Beschluss vom Landgericht Wuppertal - 16 T 193/14
Tenor
Auf die Erinnerung der Schuldnerin (undatiert, bei Gericht eingegangen am 23.01.2015) wird der Kostenansatz vom 25.07.2014 aufgehoben, soweit er über einen Betrag von 120,00 EUR hinausgeht.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen, soweit die Kammer die Kostenrechnung, wie aus dem vorstehenden Tenor ersichtlich, aufgehoben hat.
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G r ü n d e :
2I.
3Die Schuldnerin wendet sich gegen eine Kostenrechnung nach Abschluss eines Beschwerdeverfahrens in einer Zwangsversteigerungssache.
4Sie war gemeinsam mit ihrem Bruder, dem weiteren Schuldner des Versteigerungsverfahrens, in ungeteilter Erbengemeinschaft Miteigentümerin des eingangs bezeichneten Grundstücks, dessen Zwangsversteigerung das Amtsgericht Remscheid mit Beschluss vom 14.07.2011 angeordnet hat. Den Verkehrswert des Grundbesitzes hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 22.03.2013 auf 214.000,00 EUR und den Termin zur Zwangsversteigerung auf den 17.06.2013 festgesetzt. Mit Schriftsatz vom 14.06.2013 hat die Schuldnerin Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO wegen gesundheitlicher Gefahren für ihren Ehemann beantragt, der mit ihr in einem Haushalt im Versteigerungsobjekt lebte. Sie hat ausgeführt, ihr Ehemann leide seit Jahrzehnten an einer unaufhaltsam fortschreitenden psychischen Erkrankung, wegen derer er früher auch mehrfach in stationärer psychiatrischer Behandlung gewesen sei. Der Erfolg dieser Behandlungen sei jedoch nicht hinreichend gewesen, was sie näher ausführte. Nachdem im Versteigerungstermin keine Gebote abgegeben worden waren, hat die Schuldnerin den Vollstreckungsschutzantrag mit weiterem Schriftsatz vom 21.06.2013 zurückgenommen (Bl. 196 der Akten).
5Auf Antrag eines Gläubigers ist sodann neuer Termin zur Zwangsversteigerung auf den 11.11.2013 bestimmt worden. Unter dem 01.09.2013 haben die Schuldner die einstweilige Einstellung des Verfahrens beantragt. Diesem Antrag ist der betreibende Gläubiger entgegengetreten. Im Termin am 11.11.2013 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Schuldner einen erneuten Vollstreckungsschutzantrag nach § 765 a ZPO überreicht, in dem erneut und vertieft zu den Gesundheitsgefahren für den Ehemann der Schuldnerin näher vorgetragen worden ist (Bl. 266 der Akten). Es ist ein Gebot abgegeben worden. Das Amtsgericht hat einen Termin zur Verkündung der Entscheidung über den Zuschlag auf den 20.12.2013 bestimmt und unter dem 11.11.2013 beschlossen, den Amtsarzt mit der Erstattung eines Gutachtens hinsichtlich des Gesundheitszustandes und der Selbsttötungsgefahr betreffend den Ehemann der Schuldnerin zu beauftragen. Wegen Verzögerungen der Gutachtenerstattung ist der Verkündungstermin mehrfach verlegt worden, zuletzt auf den 02.05.2014. In diesem Termin ist der Beschluss verkündet worden, mit dem dem Meistbietenden unter bestimmten Bedingungen unter Zurückweisung des Einstellungsantrags der Zuschlag erteilt worden ist. In den Entscheidungsgründen dieses Beschlusses ist zugleich der Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO mit ausführlicher Begründung zurückgewiesen worden.
6Die gegen diesen Zuschlagsbeschluss gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldner, die mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 27.05.2014 (Bl. 372 ff. d.A.) näher begründet worden ist und mit der ausschließlich geltend gemacht worden ist, dass das Amtsgericht zu Unrecht Vollstreckungsschutz gem. § 765a ZPO versagt habe, hat die Kammer mit Beschluss vom 13.06.2015, der die Grundlage für die hier zu überprüfende Kostenrechnung darstellt, als unzulässig verworfen und den Wert des Beschwerdegegenstandes auf 145.100,00 EUR festgesetzt.
7Daraufhin hat die Kostenbeamtin mit dem angegriffenen Kostenansatz die Kosten gegen die Kostenschuldnerin i.H.v. 1.386,00 EUR angesetzt. Dieser Betrag beruht auf einer 1,0-fachen Gebühr für die Verwerfung oder Zurückweisung sonstiger Beschwerden gemäß Ziffer 2241 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (KV zum GKG) aus dem festgesetzten Wert von 145.100,00 EUR. Gestützt auf diesen Kostenansatz hat die Gerichtskasse Düsseldorf der Kostenschuldnerin diesen Betrag unter dem 28.07.2014 in Rechnung gestellt.
8Die Kostenschuldnerin wendet sich gegen die Kostenforderung, weil sie der Ansicht ist, nicht die kompletten Verfahrenskosten tragen zu müssen, sondern nur die Hälfte, weil es sich bei den Schuldnern um eine Erbengemeinschaft unter Geschwistern handele.
9Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.
10II.
11Das Rechtsmittel der Kostenschuldnerin ist als Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß § 66 Abs. 1 GKG statthaft und auch sonst zulässig. Es hat auch ganz überwiegend in der Sache Erfolg.
12Allerdings macht die Kostenschuldnerin ohne Erfolg geltend, nur die Hälfte der Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen zu müssen. Zutreffend ist zwar, dass sie die Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluss gemeinsam mit ihrem Bruder geführt hat, mit dem sie gemeinsam in ungeteilter Erbengemeinschaft (Mit-) Eigentümerin des versteigerten Grundbesitzes gewesen ist. Das hat jedoch nicht zur Folge, dass die Kostenschuldnerin nur für die Hälfte der durch das Beschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten einstehen müsste. Mit dem Beschluss vom 13.06.2014 waren die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens den Schuldnern auferlegt worden. Gemäß § 31 GKG haften mehrere Kostenschuldner als Gesamtschuldner. Das hat nach § 421 BGB zur Folge, dass die Gerichtskasse die Leistung von jedem der Schuldner ganz fordern kann, aber insgesamt die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist, und dass bis zur Bewirkung der ganzen Leistung sämtliche Schuldner verpflichtet bleiben. Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung der Gerichtskasse, die Erinnerungsführerin als Kostenschuldnerin in Anspruch zu nehmen, ermessensfehlerhaft wäre, bestehen nicht. Die Frage, ob die Erinnerungsführerin im Innenverhältnis zu ihrem Bruder allein zur Tragung der Kosten des Beschwerdeverfahrens verpflichtet ist, bleibt hiervon unberührt und ist nicht im vorliegenden Verfahren zu entscheiden.
13Die gebotene Überprüfung des Kostenansatzes führt aber dazu, dass die Gebühr gemäß Ziff. 2241 KV nicht angefallen ist und der Kostenansatz, soweit er hierauf gestützt ist, aufzuheben ist. Nach dieser Ziffer des Kostenverzeichnisses wird eine Gebühr in Höhe des 1,0-fachen Satzes erhoben in „Verfahren über nicht besonders aufgeführte Beschwerden, die nicht nach anderen Vorschriften gebührenfrei sind“, soweit die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Zu solchen Beschwerden gehören zwar grundsätzlich auch die Beschwerden gegen einen Zuschlagsbeschluss. Die (Fest-) Gebühr Ziff. 2240 in Höhe von 120,00 EUR fällt demgegenüber an in „Verfahren über Beschwerden, wenn für die angefochtene Entscheidung eine Festgebühr bestimmt ist“, sofern die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Zwar würde nach dem Wortlaut dieser Vorschrift die Gebühr nach Ziff. 2240 nicht anfallen, weil die angefochtene Entscheidung im vorliegenden Fall der Zuschlagsbeschluss war und für diesen keine Festgebühr bestimmt ist, sondern gemäß Ziff. 2214 des Gebührenverzeichnisses eine halbe Gebühr. Gleichwohl greift die Gebühr nach Ziff. 2240 KV im vorliegenden Fall nicht ein.
14Zu beachten ist im vorliegenden Fall die Vorbemerkung Nr. 2.2 zum Hauptabschnitt 2 des Teils 2 des Gebührenverzeichnisses. Nach dieser Vorbemerkung wird für ein Verfahren über einen Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 765a ZPO keine Gebühr erhoben und für das Beschwerdeverfahren die Gebühr Ziff. 2240. Aus dieser Regelung wird ersichtlich, dass der Gesetzgeber den Zugang zum gerichtlichen Rechtsschutz kostengünstig ausgestalten wollte, soweit es um die Geltendmachung der sittenwidrigen Härte der Zwangsvollstreckung geht. Diese Wertung des Gesetzgebers würde außer Acht gelassen, wenn ein Schuldner mit der Möglichkeit rechnen müsste, dass ihm je nach der Verfahrensweise des Gerichts Kosten in Höhe eines Vielfachen (hier: 1.386,00 EUR statt 120,00 EUR) aufgebürdet werden können, ohne dass er dies von außen beeinflussen kann (so mit Recht LG Bonn, Beschluss vom 27.08.2010, Az. 6 T 8/10, zitiert nach juris). So liegt der Fall auch hier. Die Erinnerungsführerin hat im Versteigerungstermin Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO begehrt, worüber das Amtsgericht nicht vorab durch gesonderten Beschluss, dessen Rechtskraft abgewartet worden wäre, sondern erst gemeinsam mit dem Zuschlag entschieden hat. Hiernach wäre es von der vom Kostenschuldner nicht beeinflussbaren Verfahrensweise des Gerichts abhängig, ob die Gebühr für die Zurückweisung der Beschwerde, mit der die Zurückweisung des Vollstreckungsschutzantrages zur Überprüfung gestellt wird, lediglich 120,00 EUR beträgt (dies wäre der Fall, wenn die Entscheidung über den Zuschlag zurückgestellt würde, solange der Antrag gemäß § 765a ZPO nicht rechtskräftig beschieden ist) oder 1.386,00 EUR wie im vorliegenden Fall, wenn der Vollstreckungsschutzantrag gemeinsam mit der Zuschlagsentscheidung zurückgewiesen wird und deshalb der Schuldner die Zurückweisung seines Vollstreckungsschutzantrages nur gemeinsam mit dem Zuschlagsbeschluss zur Überprüfung stellen kann. Es ist daher geboten, den Anwendungsbereich der Gebühr Ziff. 2241 einschränkend auszulegen, so dass für die Zurückweisung einer Zuschlagsbeschwerde, sofern der Beschwerdeführer mit dieser nur sein erst mit dem Zuschlagsbeschluss zurückgewiesenes Begehren nach § 765a ZPO weiterverfolgt, nur die Gebühr nach Ziff. 2240 KV anfällt.
15III.
16Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da das Verfahren gebührenfrei ist, besondere Auslagen nicht entstanden sind und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden, § 66 Abs. 8 GKG.
17Die weitere Beschwerde war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage zuzulassen, welche Gebührenziffer auf den vorliegenden Fall Anwendung findet. § 66 Abs. 4 GKG ist insoweit einschlägig. Das richtige Rechtsmittel gegen den vorliegenden Beschluss ist die weitere Beschwerde und nicht etwa die (Erst-) Beschwerde, denn die Kammer hat als Beschwerdegericht entschieden, auch wenn sich die Erinnerung gegen Kosten richtet, die erst auf der Ebene der Beschwerdeinstanz angefallen sind (vgl. LG Bonn a.a.O.). Allerdings war die weitere Beschwerde nur zuzulassen, soweit der Kostenansatz aufgehoben worden ist. Dass die Erinnerungsführerin zumindest 120,00 EUR zahlen muss, weil ihr Rechtsmittel jedenfalls die Gebühr zu Ziff. 2240 ausgelöst hat, steht außer Frage.
18Rechtsbehelfsbelehrung:
19Gegen diesen Beschluss ist die weitere Beschwerde statthaft. Die weitere Beschwerde ist bei dem Landgericht Wuppertal, Eiland 1, 42103 Wuppertal, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die weitere Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
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Referenzen
- ZPO § 765a Vollstreckungsschutz 8x
- § 66 Abs. 8 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- § 31 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 421 Gesamtschuldner 1x
- 6 T 8/10 1x (nicht zugeordnet)
- § 66 Abs. 4 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- § 66 Abs. 1 GKG 1x (nicht zugeordnet)