unbegründet panisch würden, der Zins sei in jedem Fall fest. Die Kurse seien sowie so nicht real. Diese Einschätzung wiederholte sich auch im E-Mail-Verkehr zwischen dem Beklagten zu 3.) und der Klägerin. Zu den Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Telefondateien sowie die E-Mail des Beklagten zu 3.) vom 28.10.08.

7

Unter dem 03.03.2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die ... die Zinszahlungen nicht mehr bedienen könne. Am 11.03.2009 hat die ... Insolvenz angemeldet. Mit E-Mail vom 18.03.2009 teilte der Beklagte zu 3.) der Klägerin mit, dass sie wegen des Ausfalls der Zinszahlung ein Kündigungsrecht und einen Anspruch auf den Nennwert, also von 100 % zuzüglich Zinsen habe (Anlage K 19).

8

Mit der Klage macht die Klägerin Schadensersatz in Höhe der für die genannten Anlagen aufgewendeten Beträge abzüglich der vereinnahmten Zinsen und Dividenden nebst entgangenem Gewinn und Verzugszinsen geltend, sowie Schadensersatz hinsichtlich der Anwaltskosten. Die Klägerin hat die Klage zunächst gegen die ... gerichtet und diese sodann auf die Vorstände der ... , die Beklagten ... und ... sowie den Beklagten ... erweitert. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der ... ist der Rechtsstreit insoweit abgetrennt worden.

9

Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 3.) habe sie vorsätzlich falsch beraten und über die Risiken der Anlage in keiner Weise aufgeklärt, vielmehr die Risiken bewusst herunter gespielt und beschönigt, er habe zudem hinsichtlich der Fragebögen nach dem WPHG die Klägerin unzutreffend eingeschätzt. Die nunmehrigen Beklagten zu 1.) und 2.) seien als Vorstände der ... für den Schaden verantwortlich. Sie seien insbesondere für das Geschäftsmodell verantwortlich, wonach mit den Kunden zunächst durch attraktive Tagesgeldkonditionen Kunden eingefangen würden, um ihnen dann riskantere Papiere von Gesellschaften, von denen die ... überwiegend in gesellschaftsrechtlicher Verbindung stehe, zu verkaufen. Die Beklagten zu 1.) und 2.) hafteten auch persönlich für die erfolgte Falschberatung, da diese durch die Pflichtverletzungen der Beklagten zu 2.) und 3.) entweder gefördert oder ignoriert worden seien. Die Beratung sei immer nach dem selben Muster erfolgt und stets die gleichen Papiere empfohlen worden unabhängig von den Anlagezielen der einzelnen Kunden. Der Beklagte zu 3.) hafte darüber hinaus aufgrund eines besonderen Vertrauens der Klägerin zu ihm. Er sei ihr Ansprechpartner gewesen, habe sie immer wieder beruhigt und ihr versichert, dass er handeln werde, wenn er Probleme sehen würde.

10

Die Klägerin beantragt,

11

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 61.888,12 € nebst 4, 5 % Wiederanlagezinsen seit jeweiligem Anlagedatum , ferner Verzugszinsen wie erkannt, Zug um Zug gegen Übertragung der streitgegenständlichen Wertpapiere, zu verurteilen.

12

Die Beklagten beantragen,

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die Klage abzuweisen.

14

Sie stellen jegliche Pflichtverletzungen der Beklagten in Abrede. Vielmehr hätten die Beklagten zu 1.) und 2.) die jeweils tätigen Anlageberater sorgsam ausgewählt und fortlaufend, geschult, überprüft und überwacht sowie eine Beschwerdeabteilung eingerichtet. Die Empfehlungen seien jeweils durch einen weisungsunabhängigen Anlageausschuss entwickelt worden, der eine Hausmeinung gebildet habe. Der Beklagte zu 3.) habe ausschließlich im Namen der ... entsprechend der Hausmeinung des Anlageausschusses beraten, an die er gebunden gewesen sei. Die Klägerin habe zu sämtlichen Wertpapieren vorab Kurzinformationen erhalten und sei vollständig über die Risiken informiert gewesen. Die Anlage sei zunächst auf 90 Tage geplant gewesen. Hätte die Klägerin diese Frist beachtet, wäre ihr kein Schaden entstanden.

15

Die Beklagten verweisen weiter darauf, dass die Staatsanwaltschaft beim Landgericht ... sämtliche gegen die Beklagten gerichteten Strafverfahren eingestellt habe.

16

Zum weiteren Vorbringen wird Bezug genommen auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze einschließlich der eingereichten Telefondateien sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 3. Februar 2011, Bl. 176 d. A..

Entscheidungsgründe

17

Nachdem der Rechtsstreit hinsichtlich der ... abgetrennt worden ist, war lediglich über die gegen die Beklagten ... und ... als Vorstände bzw. ehemalige Vorstände der ... und den Beklagten 3.) als Berater zu entscheiden.

18

Hinsichtlich des Beklagten zu 3.) ist die Klage begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

19

Der Beklagte zu 3.) haftet der Klägerin aus § 823 Abs. 2 i. V. m. § 263 StGB für den Schaden, der der Klägerin durch den Erwerb der streitgegenständlichen Wertpapiere entstanden ist.

20

Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist, dass der Anleger durch vorsätzliche falsche Beratung zu einer Kapitalanlage veranlasst worden ist bzw. dazu veranlasst worden ist, eine Kapitalanlage zu behalten, die er bei wahrheitsgemäßer Beratung und Kenntnis aller Umstände nicht erworben hätte bzw. vorzeitig wieder veräußert hätte. So liegt es hier.

21

Der Beklagte zu 3.) hat der Klägerin sowohl in den streitgegenständlichen E-Mails als auch in den streitgegenständlichen Telefongesprächen hinsichtlich der Risiken der einzelnen Kapitalanlagen unrichtige Angaben gemacht. Er hat insbesondere der Klägerin den Eindruck erweckt, es handele sich bei sämtlichen Anlagen um solche, die sowohl hinsichtlich des Zinses als auch hinsichtlich des Risikos, einen Kursverlust oder gar einen Totalverlust des angelegten Geldes zu erleiden, risikofrei seien. So hat er auf die Frage der Klägerin hinsichtlich der ...-Anleihe, ob sie sich auf den Zins in jedem Fall verlassen könne, erwidert, der Zins sei garantiert. Der Beklagte zu 3.) hat auch die diesbezüglichen Bedenken der Klägerin und Fragen zerstreut. Tatsächlich war der Zins jedoch nicht garantiert, es handelte sich vielmehr um einen lediglich von der Emittentin versprochenen Festzins.

22

Soweit die Beklagten behaupten, die Klägerin sei durch die schriftliche Vorinformation über Einzelheiten der Objekte jeweils informiert gewesen, so ist dies durch die Telefondateien widerlegt. Aus dem Inhalt der Gespräche zwischen der Klägerin und dem Zeugen ... ergibt sich nämlich, dass die Klägerin mit Ausnahme der Erstinformation durch die E-Mail des Beklagten zu 3.) keinerlei Kenntnisse von den Wertpapieren hatte, insbesondere hinsichtlich der ..., die ihr der Beklagte ... als neues Angebot vorstellte, nicht einmal den Namen, geschweige denn weitere Einzelheiten kannte. Der Beklagte zu 3.) hat hinsichtlich sämtlicher Wertpapiere der Klägerin auch keinerlei relevante Informationen übermittelt, die für die Anlageentscheidung unverzichtbar waren; er hat vielmehr die Risiken ausdrücklich bagatellisiert. der Beklagte zu 3.) hat die Klägerin auch nicht darüber aufgeklärt, dass die ... und ... Gruppe von den Emittenten der Papiere Vertriebs- und Bestandsprovisionen bezog, obwohl er nach dem Verlauf der Gespräche davon ausgehen musste, dass die Klägerin hiervon keine Kenntnis hatte.

23

Der Beklagte zu 3.) hat auch unzutreffende Angaben hinsichtlich der Risiken und der Bedeutung des Wertpapierfragebogens gemacht, der nach dem WPHG vor Durchführung der Geschäfte auszufüllen ist. Insoweit hat er in den maßgeblichen Telefongesprächen der Klägerin den Eindruck vermittelt, der Fragebogen sei nur eine Formalie und es handele sich bei den Wertpapieren um solche die eigentlich nur aus „formellen Gründen“ in die Risikogruppen 3 bzw. 4 einzustufen seien. Er hat ihn nur bruchstückhaft abgefragt und der Klägerin in den Gesprächen den Eindruck vermittelt, die dort genannten Risiken bestünden tatsächlich für die Wertpapiere der ... und der ... nicht. Zu den Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der fraglichen Telefondateien.

24

Sämtliche Angaben sind unzutreffend. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei sämtlichen Papieren um spekulative Papiere mit erheblichen Risiken handelt. Die Papiere haben nämlich zum einen schon deshalb ein erhebliches Risiko, weil es sich um Anleihen bzw .Genussscheine kleinerer Firmen handelt, die mit höheren Insolvenzrisiken verbunden sind. Soweit es ... und ... angeht, erwirtschafteten beide Gesellschaften Verluste. Zum anderen haben sämtliche Papiere gerichtsbekannt eine erhebliche Marktenge, wurden praktisch weitgehend nur von ... vertrieben, mit der Folge, dass schon einzelne Verkaufsangebote zu Kurseinbrüchen führen konnten, somit nicht unproblematisch zu 100% jederzeit wieder verkauft werden konnten, wie sich auch später aus dem Telefonat des Zeugen ... mit der Klägerin ergibt. Der Zeuge ... hat in diesem Zusammenhang zwar angegeben, schon durch einzelne Angebote am Markt könne der Kurs erheblich sinken, zugleich jedoch der Klägerin den Eindruck vermittelt, das spiele für das Risiko und die Werthaltigkeit ihrer Anlage keine Rolle, er hat immer wieder betont, Zins und 100%ige Rückzahlung seien in jedem Fall garantiert. Soweit die Beklagten einwenden für den Zeitraum von 90 Tagen treffe dies zu, ist dies schon was die Rückzahlung angeht tatsächlich falsch, zudem war keineswegs eine feste Zeit vereinbart, vielmehr war von einem Zeitpunkt von zunächst 90 Tagen die Rede. Das Gericht geht auch davon aus, dass die Beklagten von vornherein eine längere Anlage anstrebten, in keinem der zahlreichen hier anhängigen Verfahren hat den Verkauf von sich aus auch nur angesprochen, und ausnahmslos davon abgeraten, wenn Kunden, wie hier die Klägerin diesen ins Auge fassten.

25

Der Beklagte zu 3.) hat der Klägerin auch unzutreffende Angaben gemacht, soweit diese ihn nach der Absicherung ihrer Anlagen hinsichtlich der ... und der ... durch den Einlagensicherungsfonds gefragt hat. In dem fraglichen Telefongespräch zielte die Frage der Klägerin nämlich zweifelsfrei wiederum auf die Sicherheit der Teilschuldverschreibungen. Der Beklagte zu 3.) hat darauf zwar erwidert, dass die Festgelder vom Einlagensicherungsfonds erfasst seien, konnte aber angesichts der Frage in diesem Zusammenhang nicht im Zweifel sein, dass die Klägerin gerade diese nicht meinte, sondern die Teilschuldverschreibungen, er hat durch seine Antwort bei der Klägerin aber den falschen Eindruck erweckt, diese seien davon erfasst und diesen Eindruck auch nicht ausgeräumt. Dabei ist in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt, daß außer der ausdrücklichen Begehung, namentlich durch bewußt unwahre Behauptungen, die Täuschung auch konkludent erfolgen kann, nämlich durch irreführendes Verhalten, das nach der Verkehrsanschauung als stillschweigende Erklärung zu verstehen ist (Tröndle/Fischer StGB § 263 Rdn. 6;; Lackner/Kühl StGB § 263 Rdn. 6). Davon ist auszugehen, wenn der Täter die Unwahrheit zwar nicht expressis verbis zum Ausdruck bringt, sie aber nach der Verkehrsanschauung durch sein Verhalten miterklärt (Lackner in LK, § 263 Rdn. 28; BGH v. 26.04.2001, 4 StR 439/00).

26

Auch die Angaben zur Rendite der Papiere waren sämtlich rechnerisch falsch, nämlich zu hoch, insbesondere hat der Beklagte zu 3.) Veräußerungskosten weggelassen.

27

Der Beklagte zu 3.) hat zudem bereits im März 2008 wie auch später im August und September der Klägerin weiterhin unrichtige Angaben über die Risiken der erworbenen Papiere gemacht, insbesondere der Klägerin die Überzeugung vermittelt, es bestehe kein Kursrisiko, die Kursschwankungen beruhten lediglich auf der Nervosität einiger Marktteilnehmer. Er hat zudem weiterhin betont, dass der Zinssatz garantiert sei und der Klägerin dadurch den Eindruck vermittelt, es bestehe auch kein Ausfallrisiko. Beides ist ebenfalls unzutreffend.

28

Der Beklagte zu 3.) hat die Klägerin auch hinsichtlich aller vorgenannten Punkte vorsätzlich getäuscht. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten wurden die Anlageberater, damit auch der Beklagte zu 3.), sorgfältig ausgewählt und überwacht, regelmäßig in dem relevanten Bereich geschult , vollständig informiert und mit den nötigen Unterlagen ausgestattet, um richtig und vollständig zu beraten; sie hätten zudem genaue Vorgaben seitens des Anlageausschusses der ... erhalten. Nach dem eigene Vorbringen der Beklagten waren diese Risken aber hinreichend bekannt, sie haben sie selbst in den einschlägigen Flyern beschrieben. Aus dem eigenen Vorbringen der Beklagten ergibt sich danach, dass der Beklagte zu 3.) der Klägerin die unzutreffenden Angaben und Empfehlungen wider besseres Wissen vermittelte.

29

Nach Angaben der Beklagten ist der Beklagte ... zudem Bankkaufmann und verfügt über die notwendige Fachkunde, insoweit den richtigen Rat zu erteilen.

30

Soweit die Beklagten darauf verweisen, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsverfahren gegen die Beklagten eingestellt habe, verhilft dies nicht zum Erfolg. Dabei kann dahin stehen ob der Bewertung zu folgen wäre. Sie greift jedenfalls, soweit es die Begründung, die Geschädigten hätten die Risken gekannt, wesentlich zu kurz. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kann nämlich eine Täuschung auch darin bestehen, das die bei dem Getäuschten zuvor vorhandene Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen durch deren Entstellung, insbesondere durch Bagatellisierung von Risiken entfällt.

31

Der Beklagte zu 3.) haftet der Klägerin für den entstandenen Schaden. Dieser besteht aus den Kosten, den die Klägerin für den Erwerb der streitigen Anlagen aufgewendet hat abzüglich der vereinnahmten Erträge. Er hat zudem als entgangenen Gewinn den zum Zeitpunkt der Kapitalanlage durchschnittlich erzielbaren Zinssatz für Festgelder entsprechender Lauflänge zu erstatten, den das Gericht gemäß § 287 ZPO auf durchschnittlich 4,0 % schätzt, unter Zugrundelegung des von der Bundesbank veröffentlichten Durchschnittzinssatzes für entsprechende Festgeldanlagen. Der Zinsanspruch ergibt sich im Übrigen auch aus § 849 BGB, der auch für Fälle der Entziehung oder Vorenthaltung von Geldmitteln durch arglistige Täuschung gilt (vergl. Palandt-Sprau, BGB § 849, Rn 1, m.w.N.).

32

Zudem schuldet der Beklagte zu 3.) den gesetzlichen Verzugszins. Er war antragsgemäß Zug um Zug gegen Herausgabe der Wertpapiere zu verurteilen.

33

Soweit sich die Klage gegen die Beklagten zu 1.) und 2.) richtet, war sie abzuweisen. Voraussetzung für einen Anspruch nach § 823 Abs. 2 StGB etwa i. V. m. § 263 StGB aus dem Gesichtspunkt der arglistigen Täuschung wäre, dass die Beklagten zu 1.) und 2.) Beteiligte der Handlung des Beklagten zu 3.) wären. Dieses ist nicht hinreichend dargetan. Zwar ist der Klägerin dahin zu folgen, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Art der Anlageberatung durch den Beklagten zu 3.) auf einem organisierten System seitens der ..., geleitet durch ihre Vorstände, beruhen. So hat gerichtsbekannt nicht nur der Beklagte ... in mehreren anderen Fällen den Anleger in weitgehend identischer Weise wie im vorliegenden Rechtsstreit getäuscht und zum Erwerb von Wertpapieren, insbesondere die Teilschuldverschreibungen der ..., der ... sowie Genussscheine der ... veranlasst.

34

Für ein solches organisiertes Vorgehen spricht auch, dass gerichtsbekannt auch andere Anlageberater der ... Beratungen nach dem gleichen Muster mit entsprechenden Ergebnissen durchgeführt haben. Dafür, dass es sich um ein organisiertes, abgestimmtes Verhalten handelt, spricht auch, dass nach dem eigenen Vortrag der Beklagten die Anlageberater angeleitet und regelmäßig überwacht wurden, nach dem Vorbringen des Beklagten zu 2.) in der mündlichen Verhandlung auch ein regelmäßiges Monitoring der Berater durchgeführt wurde sowie eine Überprüfung der Beratungen durch Abhören der Telefonmitschnitte. Es spricht zwar einiges dafür, dass bei entsprechender Organisation der ... durch die Beklagten zu 1.) und 2.) diesen das Verhalten des Zeugen ... und der anderen Berater schwerlich verborgen bleiben konnte. Dass ein entsprechender Vertrieb im eigenen Interesse der Beklagten zu 1.) und 2.) erfolgte, lässt sich möglicherweise auch daraus herleiten, dass ganz überwiegend die von der ... Gruppe vertriebenen bzw. platzierten Papiere, aus denen sie erhebliche Rückvergütungen erhielt, in dieser Weise vertrieben wurden, wie die Klägerin zu Recht vorträgt,. Die Beklagten hatten auch ein erhebliches Interesse daran, dass die Anleger von der Veräußerung der nicht werthaltigen Papiere, insbesondere der von der ... Gruppe am Markt platzierten Teilschuldverschreibungen abgehalten wurden, weil insoweit der Kurs auf Grund der Marktenge bei pflichtgemäßer Beratung aller Anleger frühzeitig eingebrochen und damit auch ihr bereits öffentlich kritisch diskutiertes Anlagemodel weiter in Gefahr geraten musste.

35

Letztlich vermag aber das Gericht unter Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände die für die Beweisführung erforderliche Gewissheit – nämlich die Freiheit von ernstzunehmenden Zweifeln – weder dem Vorbringen der Parteien noch den angebotenen Beweismitteln, wenn sie als wahr unterstellt werden, zu gewinnen. Denn auch die angebotenen Beweise, wenn sie denn Erfolg hätten, könnten lediglich Indizien bringen, die für die erforderliche Überzeugungsbildung insgesamt nicht ausreichen. Insbesondere lässt sich aus der Tatsache, dass in einer größeren Anzahl von Fällen gleichartig beraten wurde, nicht hinreichend schließen, dass dies auf einem von den Beklagten zu verantwortenden System beruhte, weil die ... mehrere tausend Anleger beraten hatte.

36

Eine Haftung nach § 823 i. V. m. § 263 StGB der Beklagten zu 1.) und 2.) käme auch in Betracht, wenn die Beklagten zu verantworten hätten, dass durch sie ausgewählte Berater die Anleger deshalb getäuscht und geschädigt würden, weil diese von vorn herein nicht in der Lage waren, die geschuldete fachgerechte Beratung zu leisten und dies den Vorständen zuzurechnen wäre (vgl. Urteil BGH 13.11.2007 3 StR 462/06).

37

Denn dem Beklagten zu 3.) fehlte gerade nicht die erforderliche Fachkunde und Information. Es ist auch nicht hinreichend ersichtlich, dass dem Anlageausschuss die Hinreichende Sachkunde fehlte.

38

Die Beklagten zu 1.) und 2.) haften auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB. Soweit käme in Betracht, dass durch von den Beklagten zu 1.) und 2.) als Vorstände der Vertrieb von Wertpapieren durch die ... organisiert und initiiert wurde, die von vorn herein nachhaltig nicht werthaltig waren, deren Herausgeber absehbar der Insolvenz zusteuerten.

39

Auch dies ist nach dem Vortrag der Parteien wie auch unter Zugrundelegung der gerichtsbekannten Umstände nicht zweifelsfrei dargetan. Zwar spricht einiges dafür, dass insbesondere der Vertrieb der Teilschuldverschreibung der ... möglicherweise auf einem Schneeballsystem beruhte, weil diese nach den Äußerungen des Beklagten zu 3.) die vereinnahmten Gelder aus den Teilschuldverschreibungen zur Beteiligung an der ... (bzw. deren Teilschuldverschreibungen) verwendet hat (vergl. hierzu OLG Köln 1. Zivilsenat v. 26.08.1999, 1 U 43/99). Angesichts dessen, dass die ... Schuldverschreibungen zum gleichen Zinssatz herausgegeben hat wie die ... und im Hinblick darauf, dass die ... eine eigene erhebliche Kostenquote, etwa durch Provisionen und Vergütungen an die ... und ... Gruppe hatte, konnte diese schwerlich aus Erträgen die geschuldeten 9 % Zinsen erwirtschaften. Es spricht daher manches dafür, dass die ... nur solange solvent sein konnte, wie sie weitere Teilschuldverschreibungen über die ... und ... Gruppe vertrieb und aus dem so erworbenen Kapital die Zinslasten bedienen konnte und das den Beklagten zu 1. und 2. dies jedenfalls nicht verborgen bleiben konnte, sie daher den Vertrieb der Papiere im eigenen Interesse zu Lasten der Anleger weiter betrieben, bzw. deren Veräußerung durch die Anleger bremsten.

40

Letztlich ist auch dies aber mit der für die Beweisführung erforderlichen Sicherheit weder dargetan noch ersichtlich noch durch die angebotenen Beweise frei von ernst zunehmenden Zweifeln festzustellen. Die Beklagten müssten insbesondere hiervon Kenntnis gehabt haben.

41

Der Klägerin ist auch zuzugeben, dass das von den Beklagten betriebene Model, Interessenten von Festgeldanlagen, die oft risikoscheu und mit spekulativen Anlagen wenig vertraut sein mögen, zunächst mit hohen, für die ... defizitären Festzinsen zu „ködern“ um ihnen dann Risikopapiere zu vermitteln, bedenklich sein mag. Sittenwidrig und ggfls. strafbar wäre ein solches Verhalten aber nur, wenn die fehlerhafte Beratung, insbesondere das Verschweigen von Risken ein Teil des Systems wäre. Dies ist jedoch nicht hinreichend dargetan. Auch insoweit lässt sich nicht hinreichend schließen, dass die Art der Beratung in zahlreichen (wie die Klägerin behauptet mehr als 400 Fällen) Fällen auf einem von den Beklagten zu verantwortenden System beruhte, weil die ... mehrere tausend Anleger beraten hatte.

42

Nach allem war daher die Klage gegen die Beklagten zu 1.) und 2.) abzuweisen.

43

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.


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