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| Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte der Klägerin bei Aufenthalten im häuslichen Bereich der Eltern Pflegegeld zu gewähren hat. |
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| Die am 1989 geborene Klägerin ist bei der Beklagten sozial pflegeversichert. Sie leidet infolge einer neonatalen hypoxisch-ischämischen Encephalopathie an einer schweren Mehrfachbehinderung mit schwerer spastischer Tetraparese, global komplexer Entwicklungsstörung, symptomatischer Epilepsie, Dystrophie, Minderwuchs, Microcephalie, schwerer thorakolumbaler Skoliose und intermittierender Aerophagie mit Unruhezuständen. Die Klägerin bezog bis 31. Dezember 2016 Leistungen der Pflegeversicherung nach Pflegestufe III. Nach dem Gutachten der Pflegefachkraft R., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK), vom 6. November 2008 betrug der grundpflegerische Hilfebedarf täglich 355 Minuten; eine pflegestufenrelevante Reduzierung des Hilfebedarfs war nicht zu erwarten (vgl. Bl. 13/20 VerwA). Zum 1. Januar 2017 erfolgte eine Überleitung in den Pflegegrad 5. |
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| Die Klägerin besuchte zunächst im Rahmen einer internatsmäßigen Unterbringung die Heimsonderschule der KBF in M., eine vollstationäre Einrichtung der Behindertenhilfe, deren Kosten vom Beigeladenen zu 2 getragen wurden. Die Beklagte zahlte die Pauschalleistung gemäß § 43a Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) von seinerzeit monatlich 256,00 EUR (Bescheid vom 13. Juli 2006). Darüber hinaus gewährte sie der Klägerin für die Tage, an denen sie sich im Haushalt ihrer Eltern aufhielt und von der Mutter gepflegt wurde, anteiliges Pflegegeld. Für die Mutter der Klägerin entrichtete die Beklagte im Hinblick auf die festgestellte Rentenversicherungspflicht als Pflegeperson Rentenversicherungsbeiträge. |
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| Seit 2. September 2013 ist die Klägerin im Unterstützungszentrum O. Straße in B. untergebracht. Hierbei handelt es sich um ein Wohn- und Betreuungsangebot für 24 Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen (im Folgenden: Einrichtung) in Trägerschaft des Beigeladenen zu 1. Die Einrichtung ist gegliedert in das Wohngebäude, in dem sich Wohneinheiten mit integrierter Küche für jeweils zwei bzw. sechs Personen befinden, sowie die im Nachbarhaus befindlichen separaten Räumlichkeiten, in denen ein tagesstrukturierendes Förder- und Betreuungsangebot erbracht wird. Die Kosten der Unterbringung wurden zunächst vom Beigeladenen zu 2 getragen. Hierzu hatte er mit dem Beigeladenen zu 1 eine Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) geschlossen. Die Einrichtung – so die Angaben der Klägerin – war von Anfang an als sog. „binnendifferenzierte“ Einrichtung konzipiert, d.h. als Einrichtung, die mit jeweils selbstständigen Teilen einerseits die Voraussetzung einer stationären Pflegeeinrichtung und andererseits die Voraussetzungen einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe erfüllen sollte. |
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| Die Klägerin und der Beigeladene zu 1 schlossen mit Wirkung ab 24. April 2014 einen „Wohn- und Betreuungsvertrag“ u.a. mit folgendem Inhalt: |
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| „§ 2 Leistungen der Einrichtung |
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| Ziel des Vertrages ist es, dem Bewohner Unterkunft, Pflege, Betreuung und Assistenz zu gewähren, die ihm ein Leben unter Wahrung seiner Menschenwürde und Sicherung seiner Selbstbestimmung ermöglicht. Die Einrichtung erbringt die folgenden Leistungen: |
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| - Überlassung von Wohnraum (§ 3) - Wäschepflege (§ 4) - Verpflegung (§ 5) - Betreuungs- und Assistenzleistungen (§ 6) - Leistungen der Verwaltung (§ 7) - Vermittlung ärztlicher und sonstiger Leistungen der Krankenversicherung (§ 8) - Barbetragsverwaltung (§ 9) - hygienischer Sachaufwand/Hygieneartikel (§ 10) - Pflege und Erhaltung von Bekleidung und Schuhen (§ 11) - Bekleidung (§ 12). ... |
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| § 6 Betreuungs-und Assistenzleistungen |
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| 1. Die Einrichtung ist verpflichtet, dem Bewohner gegenüber bedarfsgerechte Betreuungs- und Assistenzleistungen im Rahmen der Vereinbarungen mit dem Sozialhilfeträger nach §§ 75 ff. SGB XII, der Landesrahmenverträge nach § 79 SGB XII, der §§ 53 ff. SGB XII und der dort festgelegten Maßnahmen zu erbringen. Das nachstehende Leistungsangebot entspricht dem in der für den Bewohner geltenden Leistungsvereinbarung vereinbarten Umfang. Die angebotenen Leistungen entsprechend stets dem vom Sozialhilfeträger refinanzierten Eingliederungshilfeumfang. |
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| Der individuelle Hilfebedarf des Bewohners wird laut Rahmenvertrag nach § 79 SGB XII durch seine Zuordnung zu einem Leistungstyp und einer Hilfebedarfsgruppe konkretisiert. |
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| a) Im Bereich Wohnen der Leistungstyp 2.1 und die Hilfebedarfsgruppe E 4 b) Im Bereich Tagesstrukturierende Maßnahmen: 4.5a ... |
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| 4. Die nach diesen Maßgaben von der Einrichtung angebotenen Leistungen der Eingliederungshilfe beziehen sich auf folgende Bereiche: |
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| - Individuelle Basisversorgung (Hilfen bei der Ernährung, Körperpflege, Hygiene, Bewegung) - Hilfen bei der alltäglichen Lebensführung und persönliche Hilfeleistung in Form von Assistenz und Beratung (z.B. bei der Wohnraumgestaltung und -pflege, Wäschepflege, beim privaten Einkauf, beim Umgang mit Geld, Schriftverkehr, Umgang mit Behörden) - Hilfen zur persönlichen und sozialen Lebensgestaltung (z.B. Hilfen zur Gestaltung von Beziehungen zu Mitbewohnern/Nachbarn und Angehörigen, Hilfen beim Aufbau von Freundschaften) - Förderung des Sozialverhaltens - Hilfe bei der Förderung der Selbstständigkeit (z.B. Entwicklung und Training von Kompetenzen bei der Haushaltsführung und Selbstversorgung, Kommunikationshilfen) - Hilfe bei der Sorge um die Gesundheit - Hilfen bei der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (z.B. Besuch kultureller und sportlicher Veranstaltungen, Spaziergänge, Hilfen bei der Teilnahme an Freizeitangeboten und beim Aufbau von Hobbys etc.) - Seelsorgerische Angebote - Tagesstrukturierung (Werkstatt für behinderte Menschen, Förder- und Betreuungsbereich, Seniorentagesstruktur) |
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| Die Hilfestellung im Einzelfall reicht von der Motivation und Anleitung über die Assistenz bis zur stellvertretenden Ausführung. |
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| 5. Sofern der Bewohner Anspruch auf Pflegeversicherungsleistungen gemäß § 43a SGB XI bzw. gemäß § 43 SGB XI (sog. binnendifferenzierter Teil) hat, umfasst der Leistungsanspruch gegen die Einrichtung auch die Grundpflegeleistungen im Sinne des SGB XI. ...“ |
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| Für den sog. „binnendifferenzierten“, rechtlich selbstständigen Teil der Einrichtung, in dem die Klägerin untergebracht ist (als Pflegeheim bezeichnet), schlossen der Beigeladene zu 1, die Pflegekassen und der Beigeladene zu 2 am 31. Oktober 2015 mit Wirkung zum 1. November 2015 einen „Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI (vollstationäre Pflege)“, wonach das Pflegeheim 20 Plätze für vollstationäre Pflege zur Verfügung stellt (vgl. Bl. 25/29 SG-Akte). Am 31. Mai 2017 schlossen der Beigeladene zu 1, die Pflegkassen und der Beigeladene zu 2 für das Pflegeheim mit Wirkung zum 1. Juni 2017 eine „Pflegesatzvereinbarung für die vollstationäre Pflege nach § 85 SGB XI“. Als tägliche Pflegevergütung wurde für Pflegebedürftige nach Pflegegrad 5 – wie die Klägerin – ein Betrag von 81,70 EUR täglich vereinbart, zuzüglich des einrichtungseinheitlichen Eigenanteils von 15,79 EUR täglich sowie Entgelte für Unterkunft und Verpflegung von 13,65 EUR bzw. 11,16 EUR täglich. |
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| Am 30. September 2016 schlossen der Beigeladene zu 1 und der Beigeladene zu 2 für die Einrichtung mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 eine „Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII“. Im Rahmen der Leistungsvereinbarung (§ 2) wurden folgende Angebote vereinbart: Stationäre Hilfe (Wohnen ohne tagesstrukturierendes Angebot im Sinne der Ziffer 1.4) für geistig und/oder mehrfachbehinderte Erwachsene (Leistungs-Typ Nr. I.2.1) mit 24 Plätzen, Tagesstrukturierendes Angebot für geistig und körperlich behinderte Menschen, Förder- und Betreuungsgruppe - FuB (Leistungs-Typ Nr. I.4.5a) mit 20 Plätzen, Tagesstrukturierendes Angebot für erwachsene Menschen mit Behinderungen, in der Regel Senioren (Leistungs-Typ Nr. I.4.6) mit 4 Plätzen (vgl. Bl. 21/24 SG Akte). |
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| Der Abschluss des Versorgungsvertrages und der Vergütungsvereinbarung führten für die Klägerin - so ihre Angaben - zu keinen Änderungen in tatsächlicher Hinsicht. Die seitens der Einrichtung erbrachten Leistungen der Betreuung, Förderung und Pflege wurden weiterhin unverändert erbracht. |
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| Mit Schreiben vom 14. März 2016 teilte der Beigeladene zu 2 der Beklagten mit, dass die Klägerin in der Einrichtung im binnendifferenzierten Bereich untergebracht sei und bat um Erstattung der erhöhten Sätze ab Anerkennung des binnendifferenzierten Wohnangebots als Pflegeeinrichtung (ab 1. November 2015). |
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| Mit Bescheid vom 7. April 2016 führte die Beklagte gegenüber der Klägerin aus, für die vollstationäre Pflege in der Anlage des binnendifferenzierten Wohnangebots (ab 01.11.2015) übernehme sie 80 % der tatsächlich entstandenen Kosten für die pflegebedingten Aufwendungen, höchstens jedoch 80 % des für die jeweilige Leistungsart und Pflegestufe maßgebenden Sachleistungshöchstwerts. Dieser betrage bei der Klägerin „maximal in der Pflegestufe III 80 % von 1620,00 EUR = 1289,60 EUR.“ Weiter führte sie aus, die Bewilligung vom 13. Juli 2006 sei somit hinfällig und für die Heimabwesenheit könne kein anteiliges Pflegegeld mehr gezahlt werden. Der Mutter der Klägerin teilte die Beklagte mit weiterem Schreiben vom 7. April 2016 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) mit, dass ihre Rentenversicherungspflicht als Pflegeperson kraft Gesetzes zum 29. Februar 2016 ende, da sie die Pflegetätigkeit wegen der Aufnahme der Klägerin in die Anlage des binnendifferenzierten Wohnbereichs nicht mehr ausübe. |
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| Im weiteren Verlauf bewilligte die Beklagte für die vollstationäre Pflege der Klägerin mit Bescheid vom 8. März 2018 ab 1. Juni 2017 (Wirksamkeit der Pflegesatzvereinbarung) insgesamt 2.005,00 EUR (vgl. Bl. 93 ff. SG-Akte). |
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| Gegen den Bescheid vom 7. April 2016 legte die Klägerin durch ihre Mutter Widerspruch ein und machte geltend, sie sei nicht damit einverstanden, dass bei Heimabwesenheit kein anteiliges Pflegegeld mehr gewährt werde. Die Mutter habe zu Hause denselben Pflegeaufwand wie die Arbeiter eines Pflegeheims. Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 9. Februar 2017 wandte sich die Mutter der Klägerin nun auch gegen die Mitteilung über das Ende der Rentenversicherungspflicht als Pflegeperson. Die zugleich auch für die Klägerin handelnde Bevollmächtigte machte geltend, die Beklagte habe nach geltender Gesetzeslage nach wie vor lediglich den monatlichen Pauschbetrag gemäß § 43a SGB XI von höchstens 266,00 EUR zu leisten. Für die Auskehrung von Pflegesachleistungen an den Beigeladenen zu 2 nach § 43 Abs. 2 SGB XI oder § 36 Abs. 3 SGB XI bzw. eine Kostenerstattung für pflegebedingte Aufwendungen nach § 91 Abs. 2 SGB XI bestehe keine Rechtsgrundlage. Die Klägerin habe weiterhin Anspruch auf anteiliges Pflegegeld gemäß § 37 SGB XI und ihre Mutter auf Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung als Pflegeperson. Das „binnendifferenzierte Abrechnungssystem“ ändere nichts an dem grundsätzlichen Status der Einrichtung als vollstationäre Einrichtung der Behindertenhilfe. Die Einrichtung sei keine Pflegeeinrichtung im Sinne des § 71 Abs. 2 SGB XI. Der Abschluss eines Versorgungsvertrages gemäß § 72 SGB XI neben einer Vergütungsvereinbarung nach § 75 SGB XII sei deshalb unzulässig. Die Beklagte habe daher – wie bisher – zusätzlich zur Leistung nach § 43a SGB XI für die Tage, an denen sie in häuslicher Pflege sei, Pflegegeld zu zahlen, d.h. jeweils 1/30 des Leistungsbetrages für Pflegegrad 5 (monatlich 901,00 EUR), mithin pro Tag 30,03 EUR. Da die Beklagte die Pflegegeldzahlungen erst zum 4. Januar 2017 eingestellt habe, seien für den Zeitraum vom 9. Januar 2017 bis 25. April 2017 für die vom Beigeladenen zu 1 bescheinigten häuslichen Aufenthalte 606,66 EUR zu zahlen. Im weiteren Verlauf machte die Klägerin für häusliche Aufenthalte im Zeitraum vom 2. Mai bis 27. Juni 2017 unter Vorlage von Bestätigungen des Beigeladenen zu 1 weitere 540,54 EUR geltend. |
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| Mit Schreiben vom 14. September 2017 leitete die Beklagte den Vorgang zur abschließenden Entscheidung über die Versicherungspflicht der Mutter der Klägerin an die Beigeladene zu 3 weiter. |
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| Mit beim Sozialgericht Reutlingen (SG) am 15. September 2017 eingegangenem Schriftsatz vom 14. September 2017 (S 9 P 2267/17) erhoben die Klägerin und ihre Mutter (in jenem Verfahren Klägerinnen zu 1 und 2) Untätigkeitsklage mit dem Begehren, die Beklagte zu verurteilen, über den Widerspruch der Klägerinnen vom 16. April 2016 gegen die beiden Bescheide der Beklagten vom 7. April 2016 zu entscheiden und sie zu verpflichten, der Klägerin zu 1 für den Zeitraum vom 5. Januar 2017 bis 29. August 2017 rückständiges Pflegegeld in Höhe von insgesamt 1.681,68 EUR, und ab 30. August 2017 fortlaufend anteiliges Pflegegeld zu zahlen sowie zugunsten der Klägerin zu 2 als Pflegeperson rückwirkend ab 1. März 2016 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten. |
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| Mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2017 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin vom 19. April 2016 mit der Begründung zurück, neben vollstationärer Pflege könne vom Grundsatz her kein Pflegegeld gezahlt werden. Die Leistung könne lediglich dann infrage kommen, wenn bei grundsätzlicher Fortdauer der vollstationären Pflege häusliche Pflege stattfinde und der für den betreffenden Monat an die Pflegeeinrichtung zu zahlende Leistungsbetrag für die vollstationäre Pflege unter dem Höchstwert der dem Pflegebedürftigen entsprechend seines Pflegegeldes zustehenden ambulanten Pflegesachleistung liege. Bei der Ermittlung der Höhe der Geldleistung seien die Regelungen der Kombinationsleistung gemäß § 38 Satz 2 SGB XI anzuwenden, weshalb die im Rahmen der vollstationären Pflege in Anspruch genommenen Sachleistungskosten ins Verhältnis zum Sachleistungshöchstbetrag nach § 36 Abs. 3 und 4 SGB XI ggf. unter Berücksichtigung der Sachleistungshöchstbeträge nach § 123 Abs. 3 und 4 SGB XI zu setzen seien. Die so ermittelte Quote sei für den Anteil der Geldleistung für den gesamten Monat maßgebend. Auf dieser Grundlage sei der Geldleistungsanteil mit der Zahl der zu Hause verbrachten Pflegetage zu multiplizieren und durch 30 zu dividieren. Da die Klägerin im Verhältnis zum Sachleistungshöchstbetrag von 1.612,00 EUR (bis 31. Dezember 2016) bzw. 1.995,00 EUR (ab 1. Januar 2017) vollstationäre Pflegeleistungen in Höhe von 100 % (gewährt als Kostenerstattung in Höhe von 80 % des Höchstbetrags von 1.612,00 EUR = 1.289,60 EUR [bis 31. Dezember 2016] bzw. von 2.005,00 EUR = 1.604,00 EUR [ab 1. Januar 2017]) monatlich in Anspruch genommen habe, stehe für die Geldleistung kein Anteil mehr zur Verfügung. |
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| Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 30. November 2017 erklärten die Klägerinnen in dem Verfahren S 9 P 2267/17 die Untätigkeitsklage für erledigt und erhoben gleichzeitig „Verpflichtungsklage“, mit der sie die Gewährung von Pflegegeld sowie die Entrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung begehrten. Zur Begründung verwiesen sie auf die Ausführungen ihrer Bevollmächtigten im Schriftsatz vom 14. September 2017 in dem Verfahren S 9 P 2267/17, mit denen diese im Wesentlichen das Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt hatte. Mit der zuletzt nur noch von der Klägerin geführten Klage beantragte sie, den Bescheid vom 7. April 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2017 insoweit aufzuheben, als die Gewährung anteiligem Pflegegeld für Zeiten der Heimabwesenheit abgelehnt wurde und die Beklagte zur Zahlung von Pflegegeld für den Zeitraum vom 5. Januar 2017 bis 27. August 2019 in Höhe von 7.963,61 EUR sowie ab 28. August 2019 von kalendertäglich 30,03 EUR für jeden Tag der Heimabwesenheit zu verurteilen. |
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| Mit Bescheid vom 29. März 2018 hatte die Beigeladene zu 3 zwischenzeitlich entschieden, dass die Mutter der Klägerin seit 1. November 2015 nicht der Versicherungspflicht als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen unterliege. Nach Einlegung von Widerspruch war das Widerspruchsverfahren ruhend gestellt worden. |
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| Die Beklagte trat der Klage unter Aufrechterhaltung ihres Standpunktes entgegen. |
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| Der Beigeladene zu 1 legte u.a. die „Rahmenvereinbarung über die Binnendifferenzierung von Einrichtungen der Behindertenhilfe“ vom 27. November 1997 (Rahmenvereinbarung) zwischen dem Diakonischen Werk Württemberg sowie dem Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart einerseits und dem Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern andererseits (vgl. Bl. 101/105 SG-Akte) vor sowie die zwischen den Beigeladenen zu 1 und 2 getroffene „Vereinbarung vom 01.08.2006 über die Binnendifferenzierung von Einrichtungen der Behindertenhilfe“, mit der diese ab 1. Januar 2005 in die Rechte und Pflichten der Rahmenvereinbarung eintraten. |
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| Der Beigeladene zu 2 machte geltend, eine Leistungsverpflichtung ihrerseits bestehe aufgrund des Nachranggrundsatzes gemäß § 2 SGB XII nicht. Für die Gewährung von Pflegeleistungen sei die Beklagte als Pflegekasse vorrangig zuständig. |
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| Die Beigeladene zu 3 äußerte sich nicht. |
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| Mit Urteil vom 30. September 2019 wies das SG die Klage unter Hinweis auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden ab. Ergänzend führte das SG aus, dass in Fällen zeitweiser häuslicher Pflege bei ansonsten stationärer Unterbringung gemäß § 38 Satz 5 SGB XI lediglich dann ein Anspruch auf anteiliges und ungekürztes Pflegegeld bestehe, wenn es sich bei der Einrichtung um eine vollstationäre Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen (§ 43a SGB XI) handele, in der die Teilhabe am Arbeitsleben, an Bildung oder die soziale Teilhabe, die schulische Ausbildung oder die Erziehung von Menschen mit Behinderungen im Vordergrund des Einrichtungszwecks stehe. In derartigen Einrichtungen würden typischerweise und vorrangig Leistungen zur Eingliederung von Behinderten in Gesellschaft und Beruf erbracht. Nur wenn eine Eingliederung mit den speziellen Mitteln einer Behinderteneinrichtung überhaupt erreichbar sei und dieser Aspekt gegenüber der pflegerischen Hilfe im Vordergrund stehe, komme die Gewährung von Eingliederungshilfe in Betracht. Demgegenüber stünden bei der Klägerin aufgrund ihrer schweren Mehrfachbehinderung mit einem ausweislich des Pflegegutachtens vom 6. November 2008 dokumentierten Pflegeaufwand von 355 Minuten, dessen Reduzierung nicht zu erwarten gewesen sei, erkennbar pflegerische Zwecke im Vordergrund. Entsprechend befinde sich die Klägerin seit 1. November 2015 im vollstationären Pflegebereich der binnendifferenzierten Einrichtung der Beigeladenen zu 1, für den ein Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI und eine Pflegesatzvereinbarung nach § 85 SGB XI geschlossen worden sei. Entsprechend erbringe die Beklagte für die vollstationär und rund um die Uhr betreute Klägerin Leistungen wegen vollstationärer Pflege. Für die vollstationäre Pflege in einer Pflegeeinrichtung sei - auch anteiliges - Pflegegeld schon begrifflich ausgeschlossen, weil diese Pflegeform erst zulässig sei, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich sei oder wegen der Besonderheit des einzelnen Falles nicht in Betracht komme. Für die Dauer des stationären Aufenthalts in einer Pflegeeinrichtung würden die erforderlichen pflegerischen Leistungen durch den zuständigen Träger rund um die Uhr vorgehalten und Leistungen der häuslichen Pflege insoweit nicht benötigt. Die durch die Pflegeeinrichtung zu erbringenden Pflegeleistungen würden mit dem von der Pflegekasse für den stationären Aufenthalt zu zahlenden Pflegesatz abgegolten. Die zusätzliche Zahlung eines Pflegegeldes durch die Pflegekasse führe zu einer doppelten Leistungsinanspruchnahme, die dem in § 29 SGB XI normierten Wirtschaftlichkeitsgebot widerspreche. Bei dem in § 38 Satz 5 SGB XI vorgesehenen Anspruch auf Pflegegeld handele es sich um eine abschließende, auf vollstationäre Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen (§ 43a SGB XI) begrenzte Regelung. Bezogen auf stationäre Pflegeeinrichtungen liege eine planwidrige Regelungslücke, die im Wege der Analogie zu schließen wäre, nicht vor. Ohne rechtliche Relevanz sei der Umstand, dass die Beklagte bis 1. Juni 2017 in entsprechender Anwendung des § 91 Abs. 2 SGB XI die pflegebedingten Aufwendungen lediglich im Umfang von 80 % des Höchstbetrages nach § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB XI übernommen habe. Insoweit habe es sich lediglich um eine im Innenverhältnis zweier Sozialleistungsträger getroffene Vereinbarung zur Kostentragung gehandelt. Entscheidend sei, dass der Klägerin auch in diesem Zeitraum vollstationäre Pflegeleistungen in Höhe von 100 % zuteil geworden seien. Das zum 1. Januar 2017 eingeführte Zustimmungserfordernis des Leistungsberechtigten in § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB XI rechtfertige keine abweichende Beurteilung. Die Regelung betreffe die Koordinierung beim Zusammentreffen von Leistungen der Pflegeversicherung und der Eingliederungshilfe. Die Leistungsgewährung erfolge weiterhin nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften (§ 13 Abs. 4 Satz 3 SGB XI). Materiell-rechtliche Ansprüche auf gesetzlich nicht vorgesehene Leistungen würden hierdurch nicht begründet. |
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| Gegen das ihrer Bevollmächtigten am 18. Oktober 2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15. November 2019 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt und das rückständige Pflegegeld zunächst für den Zeitraum vom 5. Januar 2017 bis 29. Oktober 2019 mit 7.897,89 EUR beziffert. Sie hat geltend gemacht, das SG verkenne die besondere Situation der binnendifferenzierten Einrichtung des Beigeladenen zu 1. Bei dieser Einrichtung handelte es sich um eine vollstationäre Einrichtung der Eingliederungshilfe, in der Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung und zusätzlichem Pflegebedarf betreut und versorgt würden. Der Beigeladene zu 1 habe für diese Einrichtung auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung vom 27. November 1997 neben der zunächst allein mit dem Träger der Sozialhilfe bestehenden Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen gemäß §§ 75 ff. SGB XII einen zusätzlichen Versorgungsvertrag gemäß § 72 SGB XI mit den Verbänden der Pflegekassen abgeschlossen. Die Rahmenvereinbarung beinhalte u.a. die Garantien, dass sich der von dem Träger der Eingliederungshilfe finanzierte Teil des Budgets einer Einrichtung der Behindertenhilfe nicht ändere, es auch bei pflegebedürftigen Menschen mit Behinderung zu keiner Veränderung der bisherigen Leistungen der Eingliederungshilfe komme und Einigkeit bestehe, dass Menschen mit Behinderungen im binnendifferenzierten Einrichtungsteil wie Menschen mit Behinderungen in Einrichtungsteilen ohne Versorgungsvertrag zu behandeln seien. Durch den nachträglichen Abschluss des Versorgungsvertrages sei es in Bezug auf Inhalt und Umfang der Eingliederungshilfeleistungen zu keinerlei Änderungen gekommen. Ebenso sei kein neuer Wohn- und Betreuungsvertrag abgeschlossen worden. Grund für die Rahmenvereinbarung sei das stetige Bemühen der Sozialhilfeträger seit Einführung der Pflegeversicherung gewesen, pflegebedürftige Menschen, die in vollstationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe lebten, auf jedweden möglichen Weg in die Pflegeleistungen nach § 43 SGB XI einzubeziehen. Konsequenz der Rahmenvereinbarung sei, dass die Einrichtungen der Eingliederungshilfe, in denen Menschen mit Behinderung und pflegerischen Bedarfen versorgt werden, ihren Status als SGB XII-Einrichtung behalten sollten. Ausschließlich zur Gegenfinanzierung für den Sozialhilfeträger seien die Einrichtungen verpflichtet worden, zusätzlich mit den Pflegekassen SGB XI-Versorgungsverträge anzustreben, um über den pauschalierten Kostenersatzanspruch gemäß § 43a SGB XI hinaus die Türen hin zu den nach Pflegegraden abgestuften Pflegeleistungen in vollstationären Pflegeeinrichtungen zu öffnen. Auf Basis der Rahmenvereinbarung rechneten die Sozialhilfeträger stets ab dem Zeitpunkt des Abschlusses eines Versorgungsvertrages direkt entsprechend des jeweiligen Pflegegrads vollstationäre Pflegeleistungen gegenüber den Pflegekassen ab. Der einzelne Bewohner der Einrichtung der Eingliederungshilfe sei in dieses allein die Sozialhilfekassen bevorteilende System an keiner Stelle eingebunden. Die Bewohner eines solchen binnendifferenzierten Einrichtungsteils erhielten von dem Sozialhilfeträger weiterhin nur die in der Leistungs- und Vergütungsvereinbarung nach den §§ 75 ff. SGB XII erfassten Eingliederungshilfeleistungen für das vollstationäre Wohn- und Betreuungsangebot in einer Einrichtung der Behindertenhilfe. Dementsprechend habe sie vom Beigeladenen zu 1 bis zum Abschluss des Versorgungsvertrages Leistungen im Wohnbereich nach Leistungs-Typ Nr. I.2.1 in der Hilfsbedarfsgruppe 4 erhalten. Diese Leistungen seien in der Zeit, in der sie sich im Wohnbereich der Einrichtung befunden habe, erbracht worden, in der Regel ca. 16 Stunden wochentags und 24 Stunden am Wochenende. Die tagesstrukturierenden Maßnahmen nach Leistungstyp Nr. I.4.5a im Förder- und Betreuungsbereich seien im benachbarten Gebäude erbracht worden, den sie wochentags besucht habe. Es handele sich um Leistungen für erwachsene Menschen mit wesentlichen geistigen und körperlichen Behinderungen im Sinne von § 53 SGB XII und der Eingliederungshilfeverordnung, die wegen Art und/oder Schwere der Behinderung nicht in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt werden können. Sie habe dort Förderung und Beschäftigung, Anregung und Begleitung, hauswirtschaftliche Versorgung und Pflege mit dem Ziel, die Eingliederung in die Gesellschaft sowie die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern erhalten. Diese Leistungen seien werktäglich in Orientierung an den Öffnungszeiten der Werkstatt für behinderte Menschen, mithin an Wochentagen in der Regel für ca. acht Stunden erbracht worden. Nach Abschluss des Versorgungsvertrages habe sich an Art und Umfang der vom Beigeladenen zu 1 erbrachten Leistungen nichts geändert. Nur für 20 der 24 Bewohnerplätze, für die ein Versorgungsvertrag geschlossen worden sei, d.h. den binnendifferenzierten Einrichtungsteil, seien die Leistungen der Pflegekassen von Leistungen gemäß § 43a SGB XI von 266,00 EUR auf Leistungen der vollstationären Pflege gemäß § 43 SGB XI umgestellt worden, wobei die Beklagte die Leistung direkt an den Beigeladenen zu 2 auszahle. Während ihres Aufenthalts bei ihrer Familie erhalte sie nun kein anteiliges Pflegegeld mehr und ihre Mutter als Pflegeperson keine Beiträge zur Rentenversicherung. Das SG stufe die Einrichtung, in der sie seit 2013 lebe, zu Unrecht als stationäre Einrichtung ein, in der die Pflegeleistungen im Vordergrund stünden und bei den Bewohnern Ansatzpunkte für Maßnahmen der Rehabilitation und Teilhabe nur eingeschränkt vorhanden seien. Insoweit ziehe das SG einzig das Gutachten des MDK zur Pflegebedürftigkeit vom 6. November 2008 heran, das ihren Pflegeaufwand mit ca. sechs Stunden täglich festgelegt habe. Dieser mache jedoch nur einen Teilbereich ihres Hilfebedarfs aus. Ihr Teilhabe- und Rehabilitationsbedarf sei durch den MDK nicht erhoben worden. Hierfür sei der medizinisch-pädagogische Dienst der Eingliederungshilfe zuständig und dieser habe festgestellt, dass nach wie vor ein Bedarf an Eingliederungshilfeleistungen bestehe. Andernfalls hätte der Beigeladene zu 2 mit Bescheid vom 23. September 2019 keine Leistungen der Eingliederungshilfe im Rahmen der vollstationären Unterbringung mit Tagesstruktur bewilligt. Aufgabe der Eingliederungshilfen sei es, eine Behinderung und deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehöre insbesondere, den Menschen mit Behinderung die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Eingliederungshilfe diene mithin zur Vermeidung der Pflege. Diese Aufgaben würden in der Einrichtung erbracht. Aus deren Konzeption, die sie vorgelegt habe, gehe hervor, dass Leistungen der pädagogischen, sozialpädagogischen und psychosozialen Betreuung, der heilpädagogischen Förderung, der teilhabeorientierten Planung nach Art und Schwere der Behinderung der Bewohner durch Fachkräfte (Sozialpädagogen, Pflegefachkräfte, Heilerziehungspfleger, Krankenpfleger, Ergotherapeuten, Heilpädagogen) bzw. unter angemessener Beteiligung von Fachkräften erbracht werde. Bestandteil des Wohnangebots sei die pädagogische Begleitung und Förderung aufgrund der geistigen Behinderung der Bewohner und eine intensive und umfassende pflegerische Begleitung aufgrund ihrer Körper- und Mehrfachbehinderung. Ziel sei, die Balance zwischen Pädagogik und Pflege mit Blick auf Art und Umfang der Behinderung angemessen zu gestalten. Dazu würden die Bewohner von einem interdisziplinären Fachkräfteteam unterstützt und begleitet. Weitere Förderung und Betreuung erhielten sie wochentags in der räumlich separaten Tagesstruktur, dem zweiten Lebensbereich der Bewohner. Hierdurch erhielten die Bewohner die Möglichkeit, die Wochentage, das Wochenende und die Beschäftigung von Urlaub zu unterscheiden. Dieser Wechsel zwischen den Lebenswelten entspreche der gesellschaftlichen Normalität. Sowohl im Bereich Wohnen als auch der Tagesstruktur werde das Ziel des Erhalts und die Weiterentwicklung von Kompetenzen sowie der Förderung der Selbstständigkeit und Selbstentfaltung zur Steigerung des Selbstwertgefühls verfolgt, um dadurch die individuelle Weiterentwicklung der Persönlichkeit zu fördern. In der Einrichtung des Beigeladenen zu 1 stünden die Pflegeleistungen daher keinesfalls im Vordergrund. Trotz des bei ihr ermittelten grundpflegerischen Bedarfs von ca. sechs Stunden täglich hätten weder die Beklagte noch der Beigeladene zu 2 einen Wechsel in eine vollstationäre Einrichtung, bei der die Pflegeleistung im Vordergrund stehe, für notwendig erachtet. Vielmehr habe Einigkeit bestanden, dass ihre Bedarfe einschließlich des Grundpflegebedarfs in einer vollstationären Einrichtung der Eingliederungshilfe in dem für sie erforderlichen Umfang gedeckt werden könnten. Andernfalls wäre sie nach Beendigung ihres Aufenthalts in der Heimsonderschule nicht in die Einrichtung des Beigeladenen zu 1 umgezogen, sondern in eine Pflegeeinrichtung. Das SG übersehe, dass die Einrichtung durch den mit Abschluss eines Versorgungsvertrages entstandenen Doppelstatus ihren ordnungs- und leistungsrechtlichen Status als „originäre“ Einrichtung der Eingliederungshilfe nicht verloren habe. Faktisch habe sich an der Einstufung der Einrichtung nichts geändert. Ihre Einstufung als stationäre Pflegeeinrichtung gehe an der Realität vorbei und widerspreche der geltenden Rechtslage. So regele § 71 Abs. 4 SGB XI, dass bestimme Einrichtungen keine stationären Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 71 Abs. 2 SGB XI sein könnten, wozu auch Einrichtungen wie die des Beigeladenen zu 1 gehörten, deren Grundausrichtung einem anderen Zweck als dem der Pflege diene. Da in dieser die Aufgaben der Eingliederungshilfe im Vordergrund stünden, könne die Einrichtung nicht zugleich Pflegeeinrichtung sein. Auch wenn in der Einrichtung gleichzeitig umfassende und erhebliche Pflegeleistungen erbracht würden, verbiete sich der Abschluss eines Versorgungsvertrages. Ein solcher verstoße gegen das gesetzliche Verbot des § 71 Abs. 4 SGB XI, weshalb der am 31. Oktober 2015 geschlossene Versorgungsvertrag gemäß § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig sei. Die von der Beklagten erbrachten Pflegeleistungen gemäß § 43 SGB XI seien daher ohne rechtlichen Grund erbracht, weil weiterhin lediglich ein Anspruch gemäß § 43a SGB XI in Höhe von 266,00 EUR bestehe. Sie habe daher weiterhin Anspruch auf anteiliges Pflegegeld für die häusliche Pflege. Den rückständigen Betrag für den Zeitraum vom 5. Januar 2017 bis 31. Dezember 2019 hat die Klägerin zuletzt mit 8.528,52 EUR beziffert. Im Hinblick auf die Ausführungen des Beigeladenen zu 2, der auf das Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Düsseldorf vom 9. August 2019 (26 K 5686/15 - juris) Bezug genommen hat, hat die Klägerin ausgeführt, dass die „Hilfskonstruktion“, wonach ein Doppelstatus dadurch möglich sei, dass die Zwecke der Eingliederung und der Pflege parallel verfolgt würden, dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 71 Abs. 4 SGB XI entgegenstehe und dem gesetzgeberischen Willen widerspreche. Bereits seit dem 1. SGB XI-Änderungsgesetz im Jahr 1996 sei dem Gesetzgeber bekannt gewesen, dass in einzelnen Bundesländern Umwidmungen von Einrichtungen der Eingliederungshilfe durch zusätzlichen Abschluss eines Versorgungsvertrages als Pflegeeinrichtungen vollzogen worden seien. Da diese Entwicklung dem gesetzgeberischen Willen entgegengestanden habe, seien die §§ 43a, 71 Abs. 4 SGB XI mit dem Ziel eingeführt worden, Einrichtungen der Eingliederungshilfe aus dem Kreis der Leistungserbringer der Pflegeversicherung auszuschließen, eine klare Trennung von Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe herbeizuführen und die Umwidmungen sowie die damit verbundenen Umstrukturierungen von Einrichtungen der Eingliederungshilfe zu verhindern, damit der in diesen Einrichtungen praktizierte und bewährte ganzheitliche Betreuungsansatz erhalten bleibe. Hierdurch habe eine weitere Umwidmung von Einrichtungen der Eingliederungshilfe nicht verhindert werden können, weshalb die Bundesregierung im Jahr 2000 geplant habe, auf (noch) klarere gesetzliche Regelungen im Bereich der Eingliederungshilfe hinzuwirken, damit die Sinn und Zweck der §§ 43a, 71 Abs. 4 SGB XI widersprechende Vorgehensweise nicht weiter möglich sei. Mit Einführung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) sei auf Landesebene unter Federführung des Ministeriums für Soziales und Integration durch Vereinbarung nunmehr die Abschaffung des streitgegenständlichen württembergischen Modells der Binnendifferenzierung bis 2021 beschlossen worden. Insoweit legte sie die zwischen den Trägern der Eingliederungshilfe, den Vereinigungen der Leistungserbringer und der Pflegekassen geschlossene „Vereinbarung zur übergangsweisen Fortführung bestehender Unterstützungsstrukturen für Menschen mit Behinderungen und Pflegebedarfen in Baden-Württemberg und zugleich über die Entwicklung künftiger Angebotsstrukturen innerhalb der Rahmenbedingungen des Bundesteilhabegesetzes und des SGB XI“ vom 31. Oktober 2019 (Vereinbarung vom 31. Oktober 2019; vgl. Bl. 61/73 Senatsakte) vor. |
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| Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst), |
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| das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. September 2019 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 7. April 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2017 zu verurteilen, ihr vom 5. Januar 2017 bis 31. Dezember 2019 Pflegegeld in Höhe von 8.528,52 EUR sowie ab 1. Januar 2020 pro Kalendertag der häuslichen Pflege 30,03 EUR zu zahlen. |
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| die Berufung zurückzuweisen. |
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| Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig und hat auf ihr Vorbringen im Klageverfahren verwiesen. |
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| Der Beigeladene zu 1 hat sich nicht geäußert und keinen Antrag gestellt. |
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| Der Beigeladene zu 2 hat keinen Antrag gestellt und ausgeführt, die Klägerin habe bis 31. Dezember 2019 laufende Leistungen für eine stationäre Unterbringung bezogen und beziehe seit 1. Januar 2020 laufend Leistungen im Rahmen der sozialen Teilhabe im Förderungs- und Betreuungsbereich. Leistungserbringer sei jeweils die Beigeladene zu 1, wobei die Kosten für 24 Stunden an sieben Tagen pro Woche getragen würden. Die Klägerin sei somit vollumfänglich versorgt; eine Pflege im Haushalt der Eltern, wo sie sich allein zu Besuch aufhalte, sei somit nicht notwendig, da der Bedarf der Klägerin in vollem Umfang gedeckt sei. In diesem Rahmen würden Pflegeleistungen der vollstationären Pflege sowie Leistungen der sozialen Teilhabe erbracht. Diese schlössen sich im Rahmen der Binnendifferenzierung nicht gegenseitig aus. Dem Modell der Binnendifferenzierung liege der Gedanke zugrunde, Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Pflegeversicherung zusammenzuführen. Dabei würden innerhalb von vollstationären Einrichtungen der Behindertenhilfe eigenständige Einrichtungsteile eingerichtet, die in vollem Umfang alle Erfordernisse einer Pflegeeinrichtung im Sinne des SGB XI (Versorgungsvertrag, selbstständig wirtschaftende Einrichtungen, ständige Verantwortung einer ausgebildeten Pflegekraft, Pflegebedürftigkeit der Bewohner) erfüllten. Unabhängig davon würden allen Bewohnern Eingliederungshilfeleistungen auf der Grundlage von Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII im notwendigen Umfang angeboten. Trotz einheitlichen Auftretens nach außen seien die entsprechenden binnendifferenzierten Einrichtungen im sozialrechtlichen Sinne nicht als nur eine einheitliche Einrichtung anzusehen, sondern bildeten zwei Einrichtungen, zum einen eine – originäre – Einrichtung der Behindertenhilfe, welche gemäß § 71 Abs. 4 SGB XI keine Pflegeeinrichtung im Sinne des § 71 Abs. 2 SGB V sei, und zum anderen - binnendifferenziert von dieser - eine stationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne von § 71 Abs. 2 SGB XI. Dies lasse sich daran festmachen, dass die Einrichtungsträger sowohl Pflegesatzvereinbarungen für die vollstationäre Pflege und Kurzzeitpflege nach § 85 SGB XI mit den nach dem SGB XI zuständigen Leistungsträgern als auch Vergütungsvereinbarungen über Vergütungen für Leistungstypen der Eingliederungshilfen nach § 75 Abs. 3 SGB XII mit den örtlich zuständigen Träger der Sozialhilfe geschlossen hätten. Da § 71 Abs. 4 SGB XI ausschließe, dass eine einzelne Einrichtung im rechtlichen Sinne sowohl als Pflegeeinrichtung als auch als Einrichtung, in der die Leistungen zur medizinischen Vorsorge, zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben oder am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung kranker oder behinderter Menschen im Vordergrund des Zwecks der Einrichtung stehen, einzustufen ist, müssten Einrichtungsträger eine Entscheidung treffen, ob im Vordergrund ihres Leistungsangebots die Pflege oder die Förderung behinderter Menschen stehe. Soweit sie zwei Einrichtungszwecke parallel verfolgen möchten, könnten sie dem Modell der Binnendifferenzierung folgend im rechtlichen Sinne zwei unterschiedliche Einrichtungen schaffen, für die jeweils rechtlich eigenständig die entsprechenden Vereinbarungen mit den unterschiedlichen Leistungsträgern geschlossen werden. Letztere Voraussetzungen habe der Beigeladene zu 1 mit den in der Einrichtung eingerichteten Anlagen erfüllt. Er hat insoweit auf das Urteil des VG Düsseldorf (a.a.O.) verwiesen. |
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| Die Beigeladene zu 3 hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Sie hat keinen Antrag gestellt. |
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| Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. |
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| Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Verfahrensakten des SG und des Senats sowie die Verwaltungsakte der Beklagten. |
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