Beschluss vom Landgericht Schwerin (5. Zivilkammer) - 5 T 288/08
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde vom 10.08.2008 wird der Beschluss des Amtsgerichts Schwerin vom 30.07.2007 aufgehoben.
Das Amtsgericht wird angewiesen, die Beschwerdeführerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts erneut zu bescheiden.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Staatskasse.
Beschwerdewert: 352,18 €.
Gründe
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Das Amtsgericht geht - wie sich aus der Nichtabhilfeentscheidung vom 15.09.2008 ergibt - zu Unrecht davon aus, dass das Rechtsschutzbedürfnis für eine Durchsuchungsanordnung entfällt, wenn der Schuldner bereits eine eidesstattliche Versicherung gemäß § 807 ZPO abgelegt hat und die Frist, innerhalb derer der Schuldner zur Abgabe einer erneuten eidesstattlichen Versicherung nicht verpflichtet ist (§ 903 ZPO), noch nicht abgelaufen ist. Voraussetzung für eine richterliche Durchsuchungsanordnung gemäß § 758 a ZPO ist - außer der Verhältnismäßigkeit - jedoch lediglich, dass die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung, aber nicht, dass die Voraussetzungen einer erneuten eidesstattlichen Versicherung gemäß § 903 ZPO vorliegen. Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gemäß § 807 ZPO dient dazu, den Schuldner - unter Strafbarkeitsdrohung bei der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung - zu veranlassen, über sein Vermögen im Einzelnen wahrheitsgemäß Auskunft zu geben. Auch wenn meist von der Richtigkeit einer abgegebenen eidesstattlichen Versicherung ausgegangen wird und daher an die Verpflichtung einer wiederholten Abgabe bestimmte Voraussetzungen geknüpft sind, schließt die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung aber die Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung nicht aus. Anderenfalls hätte ein Schuldner die Möglichkeit, Vermögenswerte oder Hinweise auf sie vor dem Gläubiger zu verbergen. Die richterliche Durchsuchungsanordnung gewährleistet Prüfung in richterlicher Unabhängigkeit, dass die in Art. 13 II GG vorbehaltene Einschränkung des Grundrechtes auf Unverletzlichkeit der Wohnung nur für verfassungsrechtlich gebotene wirkungsvolle Durchsetzung des Vollstreckungsanspruchs des Gläubigers erfolgt. Weitere Voraussetzungen für Erteilung der Durchsuchungsanordnung ergeben sich weder aus der Verfassung noch aus dem Vollstreckungsrecht (vgl. Zöller/Stöber, 26. Aufl., § 758 a ZPO Rn15 mit Hinweis auf BVerfG 57, 346).
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Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu berücksichtigen, dass die Vollstreckungsorgane im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht nur Art. 13 GG, sondern auch die verfassungsrechtlich geschützten Rechte des Gläubigers aus Art. 14 GG zu beachten haben. Hierbei spielt insbesondere auch der verfassungsmäßig garantierte Anspruch des Gläubigers auf effektiven Rechtsschutz im Wege der Vollstreckung eine Rolle. Zudem dient die Vollstreckung der Bewährung der Privatrechtsordnung im Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner. Bei der Abwägung der kollidierenden Grundrechte aus Art. 13 GG und Art. 14 GG kommt der Rechtsposition des Gläubigers in der Regel ein größeres Gewicht zu. Deshalb darf die Durchsuchung bei Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen nur ausnahmsweise abgelehnt werden, wenn besondere Gründe bei voller Würdigung der verfassungsmäßig geschützten Gläubigerposition die Durchsetzung zu einem unverhältnismäßig schweren Eingriff in den Schutzbereich des Art. 13 GG machen würden (vgl. LG Mönchengladbach, JurBüro 2006, 493). Für das Vorliegen derartiger Gründe gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. Will ein Schuldner eine richterliche Durchsuchungsanordnung vermeiden, bleibt es ihm unbenommen, dem Gerichtsvollzieher Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren.
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