Beschluss vom Landgericht Stuttgart - 10 T 507/08

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Kostenschuldnerin wird die Kostenrechnung des Kostengläubigers Nr. 105807 vom 16.12.2008 zur Urkunde UR I Nr. 1298/2008 abgeändert und der von der Kostenschuldnerin zu entrichtende Betrag auf 29,50 EUR zuzüglich 5,61 EUR Umsatzsteuer, insgesamt also auf 35,11 EUR festgesetzt.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert : 57,12 EUR.

Gründe

 
I.
Mit der streitgegenständlichen Kostenrechnung vom 16.12.2008 berechnete der Kostengläubiger der Kostenschuldnerin nach Beurkundung eines GmbH-Geschäftsanteils Kauf- und Übertragungsvertrags für die Fertigung einer Gesellschafterliste eine 5/10 Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO aus einem Wert von 5.112,92 EUR (20% des Stammkapitals von 25.564,59 EUR) mit 24,00 EUR und eine 10/10 Gebühr für seine aus § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG resultierende Tätigkeit nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 KostO ebenfalls aus einem Wert von 5.112,92 EUR mit 48 EUR, zuzüglich Abrufgebühren für das elektronische Handelsregister mit 4,50 EUR und Dokumentenpauschale mit 1,00 EUR insgesamt mithin netto 77,50 EUR bzw. brutto incl. 19% Umsatzsteuer 92,23 EUR.
Mit Schreiben an den Notar vom 16.12.2008 wendete sich die Kostenschuldnerin gegen die nach § 50 KostO angesetzte Gebühr mit dem Vorbringen, es handele sich bei der in Rechnung gestellten Tätigkeit des Notars um eine Nebenpflicht im Rahmen der Beurkundung der Geschäftsanteilsübertragung, für die eine gesonderte Gebühr nicht verlangt werden könne. Auch im vergleichbaren Fall des § 54 Abs. 1 GmbHG dürfe eine Gebühr für die Bescheinigung der Vollständigkeit des Wortlauts des Gesellschaftsvertrags nicht verlangt werden.
Der Kostengläubiger half den Einwendungen unter dem 17.12.2008 nicht ab und beantragte die Entscheidung des Landgerichts. Er beruft sich auf die überwiegende Auffassung der Kostenliteratur und bringt vor, die Bescheinigung des Notars nach § 40 GmbHG gehe über die Wortlautbescheinigung des § 54 GmbHG weit hinaus, weil der Notar auch Umstände zu berücksichtigen habe, die außerhalb des eigentlichen Urkundsvorgangs lägen wie beispielsweise der Eintritt von Bedingungen oder das Vorliegen eventuell erforderlicher Genehmigungen. Diese eigenständige Tätigkeit, die keine bloße Nebentätigkeit sei, erfordere eine gesonderte Vergütung.
Der Bezirksrevisor wendet sich in seiner Stellungnahme vom 9.3.2009 gegen den Ansatz einer Gebühr nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 KostO. Er ist der Auffassung bei der aus § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG resultierenden Tätigkeit handele es sich um ein Nebengeschäft, weil der Notar mit der Einreichung der bescheinigten Gesellschafterliste eine gesetzliche Verpflichtung erfülle.
Wegen Einzelheiten zu den im Einzelnen von den Beteiligten vertretenen Rechtsstandpunkten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Nachdem der Kostengläubiger auf die ihm gegenüber erhobenen Einwendungen der Kostenschuldnerin die Entscheidung des Landgerichts beantragt hat, sind die Einwendungen als Notarkostenkostenbeschwerde im Sinne von § 156 KostO zu behandeln (§ 156 Abs. 1 S. 3 KostO).
Das Rechtsmittel ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Die Kammer schließt sich der von dem Bezirksrevisor vertretenen Auffassung an, wonach der Notar für seine Tätigkeit nach § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG eine Gebühr nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 KostO nicht beanspruchen kann.
Zutreffend weist der Bezirksrevisor darauf hin, dass die Gebühr nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 KostO nur entstehen kann, wenn die Erteilung von Bescheinigungen über Tatsachen oder Verhältnisse, die urkundlich nachgewiesen oder offenkundig sind, nicht ein bloßes Nebengeschäft im Sinne von § 35 KostO darstellt (Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. § 50 KostO Rn. 3). Um ein solches handelt es sich aber, wenn der Notar in Erfüllung von § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG nach Mitwirkung an einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung die Liste der Gesellschafter anstelle der Geschäftsführer unterschreibt und zum Handelsregister einreicht.
10 
Nebengeschäft im Sinne von § 35 KostO ist alles dasjenige, was mit dem Hauptgeschäft so eng zusammenhängt, dass es nicht als ein selbständiges Geschäft in Erscheinung tritt. Hierzu zählt alles, was im Verhältnis zum Hauptgeschäft keine zentrale Bedeutung hat, und das jedenfalls erfolgt, um das Hauptgeschäft vorzubereiten oder seinen Vollzug zu fördern und den mit diesem beabsichtigten Erfolg herbeizuführen (OLG Hamm FGPrax 2005, 232; Hartmann a.a.O. § 35 KostO Rn. 4). Ein Nebengeschäft liegt vor, wenn die Tätigkeit zur Vorbereitung und Herbeiführung des Rechtserfolgs des Hauptgeschäfts erforderlich ist (OLG Celle DNotZ 91, 415). Mithin ist all das Nebengeschäft, was zum Pflichtenkreis des Notars gehört und deshalb ohne besonderen Auftrag zur sachgemäßen Erledigung des Hauptgeschäftes auszuführen ist (OLG Stuttgart JurBüro 1984, 1078 = Justiz 1984, 136). Umgekehrt gilt dasjenige, was der Notar ohne einen Verstoß gegen seine Amtspflicht ablehnen kann, nicht als Nebengeschäft.
11 
Dies berücksichtigt stellt die Unterschrift der aktualisierten Gesellschafterliste und ihre Einreichung beim Handelsregister ein Nebengeschäft zur Beurkundung einer Geschäftsanteilsübertragung dar, weil der Notar zu dieser Tätigkeit nach § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG verpflichtet ist. Zu Recht weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass eine Parallele zur nach § 54 GmbHG vom Notar zu erteilenden Bescheinigung des neuen vollständigen Wortlauts des Gesellschaftsvertrags gezogen werden kann. Auch diese ist wegen der Ausführungsverpflichtung des Notars Nebengeschäft im Sinne von § 35 GmbHG. Dass § 47 KostO insoweit ausdrücklich klarstellt, dass ein gebührenfreies Nebengeschäft im Sinne von § 35 KostO vorliegt, rechtfertigt nicht den Schluss, dass die aus § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG resultierende Tätigkeit des Notars kein gebührenfreies Nebengeschäft darstellt, weil eine klarstellende Norm allein keinen eigenen Regelungsgehalt beinhaltet, sondern nur auf einen bereits ohne sie geltenden Grundsatz hinweist. Das Argument der Gegenauffassung, eine entsprechende Anwendung des § 47 KostO sei wegen des im Kostenrecht geltenden Analogieverbots ausgeschlossen, greift nicht, da das aus § 1 Satz 1 KostO folgende Analogieverbot (vgl. hierzu BGH NJW-RR 2006, 1003; OLG Köln, Beschluss vom 1.3.2009 Az. 2 Wx 14/09) lediglich die entsprechende Anwendung einer Gebührenvorschrift zulasten des Kostenschuldners ausschließt; die analoge Anwendung des § 47 KostO sich aber zugunsten des Gebührenschuldners auswirkt.
12 
Zu Recht weist der Bezirksrevisor schließlich darauf hin, dass die von dem Kostengläubiger dargestellten Kriterien der Verantwortung und des Aufwands bei der kostenrechtlichen Betrachtung keine Berücksichtigung finden können.
13 
Die angegriffene Notarrechnung war nach alledem um den Bruttobetrag von 57,12 EUR auf den Bruttobetrag von 35,11 EUR zu reduzieren.
14 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 156 Abs. 5 Satz 1 KostO, die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.
15 
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage, zu der veröffentlichte Rechtsprechung bislang nicht vorliegt, war die weitere Beschwerde nach § 156 Abs. 2 Satz 1 KostO zuzulassen.
16 
Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 131 II, 30 I KostO.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen