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| Streitig ist die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für Februar 2019 bis November 2019 jeweils unter Geltendmachung eines Abzugs der Versicherungspauschale wegen einer privaten Kranken- und Pflegezusatzversicherung vom Einkommen der Klägerin. |
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| Die 2012 geborene Klägerin stand im streitigen Zeitraum in Bedarfsgemeinschaft mit ihrer erwerbsfähigen, alleinstehenden Mutter im Leistungsbezug des Beklagten. Sie verfügten über kein die Freibeträge übersteigendes Vermögen. Sie wohnten in einer 2-3-Zimmer-Wohnung (vgl. Bl. 919) in A. mit einer Wohnfläche von 84 m² (e 602 Mietbescheinigung). Die Nettokaltmiete betrug monatlich 610 Euro zuzüglich 20 Euro für einen Pkw-Stellplatz vor dem Haus (Bl. 906 bzw. 914), der nicht gekündigt werden konnte. Für die Nebenkosten und Heizkosten war eine monatliche Vorauszahlung in Höhe von insgesamt 120 Euro zu zahlen (vgl. Bl. 913; Mietvertrag a.A. Bd. V). Im Februar 2019 waren die Müllgebühren für das Jahr 2019 in Höhe von 96 Euro fällig (e187). |
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| Zusätzlich zu der bestehenden Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung schloss die Mutter der Klägerin am 13.05.2013 bei der B. Versicherung für die Klägerin eine private Kranken- und Pflegezusatzversicherung mit den Tarifen K1U (Klinik premium Zusatzversicherung für stationäre Behandlung im Ein- und Zweibettzimmer), 10U (Krankenhaustagegeld) und PKU (Pflege premium: Pflege-Zusatzversicherung) ab (e203ff; LSG-Akte Bl. 35, 42). Hierfür waren im streitigen Zeitraum monatliche Beiträge in Höhe von 10,12 Euro zu entrichten (LSG-Akte Bl. 42). |
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| Die Mutter erzielte aufgrund einer von Dezember 2018 bis Mitte September 2019 ausgeübten geringfügigen Beschäftigung ein Einkommen in Höhe von 432 Euro monatlich, zahlbar jeweils im Folgemonat (Arbeitgeberbescheinigung e193). Abweichend hiervon kam der Lohn für Juli 2019 nicht im August, sondern bereits am 30.07.2019 zur Auszahlung, (e459), der Lohn für August kam im September nur in Höhe von 430 Euro (e460) und der Lohn für September im Oktober 2019 in Höhe von 216 Euro (e460) zur Auszahlung. |
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| Die Klägerin erzielte Einkommen in Form von Kindergeld in Höhe von 194 Euro monatlich bis Juni 2019 und in Höhe von 204 Euro monatlich ab Juli 2019. Außerdem hatte sie einen Anspruch auf Kindesunterhalt in Höhe von 330 Euro ab Januar 2019 und von 325 Euro ab Juli 2019. Dieser kam aber im streitigen Zeitraum von Februar bis Mai 2019 nur in Höhe von 269 Euro und im Juni 2019 nur in Höhe von 325 Euro zur Auszahlung. Eine Nachzahlung dieser und weiterer Rückstände erfolgte im Juli 2019 in Höhe von insgesamt 1.275 Euro einschließlich des laufenden Unterhalts für Juli 2019 in Höhe von 325 Euro, was die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 10.07.2019 (e395) mitteilte und das Landratsamt C., Jugendamt, bei dem eine Beistandschaft für die Klägerin bestand, mit Schreiben vom 03.07.2019 und 08.07.2019 bestätigte (e397 und e398). |
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| Auf den Fortzahlungsantrag vom 22.10.2018 (e76) bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrer Mutter mit Bescheid vom 23.11.2018 (e80) Leistungen für die Zeit von Dezember 2018 bis November 2019, hierbei für die Klägerin in Höhe von 149 Euro monatlich. Mit Änderungsbescheid vom 24.11.2018 (e91) erhöhte der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Klägerin ab Januar 2019 aufgrund der Regelbedarfserhöhung auf 155 Euro monatlich. |
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| Auf den Widerspruch der Klägerin und ihrer Mutter vom 05.12.2018 (e98: W 948/18) gegen den Bescheid vom 23.11.2018 hob der Beklagte diesen mit Abhilfebescheid vom 18.01.2019 (e 138=e170) für Dezember 2018 auf und bewilligte mit (Änderungs-)Bescheid vom 18.01.2019 (e 135), für Dezember 2018 höhere Leistungen unter Berücksichtigung höherer Kosten der Unterkunft. Das Widerspruchsverfahren sahen die Beteiligten damit als erledigt an, der Beklagte erstattete dem Klägerbevollmächtigten auf dessen Antrag die vollen Kosten des Widerspruchsverfahrens. |
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| Den am 12.02.2019 gegen den Änderungsbescheid vom 18.01.2019 eingelegten Widerspruch der Klägerin und ihrer Mutter, mit dem sie auf die für die Klägerin abgeschlossene Krankenzusatzversicherung hinwiesen (e201), aufgrund derer gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung ) i. V. m. § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II, jeweils in der Fassung vom 26.07.2016, vom Einkommen der Klägerin die Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro abzusetzen sei, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2019 (e206, W 98/19) als unbegründet zurück. Hiergegen erhob die Klägerin am 13.03.2019 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG), die unter dem Aktenzeichen S 2 AS 1129/19 geführt wurde. |
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| Für Januar 2019 hob der Beklagte im Hinblick auf die erfolgte Arbeitsaufnahme mit erstmaligem Einkommenszufluss im Januar 2019 nach vorheriger Anhörung vom 18.01.2019 (e143) mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14.03.2019 (e300) die Bewilligung im Bescheid vom 23.11.2018 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24.11.2018 in Höhe von 227,17 Euro für die Mutter und in Höhe von 26,43 Euro für die Klägerin auf und forderte die Erstattung der Beträge. Auch hierbei berücksichtigte er die höheren Kosten der Unterkunft. Hiergegen legten die Klägerin und ihre Mutter am 29.03.2019 Widerspruch ein (e361; W 234/19), den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.04.2019 als unbegründet zurückwies (e363). Hiergegen erhoben die Klägerin und ihre Mutter am 26.04.2019 Klage zum SG (S 2 AS 1790/19). |
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| Für die vorliegend streitige Zeit von Februar bis November 2019 hob der Beklagte zunächst mit Aufhebungsbescheid vom 18.01.2019 (e161) den Änderungsbescheid vom 24.11.2019 ganz auf und bewilligte mit vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 18.01.2019 (e149) Leistungen nur für Februar bis Juli 2019 vorläufig unter Berücksichtigung eines Einkommens der Mutter in Höhe von 432 Euro monatlich, ebenfalls unter Berücksichtigung der höheren Kosten der Unterkunft. Auf die hiergegen gerichteten Widersprüche der Klägerin (e179; W 57/19 und e174; W 58/19) hob der Beklagte die beiden Bescheide vom 18.01.2019 mit Abhilfebescheiden vom 06.03.2019 (e226 und e250) wieder auf. Die Widersprüche behandelten die Beteiligten als erledigt und der Beklagte erstattete auf Antrag des Klägerbevollmächtigten die Kosten. |
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| Mit Änderungsbescheid vom 06.03.2019 (e226) hob der Beklagte den Änderungsbescheid vom 24.11.2018 erneut teilweise für die Zeit von Februar bis November 2019 unter Bezugnahme auf § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf und bewilligte mit gesondertem (Bewilligungs-)Bescheid vom 06.03.2019 (e214) Leistungen in geänderter Höhe, für die Klägerin in Höhe von 163,07 Euro für Februar 2019 (um 8,07 Euro höhere Leistungen), in Höhe von 122,57 Euro für März bis Mai 2019 (um 32,43 Euro niedrigere Leistungen), in Höhe von 119,67 Euro für Juni 2019 (7. Geburtstag der Klägerin; um 35,33 Euro niedrigere Leistungen) und in Höhe von 118,70 Euro für Juli bis November 2019 (um 36,30 Euro niedrigere Leistungen). Hierbei berücksichtigte der Beklagte die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung einschließlich der Kosten des Stellplatzes von monatlich 20 Euro, die Müllgebühren nicht mehr mit einem 1/12-Anteil jeden Monat, sondern in voller Höhe nur im Fälligkeitsmonat Februar 2019 und rechnete ein monatliches Einkommen der Mutter der Klägerin in Höhe von 432 Euro brutto wie netto abzüglich von Freibeträgen in Höhe von 166,40 Euro an. Unverändert rechnete er weiterhin ein monatliches Einkommen der Klägerin in Form von Unterhalt in Höhe von 322 Euro und in Form von Kindergeld in Höhe von 194 Euro an, ohne Abzug der Versicherungspauschale. |
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| Auch gegen „den Bescheid“ vom 06.03.2019 legten die Klägerin und ihre Mutter Widerspruch ein (e337; W 175/19). Sie begründeten diesen damit, dass der Leistungszeitraum von dem in § 41 Abs. 3 SGB II vorgesehenen Zeitraum abweiche und dass vom Einkommen der Klägerin die Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro nicht in Abzug gebracht worden sei, obwohl sie eine zusätzliche private Krankenversicherung habe. Bereits zuvor hatte der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 20.02.2019 (e212) mitgeteilt, dass die Klägerin seit Geburt an diversen Erkrankungen leide, für die sie besondere Therapien benötige und erhalte. Insofern sei die Zusatzkrankenversicherung in diesem Fall gerechtfertigt und erforderlich. Zu einer Kostensenkungsaufforderung brachte die Mutter der Klägerin mit Schreiben vom 01.02.2019 gegenüber dem Beklagten vor, dass die Klägerin eine Entwicklungsverzögerung habe und Probleme mit der emotionalen Regulation. Durch die Gesamtumstände sei sie hochbelastet und gehe wöchentlich zum Kinderpsychologen. Sie brauche Stabilität, soziale Sicherheit und die schulischen und sozialen Kontakte. Sie würden aktuell an verschiedenen Maßnahmen teilnehmen, die das Jugendamt ihnen angeboten bzw. dringend empfohlen habe. Die Klägerin gehe in eine sozialpädagogische Gruppe als jugendhilferechtliche Maßnahme und in die Heilpädagogik und sie hätten eine sozialpädagogische Familienhelferin. Hierzu legte sie Bescheinigungen über die psychotherapeutische Behandlung der Klägerin seit August 2018 (e199) und über ihre eigene Behandlung seit Juni 2018 (e200) bzw. seit dem Jahr 2011 (e210) vor. |
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| Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2019 (e339) als unbegründet zurück. Der Bewilligungszeitraum verbleibe beim Zeitraum von Dezember 2018 bis November 2019, mit dem angefochtenen Bescheid sei lediglich eine Änderung für den Teilzeitraum von Februar bis November 2019 erfolgt. Die Pauschale für private Versicherungen sei nicht in Abzug zu bringen vom Einkommen der Klägerin. Die Versicherungsleistungen der privaten Zusatzkrankenversicherung seien dem Grunde nach nicht angemessen und damit auch nicht notwendig. Die Klägerin und ihre Mutter hätten nicht nachgewiesen, dass mit der privaten Zusatzversicherung Leistungsfälle abgedeckt würden, die von der gesetzlichen Krankenkasse nicht übernommen würden und deren Absicherung im Einzelfall geboten sei. Soweit sich die Klägerin in psychotherapeutischer Behandlung befinde und die Indikation einer Verhaltungstherapie gegeben sei, würden die Kosten von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Zum Standard von Familien mit geringem Einkommen zähle für Kinder, die im Rahmen der Familienversicherung krankenversichert seien, eine solche Zusatzversicherung gerade nicht. Zum Erlass des gesonderten Bewilligungsbescheides vom 06.03.2019 neben dem Änderungsbescheid vom 06.03.2019 vermerkte der Beklagte, dass nur der Änderungsbescheid hätte zur Post gegeben werden sollen. Der Versand des gesonderten Bewilligungsbescheides vom 06.03.2019 sei fehlerhaft erfolgt. |
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| Hiergegen hat die Klägerin am 16.04.2019 Klage zum SG erhoben (S 2 AS 1647/19). Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, sie lebe mit ihrer alleinerziehenden Mutter in einer Mietwohnung. Sie erhalte Kindergeld und Unterhalt. Auf sie sei eine Zusatz-Krankenversicherung abgeschlossen mit einem monatlichen Beitrag von 9,83 Euro im Jahr 2018. Hiervon habe der Beklagte Kenntnis. Die Versicherung sei in ihrem Fall erforderlich und sowohl nach Grund und Höhe angemessen. Daher sei der Freibetrag von ihrem Einkommen in Abzug zu bringen. |
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| Das SG hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Klagen keine Aussicht auf Erfolg haben dürften, da ein konkretes gesundheitliches Risiko der Klägerin nicht ersichtlich sei und auch nicht vorgetragen worden sei. |
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| Mit Änderungsbescheid vom 01.06.2019 hat der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit von Juli bis November 2019 teilweise aufgehoben wegen der Erhöhung des Kindergeldes um 10 Euro auf 204 Euro ab Juli 2019. Die der Klägerin bewilligten Leistungen wurden auf monatlich 110,93 Euro reduziert (e386). |
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| Auf die außergerichtliche Mitteilung der Mutter der Klägerin, dass seit Juni 2018 zu viel an Kindesunterhalt angerechnet und die Rückstände nun im Juli 2019 ausbezahlt worden seien, unter Vorlage einer Bestätigung hierzu durch das Landratsamt C., Jugendamt, hat der Beklagte die Klägerin und ihre Mutter mit Schreiben vom 22.07.2019 dazu angehört, dass sich aufgrund der Anrechnung des vollen Unterhalts trotz Rückständen eine Nachzahlung ergebe, wegen der Auszahlung der Rückstände im Juli 2019 hingegen eine Rückforderung und dass Nachzahlung und Rückforderung miteinander verrechnet werden könnten. Die Klägerin und ihre Mutter haben Gelegenheit zur Stellungnahme bis 08.08.2019 erhalten. Die Mutter der Klägerin hat hierzu am 07.08.2019 (e413) telefonisch Kontakt mit dem Beklagten aufgenommen, Weiteres wurde nicht veranlasst (LSG-Akte Bl. 70). |
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| Mit Änderungsbescheid vom 22.07.2019 hat der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Monate August bis November 2019 teilweise aufgehoben und die Leistungen für die Klägerin um jeweils 3 Euro auf 108,61 Euro reduziert im Hinblick auf den Anspruch auf Kindesunterhalt in Höhe von 325 Euro monatlich (e400). Den Widerspruch der Klägerin hiergegen (e427) mit der Begründung, dass die Versicherungspauschale bei ihrem Einkommen nicht in Abzug gebracht worden sei, hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2019 als unzulässig abgewiesen, da der Änderungsbescheid Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei (e431). |
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| Aufgrund der Beendigung der geringfügigen Beschäftigung der Mutter der Klägerin zum 15.09.2019 (e414) hat der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 15.08.2019 Leistungen für November 2019 ohne Anrechnung von Einkommen der Mutter, für die Klägerin in Höhe von 148 Euro (e421) bewilligt und nach Vorlage des Kontoauszuges über den Einkommenszufluss im Oktober 2019 in Höhe von 216 Euro mit Änderungsbescheid vom 17.01.2020 (e888) für Oktober 2019 um 172,80 Euro höhere Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft bewilligt. Der Leistungsanspruch der Klägerin wurde auf 134,24 Euro festgesetzt. |
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| Am 20.10.2019 hat der Klägervertreter über den Elektronischen Rechtsverkehr einen Schriftsatz mit Anlagen an das SG übermittelt, der keinen Eingang in die Klageakte gefunden hat. |
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| Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 03.12.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber in der Sache ohne Erfolg. Streitgegenständlich seien die Bescheide vom 06.03.2019, 01.06.2019, 22.07.2019 und 15.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2019 hinsichtlich des Zeitraums von Februar bis November 2019. Der Beklagte habe zu Recht nicht den Pauschbetrag in Höhe von 30 Euro nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Alg II-V vom Einkommen der Klägerin abgesetzt. Danach könnten Beiträge zu privaten Versicherungen, soweit sie nicht gesetzlich vorgeschrieben seien, nur von den Einnahmen abgezogen werden, wenn sowohl die Art der Versicherung als auch die Höhe der geschuldeten Beiträge angemessen seien. Der Begriff der Angemessenheit sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Auslegung und Anwendung der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliege. Zur Ausfüllung sei abstrakt darauf abzustellen, für welche Lebensrisiken und in welchem Umfang Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Grundsicherungsgrenze üblicherweise Vorsorgeaufwendungen zu tätigen pflegten und konkret zu beachten, welche individuellen Lebensverhältnisse die Situation des Hilfebedürftigen prägten. Maßgeblich sei, ob eine solche Vorsorgeaufwendung üblicherweise von Beziehern von Einkommen knapp oberhalb der Grundsicherungsgrenze getätigt würden oder die individuellen Lebensverhältnisse den Abschluss einer derartigen Versicherung bedingten. Eine in dem Sinne gegebene Üblichkeit – in Abgrenzung zur Einzelfallbetrachtung – setze zumindest voraus, dass in mehr als 50 Prozent der Vergleichshaushalte entsprechende Versicherungen abgeschlossen würden. Grundsätzlich gelte jedoch, dass, wenn bereits ein hinreichender Schutz durch die gesetzliche Sozialversicherung gegeben sei, die Absetzbarkeit von Beiträgen für private Versicherungen, die dieselben Risiken abdecken, im Grundsicherungsrecht schon aus systematischen Gründen ausscheiden. Grundsätzlich werde durch Leistungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung auch ein grundsicherungsrechtlicher Bedarf gedeckt, für den wegen des Schutzes durch die gesetzliche Sozialversicherung keine besonderen Leistungen im SGB II vorgesehen seien. Für die Klägerin bestehe zwar eine private Versicherung bei der B. Versicherung, wobei es sich um eine Zusatzversicherung betreffend Krankenbehandlungen nach dem SGB V, sowie um eine Versicherung bezüglich Krankenhaustagegeld sowie um eine Pflegezusatzversicherung handle. Die diesbezüglich zu erbringenden Beiträge seien aber nicht nach Grund und Höhe angemessen. Es komme hierbei zunächst nicht darauf an, ob die Versicherung von dem Kind persönlich abgeschlossen worden sei und es sei zudem unerheblich, ob es sich um eine „Paketversicherung“ handle, wenn diese - wie hier - einen selbstständigen, ausschließlich auf das Kind bezogenen Anteil enthalte, somit für das Kind ein individueller Versicherungsbeitrag aufzubringen sei. Die für die Klägerin abgeschlossene Zusatzversicherungen seien jedoch nicht angemessen. Das BSG habe insoweit bereits entschieden, dass eine Angemessenheit bei einer Zusatzkrankenversicherung nicht gegeben sei, wenn – wie hier – eine Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe und die medizinische Versorgung im Krankheitsfall damit sichergestellt sei. Die gleichen Grundsätze würden nach Ansicht der Kammer auch für die Pflegeversicherung gelten, soweit – wie hier – eine Familienversicherung bestehe. Es könne im Einzelfall eine Zusatzkrankenversicherung nur dann berücksichtigt werden, wenn ein gesundheitliches Risiko bestehe, das eine zusätzliche Absicherung über die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung hinaus erforderlich mache. Ein solch konkretes gesundheitliches Risiko der Klägerin sei hier aber nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden. Die Kammer verkenne insoweit nicht, dass aus der Verwaltungsakte hervorgehe, dass die Klägerin an einer Entwicklungsverzögerung mit Problemen bei der emotionalen Regulation leide. Dass diese Erkrankung jedoch eine zusätzliche Absicherung über die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung hinaus erforderlich machen würde, sei nicht ersichtlich bzw. nachvollziehbar dargelegt worden. Damit sei die Klage abzuweisen. Die Berufung bedürfte der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da der Beschwerdegegenstand unter 750 Euro liege und im Übrigen nicht wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen seien. Gründe, die Berufung zuzulassen nach § 144 Abs. 2 SGG, lägen jedoch nicht vor. |
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| Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem ihrem Bevollmächtigten am 10.12.2019 zugestellten Urteil hat ausschließlich die Klägerin am 10.01.2020 Beschwerde zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und geltend gemacht, das Urteil leide an einem wesentlichen Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhe. Sie hat den Schriftsatz vom 20.10.2019, allerdings ohne Anlagen, vorgelegt. Streitgegenständlich sei die Frage nach dem Abzug der Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro unter Berücksichtigung der privaten Krankenzusatzversicherung bei ihrem Einkommen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Alg II-V. Das SG habe die Mitteilungen im Schriftsatz vom 20.10.2019 nicht berücksichtigt, sondern nur auf eine Erkrankung, wie sie sich aus der Verwaltungsakte ergebe, abgestellt. Tatsächlich leide sie teilweise seit ihrer Geburt an folgenden Erkrankungen: „expressive Sprachstörung, kombinierte Entwicklungsverzögerung, Störung des Sozialverhaltens, auditive Wahrnehmungsstörung, emotionale Störung, idiopathische Epilepsie, epileptisches Syndrom mit fokal beginnenden Anfällen, Molluscum Contagiosum, Trobozytopathie, sebotthoische Dermatitis, Systemerkrankung, akute Belastungsstörung, akute Belastungsreaktion, emotionale Störung, Verhaltensstörung, Blutgerinnungsstörung“, wie sich aus dem Schriftsatz vom 20.10.2019 ergebe. |
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| Mit Beschluss vom 14.04.2020 hat der Senat die Berufung gegen das Urteil des SG vom 03.12.2019 zugelassen, da der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensfehler vorlag und die Entscheidung auf dem Verstoß beruhen konnte. |
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| In dem als Berufung fortgeführten Verfahren hat der Senat die Klägerin dazu aufgefordert, klarzustellen, seit wann welche Erkrankungen bei ihr in welcher Ausprägung vorliegen, welche zusätzlichen Untersuchungen und Therapien im präventiven Bereich erforderlich und von der Versicherung umfasst sind bzw. waren, in welchem Umfang die Klägerin in der Vergangenheit aufgrund ihrer Erkrankungen dem Schulunterricht fernbleiben und Nachhilfe in Anspruch nehmen musste und inwiefern stationäre Behandlungen erforderlich waren, sowie entsprechende Nachweise vorzulegen. Hierzu hat die Klägerin vorgetragen, aufgrund ihrer Erkrankungen mit psychologischem Schwerpunkt könne sie nicht ohne eine Bezugsperson (ihre Mutter) in einem Krankenhaus untergebracht werden, auch ein Mehrbettzimmer komme nicht in Frage. Die Zusatzversicherung übernehme neben der Behandlung durch den Chefarzt eine Unterbringung in einem gesondert berechenbaren Ein- oder Zweibettzimmer und die Mehrkosten für die Unterbringung des Elternteils. Hierbei würden von der Versicherung die zusätzlichen Unterbringungs- und Verpflegungskosten für eine erwachsene Begleitperson für die Dauer von bis zu vier Wochen je Kalenderjahr übernommen. Von besonderer Bedeutung sei auch, dass im Falle einer Unterbringung einer versicherten Person bis zur Vollendung des 20.Lebensjahres bis zu 200,00 Euro der Aufwendungen für Nachhilfeunterricht von der Versicherung übernommen würden, falls die Klägerin länger als drei Wochen stationär in einem Krankenhaus aufgenommen werde. Die Zusatzversicherung übernehme auch die Kosten für den Transport in ein Krankenhaus sowie den Rettungstransport. Der Versicherungsschutz bestehe seit dem 01.05.2013. Hierzu hat sie ein Schreiben der B. Versicherung vom 28.09.2020 vorgelegt, aus dem sich der Versicherungsbeginn und die Beitragshöhe seither ergibt. Des Weiteren hat sie die Versicherungsbedingungen der von ihr abgeschlossenen Zusatzversicherung auszugsweise vorgelegt und mitgeteilt, dass diese unter https://ga.ruv.de/de/uec/bedingungen/aktuell/ruv-pkx_kranken_verbraucherinfo.pdf im Internet abrufbar sind. Hierauf wird Bezug genommen. |
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| Die Klägerin beantragt sinngemäß, |
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| das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 3. Dezember 2019 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 6. März 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2019 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 1. Juni 2019, 22. Juli 2019, 15. August 2019 und 17. Januar 2020 zu verurteilen, ihr für Februar bis November 2019 weitere Leistungen in Höhe von 30 Euro dergestalt zu gewähren, dass bei der Berechnung ihres Einkommens die Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro in Abzug gebracht wird. |
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| die Berufung zurückzuweisen. |
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| Die GKV trage zusätzlich zu den Kosten für die stationäre Behandlung eines Versicherten auch die Kosten, die durch eine aus medizinischen, therapeutischen oder psychologischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson entstünden. Auch übernehme die GKV die Kosten für den Transport in ein Krankenhaus sowie den Rettungstransport, soweit dies medizinisch notwendig sei. Zwar habe die Klägerin nun einen Nachweis dazu vorgelegt, wann die Versicherung abgeschlossen wurde und wie hoch die Beiträge in den jeweils streitigen Zeiträumen waren. Außerdem habe sie die gewählten Tarife und das entsprechende Bedingungsheft der B. Krankenversicherung AG dazu übersandt. Es liege aber zu den aufgelisteten Erkrankungen der Klägerin nur ein Schreiben vom 29.01.2019 des Psychotherapeuten T. L. vor, aus dem hervorgehe, dass sich die Klägerin seit August 2018 in psychotherapeutischer Behandlung befindet. Die gerichtliche Anfrage zu ihren Erkrankungen habe die Klägerin weitgehend unbeantwortet gelassen. Dass diese eine zusätzliche Absicherung über die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung hinaus erforderlich machen würden, sei nach alledem nicht nachvollziehbar dargelegt. |
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| Auf Nachfrage hat der Beklagte klargestellt, dass nach der Anhörung vom 22.07.2019 insoweit keine weiteren Bescheide ergangen sind. Seines Erachtens mache die Klägerin eine Nachzahlung von SGB II-Leistungen für die Vergangenheit im Hinblick auf die erhaltene Unterhaltsnachzahlung gerade nicht (mehr) geltend. Für den Zeitraum bis 30.11.2018 sehe er darüber hinaus auch keine Veranlassung für eine Nachzahlung, da es sich hierbei um Überprüfungsverfahren gemäß § 44 SGB X handle, im Rahmen derer ausschließlich vorgebracht worden sei, dass die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nur teilweise gewährt und das Einkommen nicht ordnungsgemäß bereinigt worden seien. |
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| Mit Schriftsätzen vom 28.04.2021 und vom 05.05.2021 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. |
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| Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen, der Verwaltungsakte des Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen zu den weiteren zwischen den Beteiligten beim Senat anhängigen und anhängig gewesenen Verfahren L 9 AS 1282/20, L 9 AS 1283/20, L 9 AS 1284/20, L 9 AS 1286/20 und L 9 AS 1287/20 Bezug genommen. |
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