Beschluss vom Landgericht Mönchengladbach - 5 T 357/14
Tenor
Die Sache wird zur Entscheidung auf die Kammer übertragen.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Beschwerdeführerin begehrt die Heraufsetzung der ihr gewährten Vergütung für die rechtliche Beratung und Vertretung von Frau E.
4Frau E hatte von dem Amtsgericht Mönchengladbach einen Beratungshilfeschein für die Angelegenheit „Trennung von Ehemann und Folgen“ erhalten. Daraufhin ist die Beschwerdeführerin für Frau E als Rechtsanwältin tätig geworden. Mit Schriftsatz vom 07.08.2013 machte sie gegenüber dem Ehemann von Frau E unter anderem Ansprüche auf Trennungs- und Kindesunterhalt geltend.
5Ihre Tätigkeit rechnete sie gegenüber dem Amtsgericht wie folgt ab:
6Trennungsunterhalt: 255,85 EUR
7Kindesunterhalt: 255,85 EUR
8Wohnungsangelegenheiten: 99,96 EUR
9Das Amtsgericht holte eine Stellungnahme des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Mönchengladbach ein und setzte die Vergütung sodann auf 355,81 EUR fest und wies den Festsetzungsantrag in dem darüberhinausgehenden Umfang (255,85 EUR) zurück. Hierbei vertrat es die Auffassung, dass die Geltendmachung von Kindes- und Trennungsunterhalt gebührenrechtlich eine Angelegenheit betreffe und deshalb nur einmal vergütet werden könne. Der Bezirksrevisor vertrat insofern die Auffassung, dass sich diese Sichtweise insbesondere aus dem Beschluss des 10. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 26.03.2009 zu Az. I-10 W 149/08 und dem Beschluss der Kammer zu Az. 5 T 43/09 ergebe. Gegen den Beschluss des Amtsgerichts legte die Beschwerdeführerin Erinnerung ein, die durch das Amtsgericht zurückgewiesen wurde. Gegen den zurückweisenden Beschluss wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.
10II.
11Die Beschwerde ist gem. §§ 54, Abs. 4, 55, 33 Abs. 3 RVG zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
12Die Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf Festsetzung weiterer Gebühren in Höhe von 255,85 EUR gem. § 44 RVG i. V. m. §§ 2, 6 BerHG.
13Die Kammer vertritt insofern die Auffassung, dass in dem konkret zur Entscheidung stehenden Fall eine Zusammenfassung von Kindes- und Trennungsunterhalt zu einer – nur einmal abzurechnenden – Angelegenheit sachgerecht ist.
14Dies ergibt sich indes nicht – wie der Bezirksrevisor ausführt –aus den Beschlüssen der Kammer vom 07.04.2009, Az. 5 T 43/09 oder dem Beschluss des OLG Düsseldorf vom 26.02.2009, Az. 10 W 149/08.
15Soweit der Bezirksrevisor der Meinung ist, dass sich den vorgennannten Entscheidungen entnehmen lasse, dass Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt und Zugewinnausgleich jeweils eine Angelegenheit bildeten und deshalb nur einmal gegen die Staatskasse geltend gemacht werden könnten, ist dies unzutreffend. Weder die Kammer, noch der 10. Zivilsenat des OLG Düsseldorf haben in den von dem Bezirksrevisor zitierten Entscheidungen eine solche Auffassung vertreten. Vielmehr hat die Kammer in den Beschlüssen zu Az. 5 T 43/09 und 5 T 313/08 herausgestellt, dass Angelegenheiten, die die Scheidung von Ehegatten und deren Folgen betreffen, grundsätzlich verschiedene Angelegenheiten im Sinne des RVG darstellen und entsprechend zu vergüten sind. Das OLG Düsseldorf (Az. 10 W 149/08 und 10 W 85/08) hat diese Entscheidung bestätigt und klargestellt, dass bei einer Beratungshilfe für die Scheidung und deren Folgen auch dann gebührenrechtlich von verschiedenen Angelegenheiten auszugehen sei, wenn diese später im gerichtlichen Verbundverfahren geltend zu machen wären und § 16 Nr. 4 RVG insofern nicht analog anwendbar sei. Der dritte Senat des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 16.10.2012 (Az. 3 Wx 189/12)) hat diese Entscheidung wiederum fortgeführt und ausgeführt, dass ohne weitere Anhaltspunkte kein innerer Zusammenhang der Gegenstände Trennung, Scheidung und die Folgesachen angenommen werden könne und vielmehr von gebührenrechtlich verschiedenen Angelegenheiten auszugehen sei. In der Folge hat das Gericht die Auffassung vertreten, dass bei der Beratung über Trennungsunterhalt, Kindesunterhalt, Versorgungsausgleich, Vermögensauseinandersetzung, Scheidung, Besuchsrecht bei den Kindern, elterliche Sorge und Hausrat acht verschiedene Angelegenheiten vorlägen.
16Die von dem Bezirksrevisor vertretene Rechtsauffassung wird indes durch andere Gerichte, wie das OLG Frankfurt (Beschluss vom 12.05.2014, Az. 20 W 237/13) und das OLG Nürnberg (Beschluss vom 29.03.2011, Az. 11 WF 1590/10) vertreten. Diese gehen davon aus, dass bei einer außergerichtlichen Beratung betreffend Folgen von Trennung oder Scheidung gebührenrechtlich grundsätzlich von vier typisierten Komplexen auszugehen sei, die jeweils eine Angelegenheit darstellten. Diese vier Komplexe sind:
17- 18
Scheidung
- 19
Angelegenheiten im Zusammenhang mit den persönlichen Verhältnissen zu den Kindern (Personensorge, Umgangsrecht)
- 20
Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Hausrat sowie
- 21
finanzielle Auswirkungen von Trennung und Scheidung (Unterhaltsansprüche etc.)
Dieser Auffassung hat sich der überwiegende Teil der Rechtsprechung angeschlossen (vgl. OLG Schleswig, NJOZ 2014, 126; OLG Naumburg, Beschluss vom 28.03.2013 - 2 W 25/13; OLG Stuttgart, Beschl. v. 17. 10. 2012 – 8 W 379/11).
23Das Oberlandesgericht Düsseldorf – wie auch die Kammer – haben sich mit dieser Rechtsauffassung bislang nicht auseinandergesetzt. Ob die Bildung der entsprechenden Themenkomplexe in ihrer Gesamtheit interessengerecht ist, bedarf auch im hiesigen Fall keiner Entscheidung. Denn zumindest geht die Kammer davon aus, dass im konkreten Fall das Tätigwerden in Sachen Kindes- und Trennungsunterhalt eine Angelegenheit darstellt und dementsprechend auch nur einmal abzurechnen ist. Die beiden Unterhaltsansprüche berechnen sich hinsichtlich des Bedarfs der Unterhaltsberechtigten und der Leistungsfähigkeit einschließlich Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsverpflichteten regelmäßig unter Zugrundelegung eines einheitlichen Lebenssachverhalts (OLG Naumburg, Beschluss vom 28.03.2013 - 2 W 25/13). Aus den durch die Beschwerdeführerin zur Akte gereichten Unterlagen wird ersichtlich, dass die Berechnung der beiden Ansprüche gemeinsam erfolgt und die Berechnungen miteinander korrespondieren, da die Ansprüche hinsichtlich der Höhe voneinander abhängen. Vor diesem Hintergrund ist die Zusammenfassung als eine Angelegenheit sachgerecht.
24Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, § 33 Abs. 9 RVG.
25Die weitere Beschwerde gem. § 33 Abs. 6 RVG war zuzulassen, da eine Entscheidung des zuständigen Senats des Oberlandesgerichts in dieser Rechtsfrage – soweit ersichtlich – bislang nicht ergangen ist.
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