Urteil vom Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 5 KA 5312/03

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erweiterung des ihm zuerkannten Zusatzbudgets "Psychosomatik/Übende Verfahren" für die Zeit ab dem Quartal 3/02.
Der Kläger ist als Arzt für Allgemeinmedizin in Backnang zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er nimmt an der hausärztlichen Versorgung teil und führt die Zusatzbezeichnungen "Psychotherapie", "Naturheilverfahren" und "Homöopathie". Er besitzt die Genehmigung zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger. Bezüglich der Behandlung dieses Personenkreises rechnetet der Kläger u. a. folgendermaßen
 ab:
Quartal
Durchschnittliche
Punktzahl im Budget
"Psychosomatik/Übende
Verfahren"
Budgetrelevante
Fallzahl
Substitutionspatienten
davon mit
Genehmigung
4/01
398,5
568
                 
1/02
222,3
587
70   
51   
2/02
302,9
575
69   
48   
3/02
537,1
566
69   
38   
4/02
573,5
543
69   
36   
1/03
354,4
579
77   
Genehm. nicht
mehr erforderlich
2/03
249,6
595
76   
Genehm. nicht
mehr erforderlich
Mit
 einer am 20. März 1998 bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage (S 10 KA 1393/98) begehrte der Kläger wegen der Behandlung der drogenabhängigen Versicherten ein Zusatzbudget. In einem auf Vorschlag des SG geschlossenen, von der Beklagten aber widerrufenen Vergleich vom 18. Dezember 2001 sollte die Beklagte dem Kläger für das (ihm zuerkannte) Zusatzbudget "Psychosomatik/Übende Verfahren" für die Quartale 3/97 bis 4/98 eine Fallpunktzahl von 450,4 und ab dem Quartal 1/99 von 225,3 zuordnen. Den Widerruf des Vergleiches begründete die Beklagte damit, dass der Kläger insbesondere die psychosomatischen und psychotherapeutischen Leistungen nicht dokumentiere und deshalb der Leistungsinhalt nicht erfüllt sei. Zur Erledigung des Rechtsstreits schlossen die Beteiligten am 24. April 2002 einen Vergleich, wonach der Kläger die Erweiterung des ihm zuerkannten qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets "Psychosomatik/Übende Verfahren" ab 1. Januar 2002 beantrage. Die Beklagte gab diesem Antrag des Klägers dergestalt statt, dass für das Zusatzbudget "Psychosomatik/Übende Verfahren" widerruflich ab dem 1. Januar 2002 221,2 Punkte je Fall (Bescheid vom 14. Mai 2002) und ab 1. April 2002 415,2 Punkte je Fall zuerkannt werden (Bescheid vom 26. November 2002). Zur Begründung führte sie im Bescheid vom 26. November 2002 aus, in analoger Anwendung des dem Bescheid vom 14. Mai 2002 zu Grunde liegenden Prüfungsverfahrens habe sie die vom Kläger geführten Patientendokumentationen von jeweils 10 substituierten Patienten eingesehen, bei welchen in den Quartalen 2/02 und 3/02 die Leistungen nach der GNR. 851 EBM erbracht und abgerechnet worden seien. Nach Prüfung der Unterlagen sei festzustellen, dass die Dokumentation der Gesprächsinhalte zwar knapp, aber insbesondere im Quartal 2/02 ausreichend erfolgt sei. Im Quartal 3/02 erschöpften sich die Dokumentationen jedoch vielfach in Angaben zu Dosierung und Take-home-Dosis. Festzustellen sei somit, dass zwar insbesondere bezüglich des Quartals 3/02 noch erhebliche Dokumentationsmängel bestünden, ein fortbestehendes Bemühen des Klägers um ausreichende Dokumentation der Gesprächsleistungen nach GNR. 851 EBM jedoch insbesondere im Quartal 2/02 zu erkennen sei. Es sei daher gerechtfertigt, von einer insgesamt ordnungsgemäßen Erbringung der in den Quartalen 2/02 und 3/02 abgerechneten Leistungen nach der GNR. 851 EBM auszugehen. Eine nochmalige Budgeterweiterung sei daher vertretbar gewesen. Im Quartal 2/02 seien für die Leistung nach GNR. 851 EBM insgesamt 174.150,0 Punkte bei 575 budgetrelevanten Behandlungsfällen angefordert worden, was 302,9 Punkten pro Fall entspreche. Da die EDV-technische Bearbeitung noch nicht abgeschlossen sei, sei die Abrechnung des Quartals 3/02 einer "manuellen" Prüfung unterzogen worden mit dem Ergebnis, dass für die Leistung nach der GNR. 851 EBM (nur diese sei zur Abrechnung gekommen) 300.150,0 Punkte angefordert worden seien. Bei "manuell" ermittelten 569 budgetrelevanten Fällen errechne sich eine Fallpunktzahl von 527,5. Das arithmetische Mittel der für die Quartale 2/02 und 3/02 ermittelten Fallpunktzahl in Höhe von 415,2 Punkten/Fall spiegele den auf der Basis der Abrechnungsergebnisse zweier Quartale ermittelten tatsächlichen Versorgungsbedarf der Praxis im Hinblick auf die psychosomatische Betreuung der vom Kläger behandelten substituierten Patienten wieder.
Gegen den Bescheid vom 26. November 2002 erhob der Kläger Widerspruch. Das Quartal 2/02 sei kein normales Quartal gewesen, weil er sich bemüht gehabt habe, die Praxis zu verkaufen und, um sie verkäuflich zu machen, die Substitution loszuwerden.
Der Vorstand der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 20. März 2003). Die Abrechnungsergebnisse der Quartale 2/02 und 3/02 stellten eine zuverlässige Grundlage für die Neuberechnung des Budgets dar. Die Argumentation des Klägers könne schon allein deshalb nicht überzeugen, weil die Zahl der Behandlungsfälle im Quartal 2/02 keineswegs rückläufig gewesen sei. Die Zahl der budgetrelevanten Behandlungsfälle liege in den Quartalen 1/02 bis 3/02 bei 587, 575 und 566. Da der Schwerpunkt der Praxistätigkeit während dieses gesamten Zeitraums auf der Substitution drogenabhängiger Patienten gelegen habe und weiterhin liege, rechtfertigten die genannten Zahlen den sicheren Schluss, dass der Versorgungsbedarf der Praxis im Hinblick auf die Erbringung der Leistungen der Psychosomatik im Quartal 2/02 in gleichem Umfang bestanden habe wie in den übrigen Quartalen.
Der Kläger hat am 7. April 2003 Klage beim SG erhoben. Die Beklagte hätte nicht das Quartal 2/02, in welchem er möglichst viele Substitutionspatienten habe "loswerden" müssen, um die Praxis in einen verkaufsfähigen Zustand zu bringen, sondern das Quartal 3/02 oder das Quartal 4/02 oder beide heranziehen müssen. Alle Substitutionspatienten seinen in allen Quartalen in Behandlung gewesen. Es komme nicht auf die Fallzahl an, sondern wie die Patienten behandelt worden seien. Da aber die meisten weniger Behandlungstermine, Gespräche und Untersuchungen gehabt hätten, sei der Fallwert unnormal niedrig.
Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass der Kläger möglichst zeitnah eine nochmalige Budgeterweiterung habe erhalten wollen und nicht unerheblichen Druck auf sie ausgeübt habe, sodass ein Abwarten bis zum Vorliegen der Abrechnungsergebnisse des Quartals 4/02 nicht möglich gewesen sei. Das Vorbringen des Klägers, das Quartal 2/02 sei unnormal niedrig gewesen, sei nicht schlüssig, weil sich im Vergleichsquartal 4/01 bei gleicher Praxisausrichtung und sogar höherer budgetrelevanter Fallzahl im Bereich des Zusatzbudgets "Psychosomatik/Übende Verfahren" eine Fallpunktzahl von 398,5 errechne. Eine sachliche Rechtfertigung für die Steigerung auf eine Fallpunktzahl von 573,5 im Quartal 4/02 sei nicht erkennbar.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21. November 2003 abgewiesen. Trotz des bei Leistungen der GNR. 851 EBM im qualifikationsgebundenen Zusatzbudget "Psychosomatik/Übende Verfahren" liegenden Schwerpunkts der klägerischen Praxis sei die begehrte (weitere) Budgeterweiterung nicht gerechtfertigt. Eine Budgeterweiterung dürfe nur auf der Grundlage eines tatsächlich belegbaren Versorgungsbedarfes in der jeweiligen Praxis erfolgen. Weder aus den vorliegenden Unterlagen noch aus dem Vorbringen des Klägers sei eine Änderung seiner Behandlungsausrichtung oder eine Änderung seines Patientengutes zu ersehen. Der Schwerpunkt liege auch ab dem Quartal 3/02 wie in den Vorquartalen auf der Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger. Auch die Fallzahlen hätten sich seit dem Quartal 4/99 bis zum Quartal 2/03, dem letzten Quartal, in dem die Regelungen über Zusatzbudgets Gültigkeit gehabt hätten, kaum verändert. Auch das tatsächliche Abrechnungsergebnis des Klägers im qualifikationsgebundenen Zusatzbudget "Psychosomatik/Übende Verfahren" rechtfertige keine Erhöhung der zuerkannten Fallpunktzahl von 415,2. Bilde man für die Quartale 2/02 bis 2/03 den Mittelwert, ergebe dies eine Fallpunktzahl von 402,3. Für die Quartale 3/02 bis 2/03 ergebe sich ein Mittelwert von 427,15. Für die Steigerung der Fallpunktzahl auf 531,1 bzw. 573,5 in den Quartalen 3/02 und 4/02 sei ein sachlicher Grund nicht zu erkennen.
10 
Gegen das ihm am 15. Dezember 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. Dezember 2003 Berufung eingelegt. Der gedankliche Ansatz des SG, wonach eine Erweiterung eines zuerkannten Zusatzbudgets rechtlich nur möglich sei, wenn sich Änderungen der Behandlungsausrichtung oder Änderungen des Patientengutes ergeben hätten, sei nicht haltbar. Das Quartal 2/02 habe die schon dargelegten Besonderheiten aufgewiesen. Aus den niedrigen Fallpunktzahlen in den Quartalen 1/03 und 2/03 habe das SG einen falschen Schluss gezogen. Zur Behandlung von Suchtpatienten habe es keiner Behandlungsgenehmigung mehr bedurft. Die nicht budgetierten GNRn. 202 bis 204 EBM hätten abgerechnet werden können, wodurch konsequenterweise viel weniger Leistungen nach der GNR. 851 EBM nötig geworden seien. Im Jahre 2002 sei die Anzahl der erbrachten Leistungen nach der GNR. 851 EBM ständig gestiegen, weil die Genehmigungen zur Substitutionsbehandlung ständig gesunken seien.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. November 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 26. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. März 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, erneut über die Höhe der ihm ab dem Quartal 3/02 für das qualifikationsgebundene Zusatzbudget "Psychosomatik/Übende Verfahren" zuzuerkennenden Fallpunktzahl unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie ist der Auffassung, der Kläger begehre faktisch eine beliebige Erweiterung des Zusatzbudgets "Psychosomatik/Übende Verfahren" entsprechend den "Vorgaben" seines Abrechnungsverhaltens. Dies sei mit der Intention der Budgetierung nicht in Einklang zu bringen. Die Reglementierung der Praxisbudgetierung gelte grundsätzlich auch für solche Praxen, die einen Behandlungsschwerpunkt aufwiesen. Völlig unklar sei der behauptete Zusammenhang zwischen dem Mehrbedarf von Leistungen nach der GNR. 851 EBM und dem gleichzeitigen Rückgang der Genehmigung zur Durchführung von Substitutionsbehandlungen.
16 
Im Berufungsverfahren betreffend die Quartale 1/01 bis 4/01 (L 5 KA 2081/03) hat der Kläger einem von der Beklagten vorgeschlagenen Vergleich zugestimmt, wonach sie dem Kläger für diese Quartale im Zusatzbudget "Psychosomatik/Übende Verfahren" eine Fallpunktzahl von 370,7 Punkten pro Fall zugesteht. Diese Fallpunktzahl hat die Beklagte auf der Basis der durchschnittlichen Punktzahlanforderungen im Jahre 2001 für das Zusatzbudget "Psychosomatik/Übende Verfahren" ermittelt.
17 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakten (L 5 KA 5312/03 und L 5 KA AA 2081/03), die Akten des SG (S 10 KA 1745/03 und S 10 KA 1393/98) sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
18 
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben. Der Beschwerdewert von EUR 500,00 ist überschritten. Der Kläger begehrt für das Zusatzbudget "Psychosomatik/Übende Verfahren" für die Zeit ab dem Quartal 3/02 eine höhere Fallpunktzahl als 415 Punkte. Er begehrt eine Fallpunktzahl, bei der die angeforderten Punkte im Bereich dieses Zusatzbudgets von in den Quartalen 3/02 und 4/02 durchschnittlich pro Fall 527 bzw. 573 im Wesentlichen vergütet werden. Bei einer budgetrelevanten Fallzahl im Quartal von ca. 570 müssten in den Quartalen 3/02 und 4/02, in denen allein Überschreitungen bei der zuerkannte Fallpunktzahl von 415 Punkten gegeben sind, ungefähr weitere 100 Punkte bzw. 150 Punkte pro Fall vergütet werden, insgesamt ungefähr weitere 142.500 Punkte. Bei einem Punktwert von ca. 4 Cent entspricht dies einem Betrag von ca. EUR 5.700,00.
II.
19 
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 26. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. März 2003 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Fallpunktzahl als 415 Punkte für das ihm zuerkannte Zusatzbudget "Psychosomatik/Übende Verfahren".
1.
20 
Nach den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 4.3 EBM kann die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfes eine Erweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets gewähren. In einer Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets (abgedruckt bei Wezel/Liebold, Handkommentar BMÄ, EGO und GOÄ, S. 8-73 f) haben die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung in Ergänzung der Beschlussfassung des Bewertungsausschusses in Nr.4 vereinbart:
21 
"Abschnitt A I B 4.3 EBM wird dahingehend ausgelegt, dass die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes die Budgets insbesondere dann erweitern oder aussetzen kann, wenn nachfolgend genannte Krankheitsfälle oder spezifische Betreuungsleistungen den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstellen:
22 
Betreuung von HIV-Patienten
23 
onkologische Erkrankungen
24 
Diabetes
25 
Mukoviszidose
26 
Schmerztherapie (Teilnehmer an der Schmerztherapie-Vereinbarung)
27 
kontinuierliche Patientenbetreuung in beschützenden Einrichtungen
28 
erheblich über dem Arztgruppendurchschnitt liegender Überweisungsanteil."
29 
Der Begriff des besonderen Versorgungsbedarfs in den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 4.3 EBM ist eng auszulegen. Vor allem der mehrstufige Aufbau von allgemeinem Praxisbudget, qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets, bedarfsabhängigen Zusatzbudgets, budgetfreien Leistungen und Ansprüchen auf Erweiterung von Praxis- und/oder Zusatzbudgets schließt andererseits eine Auslegung dieser Vorschrift in dem Sinne aus, dass jedem Arzt die bestehende Ausrichtung seiner Behandlungstätigkeit schlechthin ohne Einbuße beim Honorar auf Dauer garantiert werden müsste (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr.31). Die Bindung eines besonderen Versorgungsbedarfs an eine im Leistungsangebot der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausstattung, die messbaren Einfluss auf den Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden abgerechneten Punkte und auf die Gesamtpunktzahl der Praxis hat, findet ihren Niederschlag auch in der zuvor genannten Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (BSG, aaO). Ohne spezifische Schwerpunktsetzung und ohne die Übernahme der Behandlung von bestimmten schwerwiegenden Gesundheitsstörungen in einem quantitativ relevanten Ausmaß kommt deshalb eine Budgeterweiterung nach dem Zweck der Regelung nicht in Betracht (BSG, Beschluss vom 8. März 2000 – B 6 KA 64/99 B –). Eine Ausnahme von der in den Quartalen 3/96 bis 2/97 geltenden Teilbudgetierung wegen eines Versorgungsschwerpunktes war nur gegeben, wenn auf den als solchen geltend gemachten Leistungsbereich ein Anteil von mindestens 20% der von der Praxis abgerechneten Gesamtpunktzahl entfiel (vgl. z.B. Urteil des BSG vom 6. September 2000 – B 6 KA 37/99 R –). Wegen der Unterschiede in Zuschnitt und Wirkungsweise zwischen den Teilbudgets der Quartale 3/96 bis 2/97 einerseits und den ab dem 1.7.1997 geltenden Praxis- und Zusatzbudgets andererseits kann bei letzteren nicht stets auf einen Punktzahlanteil von 20% abgestellt werden. Jedoch bilden Abweichungen der einzelnen Praxis von der Typik der Arztgruppe, die sich (auch) in abweichenden Anteilen des auf bestimmte Leistungen entfallenden Punktzahlvolumens niederschlagen, ein wichtiges Indiz für die Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 31). Durch diese Rechtsprechung des BSG sieht sich der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung bestätigt (vgl. das dem Urteil des BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 31 vorangehende Urteil des Senats vom 17. November 1999 – L 5 KA 440/99 –; Urteil des Senats vom 10. Mai 2000 – L 5 KA 2396/99 –, S. 8 ff = E-LSG KA 072). Im Übrigen dient die Regelung der Vermeidung von Härten, die mit den Praxisbudgets verbunden sein können.
2.
30 
Die Beklagte erweiterte das Zusatzbudget "Psychosomatik/Übende Verfahren" und erkannte dem Kläger eine Fallpunktzahl von 415,2 Punkten zu, weil beim Kläger ein von der Typik der Arztgruppe abweichender Schwerpunkt besteht. Denn er besitzt die Genehmigung zur Substitutionsbehandlung. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine weitere Erhöhung der Fallpunktzahl des Zusatzbudgets "Psychosomatik/Übende Verfahren".
3.
31 
Die Zusatzbudgets sollen im Sinne einer ergänzenden Feinsteuerung im Gesamtregelungskonzept der EBM-Reform 1997 ein spezielles tatsächliches Leistungsgeschehen widerspiegeln, durch das sich die betroffene Praxis schon in der Vergangenheit – namentlich in den Bezugsquartalen I und II/1996 – ausgezeichnet hat (BSG, Urteil vom 2. April 2003 – B 6 KA 38/02 R –). Um das tatsächliche Leistungsgeschehen festzustellen, können nur die Quartale herangezogen werden, die hierfür repräsentativ sind.
32 
Die Quartale 3/02 und 4/02 sind offensichtlich nicht repräsentativ, weshalb sie die Beklagte zu Recht nicht alleine für ihre Entscheidung zu Grunde legte. Weshalb der Kläger in diesen beiden Quartalen deutlich mehr Leistungen nach der GNR. 851 EBM berechnete, war bis zur mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar.
33 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich herausgestellt, dass nicht der angeblich beabsichtigte Verkauf der Praxis für die geringe Zahl an Substitutionspatienten verantwortlich war, sondern die zunehmend restriktivere Genehmigungspraxis der Krankenkassen, die zahlreichen vom Kläger behandelten Patienten die Substitutionsbehandlung verweigerten. Patienten, denen keine Genehmigung erteilt wurde, wurden vom Kläger indes gleichwohl unverändert weiterbehandelt. Die Substitutionsmittel wurden privat abgerechnet, wobei das Sozialamt nur für die Kosten der Substitutionsmittel aufkam, nicht aber für die teurere Beratung. Dies hatte zur Folge dass das bei Substitutionsbehandlungen üblicherweise zur Abrechnung kommende therapeutische Gespräch nach GNR 204 EBM nicht zu Lasten der Krankenkassen abgerechnet werden konnte. Stattdessen berechnete der Kläger in diesen Fällen eine verbale Intervention gem. GNR 851 EBM.
34 
Die Beklagte hat bei dieser Sachlage zu Recht die aus diesem Anlass verstärkt abgerechneten Leistungen nach GNR 851 EBM bei der Bemessung der Budgeterweiterung nicht in vollem Umfang berücksichtigt. Bei der Verweigerung der Substitutionsgenehmigung durch die Krankenkassen in den Quartalen 3/02 und 4/02 handelt es sich um eine – wie aus den obigen Zahlen hervorgeht – für die Praxisführung nicht repräsentative Behandlungskonstellation. Insbesondere atypischen Änderungen im Genehmigungsverhalten der Krankenkassen und daraus folgend im Abrechnungsverhalten des Arztes braucht die Beklagte bei der Bemessung eines Budgets nicht zu berücksichtigen. Es liegt im Wesen der Budgetbemessung, von einem typischen Durchschnittswert auszugehen. Andernfalls könnte wegen einer zu starken Budgeterweiterung eine Leistungsausweitung betrieben werden, wie dies der Kläger vorliegend bezüglich der GNR 851 EBM in den Quartalen 3 und 4/02 praktiziert hat. Gerade solche Ausweitungen des Abrechnungsverhaltens sollen durch die Budgets vermieden werden. Die Beklagte durfte deswegen entgegen der Auffassung des Klägers die Abrechnungswerte für das Quartal 2/02 bei der Budgetbemessung zugrundelegen.
III.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
36 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
I.
18 
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben. Der Beschwerdewert von EUR 500,00 ist überschritten. Der Kläger begehrt für das Zusatzbudget "Psychosomatik/Übende Verfahren" für die Zeit ab dem Quartal 3/02 eine höhere Fallpunktzahl als 415 Punkte. Er begehrt eine Fallpunktzahl, bei der die angeforderten Punkte im Bereich dieses Zusatzbudgets von in den Quartalen 3/02 und 4/02 durchschnittlich pro Fall 527 bzw. 573 im Wesentlichen vergütet werden. Bei einer budgetrelevanten Fallzahl im Quartal von ca. 570 müssten in den Quartalen 3/02 und 4/02, in denen allein Überschreitungen bei der zuerkannte Fallpunktzahl von 415 Punkten gegeben sind, ungefähr weitere 100 Punkte bzw. 150 Punkte pro Fall vergütet werden, insgesamt ungefähr weitere 142.500 Punkte. Bei einem Punktwert von ca. 4 Cent entspricht dies einem Betrag von ca. EUR 5.700,00.
II.
19 
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 26. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. März 2003 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Fallpunktzahl als 415 Punkte für das ihm zuerkannte Zusatzbudget "Psychosomatik/Übende Verfahren".
1.
20 
Nach den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 4.3 EBM kann die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfes eine Erweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets gewähren. In einer Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets (abgedruckt bei Wezel/Liebold, Handkommentar BMÄ, EGO und GOÄ, S. 8-73 f) haben die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung in Ergänzung der Beschlussfassung des Bewertungsausschusses in Nr.4 vereinbart:
21 
"Abschnitt A I B 4.3 EBM wird dahingehend ausgelegt, dass die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes die Budgets insbesondere dann erweitern oder aussetzen kann, wenn nachfolgend genannte Krankheitsfälle oder spezifische Betreuungsleistungen den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstellen:
22 
Betreuung von HIV-Patienten
23 
onkologische Erkrankungen
24 
Diabetes
25 
Mukoviszidose
26 
Schmerztherapie (Teilnehmer an der Schmerztherapie-Vereinbarung)
27 
kontinuierliche Patientenbetreuung in beschützenden Einrichtungen
28 
erheblich über dem Arztgruppendurchschnitt liegender Überweisungsanteil."
29 
Der Begriff des besonderen Versorgungsbedarfs in den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 4.3 EBM ist eng auszulegen. Vor allem der mehrstufige Aufbau von allgemeinem Praxisbudget, qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets, bedarfsabhängigen Zusatzbudgets, budgetfreien Leistungen und Ansprüchen auf Erweiterung von Praxis- und/oder Zusatzbudgets schließt andererseits eine Auslegung dieser Vorschrift in dem Sinne aus, dass jedem Arzt die bestehende Ausrichtung seiner Behandlungstätigkeit schlechthin ohne Einbuße beim Honorar auf Dauer garantiert werden müsste (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr.31). Die Bindung eines besonderen Versorgungsbedarfs an eine im Leistungsangebot der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausstattung, die messbaren Einfluss auf den Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden abgerechneten Punkte und auf die Gesamtpunktzahl der Praxis hat, findet ihren Niederschlag auch in der zuvor genannten Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (BSG, aaO). Ohne spezifische Schwerpunktsetzung und ohne die Übernahme der Behandlung von bestimmten schwerwiegenden Gesundheitsstörungen in einem quantitativ relevanten Ausmaß kommt deshalb eine Budgeterweiterung nach dem Zweck der Regelung nicht in Betracht (BSG, Beschluss vom 8. März 2000 – B 6 KA 64/99 B –). Eine Ausnahme von der in den Quartalen 3/96 bis 2/97 geltenden Teilbudgetierung wegen eines Versorgungsschwerpunktes war nur gegeben, wenn auf den als solchen geltend gemachten Leistungsbereich ein Anteil von mindestens 20% der von der Praxis abgerechneten Gesamtpunktzahl entfiel (vgl. z.B. Urteil des BSG vom 6. September 2000 – B 6 KA 37/99 R –). Wegen der Unterschiede in Zuschnitt und Wirkungsweise zwischen den Teilbudgets der Quartale 3/96 bis 2/97 einerseits und den ab dem 1.7.1997 geltenden Praxis- und Zusatzbudgets andererseits kann bei letzteren nicht stets auf einen Punktzahlanteil von 20% abgestellt werden. Jedoch bilden Abweichungen der einzelnen Praxis von der Typik der Arztgruppe, die sich (auch) in abweichenden Anteilen des auf bestimmte Leistungen entfallenden Punktzahlvolumens niederschlagen, ein wichtiges Indiz für die Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 31). Durch diese Rechtsprechung des BSG sieht sich der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung bestätigt (vgl. das dem Urteil des BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 31 vorangehende Urteil des Senats vom 17. November 1999 – L 5 KA 440/99 –; Urteil des Senats vom 10. Mai 2000 – L 5 KA 2396/99 –, S. 8 ff = E-LSG KA 072). Im Übrigen dient die Regelung der Vermeidung von Härten, die mit den Praxisbudgets verbunden sein können.
2.
30 
Die Beklagte erweiterte das Zusatzbudget "Psychosomatik/Übende Verfahren" und erkannte dem Kläger eine Fallpunktzahl von 415,2 Punkten zu, weil beim Kläger ein von der Typik der Arztgruppe abweichender Schwerpunkt besteht. Denn er besitzt die Genehmigung zur Substitutionsbehandlung. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine weitere Erhöhung der Fallpunktzahl des Zusatzbudgets "Psychosomatik/Übende Verfahren".
3.
31 
Die Zusatzbudgets sollen im Sinne einer ergänzenden Feinsteuerung im Gesamtregelungskonzept der EBM-Reform 1997 ein spezielles tatsächliches Leistungsgeschehen widerspiegeln, durch das sich die betroffene Praxis schon in der Vergangenheit – namentlich in den Bezugsquartalen I und II/1996 – ausgezeichnet hat (BSG, Urteil vom 2. April 2003 – B 6 KA 38/02 R –). Um das tatsächliche Leistungsgeschehen festzustellen, können nur die Quartale herangezogen werden, die hierfür repräsentativ sind.
32 
Die Quartale 3/02 und 4/02 sind offensichtlich nicht repräsentativ, weshalb sie die Beklagte zu Recht nicht alleine für ihre Entscheidung zu Grunde legte. Weshalb der Kläger in diesen beiden Quartalen deutlich mehr Leistungen nach der GNR. 851 EBM berechnete, war bis zur mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar.
33 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich herausgestellt, dass nicht der angeblich beabsichtigte Verkauf der Praxis für die geringe Zahl an Substitutionspatienten verantwortlich war, sondern die zunehmend restriktivere Genehmigungspraxis der Krankenkassen, die zahlreichen vom Kläger behandelten Patienten die Substitutionsbehandlung verweigerten. Patienten, denen keine Genehmigung erteilt wurde, wurden vom Kläger indes gleichwohl unverändert weiterbehandelt. Die Substitutionsmittel wurden privat abgerechnet, wobei das Sozialamt nur für die Kosten der Substitutionsmittel aufkam, nicht aber für die teurere Beratung. Dies hatte zur Folge dass das bei Substitutionsbehandlungen üblicherweise zur Abrechnung kommende therapeutische Gespräch nach GNR 204 EBM nicht zu Lasten der Krankenkassen abgerechnet werden konnte. Stattdessen berechnete der Kläger in diesen Fällen eine verbale Intervention gem. GNR 851 EBM.
34 
Die Beklagte hat bei dieser Sachlage zu Recht die aus diesem Anlass verstärkt abgerechneten Leistungen nach GNR 851 EBM bei der Bemessung der Budgeterweiterung nicht in vollem Umfang berücksichtigt. Bei der Verweigerung der Substitutionsgenehmigung durch die Krankenkassen in den Quartalen 3/02 und 4/02 handelt es sich um eine – wie aus den obigen Zahlen hervorgeht – für die Praxisführung nicht repräsentative Behandlungskonstellation. Insbesondere atypischen Änderungen im Genehmigungsverhalten der Krankenkassen und daraus folgend im Abrechnungsverhalten des Arztes braucht die Beklagte bei der Bemessung eines Budgets nicht zu berücksichtigen. Es liegt im Wesen der Budgetbemessung, von einem typischen Durchschnittswert auszugehen. Andernfalls könnte wegen einer zu starken Budgeterweiterung eine Leistungsausweitung betrieben werden, wie dies der Kläger vorliegend bezüglich der GNR 851 EBM in den Quartalen 3 und 4/02 praktiziert hat. Gerade solche Ausweitungen des Abrechnungsverhaltens sollen durch die Budgets vermieden werden. Die Beklagte durfte deswegen entgegen der Auffassung des Klägers die Abrechnungswerte für das Quartal 2/02 bei der Budgetbemessung zugrundelegen.
III.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
36 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

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