Urteil vom Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 1 U 4519/04

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. August 2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Umlage zum Insolvenzgeld für das Jahr 2002.
Die Klägerin ist als Bauunternehmen Mitglied der Beklagten, die seit 1. Mai 2005 Rechtsnachfolgerin der früheren beklagten S. B.-Berufsgenossenschaft ist. Für das Jahr 2002 forderte die frühere Beklagte Beiträge in Höhe von insgesamt EUR 43.173,18. Hiervon entfiel auf die Insolvenzgeldumlage ein Betrag von EUR 2.121,54 (Beitragsbescheid vom 17. April 2003). Den Widerspruch der Klägerin gegen die Heranziehung zur Insolvenzgeldumlage wies der Widerspruchsausschuss der früheren Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 22. August 2003). Zur Begründung verwies er auf die §§ 359 ff des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III), wonach sie (die Beklagte) verpflichtet sei, die Beitragsanteile für die Aufwendungen für das Insolvenzgeld zu erheben. Das BSG habe wiederholt festgestellt, dass diese Regelungen mit der Verfassung übereinstimmten. Auch habe das BSG ausgeführt, dass ein Verstoß gegen Vorschriften oder Grundsätze des europäischen Gemeinschaftsrechts in Bezug auf das Umlageverfahren für das (seinerzeitige) Konkursausfallgeld nicht erkennbar sei. Bei der Klägerin sei sie (die Beklagte) von dem beitragspflichtigen Entgelt in Höhe von EUR 686.583,00 und dem ordnungsgemäß vom Vorstand beschlossenen Beitragsfuß von 0,309% - dies entspreche EUR 3,09 auf EUR 1.000,00 Entgelt - ausgegangen. Die Höhe des Beitrages von EUR 2.121,54 stelle im Hinblick auf das beitragspflichtige Entgelt keine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit oder einen Verstoß gegen das Übermaßverbot dar. Die Erhöhung des Beitragssatzes von EUR 2,25 im Jahre 2001 auf EUR 3,09 je EUR 1.000,00 Entgelt sei ausschließlich auf die um über 40% im Jahre 2002 gegenüber dem Jahre 2001 gestiegene Gesamtforderung der Bundesagentur für Arbeit auf Grund der weiterhin äußerst schwierigen wirtschaftlichen Lage in Deutschland und die damit verbundenen Insolvenzen zurückzuführen. Soweit die Klägerin vorgetragen habe, nicht alle Unternehmen der einzelnen Branchen, was sich insbesondere auf die Umlageanteile der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften beziehe, würden in gleicher Weise belastet, könne sie damit nicht gehört werden. Die landwirtschaftlichen Unternehmen übernähmen für ihre Branche durch eine entsprechende Umlage vollständig die Aufwendungen für das Insolvenzgeld.
Die Klägerin hat am 22. September 2003 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Sie hat - wie bereits mit ihrem Widerspruch - geltend gemacht, §§ 359, 360 SGB III seien verfassungswidrig und verstießen auch gegen EU-Gemeinschaftsrecht. Während der Anteil aller gewerblichen Berufsgenossenschaften einschließlich der freien Berufe, der Unfallkassen von Bundesbahn, Post und Telekom nach den Arbeitsentgelten der versicherten Arbeitnehmer ermittelt werde, brächten die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften anteilig die Aufwendungen für das Insolvenzgeld auf, das den bei ihnen versicherten Arbeitnehmern tatsächlich gezahlt worden sei. Die völlig unterschiedliche Bemessung der Anteile am Umlageverfahren aller Insolvenzaufwendungen sei mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar. Die Entgeltzahlungen von Landesbanken und Sparkassen würden bei der Aufbringung der Mittel nicht berücksichtigt, da sie nicht in Insolvenz fallen könnten. Dieses "Gewährträgerprivileg" sei EU-rechtswidrig.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 17. August 2004). Die Erhebung der Umlage sei - zwischen den Beteiligten unstreitig - entsprechend den gesetzlichen Vorgaben und § 24 Abs. 4 der Satzung der früheren Beklagten (in der Fassung vom 1. September 2002) erfolgt. BVerfG und BSG hätten die Umlage zur Finanzierung des Konkursausfallgelds bereits am Maßstab der Art. 14 und 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geprüft und nicht als verfassungswidrig angesehen. Zu demselben Ergebnis seien erstinstanzliche neuere Entscheidungen für das Insolvenzgeld gekommen. Dem schließe sich die Kammer an. Eine willkürliche Ungleichbehandlung der Arbeitgeber untereinander, wie die Klägerin sie vortragen habe, habe bereits das BVerfG in seiner Entscheidung vom 18. September 1978 - 1 BvR 638/78 - ausgeschlossen. Die Belastung nur der Unternehmer - und nicht auch der Arbeitnehmer - habe das BSG als nicht gleichheitswidrig angesehen. Die von der Klägerin behauptete, nicht durch Sachgründe getragene Besserstellung der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften gegenüber den gewerblichen Berufsgenossenschaften sehe die Kammer nicht. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liege nicht darin, dass den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften durch § 360 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 SGB III gesetzlich eingeräumt sei, per Satzungsbestimmung auf die Erhebung einer besonderen Umlage für die Aufbringung der Insolvenzgelderstattungen an die Bundesagentur für Arbeit ganz zu verzichten. Die Insolvenzgeldumlage stelle auch keine verfassungswidrige Sonderabgabe der freiberuflichen und gewerblichen versicherten Unternehmer dar. Auch bestünden Zweifel an der Vereinbarkeit der §§ 358 ff SGB III mit dem Gemeinschaftsrecht nicht. Eine Vorlage an den EuGH komme bereits deswegen nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht geltend mache, sie werde durch Leistungen an Andere konkret als Wettbewerber betroffen. Darüber hinaus sei die Beitragspflicht der Unternehmer bereits durch Art. 5 der Richtlinie des Rates zur Angleichung von Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (80/987/EWG) vorgegeben. Die von der Klägerin zitierte Vereinbarung mit der EU-Kommission über die Abschaffung des so genannten Gewährsträgerprivilegs beruhe nicht auf der Ansicht der Kommission, die Richtlinie 80/987/EWG sei missachtet worden, sondern auf wettbewerbsrechtlichen Gründen.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 14. September 2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6. Oktober 2004 Berufung eingelegt. Sie hält an ihrer bisherigen Auffassung fest. Die von ihr erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken sowohl für die völlig unverständliche Privilegierung der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften bzw. deren Mitglieder als auch die absolut willkürliche Bestimmung, wonach jede Berufsgenossenschaft per Satzungsbestimmung auf die Erhebung einer besonderen Umlage für die Aufbringung der Insolvenzgelderstattung ganz verzichten könne, seien so tief greifend, dass eine verfassungskonforme Auslegung nicht denkbar sei. Die Regelungen des SGB III hätten bislang noch nicht auf dem Prüfstand des BVerfG gestanden. Dadurch, dass der Steuerzahler im Jahre 2002 durch den hälftigen Beitragsnachlass eine Subvention an die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften in Höhe von 257 Millionen EUR geleistet habe, wovon ein Großteil dieser Steuermittel aus dem Kreis der gewerblichen Unternehmer komme, ergebe sich der Schluss, dass einerseits die Landwirte überhaupt keine Insolvenzgeldzahlungen tragen müssten, andererseits aber die übrigen Unternehmer neben ihrer Steuerlast und der ungemilderten Zahllast der gesetzlichen Unfallversicherung auch noch die landwirtschaftlichen Insolvenzgeldzahlungen mitfinanzierten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. August 2004 aufzuheben, den Beitragsbescheid der Beklagten vom 17. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. August 2003 insoweit aufzuheben, als ein Anteil für die Insolvenzgeldumlage in Höhe von EUR 2.121,54 festgesetzt worden ist,
hilfsweise nach Art. 100 des Grundgesetzes den Rechtsstreit auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen,
weiter hilfsweise nach Art. 234 Abs. 2 des EG-Vertrags den Rechtsstreit auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
13 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die form- und fristgerechte und auch nach § 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligter gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 17. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. August 2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
15 
Der Senat weist die Berufung der Klägerin aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Denn das Sozialgericht hat im angefochtenen Urteil zutreffend die Rechtsgrundlagen für die Erhebung der Insolvenzgeldumlage dargelegt, zutreffend ausgeführt, dass die geforderte Umlage in Höhe von EUR 2.121,54 richtig berechnet ist sowie dass die Rechtsgrundlagen für die Erhebung der Insolvenzgeldumlage weder gegen Bestimmungen des Grundgesetzes noch des europäischen Gemeinschaftsrechts verstoßen.
16 
Im Hinblick auf ergänzendes Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ist hinzuzufügen:
17 
1. Die §§ 358 ff SGB III entsprechen weitgehend den bis 31. Dezember 1998 (vgl. Art. 82 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24. März 1997) geltenden Regelungen der §§ 186b bis 186d des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Die Regelungen der §§ 186b bis 186d AFG haben sowohl das BVerfG als auch das BSG als verfassungsgemäß angesehen (BVerfG SozR 4100 § 186b Nr. 2; BSG SozR 4100 § 186b Nr. 1 und SozR 3-4100 § 186b Nr. 1). Da die ab 1. Januar 1999 geltenden Regelungen im Wesentlichen identisch sind, besteht kein Anlass für eine abweichende Beurteilung.
18 
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt insbesondere nicht darin, dass die Arbeitgeber alleine zur Finanzierung der Umlage für das Insolvenzgeld herangezogen werden. Denn die Inanspruchnahme der Arbeitgeber bei der Finanzierung erscheint gerade deshalb sachgerecht, weil das Insolvenzgeld dem Ausgleich objektiver Verletzung der Lohnzahlungspflicht durch Arbeitgeber dient. Den Überlegungen des Gesetzgebers liegt im Wesentlichen zugrunde, dass Arbeitnehmer vorleistungspflichtig sind und damit ein hohes Risiko eingehen, mit ihrem Anspruch auf Arbeitsentgelt auszufallen (BSG aaO).
19 
Auch ist die Klägerin in dem durch Art. 14 GG gewährleisteten Grundrecht auf Eigentum nicht verletzt. Denn die Gewährleistung des Eigentums schützt nicht das Vermögen gegen die Belastung mit öffentlichen Geldleistungspflichten (BVerfG aaO; BSG aaO).
20 
Schließlich ist die Insolvenzgeldumlage auch keine unzulässige Sonderabgabe. Denn mit der Umlage wird die Sozialleistung Insolvenzgeld (§§ 11, 19 Abs. 1 Nr. 6 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch - Allgemeine Teil - (SGB I)) finanziert. Demgemäß beruht die Regelung über das Insolvenzgeld auf der Bundeskompetenz für die Sozialversicherung nach Art. 74 Nr. 12 GG, die bereits aus sich heraus auch auf die Regelung der Finanzierung gerichtet ist (BVerfG SozR 3-4100 § 186c Nr. 1).
21 
2. § 359 Abs. 3 SGB III verstößt nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil für die gewerblichen Berufsgenossenschaften einerseits und die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften andererseits unterschiedliche Bemessungen der Anteile am Umlagevolumen vorgesehen sind. Wie das Sozialgericht vermag auch der Senat der Auffassung der Klägerin nicht zu folgen, es liege hierin eine nicht durch Sachgründe getragene Besserstellung der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften gegenüber den gewerblichen Berufsgenossenschaften vor. Denn die unterschiedliche Bemessung liegt darin begründet, dass für die gewerblichen Berufsgenossenschaften einerseits und die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften andererseits unterschiedliche Regelungen für die Berechnung der Beiträge gelten. Bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften sind nach § 153 Abs. 1 SGB VII Berechnungsgrundlage der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen. Auf die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften finden nach § 182 Abs. 1 SGB VII besondere Vorschriften über die Berechnungsgrundlagen der Beitragshöhe Anwendung. Nach § 182 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind Berechnungsgrundlagen für die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften das Umlagesoll, die Fläche, der Wirtschaftswert, der Flächenwert, der Arbeitsbedarf, der Arbeitswert oder ein anderer vergleichbarer Maßstab. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung hat der Gesetzgeber für die Berechnung der Umlage das Finanzierungssystem der gesetzlichen Unfallversicherung übernommen (BSG SozR 4100 § 186b Nr. 1; Estelmann in Hennig, SGB III, § 359 Rdnr. 16).
22 
3. Die Regelung des § 359 Abs. 3 SGB III führt - wie die Klägerin selbst in der Berufungsbegründung ausführt - nicht dazu, dass die gewerblichen Berufsgenossenschaften die Insolvenzen der landwirtschaftlichen Betriebe mittragen. Die Einwände beziehen sich lediglich darauf, dass die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften Subventionen aus allgemeinen Steuermitteln erhalten, die - so die Behauptung der Klägerin - zu einem Großteil aus dem Kreis der gewerblichen Unternehmer kommen. Die Klägerin wendet sich damit der Sache nach gegen die Verwendung von Steuermitteln. Einwände gegen die Verwendung von Haushaltsmitteln oder Beitragsaufkommen können nicht gegen eine Rechtmäßigkeit gesetzlicher Beitrags- und Umlagepflichten vorgebracht werden (BSG SozR 3-4100 § 186b Nr. 1). Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, wie hoch der Anteil der von den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften aufzubringenden Erstattungen des Insolvenzgelds ist.
23 
4. Entgegen der Auffassung der Klägerin ermächtigt § 360 Abs. 2 Nr. 3 SGB III die Berufsgenossenschaften nicht, auf eine Erhebung der Umlage für das Insolvenzgeld ganz zu verzichten. Die Vorschrift ermächtigt vielmehr die Berufsgenossenschaften, an die Stelle der Berechnungsmethode nach § 360 Abs. 1 Satz 3 SGB III aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität die für die Berechnung des Unfallversicherungsbeitrags anzuwendende Methode vorzusehen (Estelmann in Hennig, SGB III, § 360 Rdnrn. 7 und 9).
24 
5. Auch ein Verstoß gegen Vorschriften oder Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, der die Umlageregelung nicht anwendbar macht, ist nicht zu erkennen (vgl. BSG SozR 3-4100 § 186b Nr. 1). Das Sozialgericht hat insbesondere zu der von der Klägerin aufgeworfenen Frage der Vereinbarkeit der Gewährträgerhaftung - die im Übrigen nach der von der Klägerin dem Sozialgericht vorgelegten Verständigungsvereinbarung vom 17. Juli 2001 abgeschafft wird - mit EU-Recht zu Recht darauf verwiesen, dass insoweit wettbewerbsrechtliche Gründe maßgebend sind und sie nicht Einzelheiten der Ausgestaltung des Systems der sozialen Sicherheit eines Mitgliedstaats betrifft, insbesondere nicht die Frage, welche Arbeitgeber in die Finanzierung durch die Umlage einbezogen werden. Die Richtlinie 80/987/EWG verlangt von den Mitgliedsstaaten eine Regelung, ohne allerdings die Mitgliedsstaaten auf eine bestimmte Finanzierung festzulegen. Art 5 der Richtlinie 80/987/EWG überlässt "Einzelheiten der Mittelaufbringung" den Mitgliedsstaaten, stellt aber unter Buchst b klar: Die Arbeitgeber müssen zur Mittelaufbringung beitragen, es sei denn, dass diese in vollem Umfange durch die öffentliche Hand gewährleistet ist (BSG SozR 3-4100 § 186b Nr. 1).
25 
6. Bei dieser Sachlage liegen die Voraussetzungen, das Verfahren auszusetzen und dem BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG und/oder dem EuGH nach Artikel 234 Abs. 2 EG-Vertrag vorzulegen, nicht vor.
26 
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
27 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
14 
Die form- und fristgerechte und auch nach § 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligter gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 17. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. August 2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
15 
Der Senat weist die Berufung der Klägerin aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Denn das Sozialgericht hat im angefochtenen Urteil zutreffend die Rechtsgrundlagen für die Erhebung der Insolvenzgeldumlage dargelegt, zutreffend ausgeführt, dass die geforderte Umlage in Höhe von EUR 2.121,54 richtig berechnet ist sowie dass die Rechtsgrundlagen für die Erhebung der Insolvenzgeldumlage weder gegen Bestimmungen des Grundgesetzes noch des europäischen Gemeinschaftsrechts verstoßen.
16 
Im Hinblick auf ergänzendes Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ist hinzuzufügen:
17 
1. Die §§ 358 ff SGB III entsprechen weitgehend den bis 31. Dezember 1998 (vgl. Art. 82 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24. März 1997) geltenden Regelungen der §§ 186b bis 186d des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Die Regelungen der §§ 186b bis 186d AFG haben sowohl das BVerfG als auch das BSG als verfassungsgemäß angesehen (BVerfG SozR 4100 § 186b Nr. 2; BSG SozR 4100 § 186b Nr. 1 und SozR 3-4100 § 186b Nr. 1). Da die ab 1. Januar 1999 geltenden Regelungen im Wesentlichen identisch sind, besteht kein Anlass für eine abweichende Beurteilung.
18 
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt insbesondere nicht darin, dass die Arbeitgeber alleine zur Finanzierung der Umlage für das Insolvenzgeld herangezogen werden. Denn die Inanspruchnahme der Arbeitgeber bei der Finanzierung erscheint gerade deshalb sachgerecht, weil das Insolvenzgeld dem Ausgleich objektiver Verletzung der Lohnzahlungspflicht durch Arbeitgeber dient. Den Überlegungen des Gesetzgebers liegt im Wesentlichen zugrunde, dass Arbeitnehmer vorleistungspflichtig sind und damit ein hohes Risiko eingehen, mit ihrem Anspruch auf Arbeitsentgelt auszufallen (BSG aaO).
19 
Auch ist die Klägerin in dem durch Art. 14 GG gewährleisteten Grundrecht auf Eigentum nicht verletzt. Denn die Gewährleistung des Eigentums schützt nicht das Vermögen gegen die Belastung mit öffentlichen Geldleistungspflichten (BVerfG aaO; BSG aaO).
20 
Schließlich ist die Insolvenzgeldumlage auch keine unzulässige Sonderabgabe. Denn mit der Umlage wird die Sozialleistung Insolvenzgeld (§§ 11, 19 Abs. 1 Nr. 6 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch - Allgemeine Teil - (SGB I)) finanziert. Demgemäß beruht die Regelung über das Insolvenzgeld auf der Bundeskompetenz für die Sozialversicherung nach Art. 74 Nr. 12 GG, die bereits aus sich heraus auch auf die Regelung der Finanzierung gerichtet ist (BVerfG SozR 3-4100 § 186c Nr. 1).
21 
2. § 359 Abs. 3 SGB III verstößt nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil für die gewerblichen Berufsgenossenschaften einerseits und die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften andererseits unterschiedliche Bemessungen der Anteile am Umlagevolumen vorgesehen sind. Wie das Sozialgericht vermag auch der Senat der Auffassung der Klägerin nicht zu folgen, es liege hierin eine nicht durch Sachgründe getragene Besserstellung der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften gegenüber den gewerblichen Berufsgenossenschaften vor. Denn die unterschiedliche Bemessung liegt darin begründet, dass für die gewerblichen Berufsgenossenschaften einerseits und die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften andererseits unterschiedliche Regelungen für die Berechnung der Beiträge gelten. Bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften sind nach § 153 Abs. 1 SGB VII Berechnungsgrundlage der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen. Auf die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften finden nach § 182 Abs. 1 SGB VII besondere Vorschriften über die Berechnungsgrundlagen der Beitragshöhe Anwendung. Nach § 182 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind Berechnungsgrundlagen für die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften das Umlagesoll, die Fläche, der Wirtschaftswert, der Flächenwert, der Arbeitsbedarf, der Arbeitswert oder ein anderer vergleichbarer Maßstab. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung hat der Gesetzgeber für die Berechnung der Umlage das Finanzierungssystem der gesetzlichen Unfallversicherung übernommen (BSG SozR 4100 § 186b Nr. 1; Estelmann in Hennig, SGB III, § 359 Rdnr. 16).
22 
3. Die Regelung des § 359 Abs. 3 SGB III führt - wie die Klägerin selbst in der Berufungsbegründung ausführt - nicht dazu, dass die gewerblichen Berufsgenossenschaften die Insolvenzen der landwirtschaftlichen Betriebe mittragen. Die Einwände beziehen sich lediglich darauf, dass die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften Subventionen aus allgemeinen Steuermitteln erhalten, die - so die Behauptung der Klägerin - zu einem Großteil aus dem Kreis der gewerblichen Unternehmer kommen. Die Klägerin wendet sich damit der Sache nach gegen die Verwendung von Steuermitteln. Einwände gegen die Verwendung von Haushaltsmitteln oder Beitragsaufkommen können nicht gegen eine Rechtmäßigkeit gesetzlicher Beitrags- und Umlagepflichten vorgebracht werden (BSG SozR 3-4100 § 186b Nr. 1). Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, wie hoch der Anteil der von den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften aufzubringenden Erstattungen des Insolvenzgelds ist.
23 
4. Entgegen der Auffassung der Klägerin ermächtigt § 360 Abs. 2 Nr. 3 SGB III die Berufsgenossenschaften nicht, auf eine Erhebung der Umlage für das Insolvenzgeld ganz zu verzichten. Die Vorschrift ermächtigt vielmehr die Berufsgenossenschaften, an die Stelle der Berechnungsmethode nach § 360 Abs. 1 Satz 3 SGB III aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität die für die Berechnung des Unfallversicherungsbeitrags anzuwendende Methode vorzusehen (Estelmann in Hennig, SGB III, § 360 Rdnrn. 7 und 9).
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5. Auch ein Verstoß gegen Vorschriften oder Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, der die Umlageregelung nicht anwendbar macht, ist nicht zu erkennen (vgl. BSG SozR 3-4100 § 186b Nr. 1). Das Sozialgericht hat insbesondere zu der von der Klägerin aufgeworfenen Frage der Vereinbarkeit der Gewährträgerhaftung - die im Übrigen nach der von der Klägerin dem Sozialgericht vorgelegten Verständigungsvereinbarung vom 17. Juli 2001 abgeschafft wird - mit EU-Recht zu Recht darauf verwiesen, dass insoweit wettbewerbsrechtliche Gründe maßgebend sind und sie nicht Einzelheiten der Ausgestaltung des Systems der sozialen Sicherheit eines Mitgliedstaats betrifft, insbesondere nicht die Frage, welche Arbeitgeber in die Finanzierung durch die Umlage einbezogen werden. Die Richtlinie 80/987/EWG verlangt von den Mitgliedsstaaten eine Regelung, ohne allerdings die Mitgliedsstaaten auf eine bestimmte Finanzierung festzulegen. Art 5 der Richtlinie 80/987/EWG überlässt "Einzelheiten der Mittelaufbringung" den Mitgliedsstaaten, stellt aber unter Buchst b klar: Die Arbeitgeber müssen zur Mittelaufbringung beitragen, es sei denn, dass diese in vollem Umfange durch die öffentliche Hand gewährleistet ist (BSG SozR 3-4100 § 186b Nr. 1).
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6. Bei dieser Sachlage liegen die Voraussetzungen, das Verfahren auszusetzen und dem BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG und/oder dem EuGH nach Artikel 234 Abs. 2 EG-Vertrag vorzulegen, nicht vor.
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7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
27 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

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