Urteil vom Landgericht Magdeburg - 7 S 117/15

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 16.01.2015 (Az. 150 2019 / 14 (105)) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 955,60 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 9.12.2013 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


und beschlossen:

Der Berufungsstreitwert wird auf 855,60 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht Magdeburg hat mit dem angefochtenen Teilversäumnis- und Schlussurteil den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 100,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 9.12.2013 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

2

Soweit die Verurteilung durch Versäumnisurteil erfolgt ist, ist das Urteil rechtskräftig geworden. Hinsichtlich der Klageabweisung hat die Klägerin Berufung eingelegt.

3

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen. Ergänzend wird noch Folgendes ausgeführt:

4

Der Film „Stadt der Gewalt“ wird seit 2010 und auch noch zur Zeit als DVD verkauft und verliehen. In der Hauptrolle ist Jackie Chan zu sehen. Die Produktionskosten betrugen 15 Millionen €.

5

Die Klägerin macht die Kosten der Abmahnung aus einem Streitwert von 7.500,00 € geltend und berechnet insoweit eine 1,3 Geschäftsgebühr.

6

Die Klägerin beantragt in Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Magdeburg,

7

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 955,60 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

8

Der Beklagte beantragt,

9

die Berufung zurückzuweisen.

II.

10

1. Dem Kläger steht der auf 400,00 € präzisierte Schadensersatzanspruch aus § 97 Abs. 2 S. 1 Urhebergesetz zu.

11

Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten im Wege der Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 Urhebergesetz berechnet werden kann. Danach ist Grundlage der Betrag, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Werkes eingeholt hätte.

12

Höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage, welche Schadensersatzbeträge bei Filmwerken im Wege der Lizenzanalogie anzunehmen sind, fehlt. Die erstinstanzliche Rechtsprechung hierzu ist uneinheitlich. Während beispielsweise das Amtsgericht Düsseldorf – ausgehend von der tatsächlichen Downloadzeit – in einem Fall einen Schadensersatz von 60,00 € angenommen hat (AG Düsseldorf, Urteil vom 24.3.2015 – 57 C 9341/14 –, Rn. 18, zitiert nach juris), hat das Landgericht München bei einem Filmwerk einen Schadensersatzbetrag i.H.v. 500,00 € für angemessen gehalten (Urteil vom 5.9.2014 – 21 S 24208 / 13 –, Rz. 33 ff., zitiert nach juris).

13

Angesichts der Produktionskosten, die auch aufgrund der Verpflichtung eines bekannten Schauspielers plausibel sind, ist es ausgeschlossen, dass sich ein Rechteinhaber eines Filmes, der noch verkauft wird, mit lediglich 100,00 € zufriedengegeben hätte. Zu berücksichtigen ist, dass der fiktive Lizenzbetrag die Verbreitung von Daten in einem Filesharing-Netzwerk und die hieraus folgende theoretische Notwendigkeit einer umfassenden Erteilung von Unterlizenzen sowie den zeitlich und räumlich unbeschränkten Geltungsbereich der Lizenz abbilden muss (LG München, a.s.O., Rz. 35). Denn im Rahmen eines Filesharing-Netzwerkes wird der Film jederzeit einer weltweit unbegrenzten Anzahl von Teilnehmern des Netzwerkes zugänglich gemacht. Auch die Tatsache, dass nur zwei Rechtsverletzungen dokumentiert wurden, kann bei der Berechnung des Schadensersatzes nicht berücksichtigt werden. Schließlich trägt der Verletzer auch das Risiko der wirtschaftlichen Verwertung einer Pauschallizenz.

14

Der vom Kläger angesetzte Betrag i.H.v. 400 € bildet daher nach Auffassung des Gerichts den Betrag, den ein Verwerter bei entsprechender Lizenzierung hätte zahlen müssen, zutreffend ab.

15

2. Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Abmahnkosten i.H.v. 555, 60 € aus § 97 a Abs. 1 S. 2 Urhebergesetz a.F. Diese Vorschrift gibt dem Verletzten das Recht, den Verletzer auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen. Dass das Recht anschließend auch gerichtlich geltend gemacht wird, ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht erforderlich. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Verletzte aus der Tatsache, dass ähnliche Verstöße nicht weiter vorkommen, schließt, dass die Wiederholungsgefahr nun doch auf andere Weise beseitigt ist. Darüber hinaus muss bei der gerichtlichen Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs auch das Kostenrisiko, welches der Kläger selbst bei einem Obsiegen trägt, bedacht werden. Aus diesem Grund kann man aus dem Umstand, dass die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch nicht gerichtlich geltend gemacht hat, nicht schließen, dass sie auf die Unterlassung keinen Wert legt.

16

Die 1,3 Geschäftsgebühr - berechnet aus einem Streitwert von 7.500 € - ist angemessen.

III.

17

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.


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