Urteil vom Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 6 SB 2969/14

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 9. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50 im Erstantragsverfahren.
Der am ... Dezember 1963 geborene Kläger absolvierte nach dem Hauptschulabschluss eine Ausbildung zum Lageristen. Nachdem er anschließend seinen Zivildienst beim Deutschen Roten Kreuz e.V. geleistet hatte, machte er dort eine Ausbildung zum Rettungssanitäter. Noch bevor er sich zum Rettungsassistenten weiterbilden ließ, war er von 1987 bis 1991 als Lastkraftwagenfahrer beschäftigt. Nach eigenen Angaben wird er aktuell ausschließlich als Rettungswagenfahrer eingesetzt. In seiner Freizeit ist er bei der Freiwilligen Feuerwehr sowie nach eigenen Angaben in der kommunalen Politik tätig. Der Kläger war von 2000 bis zur Scheidung im August 2005 verheiratet. Seine damalige Frau brachte einen siebenjährigen Sohn mit in die Ehe, die selbst kinderlos geblieben war. Seit 2008 hat er wieder eine Lebensgefährtin, der er eigenen Angaben zufolge zu einer Frühverrentung geholfen hat. Nach seinen anamnestischen Angaben im Gutachten von (nunmehr) Prof. Dr. S. hat er viele Freunde und Bekannte, der letzte Urlaub war im Oktober 2014; enge familiäre Kontakte pflegt er insbesondere zu seiner jüngeren Schwester.
Am 5. November 2009 stellte der Kläger einen Erstantrag nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) auf Feststellung des GdB. Darin gab er an, bei dem Facharzt für Innere Medizin Dr. R. in hausärztlicher und bei dem Arzt Dr. B., T., in nervenärztlicher Behandlung zu sein. Dem Antrag war unter anderem ein Arztbericht von Dr. B. vom 3. Juni 2009 beigefügt, der eine testpsychologische Untersuchung des Diplom-Psychologen K. wiedergibt. Nach der zusammenfassenden Beurteilung hätten beim Kläger mittels der durchgeführten testpsychologischen Verfahren, ausgehend von seinem Alter und dem mit Hilfe eines Mehrfachwahl-Wortschatz-Intelligenztests (MWT-B) gemessenen durchschnittlichen allgemeinen prämorbiden Intelligenzniveau, Leistungsdefizite bei verschiedenen Leistungsfunktionen objektiviert werden können. Bei der Untersuchung hätte sich im d2-Test nach doppelter Fehlerkorrektur ein unterdurchschnittlicher Wert bei der Konzentrationsleistung bei leichten Aufgaben der Detaildiskrimination widergespiegelt, der auf ein Aufmerksamkeits- und ein Konzentrationsdefizit hindeute. Die gemessenen kurzfristigen akustischen und visuellen mnestischen Funktionen seien grenzwertig gewesen. Die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit, gemessen über verbal kodierte Mustererkennungsprozesse, sei unterdurchschnittlich und somit verlangsamt gewesen. Die im Zahlen-Verbindung-Test gemessenen Mehrfachwahlreaktionszeiten seien normgerecht und somit unauffällig gewesen. In der Beschwerdenliste hätte sich zum Untersuchungszeitpunkt ein Hinweis auf eine Befindlichkeitsstörung durch körperliche und/oder Allgemeinsymptome gezeigt. In älteren, vom Kläger vorgelegten Arztberichten über stationäre Aufenthalte im Zentrum für Soziale Psychiatrie B. in H. vom 3. bis 5. Dezember 2004 und, auf Veranlassung der Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung als stationäre Rehabilitationsmaßnahme, in der P. B. vom 12. April bis 24. Mai 2005 wurden zum einen eine akute Belastungsreaktion und der Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung sowie zum anderen eine mittelgradige depressive Episode, eine soziale Phobie und eine Panikstörung diagnostiziert. Der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie E. hatte im Zusatzbogen zum ärztlichen Befundbericht zum Rehabilitationsantrag vom 1. Dezember 2004 dringend empfohlen, die antidepressive Medikation beizubehalten. Des Weiteren reichte der Kläger Befundberichte des Nervenarztes Dr. S. über sieben Untersuchungen im Zeitraum vom 10. Januar 2007 bis 11. April 2008 ein. Bei allen Terminen sei der Kläger zu allen Qualitäten orientiert und freundlich zugewandt gewesen. Die Konzentration und das Gedächtnis seien altersentsprechend gewesen. Formale und inhaltliche Denkstörungen hätten sich nicht gefunden. Der Affekt und der Antrieb seien adäquat gewesen.
Der Versorgungsarzt Dr. S. bewertete die seelische Störung mit einem Teil-GdB von 30 und die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem Teil-GdB von 10. Mit am 1. Dezember 2009 abgesandtem Bescheid vom selben Datum stellte der Beklagte den GdB mit 30 und eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz seit 5. November 2009 fest. Dieser wurde dem Kläger am 3. Dezember 2009 bekanntgegeben. Einen ebenfalls unter dem 1. Dezember 2009 datierenden Bescheid sandte der Beklagte nochmals am 15. Dezember 2009 ab, und zwar um folgenden Passus ergänzt: „Behinderte Menschen mit einem GdB von 30 oder 40 sollen unter bestimmten Voraussetzungen schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden. Und zwar dann, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder behalten können. Im Falle der Gleichstellung besteht aber kein Anspruch auf den Zusatzurlaub nach § 125 SGB IX für schwerbehinderte Menschen. Zuständig für die Durchführung des Gleichstellungsverfahrens ist die Agentur für Arbeit.“.
Mit beim Beklagten am 18. Dezember 2009 eingegangenen Schreiben vom 16. Dezember 2009 legte der Kläger Widerspruch ein, der sich gegen den ersten Bescheid richtete.
Im vom Beklagten durchgeführten Widerspruchsverfahren übersandte der Kläger neben bereits vorgelegten ärztlichen Unterlagen einen Arztbericht von Priv. Doz. Dr. G. vom 16. August 1993, wonach eine Nasendeformierung nach Fraktur am 10. November 1991 diagnostiziert wurde. Am 4. August 1993 sei eine Korrektur der Nasenform durch Rhinoplastik und Implantation eines Rippenknorpelstückes vorgenommen worden. Des Weiteren übermittelte der Kläger ein für die Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung erstelltes so genanntes „Erstes Rentengutachten“ des Orthopäden Prof. Dr. C. vom 31. Januar 2001, welches auf eine klinische und röntgenologische Untersuchung des Klägers vom Vortag hin erstellt worden war. Danach habe ein Unfallereignis vom 4. Juli 1996 zu einer Distorsion des rechten Mittelfußes geführt, welche im Untersuchungszeitpunkt ausgeheilt gewesen sei.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13. April 2010 mit der Begründung zurückgewiesen, die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen könnten keinen höheren GdB als 30 begründen. Der geltend gemachte Zustand nach einer Nasenoperation 1993 bedinge keinen GdB von wenigstens 10 und könne daher nicht berücksichtigt werden.
Hiergegen hat der Kläger am 5. Mai 2010 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage mit der Begründung erhoben, die bei ihm vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien nicht vollständig gewürdigt worden. Aus orthopädischer Sicht bestünden bei ihm Funktionsbeeinträchtigungen der Halswirbelsäule mit Ausstrahlung in die Schultern. Zudem lägen Funktionsstörungen der Brustwirbelsäule vor. Die Beeinträchtigungen der Wirbelsäule bewirkten zusätzlich eine Fußheberschwäche. Er leide ferner unter Atemproblemen und einem Schlafapnoe-Syndrom. Nachts komme es zu Aussetzern bei der Atmung. Aus psychologischer beziehungsweise psychiatrischer Sicht bestünde bei ihm ein posttraumatisches Belastungssyndrom, welches durch seine Tätigkeit als Rettungssanitäter hervorgerufen worden sei. Dieses wiederum habe zu einem Grübelzwang verbunden mit einem Aneinanderreiben der Kiefer geführt. Hierdurch seien seine Zähne stark beschädigt worden. Die Sehschärfe seiner Augen sei über das normale Altersmaß hinaus eingeschränkt. Außerdem bestehe Nachtblindheit. Seine Hörfähigkeit sei eingeschränkt und er leider an einem Tinnitus. Es werde abgeklärt, ob er ein Hörgerät benötige. Er leide an einer Funktionsstörung des Immunsystems in Form einer Immunschwäche. Darüber hinaus machten ihm Reizungen des Magen-Darm-Traktes zu schaffen. Ursache hierfür sei möglichweise die Stressbelastung am Arbeitsplatz beziehungsweise das hierdurch ausgelöste posttraumatische Belastungssyndrom.
Das SG hat die behandelnden Ärztinnen und Ärzte des Klägers sowie eine diesen behandelnde Diplom-Psychologin als sachverständige Zeuginnen und Zeugen schriftlich vernommen.
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Der behandelnde Hausarzt des Klägers, der Facharzt für Innere Medizin Dr. R., hat mit Schreiben vom 18. März 2011 mitgeteilt, der Kläger sei wegen seiner Beschwerden im Wesentlichen in orthopädischer und neurologischer Behandlung. Durch die ihm mitgeteilten Diagnosen bestehe glaubhaft eine deutlich reduzierte Einschränkung der psychischen und physischen Belastbarkeit. Auf seinem Fachgebiet könne hingegen kein GdB festgestellt werden.
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Der Chirurg und Unfallchirurg Dr. D. hat mit Schreiben vom 11. März 2011 kundgetan, dass der Kläger vom behandelnden Hausarzt Ende 2009 wegen chronischer Wirbelsäulenbeschwerden an ihn überwiesen worden sei. Er habe unter anderem, auch nach einer kernspintomographischen Untersuchung, einen Zustand nach einer C7-Halswirbelfraktur diagnostiziert. Wegen anhaltender Rückenbeschwerden sei Anfang Februar 2010 erneut eine Überweisung an ihn erfolgt, woraufhin er eine Lumbago diagnostiziert habe. Danach sei keine weitere Behandlung erfolgt.
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Der Facharzt für Orthopädie Dr. S. hat im Schreiben vom 26. April 2011 ausgeführt, im Laufe der Behandlungen ab Ende 2008 hätte der Kläger eine Zunahme der Beschwerden angegeben. Diese lasse sich anhand der Bewegungseinschränkung, die sich verstärkt habe, sowie der Ausbreitung der Beschwerden über die Hals- und Brust- bis zur Lendenwirbelsäule nachvollziehen. Mitte März 2011 habe eine endgradige schmerzhafte Einschränkung der Halswirbelsäule mit einer Rotation von 60/60° und einer Seitneigung von 20/20° festgestellt werden können. Ferner hätten Myogelosen der Trapeziusmuskulatur vorgelegen. Die Schultern seien beidseits frei beweglich gewesen. Neurologische Ausfälle hätten sich nicht gezeigt. Der Fingerspitzen-Boden-Abstand habe 50 cm betragen. Ein Dehnungsschmerz der Kniebeuger sei vom Kläger angegeben worden. Die Hüften seien beidseits schmerzfrei beweglich gewesen. Wegen der Manifestation der Beschwerden im Wirbelsäulenbereich in mehreren Abschnitten nehme er einen GdB von 30 an.
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Der Nervenarzt Dr. B. hat mit Schreiben vom 8. März 2011 unter Bezugnahme auf beigefügte Befundberichte geäußert, er habe beim Kläger eine Polyneuropathie, eine beginnende Myopathie, eine Hörminderung, Leistungsstörungen in Teilbereichen sowie eine chronische Depressivität mit zeitweisen Angstzuständen diagnostiziert. Diese Erkrankungen seien auf drei Schleudertraumen sowie auf eine toxische Belastung, der der Kläger seit vielen Jahren bei der Arbeit ausgesetzt sei, zurückzuführen. Hierbei komme er mit Desinfektionsmitteln in Berührung, bei seiner Tätigkeit bei der Freiwilligen Feuerwehr zudem mit Brandschutzsubstanzen. Schleudertraumen führten häufig zu chemischen Überempfindlichkeiten, denn in den basalen Hirnregionen lägen die Steuerungssysteme. Toxische Schädigungen seien immer Multiorganerkrankungen, weshalb der Kläger etwa auch an Zahnschäden, ständigen Entzündungen, einer erhöhten Krankheitsanfälligkeit, Nahrungsmittelallergien, Magen-Darm-Problemen, Durchfällen und Migräneattacken leide.
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Die Diplom-Psychologin E. hat im Schreiben vom 16. März 2011 angegeben, sie habe den Kläger lediglich von Ende März 2001 bis Anfang Dezember 2003 verhaltenstherapeutisch behandelt. Zum damaligen Zeitpunkt habe lediglich eine Anpassungsstörung bestanden.
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Der Facharzt für Augenheilkunde Dr. B., der den Kläger zuletzt am 18. Juni 2010 behandelte, ist mit Schreiben vom 21. März 2011 darauf eingegangen, dieser habe eine Hyperopie, einen Astigmatismus, ein Sicca-Syndrom und eine trockene Makuladegeneration links diagnostiziert. Der Kläger brauche für das optimale Nah- und Fernsehen eine Brille. Wegen des Sicca-Syndroms seien Augentropfen verordnet worden. Der GdB auf seinem Fachgebiet betrage 0.
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Die Fachärztin für Hals-Nasen-Ohren(HNO)-Heilkunde Dr. P. hat mit Schreiben vom 31. März 2011 mitgeteilt, der Kläger habe bei zwei Behandlungen im März 2010 und Juli 2011 über eine Hörminderung wegen einem länger zurückliegenden Schleudertrauma und eine trockene Nase nach dreimaliger Septumplastik, also einer chirurgischen Korrektur einer Nasenscheidewandverbiegung, geklagt. Es habe sich ein optisch zufriedenstellender Zustand nach der Nasenoperation gezeigt. Die Nasenschleimhäute seien trocken gewesen. Die Gehörgänge und die Trommelfälle hätten sich beidseits als reizlos und intakt dargestellt. Ein Tonaudiogramm habe trotz zweimaliger Terminvereinbarung nicht erstellt werden können. Eine Beurteilung des GdB sei ihr daher nicht möglich.
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Der Facharzt für HNO-Heilkunde Dr. M., der den Kläger am 9. und 10. Mai 2011 fachärztlich und neurootologisch untersuchte, hat im Schreiben vom 10. Mai 2011 angegeben, beim Kläger ließen sich nach wie vor Schädigungen im Bereich der zentralen und der peripheren Gleichgewichtsverarbeitung nachweisen. Insbesondere bestehe ein pathologischer Zervikalnystagmus, der auf Schädigungen im Bereich des propriozeptiven Systems der Halswirbelsäule hinweise. Einen GdB von 30 würde er allein für die auf seinem Fachgebiet objektivierten Gesundheitsschäden für angemessen erachten. Nach einem beigefügten Arztbericht von ihm vom 2. April 1998 sei bei einer Untersuchung Ende Februar 1998 eine kombinierte zentral-periphere Gleichgewichtsfunktionsstörung nachgewiesen worden. Ferner hätten beidseits Ohrgeräusche vorgelegen. Das Hörvermögen sei als Normakusis festgestellt worden.
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Das SG hat des Weiteren von Amts wegen ein orthopädisches Gutachten vom 14. Oktober 2011 bei Dr. B. eingeholt. Dieser hat nach ambulanter klinischer und radiologischer Untersuchung des Klägers am selben Tag ein wiederkehrendes chronifiziertes Schmerzsyndrom der Halswirbelsäule bei beginnenden degenerativen Veränderungen und einen Zustand nach mehreren Verstauchungen mit Anbruch des 7. Halswirbelkörpers, anamnestisch wiederkehrende Beschwerden im Bereich der Brustwirbelsäule bei Rundrückentendenz, chronisch wiederkehrende Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule bei Anlagevariante des knöchernen Lenden-Becken-Übergangs, ein beginnendes Aufbrauchen der beiden Kreuzdarmbeingelenke, mittelgradige Aufbraucherscheinungen der Bandscheiben L 4 bis S 1, eine betonte Hohlschwingung, den Verdacht auf eine leichte Mineralisierungsstörung des Achsenorgans, beidseits Senk-Spreiz-Füße ohne Krankheitswert sowie eine Somatisierungsreaktion im Rahmen einer seelischen Erkrankung mit Verdacht auf eine Schmerzverarbeitungsstörung diagnostiziert. Die Diagnosen der Fußfehlform und der möglichen, allenfalls leichten Mineralisierungsstörung seien hingegen derzeit nicht von klinischer oder sozialmedizinischer Relevanz.
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Beim Kläger hätte sich ein Zustand nach mehrfacher Schleuderverletzung der Halswirbelsäule im Rahmen von Verkehrsunfällen gefunden. Die erstmalige Traumatisierung 1983 sei mit einer knöchernen Verletzung des 7. Halswirbelkörpers einhergegangen. Die Ausheilung der Fraktur sei retrospektiv und aktuell radiologisch beurteilt komplikationslos mit leichter Formstörung im unteren Halswirbelsäulenanteil verlaufen. Eine höhergradige, nicht einem altersentsprechenden Befund vorauseilende degenerative Veränderung habe nicht festgestellt werden können. Die klinische Untersuchung habe für die Halswirbelsäule ein Verspannungssyndrom, Funktionsstörungen einzelner Wirbelgelenke, keine ausstrahlende radikuläre Symptomatik der Armnerven und keine höhergradigen Funktionseinbußen gezeigt.
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Durch die eingetretenen mehrfachen Traumatisierungen der Halswirbelsäule sei es nach Angaben des Klägers und auch den Beschreibungen mehrerer Ärzte zu einer Beeinträchtigung des allgemeinen körperlichen Wohlbefindens sowie der Leistungsfähigkeit und des vegetativen Systems gekommen. Unspezifische Symptome wie Schwindel, Leistungsdefizite, Kopf-Unterkiefer- und Nacken-Unterkiefer-Syndrome mit Beeinträchtigung des Kau-Kiefer-Apparates würden geschildert und ein chronifiziertes Zähneknirschen sei angegeben worden. Darüber hinaus würden in einzelnen Arztberichten Interaktionen zwischen Schadstoffbelastungen und dem Immunsystem des Klägers berichtet, die jedoch von gutachterliche Seite in Bezug auf die geklagten orthopädischen Beschwerden nicht zugeordnet werden könnten.
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Auf orthopädischem Fachgebiet habe sich weiterhin bei betonter Rundrückentendenz der Brustwirbelsäule eine wiederkehrende muskuläre Überlastungssymptomatik des Achsenorgans, insbesondere im Zusammenhang mit der körperlichen Tätigkeit als Rettungssanitäter und -assistent, gezeigt. Diesbezüglich liege zwar keine Bildgebung vor, die klinische Untersuchung zeige jedoch neben der geschilderten Beschwerdeangabe und Formvariante keine höhergradige Pathologie.
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Für die Lendenwirbelsäule finde sich klinisch eine mäßige lumbosakrale Schmerzangabe. Die aktuelle bildgebende Diagnostik am Tag der Untersuchung zeige eine Aufbraucherscheinung der unteren Bandscheiben in diesem Bereich mit Höhenminderung, hingegen keine fortgeschrittene oder einem altersüblichen Befund vorauseilende Degeneration. Darüber hinaus hätten sich eine Anlagevariante der unteren Lendenwirbelsäule mit einer lumbosakralen Übergangsstörung und eine Bogenschlussvariante der Sakrumbasis gezeigt. Bei letzterer Erkrankung träten zwar statistisch vermehrt, aber nicht zwangsläufig Syndrome im Lendenwirbelsäulenbereich auf. Auch die angrenzenden Kreuzdarmbeingelenke zeigten beginnende degenerative Veränderungen, die jedoch nicht einem altersüblichen Abnutzungsgrad wesentlich vorauseilend seien. Ischialgieereignisse als ausstrahlende Nervenentzündungen seien in der Anamnese nicht sicher zu erheben gewesen.
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Chronifizierte Beschwerden lägen im Bereich des Achsenorgans führend für die Halswirbelsäule, aber auch intermittierend für die Lendenwirbelsäule vor. Der objektivierte Abnutzungsgrad dieser Wirbelsäulenabschnitte sei nicht einem altersüblichen Befund wesentlich vorauseilend. Entsprechend dem Alter des Klägers am Untersuchungstag mit 48 Jahren seien gewisse degenerative Veränderungen der Wirbelgelenke, der Zwischenwirbelräume und auch der Wirbelkörperkanten zu erwarten. Genetische und körperliche Fehlbelastungsfaktoren könnten eine negativ verstärkenden Einfluss haben. Das Schmerzbild der Halswirbelsäule infolge der stattgehabten Schleuderverletzungen mit Traumatisierung und Anbruch des 7. Halswirbelkörpers seien dagegen nicht als altersüblich zu bezeichnen. Radiologisch sei eine Fehlform dieses Halswirbelkörpers beschrieben, hingegen ohne wesentliche Verschleißveränderungen. Beeinträchtigungen der Nachbarsegmente seien nicht dokumentiert. Diese Fehlform in der „neuralgischen“ Region der Halswirbelsäule als „sensomotorisches Steuerungsorgan“ könne eine Ursache für wiederkehrende oder chronifizierte Schmerzen darstellen, ebenso für Verspannungssyndrome, gegebenenfalls auch unter Beeinträchtigung der angrenzenden vegetativen Nervenbahnen mit Auslösung einer entsprechenden Leistungsbeeinträchtigung. Die geklagten chronifizierten Beschwerden der Lendenwirbelsäule seien allerdings radiologisch nicht ausreichend erklärbar. Der Abnutzungsgrad sei dem Alter nicht vorauseilend, der Leidensdruck stelle eine subjektive Beschreibung des Klägers dar. Der Befund am Tag der Untersuchung habe keine höhergradige Pathologie oder relevante funktionelle Einschränkung und keine Zeichen einer lokalen oder ausstrahlenden Neuralgie gezeigt. Die ebenfalls festgestellte Rundrückentendenz der Brustwirbelsäule mit muskulären und Wirbelgelenkreizungen sei nicht als manifeste, dauerhafte und dem Lebensalter vorauseilende Behinderung zu werten. Sie sei jedenfalls nicht mit einem GdB von 10 oder höher einzuschätzen. Eine Fixierung der Brustwirbelsäule habe sich nicht erheben lassen. Die geklagten, zum Teil für alle Wirbelsäulenabschnitte chronifizierten Beschwerden seien vorwiegend von muskulärer Natur, insbesondere im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule bei altersadäquatem bildgebendem Befund.
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Im Ergebnis fänden sich daher im Bereich der Halswirbelsäule mittelgradige funktionelle Auswirkungen mit häufig rezidivierenden Beschwerdebildern und chronifizierten Wirbelsäulensyndromen, wobei neurologische oder ausstrahlende Symptome nicht vorlägen. Diese Gesundheitsstörung sei daher mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt oder mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in mehreren Wirbelsäulenabschnitten hätten weder am Tag der Untersuchung vorgelegen noch der Krankenvorgeschichte entnommen werden können, weshalb sich für die Wirbelsäule kein Gesamt-GdB von 30 oder höher ergebe. Die nur geringen funktionellen Auswirkungen des Brust- und Lendenwirbelsäulenbereiches ließen sich mit einem Teil-GdB von 10 bewerten, ebenso die radiologisch nachgewiesenen beginnenden degenerativen Veränderungen der Kreuzdarmbeingelenke ohne höhergradige funktionelle Relevanz.
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Das SG hat des Weiteren die Absicht gehabt, den Kläger von Dr. H. auf eine ambulante Untersuchung hin nervenärztlich begutachten zu lassen. Da die Terminabsprachen zwischen ihr und dem Kläger mehrfach fehlgeschlagen sind, hat das SG schließlich davon Abstand genommen, ein solches Gutachten einzuholen.
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Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9. Januar 2013 abgewiesen. Beim Kläger vorliegende Behinderungen seien lediglich auf orthopädischem Fachgebiet nachgewiesen. Der Sachverständige Dr. B. habe für die von der Wirbelsäule ausgehenden Funktionsbehinderungen nachvollziehbar einen GdB von insgesamt 20 festgestellt. Denn lediglich an der Halswirbelsäule seien beim Kläger wesentliche chronifizierte Beschwerden mit Muskelverspannungen objektiviert worden. Die vom Kläger angegebenen Beschwerden an den anderen Wirbelsäulenabschnitten führten nicht zu mindestens mittelgradigen funktionellen Auswirkungen. Soweit der sachverständige Zeuge Dr. S. den GdB auf orthopädischem Fachgebiet wegen der Beeinträchtigung der Wirbelsäule mit 30 eingeschätzt habe, sei diese Bewertung nicht nachvollziehbar. Bei seiner letzten Untersuchung sei nur eine endgradig schmerzhaft beeinträchtigte Beweglichkeit der Halswirbelsäule bei frei beweglichen Schultern festgestellt worden, wodurch nicht einmal ein GdB von 20 begründbar sei. Auf internistischem Fachgebiet lägen keine Behinderungen vor, wie der sachverständige Zeuge Dr. R. mitgeteilt habe. Insbesondere seien keine Beschwerden über nächtliche Atemaussetzer oder eine Störung der Magen-Darm-Funktion von ihm berichtet worden. Auf augenfachärztlichem Gebiet bestehe ebenfalls keine Behinderung, wie der Auskunft des sachverständigen Zeugen Dr. B. zu entnehmen sei. Danach bestehe zwar ein Sehfehler, der jedoch mit einer Brille zu korrigieren sei. auch das Vorliegen des Sicca-Syndroms lasse sich durch Verwendung von Augentropfen gut behandeln. Ebenfalls fehlten Anhaltspunkte für die vom Kläger behauptete Hörstörung. Anlässlich einer Untersuchung Ende Februar 1998 sei bei der Hörprüfung eine Normalhörigkeit festzustellen gewesen. Zwar habe sich der Kläger später noch in Behandlung der sachverständigen Zeugin Dr. P. begeben, jedoch dort keinen Termin zur Erstellung eines Tonaudiogramms wahrgenommen. Über die behaupteten Tinnitus-Beschwerden lägen keine ärztlichen Berichte vor.
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Inwieweit beim Kläger Behinderungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet vorlägen, lasse sich nicht abschließend feststellen. Diese Unsicherheit gehe zulasten des Klägers, denn er habe entgegen seiner Mitwirkungsobliegenheit die ihm angebotenen Untersuchungstermine bei der zur gerichtlichen Sachverständigen bestellten Dr. H. ohne ausreichenden Grund nicht wahrgenommen. Soweit der den Kläger behandelnde Nervenarzt Dr. B. einen GdB von 80 wegen Migräne, Polyneuropathie sowie Hirnschädigungen nach dem Umgang mit toxischen Desinfektionsmitteln und Brandschutzsubstanzen angenommen habe, sei diese Einschätzung von entsprechenden medizinischen Befunden nicht gedeckt. Die Ergebnisse der testpsychologischen Untersuchung durch den Diplom-Psychologen K. hätten gerade keinen Hinweis auf eine Schädigung der Hirnfunktion ergeben. So habe sich die Informationsverarbeitungskapazität als knapp durchschnittlich, die kognitive Leistungsgeschwindigkeit als altersentsprechend und die Aufmerksamkeitsbelastbarkeit sowie die Konzentrationsfähigkeit als altersentsprechend unterdurchschnittlich herausgestellt. Lediglich grenzwertige Testergebnisse ließen einen Verdacht auf eine allenfalls leichte Störung im Bereich der kurzfristigen visuellen Merkfähigkeit entstehen. Auch die Annahme des behandelnden Arztes für HNO-Heilkunde Dr. M., ein GdB von 30 sei allein aus der Schädigung der Gleichgewichtsverarbeitung und einem pathologischen Zervikalnystagmus abzuleiten, könne nicht nachvollzogen werden. Denn welche Behinderungen sich hieraus konkret ergäben, werde von ihm nicht mitgeteilt. Für das Bestehen eines posttraumatischen Belastungssyndroms, wie vom Kläger angegeben, hätten die medizinischen Ermittlungen keinen Hinweis ergeben.
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Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 16. Januar 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, 18. Februar 2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung hat er sich auf die Einschätzungen der ihn behandelnden Ärzte Dr. B. und Dr. M. gestützt. Nicht berücksichtigt worden seien zudem weitere Erkrankungen und Funktionsbeeinträchtigungen, etwa die von Dr. M. geschilderten schweren funktionellen Störungen im Bereich der gleichgewichtsverarbeitenden Strukturen. Hierfür sehe die Versorgungsmedizin-Verordnung einen GdB von 20 vor.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
30 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 9. Januar 2013 aufzuheben sowie den Bescheid vom 1. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2010 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, bei ihm einen GdB von mindestens 50 seit 5. November 2009 festzustellen.
31 
Der Beklagte beantragt,
32 
die Berufung zurückzuweisen.
33 
Er hat im Wesentlichen vorgetragen, nach dem im Berufungsverfahren eingeholten psychiatrischen Sachverständigengutachten sei auf nervenärztlichem Fachgebiet lediglich ein Teil-GdB von 10 angemessen, weshalb der Gesamt-GdB nur 20 betrage. Damit stehe fest, dass ein höherer als der bereits festgestellte GdB von 30 keinesfalls begründbar sei.
34 
In einer nichtöffentlichen Sitzung vor dem LSG hat der Kläger erklärt, Anfang September 2013 einen Termin bei einem HNO-Arzt wahrzunehmen. Er hat weiter die Absicht bekundet, soweit dort ein Ton- oder Sprachaudiogramm erstellt werde, dieses zu den Akten zu reichen.
35 
Anschließend hat der Senat den Sachverständigen Prof. Dr. S., Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik I des Psychiatrischen Zentrums N. in W., mit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens beauftragt. Wegen einer prognostizierten Bearbeitungszeit von etwa sechs Monaten ist auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 16. Oktober 2013 das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden (Az. L 6 SB 700/13). Mit Vorlage des Gutachtens vom 14. Juli 2014 ist das Verfahren unter dem laufenden Aktenzeichen wieder angerufen worden.
36 
Prof. Dr. S. hat nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 23. April 2014 in seinem Gutachten ausgeführt, unter Verwendung der internationalen Klassifikation psychischer Störungen auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Fachgebiet seien als Diagnosen eine gegenwärtig weitgehend remittierte rezidivierende depressive Störung (ICD-10 F33.8) sowie eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit eigenwillig-paranoiden, selbstunsicheren und negativistischen Anteilen (ICD-10 F61.0) zu stellen. Die rezidivierende depressive Störung habe in der Vergangenheit zu depressiven Dekompensationen geführt, manifestiere sich aktuell jedoch nur in dezenten Restbeschwerden. Grundsätzlich bestehe aber weiterhin eine Disposition zur Entwicklung krankheitswerter depressiver Verstimmungen. Die kombinierte Persönlichkeitsstörung sei bis in die Adoleszenz hinein zurückzuverfolgen. Sie führe zu Beeinträchtigungen der Affekt- und Selbstwertregulation und disponiere ebenfalls zu depressiven Verstimmungen. Die festgestellten Gesundheitsstörungen seien mit ihren assoziierten Funktionsbeeinträchtigungen in die Kategorie der leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen einzuordnen. Dabei sei der Teil-GdB wegen der gegenwärtig weitgehend remittierten rezidivierenden depressiven Störung auf 20 und derjenige ob der kombinierten Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, selbstunsicheren und negativistischen Anteilen auf 10 einzuschätzen. Der Gesamt-GdB ab 5. November 2009 sei mit 20 zu bewerten.
37 
Mit dem Gutachten hat Prof. Dr. S. auch einen ihm vom Kläger vorgelegten Arztbericht von Prof. Dr. B., Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in M., vom 30. Juli 2012 übersandt, wonach der Kläger dort im Zeitraum vom 28. Juni bis 30. Juli 2012 ambulant untersucht und beraten worden sei. Diagnostiziert worden sei eine rezidivierende depressive Störung, mit einer zum damaligen Zeitpunkt mittelgradigen Episode.
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Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist form- und am 18. Februar 2013 noch fristgerecht (§ 151 Abs. 1 i.V.m. § 64 Abs. 3 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§§ 143, 144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die als kombinierte (Teil-)Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG zulässige Klage zu Recht abgewiesen, soweit der Kläger einen höheren als den bereits festgestellten GdB von 30 begehrt. Insbesondere hat er keinen Anspruch auf die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft (GdB 50).
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Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind der Gerichtsbescheid des SG vom 9. Januar 2013 und der dem Kläger am 3. Dezember 2009 bekanntgegebene Bescheid des Beklagten vom 1. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2010. Die Feststellung, dass beim Kläger ein GdB von 30 ab 5. November 2009 vorliegt, ist bereits durch diesen ersten Bescheid erfolgt. Der am 15. Dezember 2009 abgesandte Bescheid vom 1. Dezember 2009 enthält keine diese Verwaltungsentscheidung abändernde oder ersetzende Regelung, sondern in Bezug auf die Feststellung der Höhe des GdB und des zeitlichen Beginns eine nur wiederholende Verfügung (vgl. BSG, Urteil vom 13. August 2014 - B 6 KA 38/13 R -, juris, Rz. 27 m.w.N.) sowie im Übrigen lediglich einen ergänzenden informatorischen Hinweis und musste nicht gesondert angefochten werden.
42 
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Danach stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gem. § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30. Juni 2011: § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV - vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellten und fortentwickelten, Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
43 
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig ihrer Ursache, also final, bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regel-mäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen - wie im Falle des Klägers - mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
44 
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern auf Grund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigengutachten in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei dem auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- bzw. Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
45 
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer (unbenannten) Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
46 
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Gesundheitsschäden des Klägers keinen höheren als den bereits festgestellten GdB von 30 seit 5. November 2009 begründen.
47 
Das Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ rechtfertigt einen Teil-GdB von 20.
48 
Auf psychiatrischem Fachgebiet ist beim Kläger eine gegenwärtig weitgehend remittierte rezidivierende depressive Störung (ICD-10 F33.8) nachgewiesen. Eine depressive Erkrankung ist eigenanamnestisch vorbeschrieben und bereits in den mit dem Erstantragsformular beim Beklagten eingereichten medizinischen Befundunterlagen aus den Jahren 2004 und 2005 vordiagnostiziert worden. Der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie E. empfahl im Zusatzbogen zum ärztlichen Befundbericht zum Rehabilitationsantrag vom 1. Dezember 2004 dringend, die antidepressive Medikation beizubehalten. Im Rahmen des stationären Aufenthaltes in der P.-klinik B. vom 12. April bis 24. Mai 2005 wurde eine mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F32.1) diagnostiziert. Bei der durch den Sachverständigen Prof. Dr. S. am 23. April 2014 durchgeführten Untersuchung ist zwar keine klinisch relevante depressive Störung mehr festgestellt worden. So hat sich auf Befundebene eine ausgeglichene Stimmungslage mit gut ausgebildeter emotionaler Schwingungsfähigkeit bei situationsadäquater, vorübergehender psychomotorischer Unruhe und leichter Anspannung gezeigt. Der Kläger hat eine Minderung der Vitalgefühle mit Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Grübelneigung sowie eine Minderung des Selbstwerterlebens artikuliert. Bei der Befunderhebung hat sich keine ausgeprägtere depressionstypische Konstellation gezeigt. So ist das formale Denken ungestört, der Antrieb situationsadäquat, das Ausdrucksverhalten affekt-kongruent und durchaus lebhaft gewesen. Kognitive Funktionsdefizite sind nicht nachzuweisen gewesen. Auch sonstige Befunde, wie sie etwa bei schwerergradiger Depressivität auftreten, etwa eine Ich-Störung, ein Wahnerleben oder Wahrnehmungsstörungen, haben ausgeschlossen werden können. Die beim Kläger erhaltene Humorfähigkeit zusammen mit der festzustellenden mentalen Wendigkeit haben sich in ein Bild eingefügt, wonach zum gutachterlichen Untersuchungszeitpunkt eine klinisch-relevante depressive Symptomatik nach Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. S. nicht vorgelegen hat. Demgegenüber haben sich gleichwohl aus den differenzierten aktenkundigen Vorbefunden Hinweise auf früher durchgemachte gravierende depressive Verstimmungen mit psychovegetativen Erregungszuständen ergeben. Zu nennen ist die auf ambulante Untersuchungen im Zeitraum vom 28. Juni bis 30. Juli 2012 hin von Prof. Dr. B. gestellte Diagnose einer rezidivierenden Störung, von einer zur damaligen Zeit mittelgradigen Episode (ICD-10 F 33.1). Dieses Ausmaß der Erkrankung steht auch in Einklang mit den gegenüber Prof. Dr. S. geäußerten eigenanamnestischen Angaben des Klägers, der deutliche Verstimmungen bei differenziert beschriebenen externen Belastungsmomenten in der Vergangenheit beschrieben hat. Auf der Grundlage des Krankheitsverlaufs und des im Rahmen der Untersuchung bei Prof. Dr. S. gewonnenen psychopathologischen Querschnittsprofils liegt beim Kläger nachvollziehbar eine rezidivierende depressive Störung vor, die aufgrund des gutachterlichen Untersuchungsbefundes hingegen nunmehr weitgehend remittiert ist.
49 
Des Weiteren leider der Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet an einer kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, selbstunsicheren und negativistischen Anteilen (ICD-10 F 61.0). Bei der gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. S. haben in psychopathologischer Hinsicht Auffälligkeiten der Persönlichkeitsentwicklung dominiert. Der Kläger hat eine in Teilbereichen erschwerte Sozialisation auf dem Boden religiöser Identifikationsschwierigkeiten und Konkurrenzverhalten innerhalb der Ursprungsfamilie beschrieben. Auch im Bereich der sonstigen beruflichen Leistungsfähigkeit hat er sich nicht in das bestehende familiäre Wertebild integrieren können. Er hat sich oft abgelehnt und abgewertet gefühlt. Er hat insgesamt keinen ausreichend stabilen Selbstwert entwickeln können und sich über Außenseiterpositionen mit leicht querulatorischen Verhaltensmustern definiert. Er ist bemüht gewesen, durch außergewöhnliche und motivierte Leistungsfähigkeit die Akzeptanz der Bezugspersonen zu gewinnen. In diesem Zusammenhang hat er den Tod seiner Mutter und das aus seiner Sicht ungewöhnlich schwierige eigene Scheidungsverfahren als einschneidende Erlebnisse genannt. In beiden Situationen hat er sich von jeweils unterschiedlichen Seiten, einmal durch seine Familie, das andere Mal durch seine frühere Ehefrau in ungerechtfertigter Weise angegriffen, gedemütigt und ungerecht behandelt gefühlt. Das hat ihn unter Druck gesetzt. Im Einzelnen ist durch Prof. Dr. S. ein seit der Kindheit und der Jugend des Klägers anhaltendes negatives Selbstbild mit dominierenden Minderwertigkeitsgefühlen und Versagensängsten in interpersonellen Konfliktsituationen mit Neigung zur Überkompensation durch soziales Überengagement beschrieben worden. Zudem hat sich eine hohe Empfindlichkeit und Sensitivität gegenüber jedweder kritische Rückmeldung gezeigt. In seinem Selbstbild erlebt sich der Kläger als jahrelanges Opfer durch aus seiner Sicht drangsalierenden Psychoterror von Angehörigen. In der Zukunft sieht er sich in seiner Existenz bedroht. Aus eigener Sicht erlebt er im Arbeitsleben Ungerechtigkeiten, denen er ausgeliefert ist, etwa bei Prüfungssituationen oder anderen notwendigerweise zu verrichtenden Dingen. In dieser Belastungskonstellation erlebt sich der Kläger selbst als wenig wirkungsfähig. Auch Vorkommnisse, die für seinen Beruf alltäglich erscheinen müssten, wie etwa schwere Autounfälle oder Kinder als Verletzte, setzen dem Kläger schwer zu und führen dazu, dass er sich danach tagelang zurückzieht und Migräneanfälle beklagt. Daraus ergeben sich, wie der Sachverständige Prof. Dr. S. schlüssig ausführt, Hinweise auf eigenwillig-paranoide Züge, die auch einen Teil der durch das testpsychologische MWT-B-Verfahren nachgewiesenen Anstrengungsminderleistung erklären kann. Selbstkritisch-selbstunsichere und kritisch-negativistische Persönlichkeitsanteile lassen sich nachvollziehbar bis in das Jugendalter zurückverfolgen. Damit in Einklang steht auch die Einschätzung des den Kläger behandelnden Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S., den der Kläger zwischen März 2007 und April 2008 sieben Mal konsultierte. Dieser hat bereits neben einer Anpassungsstörung den Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, wobei in den Befundunterlagen ein durchgehend konstanter Befund wiedergegeben ist.
50 
Für die allein vom Kläger angeführte, durch keinen Facharzt bestätigte Diagnose eines posttraumatischen Belastungssyndroms (ICD-10: F 43.1) haben sich nach der Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. S. allerdings keine Anhaltspunkte ergeben, zumal es auch am dafür erforderlichen belastenden Ereignis von außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophalem Ausmaß fehlt.
51 
Die das Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ betreffenden psychiatrischen Gesundheitsstörungen, die gegenwärtig weitgehend remittierte rezidivierende depressive Störung sowie die kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, selbstunsicheren und negativistischen Anteilen, sind nach VG, Teil B, Nr. 3.7 zu bewerten. Danach haben Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen einen GdB von 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (etwa ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) einen GdB von 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB von 50 bis 70 zur Folge.
52 
Die bestehende rezidivierende depressive Störung hat in der Vergangenheit zwar zu depressiven Dekompensationen geführt. Sie manifestiert sich aktuell aber nur noch in dezenten Restbeschwerden, wenn auch weiterhin eine Disposition des Klägers zur Entwicklung krankheitswerter depressiver Verstimmungen besteht. Die damit verbundenen Funktionsbeeinträchtigungen sind auf der Grundlage der überzeugenden Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. S. als leicht und damit in die Kategorie der leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen einzuordnen, wofür insbesondere die ausgeglichene Stimmungslage und das vom Kläger geschilderte Alltags- und Freizeitverhalten, das keinerlei Einschränkungen aufweist, spricht. Im Arztbericht von Prof. Dr. B. vom 30. Juli 2012 wird eine affektive Niedergestimmtheit, eine eingeschränkten Schwingungsfähigkeit sowie eine Antriebs- und Freudlosigkeit beschrieben, weitere Funktionseinschränkungen haben jedoch auch von ihm nicht gefunden werden können. Der Kläger ist bewusstseinsklar und in allen Qualitäten orientiert gewesen. Auffassung, Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit sind nicht beeinträchtigt gewesen. Gedächtnisstörungen haben nicht festgestellt werden können. Weder formale noch inhaltliche Denkstörungen oder Sinnestäuschungen haben festgestellt werden können. Eine Ich-Störung hat ebenfalls nicht vorgelegen. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, insbesondere eine ausgeprägtere Depression, sind damit nicht nachgewiesen; zumal der voll berufstätige Kläger auch aktuell noch eine Beziehung zu einer Lebenspartnerin mit ungestörtem Sexualleben unterhält, enge familiäre Kontakte insbesondere zu seiner Schwester pflegt, in der örtlichen Gemeinschaft sich aktiv einbringen kann und mit der Freiwilligen Feuerwehr einem Hobby nachgehen kann, was der Senat dem Gutachten von Prof. Dr. S. entnimmt. Die beschriebenen Funktionsstörungen wegen der kombinierten Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, selbstunsicheren und negativistischen Anteilen sind nach der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. S. als leicht einzuordnen und wegen der ausschließlichen Beeinträchtigung der Affekt- und Selbstwertregulation sowie der bloßen Disposition zu depressiven Verstimmungen dem mittleren Bereich des insoweit eröffneten GdB-Rahmens von 0 bis 20 zuzuordnen. Soweit der Sachverständige Prof. Dr. S. die psychischen Störungen mit einem Teil-GdB bewertet und daraus einen „Teil-Gesamt-GdB“ auf psychischem Gebiet gebildet hat, ist der Senat dem nicht gefolgt. Denn ein Gesamt-GdB ist nicht in Funktionssystemen festzustellen, sondern das Funktionsgebiet insgesamt zu bewerten und hieraus dann in einem zweiten Schritt der Gesamt-GdB zu bilden (im Ergebnis ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. September 2003 - L 7 SB 104/02 -, juris). Der danach festzustellende Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ ist dann zwar angemessen, aber auch ausreichend.
53 
Die Einschätzung des den Kläger behandelnden Nervenarztes Dr. B., der in seine Bewertung dieses Funktionssystem mit einem GdB von 80 Hirnschädigungen und damit zusammenhängende Leistungsminderungen einbezieht, überzeugen den Senat hingegen nicht. Diese Bewertung wird bereits nicht durch hinreichende medizinische Befunde gestützt. Auch hat der Sachverständige Prof. Dr. S. den von Dr. B. angenommenen Schweregrad und die Chronizität nicht nachvollziehen können. Im Übrigen stützt sich Dr. B. auf eine von ihm veranlasste testpsychologische Untersuchung durch den Diplom-Psychologen K., der jedoch keinen Hinweis auf eine Schädigung der Hirnfunktionen finden konnte. So ist die Informationsverarbeitungskapazität als knapp durchschnittlich, die kognitive Leistungsgeschwindigkeit als altersentsprechend und die Aufmerksamkeitsbelastbarkeit sowie die Konzentrationsfähigkeit als altersentsprechend unterdurchschnittlich festgestellt worden. Die Testergebnisse haben lediglich einen Verdacht auf eine allenfalls leichte Störung im Bereich der kurzfristigen visuellen Merkfähigkeit ergeben.
54 
Das Funktionssystem „Rumpf“ bedingt wegen der Funktionseinschränkungen im Wirbelsäulenbereich höchstens einen Teil-GdB von 20.
55 
Nach VG, Teil B, Nr. 18.9 haben Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) ist ein GdB-Rahmen von 50 bis 70 eröffnet. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z.B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
56 
Beim Kläger liegt ein wiederkehrendes chronifiziertes Schmerzsyndrom der Halswirbelsäule bei beginnenden degenerativen Veränderungen und Zustand nach mehreren Verstauchungen mit Anbruch des 7. Halswirbelkörpers vor. Zum Zeitpunkt der ambulanten Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. B. Mitte Oktober 2011 ist die Fraktur komplikationslos mit lediglich leichter Formstörung im unteren Halswirbelsäulenanteil ausgeheilt gewesen. Eine höhergradige degenerative Veränderung, die einem altersüblichen Befund vorauseilt, hat nicht festgestellt werden können. Die klinische Untersuchung hat für diesen Bereich der Wirbelsäule ein Verspannungssyndrom und Funktionsstörungen einzelner Wirbelgelenke, hingegen weder eine ausstrahlende radikuläre Symptomatik der Armnerven noch höhergradige Funktionseinbußen objektivieren können. Im Bereich der Brustwirbelsäule hat sich bei betonter Rundrückentendenz eine wiederkehrende muskuläre Überlastungssymptomatik des Achsenorgans gezeigt, die der Kläger auf seine körperliche Tätigkeit als Rettungsassistent zurückführt. Über die von diesem geschilderte Beschwerdeangabe hinaus hat sich bei der klinischen Untersuchung hingegen keine höhergradige Pathologie gezeigt. Für den Bereich der Lendenwirbelsäule hat sich klinisch eine mäßige lumbosakrale Schmerzangabe gefunden. Nach der bildgebenden Diagnostik hat sich eine Aufbraucherscheinung der unteren Bandscheiben im Lendenwirbelsäulenbereich mit Höhenminderung gezeigt, hingegen keine fortgeschrittene oder einem altersüblichen Befund vorauseilende Degeneration. Darüber hinaus hat sich eine Anlagevariante der unteren Lendenwirbelsäule mit einer lumbosakralen Übergangsstörung sowie einer Bogenschlussvariante der Sakrumbasis gefunden. Lendenwirbelsäulensyndrome haben demgegenüber nicht objektiviert werden können. Statistisch ist lediglich mit einem vermehrten Auftreten zu rechnen, zwangsläufig müssen sie aber nicht vorliegen und sind vorliegend jedenfalls nicht nachgewiesen worden. Die angrenzenden Kreuzdarmbeingelenke haben zwar beginnende degenerative Veränderungen gezeigt. Diese sind jedoch einem altersüblichen Abnutzungsgrad nicht wesentlich vorauseilend gewesen. Ischialgieereignisse als ausstrahlende Nervenentzündungen sind bereits in der Anamnese nicht sicher zu erheben gewesen. Selbst unter Berücksichtigung der vom sachverständigen Zeugen Dr. S. festgestellten Einschränkung bei der Seitneigung, die mit 20/20° gemessen worden ist, und des vom Sachverständigen Dr. B. für den Bereich der Halswirbelsäule beschriebenen wiederkehrenden chronifizierten Schmerzsyndroms, woraus dieser wohl häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome ableitet, sind für diesen Teil der Wirbelsäule damit allenfalls mittelgradige Auswirkungen gegeben. Selbst unter zusätzlicher Berücksichtigung der für die Brust- und Lendenwirbelsäulenregion jeweils objektivierten geringen funktionelle Auswirkungen ist dann aber kein höherer Teil-GdB als 20 für das Funktionssystem „Rumpf“ begründbar. Denn es liegen weder schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt noch mittelgradige funktionelle Auswirkungen in mehreren Wirbelsäulenabschnitten vor. Anhaltende Funktionsstörungen infolge einer Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen oder auch intermittierende Störungen bei einer Spinalkanalstenose sowie Auswirkungen auf die inneren Organe, wodurch ein höherer GdB gestützt werden könnte, haben nicht nachgewiesen werden können. Der vergebene GdB berücksichtigt jedenfalls auch die mit der Funktionseinschränkung einhergehenden Schmerzen (VG, Teil A, Nr. 2 j), denn der Kläger führt aktuell noch nicht einmal eine Schmerzmedikation durch, was der Senat dem Gutachten von Prof. Dr. S. entnimmt, und gegen eine stärkere Ausprägung der Schmerzsituation spricht.
57 
Die Einschätzung des sachverständigen Zeugen Dr. S. in seiner schriftlichen Mitteilung, in der er die Beeinträchtigungen der Wirbelsäule mit einem GdB von 30 bewertet, ist demgegenüber nicht nachvollziehbar. Nach den von ihm mitgeteilten Untersuchungsbefunden ist der Kläger lediglich im Bereich der Halswirbelsäule endgradig schmerzhaft in der Beweglichkeit beeinträchtigt gewesen. Die Schulterbeweglichkeit ist als frei festgestellt worden.
58 
Auf orthopädischem Fachgebiet liegen darüber hinaus keine Gesundheitsschäden vor, die einen GdB von wenigstens 10 bedingen. Die vom Kläger durch ein Unfallereignis am 4. Juli 1996 erlittene Distorsion des rechten Mittelfußes ist nach dem im Wege des Urkundenbeweises verwerteten Gutachten von Prof. Dr. C. vom 31. Januar 2001 zum Untersuchungszeitpunkt am Vortag ausgeheilt gewesen. Die vom Sachverständigen Dr. B. diagnostizierte Fußfehlform und die nicht einmal sicher feststehende Mineralisierungsstörung sind jedenfalls nicht von klinischer oder sozialmedizinischer Relevanz, führen demzufolge nicht zu Funktionseinschränkungen, die einen GdB in messbarem Grad stützen.
59 
Im Übrigen sind vorliegend keine mit einem höheren Teil-GdB als 10 zu bewertende Gesundheitsstörungen objektiviert, die überhaupt geeignet wären, den Gesamt-GdB zu erhöhen. Auf internistischem, augenärztlichem und HNO-ärztlichem Fachgebiet liegen keine Gesundheitsschäden vor, die für einen GdB in messbarem Grad von Relevanz sind. Der sachverständige Zeuge Dr. R. hat für das internistische Fachgebiet keinen GdB feststellen können. Er hat nichts darüber berichtet, dass beim Kläger wegen der angeführten Atemprobleme und des Schlafapnoe-Syndroms die Atmung aussetzt. Ferner hat er keine Angaben dazu gemacht, dass die Magen-Darm-Funktion maßgeblich gestört ist. Der sachverständige Zeuge Dr. B. hat den GdB auf augenärztlichem Fachgebiet mit 0 bewertet. Insbesondere ist die Sehstörung des Klägers mit einer Brille korrigierbar und das Sicca-Syndrom mit Augentropfen ausreichend behandelbar gewesen. Für die Zeit ab Erstantragstellung ist zwar eine Hörstörung vorgetragen worden. Eine solche hat hingegen nicht objektiviert werden können. Die sachverständige Zeugin Dr. P. hat schriftlich mitgeteilt, dass der Kläger zwei Termine für die Erstellung eines Tonaudiogrammes nicht wahrgenommen hat. Auch die vom Kläger bei der nichtöffentlichen Sitzung vor dem LSG in den Raum gestellte Übersendung von Ton- oder Sprachaudiogrammen, soweit solche erstellt würden, hat er nicht vorgenommen. Damit hat sich der Senat nicht gedrängt gesehen, insoweit weitere Ermittlungen anzustellen. Eine Hörstörung ist damit nicht objektiviert. Über Ohrgeräusche, die der sachverständige Zeuge Dr. M. noch hinsichtlich einer Untersuchung Ende Februar 1998 erwähnt hat, hat der Kläger gegenüber Dr. P. bei Untersuchungen im März 2010 und Juli 2011 nicht mehr geklagt. Solche eröffnen ohnehin nur einen GdB-Rahmen von 0 bis 10, wenn sie nicht mit erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen einhergehen (VG, Teil B, Nr. 5.3). Über solche im Zusammenhang mit Ohrgeräuschen stehende Begleiterscheinungen hat der Kläger nichts kundgetan. Des Weiteren hat der sachverständige Zeuge Dr. B. zwar eine Polyneuropathie, eine beginnende Myopathie, eine nicht näher spezifizierte Nahrungsmittelallergie und Migräneattacken diagnostiziert. Seinen schriftlichen Ausführungen wie seinen beigefügten Befundberichten sind jedoch bereits keine Befunderhebungen zu entnehmen, die einen GdB in messbarem Grad stützen. Auch bei der Untersuchung bei Prof. Dr. S. ließ sich die beklagte Migräne nicht verifizieren, der Kläger benötigte keine Pausen und klinisch relevante messbare Funktionsdefizite waren gar nicht zu finden. Über eine Medikation wurde nichts berichtet, so dass allenfalls von einer leichten Verlaufsform der Migräne ausgegangen werden kann, die nach den VG, Teil B, Nr. 2.3 nur einen den Gesamt-GdB nicht erhöhenden Teil-GdB von 0 bis 10 begründet. Die vom sachverständigen Zeugen Dr. M. beschriebenen Schädigungen im Bereich der zentralen und der peripheren Gleichgewichtsverarbeitung und der als pathologisch beschriebene Zervikalnystagmus bedingen jedenfalls keinen höheren GdB als 10. Dies wäre nur der Fall, wenn Gleichgewichtsstörungen mit zumindest leichten Folgen vorlägen. Solche sind eine leichte Unsicherheit, geringe Schwindelerscheinungen wie Schwanken, Stolpern, Ausfallschritte bei alltäglichen Belastungen, stärkere Unsicherheit und Schwindelerscheinungen bei höheren Belastungen, leichte Abweichungen bei den Geh- und Stehversuchen erst bei höherer Belastungsstufe (VG, Teil B, Nr. 5.3). Nach dem auf eine Untersuchung des Klägers Ende Februar 1998 hin erstellten Arztbericht von Dr. M. berichtete der Kläger zwar im Zusammenhang mit Gleichgewichtsstörungen über eine Unsicherheit sowie einen Schwank- und Drehschwindel. Nach einem weiteren Arztbericht von ihm hätte sich auch bei Untersuchungen im Mai 2011 keine Verbesserung eingestellt. Demgegenüber hatte der Kläger ausweislich der vegetativen Anamnese gegenüber dem Sachverständigen Dr. B. im Oktober 2011 mitgeteilt, bis auf Defizite bei der Ausdauer und der Konzentration körperlich leistungsfähig zu sein. Auch den anamnestischen Erhebungen des Sachverständigen Prof. Dr. S. lassen sich solche Beschwerde nicht entnehmen. Damit sind jedenfalls keine solchen Begleiterscheinungen von Gleichgewichtsstörungen nachgewiesen, die hierfür einen Teil-GdB von 20 stützen. Ein GdB-relevante Zahnschaden liegt erst bei einem umfassenden Zahnverlust vor, der über ein halbes Jahr hinaus prothetisch nur unzureichend zu versorgen gewesen ist (VG, Teil B, Nr. 7.4). Ein solches Ausmaß erreicht der vom Kläger beschriebene Zahnschaden nicht.
60 
Insgesamt bestehen daher beim Kläger seit der Erstantragstellung am 5. November 2009 bis aktuell Funktionsbeeinträchtigungen, die mit einem Gesamt-GdB von 30 ausreichend bewertet sind. Der Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ ist unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem „Rumpf“ auf 30 zu erhöhen, ein höherer GdB ist allerdings keinesfalls begründbar.
61 
Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung eines höheren als den bereits festgestellten GdB von 30, weshalb die Berufung zurückzuweisen war.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
63 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Gründe

 
40 
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist form- und am 18. Februar 2013 noch fristgerecht (§ 151 Abs. 1 i.V.m. § 64 Abs. 3 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§§ 143, 144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die als kombinierte (Teil-)Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG zulässige Klage zu Recht abgewiesen, soweit der Kläger einen höheren als den bereits festgestellten GdB von 30 begehrt. Insbesondere hat er keinen Anspruch auf die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft (GdB 50).
41 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind der Gerichtsbescheid des SG vom 9. Januar 2013 und der dem Kläger am 3. Dezember 2009 bekanntgegebene Bescheid des Beklagten vom 1. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2010. Die Feststellung, dass beim Kläger ein GdB von 30 ab 5. November 2009 vorliegt, ist bereits durch diesen ersten Bescheid erfolgt. Der am 15. Dezember 2009 abgesandte Bescheid vom 1. Dezember 2009 enthält keine diese Verwaltungsentscheidung abändernde oder ersetzende Regelung, sondern in Bezug auf die Feststellung der Höhe des GdB und des zeitlichen Beginns eine nur wiederholende Verfügung (vgl. BSG, Urteil vom 13. August 2014 - B 6 KA 38/13 R -, juris, Rz. 27 m.w.N.) sowie im Übrigen lediglich einen ergänzenden informatorischen Hinweis und musste nicht gesondert angefochten werden.
42 
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Danach stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gem. § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30. Juni 2011: § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV - vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellten und fortentwickelten, Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
43 
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig ihrer Ursache, also final, bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regel-mäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen - wie im Falle des Klägers - mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
44 
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern auf Grund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigengutachten in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei dem auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- bzw. Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
45 
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer (unbenannten) Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
46 
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Gesundheitsschäden des Klägers keinen höheren als den bereits festgestellten GdB von 30 seit 5. November 2009 begründen.
47 
Das Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ rechtfertigt einen Teil-GdB von 20.
48 
Auf psychiatrischem Fachgebiet ist beim Kläger eine gegenwärtig weitgehend remittierte rezidivierende depressive Störung (ICD-10 F33.8) nachgewiesen. Eine depressive Erkrankung ist eigenanamnestisch vorbeschrieben und bereits in den mit dem Erstantragsformular beim Beklagten eingereichten medizinischen Befundunterlagen aus den Jahren 2004 und 2005 vordiagnostiziert worden. Der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie E. empfahl im Zusatzbogen zum ärztlichen Befundbericht zum Rehabilitationsantrag vom 1. Dezember 2004 dringend, die antidepressive Medikation beizubehalten. Im Rahmen des stationären Aufenthaltes in der P.-klinik B. vom 12. April bis 24. Mai 2005 wurde eine mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F32.1) diagnostiziert. Bei der durch den Sachverständigen Prof. Dr. S. am 23. April 2014 durchgeführten Untersuchung ist zwar keine klinisch relevante depressive Störung mehr festgestellt worden. So hat sich auf Befundebene eine ausgeglichene Stimmungslage mit gut ausgebildeter emotionaler Schwingungsfähigkeit bei situationsadäquater, vorübergehender psychomotorischer Unruhe und leichter Anspannung gezeigt. Der Kläger hat eine Minderung der Vitalgefühle mit Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Grübelneigung sowie eine Minderung des Selbstwerterlebens artikuliert. Bei der Befunderhebung hat sich keine ausgeprägtere depressionstypische Konstellation gezeigt. So ist das formale Denken ungestört, der Antrieb situationsadäquat, das Ausdrucksverhalten affekt-kongruent und durchaus lebhaft gewesen. Kognitive Funktionsdefizite sind nicht nachzuweisen gewesen. Auch sonstige Befunde, wie sie etwa bei schwerergradiger Depressivität auftreten, etwa eine Ich-Störung, ein Wahnerleben oder Wahrnehmungsstörungen, haben ausgeschlossen werden können. Die beim Kläger erhaltene Humorfähigkeit zusammen mit der festzustellenden mentalen Wendigkeit haben sich in ein Bild eingefügt, wonach zum gutachterlichen Untersuchungszeitpunkt eine klinisch-relevante depressive Symptomatik nach Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. S. nicht vorgelegen hat. Demgegenüber haben sich gleichwohl aus den differenzierten aktenkundigen Vorbefunden Hinweise auf früher durchgemachte gravierende depressive Verstimmungen mit psychovegetativen Erregungszuständen ergeben. Zu nennen ist die auf ambulante Untersuchungen im Zeitraum vom 28. Juni bis 30. Juli 2012 hin von Prof. Dr. B. gestellte Diagnose einer rezidivierenden Störung, von einer zur damaligen Zeit mittelgradigen Episode (ICD-10 F 33.1). Dieses Ausmaß der Erkrankung steht auch in Einklang mit den gegenüber Prof. Dr. S. geäußerten eigenanamnestischen Angaben des Klägers, der deutliche Verstimmungen bei differenziert beschriebenen externen Belastungsmomenten in der Vergangenheit beschrieben hat. Auf der Grundlage des Krankheitsverlaufs und des im Rahmen der Untersuchung bei Prof. Dr. S. gewonnenen psychopathologischen Querschnittsprofils liegt beim Kläger nachvollziehbar eine rezidivierende depressive Störung vor, die aufgrund des gutachterlichen Untersuchungsbefundes hingegen nunmehr weitgehend remittiert ist.
49 
Des Weiteren leider der Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet an einer kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, selbstunsicheren und negativistischen Anteilen (ICD-10 F 61.0). Bei der gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. S. haben in psychopathologischer Hinsicht Auffälligkeiten der Persönlichkeitsentwicklung dominiert. Der Kläger hat eine in Teilbereichen erschwerte Sozialisation auf dem Boden religiöser Identifikationsschwierigkeiten und Konkurrenzverhalten innerhalb der Ursprungsfamilie beschrieben. Auch im Bereich der sonstigen beruflichen Leistungsfähigkeit hat er sich nicht in das bestehende familiäre Wertebild integrieren können. Er hat sich oft abgelehnt und abgewertet gefühlt. Er hat insgesamt keinen ausreichend stabilen Selbstwert entwickeln können und sich über Außenseiterpositionen mit leicht querulatorischen Verhaltensmustern definiert. Er ist bemüht gewesen, durch außergewöhnliche und motivierte Leistungsfähigkeit die Akzeptanz der Bezugspersonen zu gewinnen. In diesem Zusammenhang hat er den Tod seiner Mutter und das aus seiner Sicht ungewöhnlich schwierige eigene Scheidungsverfahren als einschneidende Erlebnisse genannt. In beiden Situationen hat er sich von jeweils unterschiedlichen Seiten, einmal durch seine Familie, das andere Mal durch seine frühere Ehefrau in ungerechtfertigter Weise angegriffen, gedemütigt und ungerecht behandelt gefühlt. Das hat ihn unter Druck gesetzt. Im Einzelnen ist durch Prof. Dr. S. ein seit der Kindheit und der Jugend des Klägers anhaltendes negatives Selbstbild mit dominierenden Minderwertigkeitsgefühlen und Versagensängsten in interpersonellen Konfliktsituationen mit Neigung zur Überkompensation durch soziales Überengagement beschrieben worden. Zudem hat sich eine hohe Empfindlichkeit und Sensitivität gegenüber jedweder kritische Rückmeldung gezeigt. In seinem Selbstbild erlebt sich der Kläger als jahrelanges Opfer durch aus seiner Sicht drangsalierenden Psychoterror von Angehörigen. In der Zukunft sieht er sich in seiner Existenz bedroht. Aus eigener Sicht erlebt er im Arbeitsleben Ungerechtigkeiten, denen er ausgeliefert ist, etwa bei Prüfungssituationen oder anderen notwendigerweise zu verrichtenden Dingen. In dieser Belastungskonstellation erlebt sich der Kläger selbst als wenig wirkungsfähig. Auch Vorkommnisse, die für seinen Beruf alltäglich erscheinen müssten, wie etwa schwere Autounfälle oder Kinder als Verletzte, setzen dem Kläger schwer zu und führen dazu, dass er sich danach tagelang zurückzieht und Migräneanfälle beklagt. Daraus ergeben sich, wie der Sachverständige Prof. Dr. S. schlüssig ausführt, Hinweise auf eigenwillig-paranoide Züge, die auch einen Teil der durch das testpsychologische MWT-B-Verfahren nachgewiesenen Anstrengungsminderleistung erklären kann. Selbstkritisch-selbstunsichere und kritisch-negativistische Persönlichkeitsanteile lassen sich nachvollziehbar bis in das Jugendalter zurückverfolgen. Damit in Einklang steht auch die Einschätzung des den Kläger behandelnden Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S., den der Kläger zwischen März 2007 und April 2008 sieben Mal konsultierte. Dieser hat bereits neben einer Anpassungsstörung den Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, wobei in den Befundunterlagen ein durchgehend konstanter Befund wiedergegeben ist.
50 
Für die allein vom Kläger angeführte, durch keinen Facharzt bestätigte Diagnose eines posttraumatischen Belastungssyndroms (ICD-10: F 43.1) haben sich nach der Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. S. allerdings keine Anhaltspunkte ergeben, zumal es auch am dafür erforderlichen belastenden Ereignis von außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophalem Ausmaß fehlt.
51 
Die das Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ betreffenden psychiatrischen Gesundheitsstörungen, die gegenwärtig weitgehend remittierte rezidivierende depressive Störung sowie die kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, selbstunsicheren und negativistischen Anteilen, sind nach VG, Teil B, Nr. 3.7 zu bewerten. Danach haben Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen einen GdB von 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (etwa ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) einen GdB von 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB von 50 bis 70 zur Folge.
52 
Die bestehende rezidivierende depressive Störung hat in der Vergangenheit zwar zu depressiven Dekompensationen geführt. Sie manifestiert sich aktuell aber nur noch in dezenten Restbeschwerden, wenn auch weiterhin eine Disposition des Klägers zur Entwicklung krankheitswerter depressiver Verstimmungen besteht. Die damit verbundenen Funktionsbeeinträchtigungen sind auf der Grundlage der überzeugenden Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. S. als leicht und damit in die Kategorie der leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen einzuordnen, wofür insbesondere die ausgeglichene Stimmungslage und das vom Kläger geschilderte Alltags- und Freizeitverhalten, das keinerlei Einschränkungen aufweist, spricht. Im Arztbericht von Prof. Dr. B. vom 30. Juli 2012 wird eine affektive Niedergestimmtheit, eine eingeschränkten Schwingungsfähigkeit sowie eine Antriebs- und Freudlosigkeit beschrieben, weitere Funktionseinschränkungen haben jedoch auch von ihm nicht gefunden werden können. Der Kläger ist bewusstseinsklar und in allen Qualitäten orientiert gewesen. Auffassung, Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit sind nicht beeinträchtigt gewesen. Gedächtnisstörungen haben nicht festgestellt werden können. Weder formale noch inhaltliche Denkstörungen oder Sinnestäuschungen haben festgestellt werden können. Eine Ich-Störung hat ebenfalls nicht vorgelegen. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, insbesondere eine ausgeprägtere Depression, sind damit nicht nachgewiesen; zumal der voll berufstätige Kläger auch aktuell noch eine Beziehung zu einer Lebenspartnerin mit ungestörtem Sexualleben unterhält, enge familiäre Kontakte insbesondere zu seiner Schwester pflegt, in der örtlichen Gemeinschaft sich aktiv einbringen kann und mit der Freiwilligen Feuerwehr einem Hobby nachgehen kann, was der Senat dem Gutachten von Prof. Dr. S. entnimmt. Die beschriebenen Funktionsstörungen wegen der kombinierten Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, selbstunsicheren und negativistischen Anteilen sind nach der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. S. als leicht einzuordnen und wegen der ausschließlichen Beeinträchtigung der Affekt- und Selbstwertregulation sowie der bloßen Disposition zu depressiven Verstimmungen dem mittleren Bereich des insoweit eröffneten GdB-Rahmens von 0 bis 20 zuzuordnen. Soweit der Sachverständige Prof. Dr. S. die psychischen Störungen mit einem Teil-GdB bewertet und daraus einen „Teil-Gesamt-GdB“ auf psychischem Gebiet gebildet hat, ist der Senat dem nicht gefolgt. Denn ein Gesamt-GdB ist nicht in Funktionssystemen festzustellen, sondern das Funktionsgebiet insgesamt zu bewerten und hieraus dann in einem zweiten Schritt der Gesamt-GdB zu bilden (im Ergebnis ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. September 2003 - L 7 SB 104/02 -, juris). Der danach festzustellende Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ ist dann zwar angemessen, aber auch ausreichend.
53 
Die Einschätzung des den Kläger behandelnden Nervenarztes Dr. B., der in seine Bewertung dieses Funktionssystem mit einem GdB von 80 Hirnschädigungen und damit zusammenhängende Leistungsminderungen einbezieht, überzeugen den Senat hingegen nicht. Diese Bewertung wird bereits nicht durch hinreichende medizinische Befunde gestützt. Auch hat der Sachverständige Prof. Dr. S. den von Dr. B. angenommenen Schweregrad und die Chronizität nicht nachvollziehen können. Im Übrigen stützt sich Dr. B. auf eine von ihm veranlasste testpsychologische Untersuchung durch den Diplom-Psychologen K., der jedoch keinen Hinweis auf eine Schädigung der Hirnfunktionen finden konnte. So ist die Informationsverarbeitungskapazität als knapp durchschnittlich, die kognitive Leistungsgeschwindigkeit als altersentsprechend und die Aufmerksamkeitsbelastbarkeit sowie die Konzentrationsfähigkeit als altersentsprechend unterdurchschnittlich festgestellt worden. Die Testergebnisse haben lediglich einen Verdacht auf eine allenfalls leichte Störung im Bereich der kurzfristigen visuellen Merkfähigkeit ergeben.
54 
Das Funktionssystem „Rumpf“ bedingt wegen der Funktionseinschränkungen im Wirbelsäulenbereich höchstens einen Teil-GdB von 20.
55 
Nach VG, Teil B, Nr. 18.9 haben Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) ist ein GdB-Rahmen von 50 bis 70 eröffnet. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z.B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
56 
Beim Kläger liegt ein wiederkehrendes chronifiziertes Schmerzsyndrom der Halswirbelsäule bei beginnenden degenerativen Veränderungen und Zustand nach mehreren Verstauchungen mit Anbruch des 7. Halswirbelkörpers vor. Zum Zeitpunkt der ambulanten Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. B. Mitte Oktober 2011 ist die Fraktur komplikationslos mit lediglich leichter Formstörung im unteren Halswirbelsäulenanteil ausgeheilt gewesen. Eine höhergradige degenerative Veränderung, die einem altersüblichen Befund vorauseilt, hat nicht festgestellt werden können. Die klinische Untersuchung hat für diesen Bereich der Wirbelsäule ein Verspannungssyndrom und Funktionsstörungen einzelner Wirbelgelenke, hingegen weder eine ausstrahlende radikuläre Symptomatik der Armnerven noch höhergradige Funktionseinbußen objektivieren können. Im Bereich der Brustwirbelsäule hat sich bei betonter Rundrückentendenz eine wiederkehrende muskuläre Überlastungssymptomatik des Achsenorgans gezeigt, die der Kläger auf seine körperliche Tätigkeit als Rettungsassistent zurückführt. Über die von diesem geschilderte Beschwerdeangabe hinaus hat sich bei der klinischen Untersuchung hingegen keine höhergradige Pathologie gezeigt. Für den Bereich der Lendenwirbelsäule hat sich klinisch eine mäßige lumbosakrale Schmerzangabe gefunden. Nach der bildgebenden Diagnostik hat sich eine Aufbraucherscheinung der unteren Bandscheiben im Lendenwirbelsäulenbereich mit Höhenminderung gezeigt, hingegen keine fortgeschrittene oder einem altersüblichen Befund vorauseilende Degeneration. Darüber hinaus hat sich eine Anlagevariante der unteren Lendenwirbelsäule mit einer lumbosakralen Übergangsstörung sowie einer Bogenschlussvariante der Sakrumbasis gefunden. Lendenwirbelsäulensyndrome haben demgegenüber nicht objektiviert werden können. Statistisch ist lediglich mit einem vermehrten Auftreten zu rechnen, zwangsläufig müssen sie aber nicht vorliegen und sind vorliegend jedenfalls nicht nachgewiesen worden. Die angrenzenden Kreuzdarmbeingelenke haben zwar beginnende degenerative Veränderungen gezeigt. Diese sind jedoch einem altersüblichen Abnutzungsgrad nicht wesentlich vorauseilend gewesen. Ischialgieereignisse als ausstrahlende Nervenentzündungen sind bereits in der Anamnese nicht sicher zu erheben gewesen. Selbst unter Berücksichtigung der vom sachverständigen Zeugen Dr. S. festgestellten Einschränkung bei der Seitneigung, die mit 20/20° gemessen worden ist, und des vom Sachverständigen Dr. B. für den Bereich der Halswirbelsäule beschriebenen wiederkehrenden chronifizierten Schmerzsyndroms, woraus dieser wohl häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome ableitet, sind für diesen Teil der Wirbelsäule damit allenfalls mittelgradige Auswirkungen gegeben. Selbst unter zusätzlicher Berücksichtigung der für die Brust- und Lendenwirbelsäulenregion jeweils objektivierten geringen funktionelle Auswirkungen ist dann aber kein höherer Teil-GdB als 20 für das Funktionssystem „Rumpf“ begründbar. Denn es liegen weder schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt noch mittelgradige funktionelle Auswirkungen in mehreren Wirbelsäulenabschnitten vor. Anhaltende Funktionsstörungen infolge einer Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen oder auch intermittierende Störungen bei einer Spinalkanalstenose sowie Auswirkungen auf die inneren Organe, wodurch ein höherer GdB gestützt werden könnte, haben nicht nachgewiesen werden können. Der vergebene GdB berücksichtigt jedenfalls auch die mit der Funktionseinschränkung einhergehenden Schmerzen (VG, Teil A, Nr. 2 j), denn der Kläger führt aktuell noch nicht einmal eine Schmerzmedikation durch, was der Senat dem Gutachten von Prof. Dr. S. entnimmt, und gegen eine stärkere Ausprägung der Schmerzsituation spricht.
57 
Die Einschätzung des sachverständigen Zeugen Dr. S. in seiner schriftlichen Mitteilung, in der er die Beeinträchtigungen der Wirbelsäule mit einem GdB von 30 bewertet, ist demgegenüber nicht nachvollziehbar. Nach den von ihm mitgeteilten Untersuchungsbefunden ist der Kläger lediglich im Bereich der Halswirbelsäule endgradig schmerzhaft in der Beweglichkeit beeinträchtigt gewesen. Die Schulterbeweglichkeit ist als frei festgestellt worden.
58 
Auf orthopädischem Fachgebiet liegen darüber hinaus keine Gesundheitsschäden vor, die einen GdB von wenigstens 10 bedingen. Die vom Kläger durch ein Unfallereignis am 4. Juli 1996 erlittene Distorsion des rechten Mittelfußes ist nach dem im Wege des Urkundenbeweises verwerteten Gutachten von Prof. Dr. C. vom 31. Januar 2001 zum Untersuchungszeitpunkt am Vortag ausgeheilt gewesen. Die vom Sachverständigen Dr. B. diagnostizierte Fußfehlform und die nicht einmal sicher feststehende Mineralisierungsstörung sind jedenfalls nicht von klinischer oder sozialmedizinischer Relevanz, führen demzufolge nicht zu Funktionseinschränkungen, die einen GdB in messbarem Grad stützen.
59 
Im Übrigen sind vorliegend keine mit einem höheren Teil-GdB als 10 zu bewertende Gesundheitsstörungen objektiviert, die überhaupt geeignet wären, den Gesamt-GdB zu erhöhen. Auf internistischem, augenärztlichem und HNO-ärztlichem Fachgebiet liegen keine Gesundheitsschäden vor, die für einen GdB in messbarem Grad von Relevanz sind. Der sachverständige Zeuge Dr. R. hat für das internistische Fachgebiet keinen GdB feststellen können. Er hat nichts darüber berichtet, dass beim Kläger wegen der angeführten Atemprobleme und des Schlafapnoe-Syndroms die Atmung aussetzt. Ferner hat er keine Angaben dazu gemacht, dass die Magen-Darm-Funktion maßgeblich gestört ist. Der sachverständige Zeuge Dr. B. hat den GdB auf augenärztlichem Fachgebiet mit 0 bewertet. Insbesondere ist die Sehstörung des Klägers mit einer Brille korrigierbar und das Sicca-Syndrom mit Augentropfen ausreichend behandelbar gewesen. Für die Zeit ab Erstantragstellung ist zwar eine Hörstörung vorgetragen worden. Eine solche hat hingegen nicht objektiviert werden können. Die sachverständige Zeugin Dr. P. hat schriftlich mitgeteilt, dass der Kläger zwei Termine für die Erstellung eines Tonaudiogrammes nicht wahrgenommen hat. Auch die vom Kläger bei der nichtöffentlichen Sitzung vor dem LSG in den Raum gestellte Übersendung von Ton- oder Sprachaudiogrammen, soweit solche erstellt würden, hat er nicht vorgenommen. Damit hat sich der Senat nicht gedrängt gesehen, insoweit weitere Ermittlungen anzustellen. Eine Hörstörung ist damit nicht objektiviert. Über Ohrgeräusche, die der sachverständige Zeuge Dr. M. noch hinsichtlich einer Untersuchung Ende Februar 1998 erwähnt hat, hat der Kläger gegenüber Dr. P. bei Untersuchungen im März 2010 und Juli 2011 nicht mehr geklagt. Solche eröffnen ohnehin nur einen GdB-Rahmen von 0 bis 10, wenn sie nicht mit erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen einhergehen (VG, Teil B, Nr. 5.3). Über solche im Zusammenhang mit Ohrgeräuschen stehende Begleiterscheinungen hat der Kläger nichts kundgetan. Des Weiteren hat der sachverständige Zeuge Dr. B. zwar eine Polyneuropathie, eine beginnende Myopathie, eine nicht näher spezifizierte Nahrungsmittelallergie und Migräneattacken diagnostiziert. Seinen schriftlichen Ausführungen wie seinen beigefügten Befundberichten sind jedoch bereits keine Befunderhebungen zu entnehmen, die einen GdB in messbarem Grad stützen. Auch bei der Untersuchung bei Prof. Dr. S. ließ sich die beklagte Migräne nicht verifizieren, der Kläger benötigte keine Pausen und klinisch relevante messbare Funktionsdefizite waren gar nicht zu finden. Über eine Medikation wurde nichts berichtet, so dass allenfalls von einer leichten Verlaufsform der Migräne ausgegangen werden kann, die nach den VG, Teil B, Nr. 2.3 nur einen den Gesamt-GdB nicht erhöhenden Teil-GdB von 0 bis 10 begründet. Die vom sachverständigen Zeugen Dr. M. beschriebenen Schädigungen im Bereich der zentralen und der peripheren Gleichgewichtsverarbeitung und der als pathologisch beschriebene Zervikalnystagmus bedingen jedenfalls keinen höheren GdB als 10. Dies wäre nur der Fall, wenn Gleichgewichtsstörungen mit zumindest leichten Folgen vorlägen. Solche sind eine leichte Unsicherheit, geringe Schwindelerscheinungen wie Schwanken, Stolpern, Ausfallschritte bei alltäglichen Belastungen, stärkere Unsicherheit und Schwindelerscheinungen bei höheren Belastungen, leichte Abweichungen bei den Geh- und Stehversuchen erst bei höherer Belastungsstufe (VG, Teil B, Nr. 5.3). Nach dem auf eine Untersuchung des Klägers Ende Februar 1998 hin erstellten Arztbericht von Dr. M. berichtete der Kläger zwar im Zusammenhang mit Gleichgewichtsstörungen über eine Unsicherheit sowie einen Schwank- und Drehschwindel. Nach einem weiteren Arztbericht von ihm hätte sich auch bei Untersuchungen im Mai 2011 keine Verbesserung eingestellt. Demgegenüber hatte der Kläger ausweislich der vegetativen Anamnese gegenüber dem Sachverständigen Dr. B. im Oktober 2011 mitgeteilt, bis auf Defizite bei der Ausdauer und der Konzentration körperlich leistungsfähig zu sein. Auch den anamnestischen Erhebungen des Sachverständigen Prof. Dr. S. lassen sich solche Beschwerde nicht entnehmen. Damit sind jedenfalls keine solchen Begleiterscheinungen von Gleichgewichtsstörungen nachgewiesen, die hierfür einen Teil-GdB von 20 stützen. Ein GdB-relevante Zahnschaden liegt erst bei einem umfassenden Zahnverlust vor, der über ein halbes Jahr hinaus prothetisch nur unzureichend zu versorgen gewesen ist (VG, Teil B, Nr. 7.4). Ein solches Ausmaß erreicht der vom Kläger beschriebene Zahnschaden nicht.
60 
Insgesamt bestehen daher beim Kläger seit der Erstantragstellung am 5. November 2009 bis aktuell Funktionsbeeinträchtigungen, die mit einem Gesamt-GdB von 30 ausreichend bewertet sind. Der Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ ist unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem „Rumpf“ auf 30 zu erhöhen, ein höherer GdB ist allerdings keinesfalls begründbar.
61 
Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung eines höheren als den bereits festgestellten GdB von 30, weshalb die Berufung zurückzuweisen war.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
63 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

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