Beschluss vom Landgericht Kiel (13. Zivilkammer) - 13 T 52/08
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird dem Amtsgericht zur weiteren Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer zurückübertragen.
Dem Amtsgericht wird auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000,-- € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
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1. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin des Rechtes Nr. 21 b II. in Abt. III. des Grundbuches. Das Recht Nr. 21 b II ist durch wiederholte Rechtsteilung entstanden. Zunächst war das Recht Nr. 21 für die damalige Landesbank ... Girozentrale eingetragen worden. Diese hatte es teilweise an die Kreisparkasse S. abgetreten, die das Zwangsverwaltungsverfahren beantragte. Zwei Jahre später trat die Kreisparkasse das ihr abgetretene Teilrecht an die Inkassogesellschaft Z. W. GmbH ab. Diese wiederum trat nach weiterer Teilung des Rechts das Teilrecht Nr. 21 b II an die beschwerdeführende Beteiligte, eine Bank, ab. Die Kreissparkasse ... hatte einen Antrag auf Bestellung eines Institutsverwalters gemäß § 150 a ZVG nicht gestellt. Die Beschwerdeführerin hat ihr Recht zum Verfahren mit Schreiben vom 04.01.2008 angemeldet und den Antrag gestellt, die am 21.01.2005 bestellte Zwangsverwalterin abzuberufen und den Rechtsanwalt H. als Institutsverwalter zu bestellen. Die Z. W. teilte ihre Zustimmung ausdrücklich zur Akte mit. Gegen die ablehnende Entscheidung des Amtsgerichtes richtet sich die Beschwerde.
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2) a) Die Beschwerde ist gem. §§ 793, 567, 569 ZPO, 11 Abs. 1 RpflG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerde ist nach Maßgabe des Folgenden begründet. Die Auslegung des § 150 a ZVG unter dem Gesichtspunkt des Regelungszwecks und der Gesetzessystematik ergibt, daß das Antragsrecht gemäß dieser Bestimmung zwar auch im Sinne des § 9 ZVG Beteiligten zustehen kann , die Rechtsnachfolger von z.Z. der Anordnung des Zwangsverwaltungsverfahrens Beteiligten sind. In diesem Punkt folgt die Kammer somit der Auffassung von Stöber in ZVG, 18. Aufl., § 150 a Anm. 2.5, insbes. lit. c , nicht uneingeschränkt . Im Gegensatz zu Stöber a.a.O. geht sie davon aus, daß das Vorschlagsrecht eines solchen Beteiligten nur dann erlischt bzw. erloschen ist, wenn er oder ein Rechtsvorgänger sein Vorschlagsrecht nicht binnen einer ihm oder dem Rechtsvorgänger gesetzten Frist ausgeübt hat. Den im wesentlichen gleichlautenden, von der Beschwerdeführerin in Bezug genommenen, soweit ersichtlich unveröffentlichten Entscheidungen der Landgerichte Kassel, Köln, Stuttgart und Halle, in denen das Antragsrecht bei i.ü. gegebenen Voraussetzungen jedem in Rechtsnachfolge beteiligten Institut zugestanden wird, ist nur für die Fälle beizutreten, in denen keine Fristsetzung erfolgt ist. Soweit diese Entscheidungen die Antragsbefugnis darüber hinausgehend erhalten, berücksichtigen sie den Regelungszweck des § 150 a ZVG nicht hinreichend und bleiben formal am Wortlaut dieser Bestimmung orientiert.
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Weil vorliegend keine Frist gesetzt worden ist, ist der Antrag der Beschwerdeführerin unter Beachtung der Rechtsauffassung der Beschwerdekammer noch einmal, nunmehr auch unter dem Gesichtspunkt der weiteren Voraussetzungen der Institutsverwalterbestellung, zu prüfen.
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Der Wortlaut des § 150 a ZVG sieht für die Ausübung des Vorschlagsrechtes des am Verfahren beteiligten Gläubigers zwar keine zeitliche Beschränkung vor, sofern das Zwangsverwaltungsgericht nicht eine Frist gesetzt hat. Daraus folgt indessen nicht, dass es jedem im Sinne des § 9 ZVG beteiligten Gläubiger, dem Institutseigenschaft i.S.d. § 150 a ZVG zukommt und dem selbst keine Frist gesetzt worden ist, frei steht, zu jedem beliebigen Zeitpunkt einen Verwalter vorzuschlagen und damit die Abberufung des bisherigen Verwalters zu erzwingen. Denn es liegt auf der Hand, dass das Gesetz von derartig beliebigen und willkürlichen Verwalterwechseln im Laufe eines gegebenenfalls langen und schwierigen Zwangsverwaltungsverfahrens schon im Interesse der Effektivität und wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit des Verfahrens nicht ausgeht, ohne dass auf diesen als selbstverständlich zugrunde zu legenden Gesichtspunkt im Gesetz ausdrücklich hingewiesen ist. Mit der Zweckbestimmung des Verfahrens und mit dessen Praktikabilität wäre es unvereinbar, wenn
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- mit oder ohne Fristsetzung gegenüber etwaigen Rechtsvorgängern
- jedes in Rechtsnachfolge beteiligte Institut i.S. d. § 9 ZVG
- zu jedem beliebigen, auf die Anordnung der Zwangsverwaltung und Bestellung eines Verwalters folgenden Zeitpunkt
- auch unter Inkaufnahme der dann ohne weiteres gegebenen Möglichkeit, dass verschiedene Beteiligte mit divergierenden oder gar gegenläufigen Interessen
- u.U. personenverschiedene „neue“ Verwalter vorschlagen und auf diese Weise das Zwangsverwaltungsverfahren letztlich unter formalen Gesichtspunkten praktisch zum Erliegen bringen könnte.
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Es ist somit keinesfalls damit getan, lediglich auf den Umstand abzustellen, dass das Gesetz, abgesehen von den weiteren Erfordernissen der Institutsverwalterbestellung gemäß § 150 a ZVG, eine Beschränkung des Vorschlagsrechtes nur für den Fall der ausdrücklichen Fristsetzung gerade gegenüber dem Antragsteller durch das Gericht vorsieht.
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Unter dem Gesichtspunkt, dass häufig mehrere Beteiligte i.S. der §§ 150 a Abs. 1, 9 ZVG vorhanden sind, ist § 150 a Abs. 1 ZVG bereits von vornherein einschränkend auszulegen. Geht es um den Antrag eines Beteiligten i.S.d. § 9 ZVG, der seine Antragsbefugnis aus einem bei Anordnung der Zwangsverwaltung bereits eingetragenen Recht herleitet , kann die Bindung des Gerichts an einen solchen Antrag vom Gesetz nur dann gewollt sein , wenn dem Beteiligten oder seinem Rechtsvorgänger noch keine Frist für die Benennung eines Institutsverwalters gesetzt war . Anderenfalls würden durch beliebig gewillkürte Rechtsnachfolgefälle und durch Vermehrung der Zahl der Antragsberechtigten durch Bildung von Teilrechten in zeitlich unabsehbarer Abfolge und der Anzahl nach unbeschränkt Antragsrechte gem. § 150 a Abs. 1 ZVG, u.U. mit verschiedenen Antragsinhalten, geschaffen werden. Die Kammer stimmt insoweit im Ansatz der Entscheidung des Amtsgerichtes Heilbronn vom 10.08.2007 zum Az. 15 L 36/99 einschließlich der zugehörigen Nichtabhilfeentscheidung (IGZ Info 4/2007) zu, die nach Hinweis der Beschwerdekammer und Rücknahme der Beschwerde rechtskräftig geworden ist.
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Das Recht des § 150 a ZVG ist nicht dazu vorgesehen , einzelnen , zur Zeit der Anordnung des Verfahrens oder gar später hinzutretenden Beteiligten i.S.d. § 9 ZVG auf Dauer als Druckmittel die Möglichkeit offen zu halten , bestimmenden Einfluss auf das Verfahren zu nehmen , wenn sie mit der Amtsführung des neutralen , den Belangen aller Gläubiger und des Schuldners verpflichteten Verwalters oder der Handhabung des Verfahrens durch das Gericht in Beziehung auf den Verwalter nicht einverstanden sind.
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Gerade deshalb sieht das Gesetz vor, daß im Fall des § 150 a ZVG eine Frist gesetzt werden kann , um die nötige Kontinuität in das Verfahren zu bringen und den Zugriff des bestellten Verwalters auf das verwaltete Objekt zu sichern. Die Möglichkeit oder gar Notwendigkeit einer unbeschränkten Vielzahl von Fristsetzungen nach Abtretungen oder nach willkürlicher Bildung von Teilrechten ist mit der Funktion der Fristsetzung nicht zu vereinbaren. Sie würde ihr gerade zuwiderlaufen.
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Den Handel mit Kreditforderungen und zugehörigen Sicherungsrechten hat der Gesetzgeber bei Aufnahme der Figur des Institutsverwalters in das Gesetz nicht im Blick gehabt.
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In Fällen, in denen ein derartiger Handel stattfindet, stellt sich i.ü. die Frage, ob der Institutsverwalter im Amt bleibt, wenn sein Arbeitgeber das Recht (weiter- )veräußert, das diesem das Vorschlagsrecht verschafft hatte. Ist dieses Problem im Fall einer Erstveräußerung des gesamten Rechts durch ein „Institut“ , das bei Verfahrensanordnung bereits Beteiligter ist, noch hinnehmbar und u.U. gemäß § 153 ZVG lösbar, erhält es nicht mehr hinnehmbare Ausmaße, wenn im Fall mehrfacher Rechtsnachfolge das Institut „wechselt“ ( gewechselt wird), ein Nichtinstitut das Recht erwirbt oder durch Rechtsteilungen eine Vermehrung der beteiligten Institute eintritt.
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b) Die Verhinderung einer sachwidrigen zeitlichen und persönlichen Ausweitung der Antragsrechte darf allerdings nicht zur Übergehung der gesetzlich ausdrücklich genannten Voraussetzung für den Verlust des Antragsrechtes führen, dass nämlich zunächst überhaupt eine Frist zur Ausübung des Rechtes - gegenüber dem bei Anordnung des Verfahrens beteiligten Gläubiger oder jedenfalls einem Rechtsnachfolger , das Gesetz enthält insoweit keine zwingende Festlegung - gesetzt worden ist. Ist diese Frist nicht durch Vorlage eines Vorschlags genutzt worden, kann es Rechtsnachfolgern des Gläubigers nicht mehr freigestellt sein, nach Rechtserwerb zu beliebigen späteren Zeitpunkten Änderungen in der Person des Verwalters zu erzwingen. Ist aber die gesetzliche Bedingung für den Verlust des Antragsrechtes nicht erfüllt, bestünde das Antragsrecht in der Person eines z.Z. der Anordnung des Verfahrens Beteiligten somit fort, kann an diesem Fortbestand die Tatsache nichts ändern, daß die Inhaberschaft an dem Recht wechselt, aus dem das Antragsrecht hergeleitet wird . Ist keine Fristsetzung erfolgt, kann demnach die Rechtsnachfolge weder mit einer Rechtsmehrung noch mit einer Beschränkung der mit dem übergehenden Recht verbundenen Befugnisse verbunden sein, die i.ü. nur an die Institutseigenschaft des Beteiligten anknüpfen.
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c) Dieser Auslegung des Gesetzes steht auch § 153 Abs. 2 ZVG nicht entgegen. Aus dem Umstand, dass dem Gericht in dieser Vorschrift - scheinbar schrankenlos - die Möglichkeit der Entlassung des bisherigen und ggf. Bestellung eines anderen Zwangsverwalters eröffnet wird, ist nicht zu folgern, dass ein Rechtsnachfolger des ursprünglichen Gläubigers unbeschränkt, d.h. auch nach Ablauf einer Letzterem gesetzten Frist zur Benennung eines Institutsverwalters das Vorschlagsrecht ausüben können muss. § 153 Abs.2 ZVG ist ohnehin keinesfalls so zu verstehen, dass der Verwalterwechsel nach Belieben des Gerichts vorzunehmen ist. Auch die eingangs angeführten landgerichtlichen Entscheidungen gehen hiervon nicht aus. So ist etwa in der von der Beschwerde in Bezug genommenen, insoweit die Musterentscheidung darstellenden Entscheidung des Landgerichtes Kassel vom 27.11.2006 unter Hinweis auf gleichlautende Stimmen in der Kommentarliteratur ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in der Rechtsprechung weitgehende Einigkeit bestehe, dass Entlassungen des Verwalters regelmäßig lediglich aus besonderen Gründen erfolgen sollten. § 150 a Abs. 1 ZVG betrifft einen vollständig anderen Regelungsbereich als § 153 ZVG, in welchem es allgemein um die Leitung und Aufsicht über den Verwalter und die Durchsetzung der Aufsichtsbefugnisse im Laufe des Verfahrens geht. In § 150 a Abs. 1 ZVG geht es demgegenüber um den in der Ausgangskonstellation vorrangig geregelten Fall der im Zweifel erstmaligen Verwalterbestellung bei Anordnung des Zwangsverwaltungsverfahrens und Beteiligung eines Instituts. Insofern ist es verfehlt, den Fall des § 150 a ZVG als Sonderfall des Verwalterwechsels gem. § 153 Abs. 2 ZVG anzusehen.
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d) Ob ein gemäß § 9 ZVG Beteiligter, der diese Position nach Anordnung des Zwangsverwaltungsverfahrens nicht durch Erwerb eines bei Anordnung bereits bestehenden, u.U. noch ungeteilten Rechts erlangt hat , sondern durch originären Erwerb eines nach Anordnung erst entstandenen Rechts , entgegen der o.a. Entscheidung des AG Heidelberg ein Antragsrecht gemäß § 150 a ZVG hat , kann hier offen bleiben.
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e) Da vorliegend eine Frist nicht gesetzt worden ist, steht entgegen der Auffassung des Amtsgerichts allein der Umstand, dass die Beschwerdeführerin bei Anordnung des Verfahrens und Bestellung der derzeit tätigen Verwalterin noch nicht Rechtsinhaberin war, der Notwendigkeit eines Verwalterwechsels auf ihren Vorschlag hin nicht entgegen.
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Das Amtsgericht wird auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung der Kammer über den Antrag der Beschwerdeführerin erneut zu befinden und zuvor zu prüfen haben, ob für die Bestellung des vorgeschlagenen Institutsverwalters die Voraussetzungen des § 150 a Abs. 1, Abs. 2 ZVG vorliegen . Neben den gemäß BGH NJW-RR 05,1299 ff zu stellenden Anforderungen an die Person des Verwalters kann insoweit u.a. von Bedeutung sein , ob dieser von seinem Arbeitgeber nicht in einer zu großen Anzahl von Fällen mit Zwangsverwaltungsaufgaben beauftragt wird und ob nach der Art der vorliegend zu führenden Verwaltung, etwa der Belegenheit der Immobilie, der Sitz des gewünschten Verwalters ein Hindernis darstellt.
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3) Zwecks Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung war gemäß § 574 Abs. 3, Abs. 2 Nr.2 ZPO die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
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Referenzen
- ZVG § 153 5x
- ZVG § 150a 16x
- ZPO § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde 1x
- ZVG § 9 7x
- §§ 793, 567, 569 ZPO, 11 Abs. 1 RpflG 4x (nicht zugeordnet)
- 15 L 36/99 1x (nicht zugeordnet)