Urteil vom Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 11 R 1934/15

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09.03.2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 31.527,42 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Beiträgen zur Rentenversicherung für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.12.2007 im Rahmen einer Betriebsprüfung. Die Klägerin beruft sich auf Verjährung.
Der 1957 geborene Beigeladene ist gelernter Steuerfachgehilfe. Seine Ehefrau E. F. ist selbständige Steuerberaterin. Sie gründete 1989 eine Steuerberaterkanzlei, die sie seit 1995 zusammen mit dem Steuerberater J. B. in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betreibt. Seit 01.01.1990 ist der Beigeladene in der von seiner Ehefrau gegründeten Steuerberaterkanzlei (Klägerin) als Büroleiter und Steuerfachangestellter tätig. Mit Arbeitsvertrag vom 01.01.1990 verpflichtete er sich, im Steuerbüro seiner Ehefrau als Steuerfachgehilfe/Büroleiter bei einem Bruttogehalt von 3.200 DM und einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden mitzuarbeiten. Mit Beschluss vom 15.05.2002 bestellte der Aufsichtsrat der F. . Verwaltungs-Aktiengesellschaft (AG) den Beigeladenen mit Wirkung vom 01.06.2002 zum Vorstand im Nebenerwerbsverhältnis. Ab 01.06.2002 führte die Klägerin für den Beigeladenen keine Beiträge mehr zur Rentenversicherung ab.
Nachdem die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durchgeführt hatte, forderte sie mit Bescheid vom 13.03.2006 von der Klägerin Rentenversicherungsbeiträge zu Gunsten des Beigeladenen für die Zeit vom 01.06.2002 bis 31.12.2004 nach. Sie begründete dies damit, dass der Beigeladene über den 31.05.2002 hinaus der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliege, da seine Bestellung zum Vorstand der F. .. Verwaltungs-AG rechtsmissbräuchlich sei und nur dazu dienen solle, die Rentenversicherungspflicht aufgrund seiner Beschäftigung bei der Klägerin zu umgehen. Alle dagegen eingelegten Rechtsbehelfe der Klägerin blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 19.01.2007, Urteil Sozialgericht Karlsruhe vom 09.04.2008, S 9 KR 647/07; Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11.11.2008, L 11 KR 3295/08; Beschluss des Bundessozialgerichts über die Nichtzulassungsbeschwerde 18.06.2009, B 12 KR 83/08 B).
Am 04.06.2008 beantragten die Klägerin und der Beigeladene bei der A. Baden-Württemberg eine Entscheidung über die Versicherungspflicht des Beigeladenen in seiner Tätigkeit ab 1992 als Büroleiter. Mit Bescheid vom 11.08.2008 stellte die A. Baden-Württemberg fest, der Beigeladene stehe bei der Klägerin in einem abhängigen und damit grundsätzlich sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Auf den Widerspruch der Klägerin holte die A. Baden-Württemberg eine gutachterliche Stellungnahme der Beklagten ein, die mit Schreiben vom 12.11.2008 mitteilte, sie sei aus den von der A. genannten Gründen deren Auffassung, dass der Beigeladene dem Personenkreis der Selbständigen zuzuordnen sei. Mit Bescheid vom 11.12.2008 half die A. Baden-Württemberg daraufhin dem Widerspruch ab und stellte fest, dass der Beigeladene bei der Klägerin seit 1992 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe und somit nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege.
Gegen diesen Bescheid der Einzugsstelle erhob die Beklagte am 29.04.2009 Klage zum Sozialgericht Berlin (S 211 KR 729/09) und beantragte die Feststellung, dass der Beigeladene aufgrund seiner Beschäftigung bei der Klägerin seit dem 10.01.1992 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliege. Mit Beschluss vom 01.07.2009 lud das Sozialgericht Berlin die Klägerin und den Beigeladenen bei. Mit Urteil vom 07.11.2012 hob es den Bescheid der A. Baden-Württemberg vom 11.12.2008 auf und führte zur Begründung aus, der Beigeladene sei bei der Klägerin abhängig beschäftigt.
Vom 08.08. bis 11.10.2013 führte die Beklagte erneut eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. Mit Bescheid vom 08.11.2013 forderte sie von der Klägerin insgesamt 118.755,24 EUR an Sozialversicherungsbeiträgen und Säumniszuschlägen nach. Für den Zeitraum Januar 2005 bis Dezember 2007 forderte sie 31.527,42 EUR an Rentenversicherungsbeiträgen (Beiträge zur Arbeitsförderung waren bis 31.12.2007 abgeführt worden). Für den Zeitraum Januar 2008 bis Dezember 2012 forderte sie Beiträge zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie Umlagen. Säumniszuschläge wurden für die Monate Januar 2013 bis einschließlich Juli 2013 erhoben, insgesamt 7.766,50 EUR. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Beigeladene sei bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen, wie auch das Sozialgericht Berlin in seinem Urteil vom 07.11.2012 festgestellt habe. Die Beitragsforderung sei auch noch nicht verjährt, da die 30-jährige Verjährungsfrist gelte, denn die Klägerin habe die Beiträge bedingt vorsätzlich vorenthalten. Sie betreibe gewerbsmäßig Lohnbuchhaltung und sei daher in besonderer Weise mit den Pflichten eines Arbeitgebers zur Beitragszahlung vertraut.
Mit ihrem Widerspruch vom 03.12.2013 machte die Klägerin geltend, die Forderung für die Jahre 2005 bis 2007 sei verjährt. Zwar finde die 30-jährige Verjährungsfrist auch dann Anwendung, wenn ein zunächst gutgläubiger Beitragsschuldner noch innerhalb der kurzen, vierjährigen Verjährungsfrist des § 25 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) bösgläubig werde. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen. Erst durch das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07.11.2012 (also nach Ende der kurzen Verjährungsfrist) habe die Klägerin gesicherte Kenntnis davon erlangt, dass der Beigeladene der Beitragspflicht unterliege. Bis dahin sei sie gutgläubig gewesen, insbesondere aufgrund des Bescheids der Einzugsstelle vom 11.12.2008.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.06.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Vorsatz im Sinne von § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV liege bereits dann vor, wenn der Beitragsschuldner die Beitragspflicht für möglich gehalten und die unterbliebene Beitragszahlung billigend in Kauf genommen habe. Vorliegend habe sich der Klägerin die Möglichkeit der Beitragspflicht bereits aufgrund der Bescheide vom 13.03.2006 und 11.08.2008 aufdrängen müssen. Außerdem habe die Beklagte am 29.04.2009 gegen den Abhilfebescheid der A. Baden-Württemberg beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben. Spätestens seit diesem Zeitpunkt habe bei der Klägerin bedingter Vorsatz bestanden.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der am 02.07.2014 zum SG erhobenen Klage. Beanstandet werde nur die Forderung von Rentenversicherungsbeiträgen für die Jahre 2005 bis 2007 in Höhe von 31.527,42 EUR. Dieser Teil der Forderung sei verjährt, denn das Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen sei zunächst von allen Beteiligten als sozialversicherungsfrei betrachtet worden. Auch die Beklagte habe in einer gutachterlichen Stellungnahme der Sozialversicherungsfreiheit zugestimmt. Die Klägerin sei bis zuletzt gutgläubig gewesen und habe angesichts des Bescheids der A. Baden-Württemberg hierzu auch allen Grund gehabt. Durch ihre Beiladung zum Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin habe sich an ihrer Gutgläubigkeit nichts geändert.
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Mit Gerichtsbescheid vom 09.03.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die streitigen Rentenversicherungsbeiträge für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2007 seien zu Recht gefordert worden. Der Beigeladene habe in der Zeit vom 01.01.2005 bis 31.12.2007 bei der Klägerin in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Auch die Höhe der festgesetzten Beiträge werde von der Klägerin nicht beanstandet. Der Anspruch auf die streitigen Rentenversicherungsbeiträge für die Jahre 2005 bis 2007 sei auch nicht verjährt. Ansprüche auf Beiträge verjährten grundsätzlich in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien. Habe der Beitragsschuldner die Beiträge vorsätzlich vorenthalten, verlängere sich die Verjährungsfrist auf 30 Jahre. Die verlängerte Frist gelte auch dann, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge noch gutgläubig gewesen sei, dann aber noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist bösgläubig werde. Es reiche aus, wenn der Schuldner die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalte, wenn er also keine Beiträge zahle, obwohl er seine Beitragspflicht für möglich erachte. Die vierjährige Verjährungsfrist für die im Jahr 2005 fälligen Beiträge habe mit dem 31.12.2009 geendet, so dass die kurze Frist bei Erlass des angefochtenen Bescheides bereits verstrichen gewesen sei. Hier finde jedoch die lange Verjährungsfrist von 30 Jahren Anwendung, denn noch vor dem 31.12.2009 habe zumindest bedingter Vorsatz bestanden. Innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist hätten das SG, das LSG Baden-Württemberg und das BSG abschließend entschieden, dass der Beigeladene aufgrund seiner Beschäftigung bei der Klägerin der Rentenversicherungspflicht unterliege. Zwar hätten sich die Entscheidungen der Gerichte formal gesehen nur auf die Zeit bis zum 31.12.2004 bezogen, der Klägerin habe aber klar gewesen sein müssen, dass für die Zeit danach nichts anderes gelten könne. Soweit sie vortrage, sie sei aufgrund des Bescheids der A. Baden-Württemberg vom 11.12.2008 „bis zuletzt“ gutgläubig gewesen, überzeuge dies das SG nicht. Zum einen habe sich die A. Baden-Württemberg mit ihrer Feststellung, es bestehe keine Versicherungspflicht, in klarem Widerspruch zu dem Urteil des SG vom 09.04.2008 befunden, was auch für die Klägerin offenkundig gewesen sei. Zum anderen habe die Beklagte am 29.04.2009 beim Sozialgericht Berlin Klage gegen den Bescheid der A. Württemberg erhoben. Über dieses Verfahren sei die Klägerin spätestens seit ihrer Beiladung am 01.07.2009 informiert gewesen, also wiederum innerhalb der kurzen Verjährungsfrist. Die Klägerin habe also gewusst, dass die Beklagte von Rentenversicherungspflicht ausgehe. Sie habe daher damit rechnen müssen, dass für den Beigeladenen auch für die Jahre 2005 bis 2007 Rentenversicherungsbeiträge abzuführen seien. Die Beklagte habe zu Recht auch Säumniszuschläge erhoben. Die Prüfung, ob der Beitragsschuldner unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt habe (§ 24 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 SGB IV) erfolge nach den gleichen Kriterien wie die Prüfung des Vorsatzes nach § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV. Da die Klägerin zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt habe, habe die Beklagte Säumniszuschläge erheben müssen.
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Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 07.04.2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 07.05.2015 eingelegte Berufung der Klägerin. Insbesondere für die Beiträge für das Jahr 2005 sei die Annahme einer nicht eingetretenen Verjährung rechtsfehlerhaft. Das SG unterstelle anhand äußerer Gegebenheiten einen inneren Vorsatz in einer nicht zulässigen Art und Weise. Es werde unterstellt, dass die Klägerin bereits durch eine reine Beiladung im Jahr 2009 volle Kenntnis über ein gerichtliches Verfahren gehabt habe. Dies sei eine unzulässige Fiktion, die die ordentliche Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung verletze. Es wäre vermessen anzunehmen, dass durch einen rein formalen Akt bereits vollumfassende Kenntnis über einen tatsächlichen oder rechtlichen Umstand erlangt werde. Es müsse nachgerade zwingend ein offener Zeitraum dazwischen liegen. Das Gericht unterstelle, dass allein der Zugang eines Schriftsatzes zur sofortigen Kenntnis führe, dies verstoße gegen Denk- und Erfahrungsgesetze. Es sei nicht Aufgabe der Klägerin darzutun oder gar nachzuweisen, wann und in welcher Tiefe sie sich tatsächlich mit den rechtlichen Vorgängen auseinandergesetzt habe. Mehr noch: Es würde nicht einmal reichen, wenn die Klägerin die Vorgänge ignoriert oder unreflektiert an einen anwaltlichen Beauftragten weitergegeben hätte, da es auf ihre Kenntnis und Bösgläubigkeit ankomme. Hierzu habe das SG lediglich unterstellende Annahmen getroffen. Die Verletzung der prozessualen Aufklärungspflicht liege auf der Hand. Die Beklagte habe den Ausnahmetatbestand der 30-jährigen Verjährung darzulegen und unter Beweis zu stellen. In jedem Fall gehe ein Non-Liquet zu ihren Lasten.
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Die Klägerin beantragt,
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den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09.03.2015 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 08.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.06.2014 insoweit aufzuheben, als Beiträge zur Rentenversicherung für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2007 in Höhe von 31.527,42 EUR gefordert werden.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Klägerin trage keine Umstände vor, die aus rechtlicher Sicht beachtlich wären, um eine spätere Kenntnis zu begründen. Es werde vielmehr erneut die Darlegungslast der Klägerin bezweifelt. Mit der Beteiligung im Klageverfahren der Beklagten gegen die A. Baden-Württemberg (Sozialgericht Berlin, S 211 KR 729/09) habe die Klägerin Zweifel an der von ihr vorgenommenen sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der seit 1992 ausgeübten Tätigkeit des Beigeladenen erlangt. Sie habe die Möglichkeit der Beitragspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung erkannt und die Nichtentrichtung von Beiträgen billigend in Kauf genommen. Es handele sich daher auch nicht um eine Non-Liquet-Lage, also eine Situation, in der weder der Tatsachenvortrag der einen noch der anderen Seite bewiesen werden könne.
17 
Der Beigeladene hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
18 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
20 
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz ), eingelegte und statthafte (§§ 143, 141 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 08.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.06.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat die für den Beigeladenen geforderten Beiträge zur Rentenversicherung auch für den Zeitraum Januar 2005 bis Dezember 2007 zu zahlen, insbesondere sind die Beiträge insoweit nicht verjährt.
21 
Streitgegenstand ist der angefochtene Bescheid lediglich hinsichtlich der Rentenversicherungsbeiträge für den Zeitraum Januar 2005 bis Dezember 2007. Bereits im Klageverfahren hat die Klägerin ihr Begehren insoweit eingeschränkt, so dass der Bescheid im Übrigen (hinsichtlich der Zeiträume Januar 2008 bis Dezember 2012 und Säumniszuschläge) bestandskräftig geworden ist.
22 
Nach § 28p Abs 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen, und sie sind nach § 28p Abs 1 Satz 5 SGB IV auch für den Erlass der entsprechenden Verwaltungsakte einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber dem Arbeitgeber zuständig. Die Prüfung umfasst ua nach § 28p Abs 1 Satz 4 SGB IV auch die Prüfung der Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die keine Beiträge gezahlt wurden. Die vor Erlass des Bescheides vom 08.11.2013 nach § 24 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) erforderliche Anhörung hat die Beklagte im Rahmen der Schlussbesprechung der Betriebsprüfung am 09.08.2013 vorgenommen.
23 
Der Bescheid vom 08.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.06.2014 ist auch materiell rechtmäßig. Der Beigeladene ist in Bezug auf die Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2007 als Beschäftigter im Sinne des § 7 Abs 1 SGB IV tätig gewesen und unterliegt damit, da die Beschäftigung auch gegen Entgelt (§ 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV) erfolgte, der hier allein streitigen Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch ).
24 
Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis; gemäß § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 20.03.2013, B 12 R 13/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 19) erfordert eine Beschäftigung, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeiten über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt ist oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
25 
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Beigeladene auch im hier streitigen Zeitraum Januar 2005 bis Dezember 2007 bei der Klägerin abhängig beschäftigt war und damit Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bestand. Für den Zeitraum 01.06.2002 bis 31.12.2004 hat der Senat dies bereits mit Urteil vom 11.11.2008 (L 11 KR 3295/08) festgestellt. Eine Änderung in den tatsächlichen Umständen der Beschäftigung ist nach 2004 nicht eingetreten. Die Klägerin und der Beigeladene hatten mit „Arbeitsvertrag“ überschriebene Verträge abgeschlossen (zunächst am 01.01.1990, nachfolgend am 01.01.2003), die für ein Arbeitsverhältnis typische Bestimmungen enthielten (Regelungen zu der zu leistenden Arbeit, zur Arbeitszeit, zur Vergütung, zu Urlaub und zu Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall). Der Beigeladene hat als Gegenleistung für die von ihm verrichteten Tätigkeiten die vertraglich vereinbarte, monatlich gleichbleibende Vergütung erhalten, von der die Klägerin Lohnsteuer abführte und diese als Betriebsausgabe verbuchte. Der Beigeladene war auch funktionsgerecht dienend in den Arbeitsprozess der Klägerin eingegliedert, denn er konnte die Geschicke der Klägerin nicht gegen deren Willen nach eigenem Gutdünken lenken. Er ist zu unbeschränkten Hilfeleistungen in Steuersachen schon nicht befugt (vgl §§ 2 - 5 Steuerberatungsgesetz) und kann kein Gesellschafter der Klägerin sein (vgl §§ 49 - 50a, 56 Steuerberatungsgesetz). Die ihm übertragenen Aufgaben konnte der Beigeladene nur mit Hilfe der ihm von der Klägerin zur Verfügung gestellten Mittel, insbesondere der betrieblichen Infrastruktur, erledigen. Es liegt auch kein Unternehmerrisiko vor. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des Sozialgerichts Berlin im Urteil vom 07.11.2012 (S 211 KR 729/09) an.
26 
Damit besteht die Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beitragsforderung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Fehler in der Berechnung sind nicht ersichtlich und werden von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.
27 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beitragsforderung für die Jahre 2005 bis 2007 auch nicht verjährt. Nach § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV verjähren Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Die im Jahr 2005 fällig gewordenen Beiträge waren daher nach der regelmäßigen Verjährungsfrist grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.2009 verjährt. Hiervon ausgehend wäre die Beitragsnachforderung für den Zeitraum 2005 bis 2007 bei Erlass des Bescheids der Beklagten vom 08.11.2013 bereits verjährt gewesen. Allerdings enthält § 198 Satz 2 SGB VI eine Sondervorschrift zur Hemmung der Verjährung von Rentenversicherungsbeiträgen. Danach wird die Verjährung des Anspruchs auf Rentenversicherungsbeiträge schon durch ein Beitragsverfahren unterbrochen. Der Begriff des Beitragsverfahrens ist nach der Rechtsprechung des BSG dabei grundsätzlich weit auszulegen (BSG 27.04.2010, B 5 R 8/08 R, SozR 4-2600 § 233a Nr 1). Auch ein Verwaltungsverfahren zur Statusfeststellung ist ein Beitragsverfahren iSv § 198 Satz 2 SGB VI (Mutschler in juris-PK, SGB VI, § 198 RdNr 33; Peters in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 198 RdNr 4). Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung des BSG, wonach ein Verfahren nach § 28h SGB IV den Ablauf der Fristen für die Beanstandung nach § 26 Abs 1 Sätze 2 und 3 SGB IV nicht hemmt (BSG 05.03.2014, B 12 R 1/12 R, SozR 4-4300 § 28a Nr 7). Dieser Entscheidung ist keine Aussage dahingehend zu entnehmen, dass im Rahmen der Anwendung des § 198 Satz 2 SGB VI das Verfahren der Statusfeststellung kein Beitragsverfahren sein soll.
28 
Das Verfahren zur Statusfeststellung bei der Einzugsstelle nach § 28h SGB IV hat am 04.06.2008 begonnen und war erst mit dem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07.11.2012 abgeschlossen. Nach § 198 Satz 2 2. Halbs SGB VI endet die Hemmung sechs Monate nach Abschluss des Verfahrens, also am 07.05.2013. Der noch nicht verbrauchte Teil der Verjährungsfrist läuft danach weiter, denn nach § 209 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird der Zeitraum, währenddessen die Verjährung gehemmt ist, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet. Durch die am 08.08.2013 begonnene Betriebsprüfung wurde die Verjährungsfrist erneut gehemmt (§ 25 Abs 2 Satz 2 SGB IV). Da im Mai 2013 noch mehr als 18 Monate der Verjährungsfrist offen waren, war diese im November 2013 bei Erlass des Beitragsbescheids noch nicht abgelaufen.
29 
Abgesehen davon ist der Senat der Überzeugung, dass die Klägerin die Rentenversicherungsbeiträge vorsätzlich vorenthalten hat, so dass ohnehin die 30jährige Verjährung läuft. Nach § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Vorsätzlich handelt, wer in Kenntnis seiner Zahlungspflicht bewusst und gewollt die Beitragsentrichtung unterlässt (BSG 21.03.2007, B 11 AL15/06 R, SozR 4-2400 § 25 Nr 1). Dabei ist hinsichtlich des Vorsatzes das Vorliegen des inneren (subjektiven) Tatbestandes anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls individuell zu ermitteln (BSG 30.03.2000, B 12 RK 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr 7). Vorsätzlich handelt auch, wer seine Beitragspflicht für möglich hält, jedoch billigend in Kauf nimmt, dass die Beiträge nicht entrichtet werden (bedingter Vorsatz, BSG 13.08.1996, 12 RK 76/94, SozR 3-2400 § 25 Nr 6). Es genügt, wenn der Vorsatz zum Vorenthalten der Beiträge vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eingetreten ist, auch wenn der Beitragsschuldner anfänglich gutgläubig war (BSG 30.03.2000, aaO). Hatte der Schuldner zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der kurzen Verjährungsfrist Kenntnis von der Beitragspflicht und hat die Zahlung nicht sichergestellt, obwohl er hierzu in der Lage war, indiziert dies Vorsatz im Sinne von § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV (BSG 17.04.2008, B 13 R 123/07 R, BSGE 100, 215).
30 
Der Klägerin war von Beginn der Beschäftigung an klar, dass der Beigeladene bei ihr abhängig beschäftigt und damit auch versicherungspflichtig in der Rentenversicherung war. Zu Beginn der Tätigkeit wurden auch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Mit der Aufnahme der Tätigkeit als Vorstand im Nebenerwerbsverhältnis bei der F. .. Verwaltungs-AG zum 01.06.2002 unternahm der Beigeladene einen Versuch, die Rentenversicherungspflicht in seiner Hauptbeschäftigung bei der Klägerin zu umgehen (zur Missbräuchlichkeit dieses Vorgehens ausführlich Senatsurteil vom 11.11.2008, L 11 KR 3295/08). Dass die Rentenversicherungspflicht auch über den 31.05.2002 hinaus weiter fortbestand, war der Klägerin spätestens mit dem Betriebsprüfungsbescheid vom 13.03.2006 bekannt. Die Entscheidung des SG hierzu erfolgte mit Urteil vom 24.10.2007 (S 9 KR 647/07). Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste die Klägerin von fortbestehender Rentenversicherungspflicht des Beigeladenen ausgehen, auch über den damals streitgegenständlichen Zeitraum hinaus. In der Folgezeit wurde die Entscheidung des SG durch den Senat (11.11.2008, L 11 KR 3295/08) und das BSG (18.06.2009, B 12 KR 83/08 B) bestätigt. Erst mit Bescheid der A. Baden-Württemberg vom 11.12.2008 wurde erstmals im Statusfeststellungsverfahren die Auffassung der Klägerin geteilt, der Beigeladene sei nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Zu diesem Zeitpunkt waren die hier streitigen Beiträge jedoch längst fällig und die 30-jährige Verjährung aufgrund der bereits zuvor eingetretenen positiven Kenntnis von der Beitragspflicht einschlägig. Diese entfällt nicht nachträglich dadurch, dass ca ein Jahr vor Ablauf der regulären vierjährigen Verjährung „Gutgläubigkeit“ eintritt. Selbst wenn man dies anders werten wollte, hätte die Klägerin spätestens mit ihrer Beiladung zum Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin (Beschluss vom 01.07.2009) erneut Kenntnis von der möglichen Rentenversicherungspflicht erhalten, so dass erneut innerhalb der kurzen Verjährung Kenntnis von der Beitragspflicht eingetreten wäre. Die Klägerin macht hierzu lediglich geltend, allein durch den formalen Akt der Beiladung sei nicht belegt, dass sie tatsächlich vom Inhalt des Verfahrens Kenntnis genommen und die entsprechenden Schlussfolgerungen gezogen hätte. Dies überzeugt den Senat nicht. Aus der vom SG beigezogenen Akte des Sozialgerichts Berlin ergibt sich, dass der Beiladungsbeschluss eine Begründung enthielt. In dieser wird wörtlich ausgeführt: „Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beigeladene zu 1) (im vorliegenden Verfahren der Beigeladene) hinsichtlich seiner Tätigkeit als Steuerfachangestellter/Büroleiter für die Beigeladene zu 2) (im vorliegenden Verfahren Klägerin) in der Zeit seit dem 10.01.1992 der Rentenversicherungspflicht unterliegt. Die weiteren Einzelheiten ergeben sich aus den beigefügten Unterlagen. ...“ Beigefügt war die Klageakte des Sozialgerichts Berlin in Kopie. Unabhängig davon, ob die Klägerin die Anlagen im Einzelnen gelesen hat, ergibt sich schon aus dem kurzen Beiladungsbeschluss der Gegenstand des Verfahrens. Nachdem die Klägerin und der Beigeladene seit Jahren darum kämpfen, dass keine Rentenversicherungsbeiträge zu zahlen sind, ist die Annahme völlig lebensfremd, die Klägerin hätte den Beiladungsbeschluss, den sie Anfang Juli 2009 erhalten hat, über sechs Monate nicht zur Kenntnis genommen. Dies trägt die Klägerin auch nicht einmal selbst vor. Für ein Steuerberatungsbüro wäre ein solcher Umgang mit gerichtlichen Schreiben auch äußerst befremdlich. Für den Senat steht daher aufgrund der gesamten Umstände fest, dass die Klägerin mit der Möglichkeit der Beitragspflicht zur Rentenversicherung rechnete, jedoch gleichwohl die Beiträge nicht abführte und diese damit vorsätzlich vorenthielt.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 63 Abs 1, 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz und entspricht dem Wert der nachgeforderten Rentenversicherungsbeiträge.

Gründe

 
19 
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
20 
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz ), eingelegte und statthafte (§§ 143, 141 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 08.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.06.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat die für den Beigeladenen geforderten Beiträge zur Rentenversicherung auch für den Zeitraum Januar 2005 bis Dezember 2007 zu zahlen, insbesondere sind die Beiträge insoweit nicht verjährt.
21 
Streitgegenstand ist der angefochtene Bescheid lediglich hinsichtlich der Rentenversicherungsbeiträge für den Zeitraum Januar 2005 bis Dezember 2007. Bereits im Klageverfahren hat die Klägerin ihr Begehren insoweit eingeschränkt, so dass der Bescheid im Übrigen (hinsichtlich der Zeiträume Januar 2008 bis Dezember 2012 und Säumniszuschläge) bestandskräftig geworden ist.
22 
Nach § 28p Abs 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen, und sie sind nach § 28p Abs 1 Satz 5 SGB IV auch für den Erlass der entsprechenden Verwaltungsakte einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber dem Arbeitgeber zuständig. Die Prüfung umfasst ua nach § 28p Abs 1 Satz 4 SGB IV auch die Prüfung der Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die keine Beiträge gezahlt wurden. Die vor Erlass des Bescheides vom 08.11.2013 nach § 24 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) erforderliche Anhörung hat die Beklagte im Rahmen der Schlussbesprechung der Betriebsprüfung am 09.08.2013 vorgenommen.
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Der Bescheid vom 08.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.06.2014 ist auch materiell rechtmäßig. Der Beigeladene ist in Bezug auf die Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2007 als Beschäftigter im Sinne des § 7 Abs 1 SGB IV tätig gewesen und unterliegt damit, da die Beschäftigung auch gegen Entgelt (§ 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV) erfolgte, der hier allein streitigen Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch ).
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Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis; gemäß § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 20.03.2013, B 12 R 13/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 19) erfordert eine Beschäftigung, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeiten über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt ist oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
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Der Senat ist davon überzeugt, dass der Beigeladene auch im hier streitigen Zeitraum Januar 2005 bis Dezember 2007 bei der Klägerin abhängig beschäftigt war und damit Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bestand. Für den Zeitraum 01.06.2002 bis 31.12.2004 hat der Senat dies bereits mit Urteil vom 11.11.2008 (L 11 KR 3295/08) festgestellt. Eine Änderung in den tatsächlichen Umständen der Beschäftigung ist nach 2004 nicht eingetreten. Die Klägerin und der Beigeladene hatten mit „Arbeitsvertrag“ überschriebene Verträge abgeschlossen (zunächst am 01.01.1990, nachfolgend am 01.01.2003), die für ein Arbeitsverhältnis typische Bestimmungen enthielten (Regelungen zu der zu leistenden Arbeit, zur Arbeitszeit, zur Vergütung, zu Urlaub und zu Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall). Der Beigeladene hat als Gegenleistung für die von ihm verrichteten Tätigkeiten die vertraglich vereinbarte, monatlich gleichbleibende Vergütung erhalten, von der die Klägerin Lohnsteuer abführte und diese als Betriebsausgabe verbuchte. Der Beigeladene war auch funktionsgerecht dienend in den Arbeitsprozess der Klägerin eingegliedert, denn er konnte die Geschicke der Klägerin nicht gegen deren Willen nach eigenem Gutdünken lenken. Er ist zu unbeschränkten Hilfeleistungen in Steuersachen schon nicht befugt (vgl §§ 2 - 5 Steuerberatungsgesetz) und kann kein Gesellschafter der Klägerin sein (vgl §§ 49 - 50a, 56 Steuerberatungsgesetz). Die ihm übertragenen Aufgaben konnte der Beigeladene nur mit Hilfe der ihm von der Klägerin zur Verfügung gestellten Mittel, insbesondere der betrieblichen Infrastruktur, erledigen. Es liegt auch kein Unternehmerrisiko vor. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des Sozialgerichts Berlin im Urteil vom 07.11.2012 (S 211 KR 729/09) an.
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Damit besteht die Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beitragsforderung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Fehler in der Berechnung sind nicht ersichtlich und werden von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beitragsforderung für die Jahre 2005 bis 2007 auch nicht verjährt. Nach § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV verjähren Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Die im Jahr 2005 fällig gewordenen Beiträge waren daher nach der regelmäßigen Verjährungsfrist grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.2009 verjährt. Hiervon ausgehend wäre die Beitragsnachforderung für den Zeitraum 2005 bis 2007 bei Erlass des Bescheids der Beklagten vom 08.11.2013 bereits verjährt gewesen. Allerdings enthält § 198 Satz 2 SGB VI eine Sondervorschrift zur Hemmung der Verjährung von Rentenversicherungsbeiträgen. Danach wird die Verjährung des Anspruchs auf Rentenversicherungsbeiträge schon durch ein Beitragsverfahren unterbrochen. Der Begriff des Beitragsverfahrens ist nach der Rechtsprechung des BSG dabei grundsätzlich weit auszulegen (BSG 27.04.2010, B 5 R 8/08 R, SozR 4-2600 § 233a Nr 1). Auch ein Verwaltungsverfahren zur Statusfeststellung ist ein Beitragsverfahren iSv § 198 Satz 2 SGB VI (Mutschler in juris-PK, SGB VI, § 198 RdNr 33; Peters in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 198 RdNr 4). Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung des BSG, wonach ein Verfahren nach § 28h SGB IV den Ablauf der Fristen für die Beanstandung nach § 26 Abs 1 Sätze 2 und 3 SGB IV nicht hemmt (BSG 05.03.2014, B 12 R 1/12 R, SozR 4-4300 § 28a Nr 7). Dieser Entscheidung ist keine Aussage dahingehend zu entnehmen, dass im Rahmen der Anwendung des § 198 Satz 2 SGB VI das Verfahren der Statusfeststellung kein Beitragsverfahren sein soll.
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Das Verfahren zur Statusfeststellung bei der Einzugsstelle nach § 28h SGB IV hat am 04.06.2008 begonnen und war erst mit dem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07.11.2012 abgeschlossen. Nach § 198 Satz 2 2. Halbs SGB VI endet die Hemmung sechs Monate nach Abschluss des Verfahrens, also am 07.05.2013. Der noch nicht verbrauchte Teil der Verjährungsfrist läuft danach weiter, denn nach § 209 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird der Zeitraum, währenddessen die Verjährung gehemmt ist, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet. Durch die am 08.08.2013 begonnene Betriebsprüfung wurde die Verjährungsfrist erneut gehemmt (§ 25 Abs 2 Satz 2 SGB IV). Da im Mai 2013 noch mehr als 18 Monate der Verjährungsfrist offen waren, war diese im November 2013 bei Erlass des Beitragsbescheids noch nicht abgelaufen.
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Abgesehen davon ist der Senat der Überzeugung, dass die Klägerin die Rentenversicherungsbeiträge vorsätzlich vorenthalten hat, so dass ohnehin die 30jährige Verjährung läuft. Nach § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Vorsätzlich handelt, wer in Kenntnis seiner Zahlungspflicht bewusst und gewollt die Beitragsentrichtung unterlässt (BSG 21.03.2007, B 11 AL15/06 R, SozR 4-2400 § 25 Nr 1). Dabei ist hinsichtlich des Vorsatzes das Vorliegen des inneren (subjektiven) Tatbestandes anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls individuell zu ermitteln (BSG 30.03.2000, B 12 RK 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr 7). Vorsätzlich handelt auch, wer seine Beitragspflicht für möglich hält, jedoch billigend in Kauf nimmt, dass die Beiträge nicht entrichtet werden (bedingter Vorsatz, BSG 13.08.1996, 12 RK 76/94, SozR 3-2400 § 25 Nr 6). Es genügt, wenn der Vorsatz zum Vorenthalten der Beiträge vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eingetreten ist, auch wenn der Beitragsschuldner anfänglich gutgläubig war (BSG 30.03.2000, aaO). Hatte der Schuldner zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der kurzen Verjährungsfrist Kenntnis von der Beitragspflicht und hat die Zahlung nicht sichergestellt, obwohl er hierzu in der Lage war, indiziert dies Vorsatz im Sinne von § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV (BSG 17.04.2008, B 13 R 123/07 R, BSGE 100, 215).
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Der Klägerin war von Beginn der Beschäftigung an klar, dass der Beigeladene bei ihr abhängig beschäftigt und damit auch versicherungspflichtig in der Rentenversicherung war. Zu Beginn der Tätigkeit wurden auch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Mit der Aufnahme der Tätigkeit als Vorstand im Nebenerwerbsverhältnis bei der F. .. Verwaltungs-AG zum 01.06.2002 unternahm der Beigeladene einen Versuch, die Rentenversicherungspflicht in seiner Hauptbeschäftigung bei der Klägerin zu umgehen (zur Missbräuchlichkeit dieses Vorgehens ausführlich Senatsurteil vom 11.11.2008, L 11 KR 3295/08). Dass die Rentenversicherungspflicht auch über den 31.05.2002 hinaus weiter fortbestand, war der Klägerin spätestens mit dem Betriebsprüfungsbescheid vom 13.03.2006 bekannt. Die Entscheidung des SG hierzu erfolgte mit Urteil vom 24.10.2007 (S 9 KR 647/07). Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste die Klägerin von fortbestehender Rentenversicherungspflicht des Beigeladenen ausgehen, auch über den damals streitgegenständlichen Zeitraum hinaus. In der Folgezeit wurde die Entscheidung des SG durch den Senat (11.11.2008, L 11 KR 3295/08) und das BSG (18.06.2009, B 12 KR 83/08 B) bestätigt. Erst mit Bescheid der A. Baden-Württemberg vom 11.12.2008 wurde erstmals im Statusfeststellungsverfahren die Auffassung der Klägerin geteilt, der Beigeladene sei nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Zu diesem Zeitpunkt waren die hier streitigen Beiträge jedoch längst fällig und die 30-jährige Verjährung aufgrund der bereits zuvor eingetretenen positiven Kenntnis von der Beitragspflicht einschlägig. Diese entfällt nicht nachträglich dadurch, dass ca ein Jahr vor Ablauf der regulären vierjährigen Verjährung „Gutgläubigkeit“ eintritt. Selbst wenn man dies anders werten wollte, hätte die Klägerin spätestens mit ihrer Beiladung zum Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin (Beschluss vom 01.07.2009) erneut Kenntnis von der möglichen Rentenversicherungspflicht erhalten, so dass erneut innerhalb der kurzen Verjährung Kenntnis von der Beitragspflicht eingetreten wäre. Die Klägerin macht hierzu lediglich geltend, allein durch den formalen Akt der Beiladung sei nicht belegt, dass sie tatsächlich vom Inhalt des Verfahrens Kenntnis genommen und die entsprechenden Schlussfolgerungen gezogen hätte. Dies überzeugt den Senat nicht. Aus der vom SG beigezogenen Akte des Sozialgerichts Berlin ergibt sich, dass der Beiladungsbeschluss eine Begründung enthielt. In dieser wird wörtlich ausgeführt: „Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beigeladene zu 1) (im vorliegenden Verfahren der Beigeladene) hinsichtlich seiner Tätigkeit als Steuerfachangestellter/Büroleiter für die Beigeladene zu 2) (im vorliegenden Verfahren Klägerin) in der Zeit seit dem 10.01.1992 der Rentenversicherungspflicht unterliegt. Die weiteren Einzelheiten ergeben sich aus den beigefügten Unterlagen. ...“ Beigefügt war die Klageakte des Sozialgerichts Berlin in Kopie. Unabhängig davon, ob die Klägerin die Anlagen im Einzelnen gelesen hat, ergibt sich schon aus dem kurzen Beiladungsbeschluss der Gegenstand des Verfahrens. Nachdem die Klägerin und der Beigeladene seit Jahren darum kämpfen, dass keine Rentenversicherungsbeiträge zu zahlen sind, ist die Annahme völlig lebensfremd, die Klägerin hätte den Beiladungsbeschluss, den sie Anfang Juli 2009 erhalten hat, über sechs Monate nicht zur Kenntnis genommen. Dies trägt die Klägerin auch nicht einmal selbst vor. Für ein Steuerberatungsbüro wäre ein solcher Umgang mit gerichtlichen Schreiben auch äußerst befremdlich. Für den Senat steht daher aufgrund der gesamten Umstände fest, dass die Klägerin mit der Möglichkeit der Beitragspflicht zur Rentenversicherung rechnete, jedoch gleichwohl die Beiträge nicht abführte und diese damit vorsätzlich vorenthielt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 63 Abs 1, 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz und entspricht dem Wert der nachgeforderten Rentenversicherungsbeiträge.

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