Beschluss vom Landgericht Kiel (11. Zivilkammer) - 11 O 110/07

Tenor

Dem Sachverständigen … wird der Gutachtenauftrag vom 6. Februar 2008 entschädigungslos entzogen.

Gründe

I.

1

Durch den Beweisbeschluss vom 16. Januar 2008 wurde der bei der Industrie- und Handelskammer zu Kiel öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige zur Erstellung eines schriftlichen Gutachtens bestellt. Seine Beauftragung erfolgte durch die Verfügung vom 6. Februar 2008.

2

Mit Schreiben vom 14. Februar 2008 wies der Sachverständige nach Erhalt der Akten auf seine von den Vorschriften des JVEG abweichende Vergütungsvorstellung hin und bat um schriftliche Bestätigung der Abrechnungssätze. Mit Verfügungen vom 15. und 21. Februar 2008 wies das Gericht auf Bedenken gegen die Gebührenvorstellungen des Sachverständigen sowie darauf hin, dass eine höhere als nach dem JVEG vorgesehene Vergütung der Zustimmung der Parteien gemäß § 13 JVEG bedarf. Dies nahm der Sachverständige zu Anlass, die Akte mit Schreiben vom 23. Februar 2008 zurückzusenden, in dem es unter Ziff. 6 heißt:

3

„Ohne Klärung der Abrechnung zur Fixierung der „tatsächlichen Vergütung“ im Vorwege kann der SV leider nicht das Gutachten fortführen und wird deshalb in getrennter Post die Prozessakte zurücksenden mit der Kostennote für die geleistete Arbeit lt. Schreiben vom 14. II. 2008.“

4

Mit Rechnung vom 23. Februar 2008 macht der Sachverständige eine Vergütung in Höhe von 599,76 € geltend.

II.

5

Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige ist gemäß § 407 ZPO zur Erstattung des Gutachtens verpflichtet, wenn kein Gutachtenverweigerungsgrund nach § 408 ZPO vorliegt. Seine Entschädigung richtet sich nach den Vorschriften des JVEG. Ein Anspruch auf eine höhere Vergütung bedarf der Zustimmung der Parteien (vgl. OVG Berlin Jur. Büro 2001, 485).

6

Gegen diese Verpflichtung hat der Sachverständige vorsätzlich verstoßen. Er hat die Erstellung des Gutachtens davon abhängig gemacht, dass ihm die seinen Vorstellungen entsprechende Vergütung verbindlich zugesagt wird, auch wenn er nach dem JVEG keinen Anspruch auf eine Vergütung in dieser Höhe hat. Er hat damit deutlich gemacht, dass er nicht bereit ist, gemäß seinen Pflichten als Sachverständiger tätig zu werden.

7

Das Gericht sieht diese prinzipielle Gutachtenverweigerung des Sachverständigen als groben Pflichtverstoß an, der mit seiner öffentlichen Bestellung unvereinbar ist. Schon wegen der Schwere des Verstoßes hält es daher die entschädigungslose Entziehung des Auftrages für die angemessene Reaktion auf das Verhalten des Sachverständigen (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 25. Auflage, § 409 Rn. 4). Dies ist im Übrigen auch deshalb erforderlich, um weitere Verfahrensverzögerungen zu vermeiden. Das Verhalten des Sachverständigen beeinträchtigt den Anspruch der Parteien auf ein zügiges Betreiben des Rechtsstreits durch das Gericht.

8

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass eine weniger gravierende Maßnahme auch dann nicht in Betracht kommt, wenn der Sachverständige geltend machen wollte, er sei von einem Vergütungsanspruch nach dem JVEG ausgegangen. Denn es ist nicht hinnehmbar, dass ein öffentlich bestellter Sachverständiger Meinungsverschiedenheiten über die Höhe seiner Vergütung zum Anlass nimmt, die Erstellung des Gutachtens (zunächst) zu verweigern, da auch damit das Recht der Parteien auf zügige Durchführung des Verfahrens verletzt werden würde. Die Interessen des Sachverständigen sind durch die Möglichkeit, seine Vergütung gegebenenfalls im Beschwerdeverfahren gerichtlich klären zu lassen, ausreichend gewahrt.

9

Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass eine Vergütung für angebliche Vorbereitungsarbeiten nur dann in Betracht kommt, wenn es ohne Verschulden des Sachverständigen nicht zur Fertigstellung des Gutachtens kommt (vgl. OVG Berlin a. a. O.). Das ist hier nicht der Fall.


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