| 1. Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Krankengeld über den 6. Januar 2019 hinaus bis zum 4. Februar 2019 bei einem kalendertäglichen Bruttobetrag von 71,06 EUR (zur Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands nach dem Bruttobetrag des Krankengeldes Senatsurteil vom 23. April 2021 – L 4 KR 2668/20 – m.w.N.; nicht veröffentlicht ) den Betrag von 750,00 EUR deutlich übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). |
|
| 2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2019 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte es ablehnte, der Klägerin über den 6. Januar 2019 hinaus bis zum 4. Februar 2019 Krankengeld zu gewähren. Das Ende des streitbefangenen Zeitraums ergibt sich daraus, dass die Klägerin ab dem 5. Februar 2019 Arbeitslosengeld erhalten hat. |
|
| 3. Die Berufung der Beklagten ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Über den 6. Januar 2019 hinaus stand der Klägerin ein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld nicht zu. Das SG hätte die angefochtenen Bescheide daher nicht aufheben und die Beklagte verurteilen dürfen, der Klägerin über den 6. Januar 2019 hinaus bis 4. Februar 2019 Krankengeld zu gewähren. Die Klage war zwar zulässig (dazu unter a). Die Klägerin war ab dem 7. Januar 2019 aber nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert (dazu unter b). Sie ist auch nicht so zu stellen, als hätte sie noch am Folgetag des Krankengeldbezugs eine ärztliche Feststellung über ihre Arbeitsunfähigkeit herbeigeführt (dazu unter c). Am 7. Januar 2019 bestand auch kein anderes Krankenversicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld (dazu unter d). Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen. |
|
| a) Das SG ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) zulässig war. Über die Rechtzeitigkeit der Klage hat der Senat unabhängig von einer Prozessrüge der Beklagten zu befinden, weil es sich um eine auch in der Berufungsinstanz fortwirkende Sachurteilsvoraussetzung handelt (BSG, Urteil vom 12. Juni 1992 – 11 RAr 65/91 – juris, Rn. 21). Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben. Die Klage ist bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben (§ 90 SGG). Für die Entscheidung darüber, ob die Klägerin die Klagefrist eingehalten hat, kann offenbleiben, ob der Stempelvermerk auf der Niederschrift der Sitzung des Widerspruchsausschusses vom 12. Juni 2019 („Tag der Aufgabe bei der Post 17. Juni 2019 DAK 003410“) genügt, um die Voraussetzungen der Zugangsfiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X zu erfüllen. Die Klägerin hat jedenfalls nicht schon - wie vom SG angenommen - mit ihrem Schreiben vom 23. Juli 2019 gemäß § 91 Abs. 1 SGG Klage bei der Beklagten eingereicht. Denn bei diesem Schreiben handelt es sich nicht um eine Klageschrift. Nach § 91 Abs. 1 SGG gilt: Die Frist für die Erhebung der Klage gilt auch dann als gewahrt, wenn die Klageschrift innerhalb der Frist statt bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit bei einer anderen inländischen Behörde oder bei einem Versicherungsträger oder bei einer deutschen Konsularbehörde oder, soweit es sich um die Versicherung von Seeleuten handelt, auch bei einem deutschen Seemannsamt im Ausland eingegangen ist. Für die Bestimmung eines Schriftstückes als Klage gelten die gleichen Voraussetzungen wie bei § 90 SGG. Im Zweifel muss durch Auslegung ermittelt werden, ob eine Klage gewollt ist (vgl. Föllmer, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, Stand März 2021, § 91 SGG Rn. 11). Bei dem an die Beklagte (und nicht etwa an das SG) adressierte Schreiben der Klägerin vom 23. Juli 2019 handelte es sich lediglich um die Ankündigung einer Klage, so dass hierin noch keine Klageerhebung gesehen werden kann (vgl. hierzu Jaritz, in: BeckOGK SGG, Stand Mai 2021, § 90 Rn. 17 m.w.N.; Föllmer, a.a.O., Stand August 2020, § 90 SGG Rn. 13). Denn die Klägerin kündigte hierin gegenüber der Beklagten lediglich die „Einleitung einer Sozialgerichtsklage“ an, weshalb sie zum einen die Beklagte gebeten hatte, die gesetzliche Klagefrist ab dem 9. Juli 2019 laufen zu lassen, und zum anderen die Mitteilung begehrt hatte, welches „weitere procedere“ notwendig sei, damit sie „die nötigen Schritte einleiten“ könne. Auch die Beklagte hat dieses Schreiben so ausgelegt und die Klägerin auf die Möglichkeit eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand hingewiesen. Diesem Hinweis ist die Klägerin am 2. August 2019 gefolgt, in dem sie an diesem Tag persönlich beim SG Klage gegen den Bescheid vom 10. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2019 erhob und zugleich beantragte, ihr hinsichtlich der Fristversäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. |
|
| Der Klägerin ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 67 Abs. 1 SGG). Das Rechtsmittelgericht darf anstelle des eigentlich für die Entscheidung über die Wiedereinsetzung zuständigen Gerichts die Wiedereinsetzung dann gewähren, wenn die Vorinstanz - wie vorliegend - nicht über die Wiedereinsetzung entschieden hat (BSG, Urteil vom 12. Juni 1992 – 11 RAr 65/91 – juris, Rn. 21; Senger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, Stand Dezember 2020, § 67 SGG Rn. 75). Die Klägerin hat ihren Wiedereinsetzungsantrag damit begründet, dass sie vom 18. Juni 2019 bis 9. Juli 2019 in einer stationären Rehabilitationsmaßnahme gewesen sei, wobei der Krankenkasse bekannt gewesen sei, dass sie eine Rehabilitationszusage in der Klinik M in W1 gehabt habe. Zudem habe sie vor Antritt der Rehabilitationsmaßnahme bei der Beklagten mehrmals telefonisch angefragt, wann abschließend über ihren Widerspruch entschieden werde. Man habe ihr gesagt, sie werde rechtzeitig informiert werden. Sie habe ihre Nachbarin, die sich um die Post gekümmert habe, auch angerufen. Diese habe ihr aber mitgeteilt, dass kein Einschreiben eingegangen sei. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten sei ganz unten im Poststapel gewesen, sodass sie erst am 23. Juli 2019 nach Abarbeitung des Poststapels auf diesen aufmerksam geworden sei. Der Senat entnimmt all dies dem Schreiben der Klägerin vom 9. März 2020. Nachdem die Beklagte dem Vortrag der Klägerin, wonach sie vom Zeitpunkt der Rehabilitationsmaßnahme in Bad W. gewusst habe, nicht entgegengetreten ist, geht der Senat davon aus, dass die Klägerin aufgrund ihrer vorübergehenden Ortsabwesenheit (weniger als sechs Wochen; vgl. hierzu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 67 Rn. 7 m.w.N.) unverschuldet bis 9. Juli 2019 vom Zugang des Widerspruchsbescheids keine Kenntnis hatte und sie deshalb unverschuldet gehindert war, die Klagefrist einzuhalten. Diese unverschuldete Unkenntnis dauerte im vorliegenden Fall zumindest bis zum 30. Juli 2019 an. Denn die damals unvertretene Klägerin war offenbar der Auffassung, dass die Beklagte aufgrund ihrer - der Beklagten bekannten - rehabilitationsbedingten Ortsabwesenheit befugt sei, die Frist zur Klageerhebung ab dem 9. Juli 2019 (Tag der Rückkehr aus der Rehabilitationsmaßnahme) laufen zu lassen. Mit Schreiben vom 30. Juli 2019 hat die Beklagte die Klägerin auf die Rechtslage und die Möglichkeit, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen, informiert. Im unmittelbaren Anschluss daran hat die Klägerin am 2. August 2019 Klage beim SG eingereicht und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Unter Beachtung der Gesamtumstände und hierbei insbesondere, dass vorliegend nicht sicher festgestellt werden kann, wann der Klägerin der Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2019 zugegangen ist, ist ihr gemäß § 67 Abs. 1 SGG antragsgemäß Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Klagefrist zu gewähren, nachdem sie innerhalb der einmonatigen Frist des § 67 Abs. 2 Satz 1 SGG am 2. August 2019 beim SG den Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt und Klage erhoben hat. |
|
| b) Die Klägerin war ab dem 7. Januar 2019 nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert. |
|
| Zwar endete die durch Beschäftigung (vgl. § 186 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) vermittelte Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten bereits mit Ablauf des 30. Juni 2018, weil an diesem Tag ihr Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt mit der Firma M Ausbildung & Service gGmbH endete (vgl. § 190 Abs. 2 SGB V). Dies entnimmt der Senat der Entgeltbescheinigung der früheren Arbeitgeberin der Klägerin vom 10. Juli 2018. Jedoch blieb die durch die Versicherungspflicht als Beschäftigter begründete Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bis zum Ablauf des 6. Januar 2019 erhalten, weil sie mit Beginn des 1. Juli 2018 bis einschließlich 6. Januar 2019 tatsächlich Krankengeld (in Höhe von kalendertäglich 71,06 EUR brutto) bezogen hat. Dies entnimmt der Senat dem Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 2018 und den übereinstimmenden Angaben der Beklagten und der Klägerin. |
|
| Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn - abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung - Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestands für Krankengeld vorliegt (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 29. Oktober 2020 – B 3 KR 6/20 R – juris, Rn. 11; Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 22/15 R – juris, Rn. 15; Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 9 m.w.N.; Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – juris, Rn. 8 m.w.N.). |
|
| (1) Nach § 46 Satz 1 SGB V in der ab 23. Juli 2015 (bis 10. Mai 2019) geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 15 Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG) vom 16. Juli 2015 (BGBl. I, S. 1211) entsteht der Anspruch auf Krankengeld (1.) bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, § 24, § 40 Abs. 2 und § 41 SGB V) von ihrem Beginn an, (2.) im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an. Nach § 46 Satz 2 SGB V bleibt der Anspruch auf Krankengeld jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage. Der mit Wirkung zum 11. Mai 2019 durch Art. 22 Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (TSVG) vom 6. Mai 2019 (BGBl. I, S. 646) eingefügte Satz 3 ist vorliegend nicht anzuwenden, da dieser erst zum 11. Mai 2019 in Kraft trat (Art. 17 Abs. 1 TSVG), also ausschließlich für die Zukunft ohne gesetzliche Rückwirkung (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 22/15 R – juris, Rn. 16; zum sog. Geltungszeitraumprinzip BSG, Urteil vom 21. März 2019 – B 14 AS 31/18 R – juris, Rn. 13 m.w.N.; Urteil vom 8. Mai 2019 – B 14 AS 13/18 R – juris, Rn. 11; Senatsurteil vom 20. April 2020 – L 4 KR 3862/18; Senatsbeschluss vom 3. März 2020 – L 4 KR 2260/19 – jeweils n.v.). |
|
| Wird Krankengeld wegen ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit begehrt, ist im streitigen Zeitraum für den Umfang des Versicherungsschutzes demgemäß grundsätzlich auf den Tag abzustellen, der dem nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit folgt (siehe zur früheren Fassung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V: BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 10 m.w.N.; Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – juris, Rn. 9 m.w.N.). Das BSG hat wiederholt entschieden, dass das Gesetz weder einen Anhalt für das Verständnis des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V (in der bis zum 22. Juli 2015 geltenden Fassung) als bloßer Zahlungsvorschrift noch dafür, dass der Krankengeldanspruch gemäß § 44 SGB V schon bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entsteht, bietet (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 10 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – juris, Rn. 9 m.w.N.). Diese Grundsätze sind auf die ab 23. Juli 2015 geltende Regelung (§ 46 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 SGB V) zu übertragen. |
|
| Die - hier durch die versicherungspflichtige Beschäftigung begründete - Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) besteht unter den Voraussetzungen des § 192 SGB V fort. Sie bleibt nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V unter anderem erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 11 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – juris, Rn. 12 m.w.N.). § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V verweist damit wieder auf die Vorschriften über den Krankengeldanspruch, die ihrerseits voraussetzen, dass ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld vorliegt. Um diesen Anforderungen zu genügen, reicht es aus, dass Versicherte am letzten Tage des Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld alle Voraussetzungen erfüllen, um spätestens mit Beendigung dieses Tages - und damit zugleich mit Beginn des nächsten Tages - einen Krankengeldanspruch entstehen zu lassen (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 11; eingehend BSG, Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 19/11 R – juris, Rn. 12 ff.; BSG, Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 22/15 R – juris, Rn. 16). Die Aufrechterhaltung der Versicherung mit Krankengeldanspruch setzt insoweit nur eine Nahtlosigkeit dieser Versicherung und der Entstehung des Rechts auf die Sozialleistung voraus, also die Entstehung des Anspruchs auf die Sozialleistung in unmittelbarem zeitlichen Anschluss an das Ende des Beschäftigungsverhältnisses (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 11). § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V setzt im Übrigen unabdingbar sowohl bei der Erstfeststellung der Arbeitsunfähigkeit als auch bei nachfolgenden Feststellungen die persönliche Untersuchung des Versicherten durch einen Arzt voraus (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 13 m.w.N.). |
|
| Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit, aber abschnittsweiser Krankengeldbewilligung ist jeder Bewilligungsabschnitt eigenständig zu prüfen (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 12 m.w.N.). Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs ist es deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Arbeitsunfähigkeit spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erneut ärztlich festgestellt wird (§ 46 Satz 2 SGB V). Dies folgt schon aus der durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V vorgegebenen Notwendigkeit, Krankengeld nur auf der Grundlage einer bestmöglich fundierten ärztlichen Einschätzung zu gewähren. Unter den realen Bedingungen und Erschwernissen (vertrags-)ärztlichen Versorgungsgeschehens im Praxisalltag sind Arbeitsunfähigkeitsfeststellungen nicht selten auf unsicherer Grundlage und zudem schnell vorzunehmen. Auch sind die Krankenkassen im Verwaltungsvollzug angesichts der Krankengeldfälle als Massenphänomen mit faktisch nur eingeschränkten Prüfmöglichkeiten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in besonderer Weise auf eine sorgfältige ärztliche Begutachtung angewiesen, um rechtswidrige Krankengeldbewilligungen zu vermeiden. Eine ausreichende Bewältigung dieser aus tatsächlichen Gegebenheiten resultierenden Schwierigkeiten vermag nur eine unmittelbare persönliche Untersuchung des Versicherten durch den Arzt zu gewährleisten. Bei den Fällen, bei denen der Arzt aufgrund sorgfältiger Untersuchung des Versicherten absehen kann, dass dessen Arbeitsunfähigkeit längere Zeit andauern wird, kann er dem insbesondere durch eine entsprechend längere Befristung der voraussichtlichen Arbeitsunfähigkeitsdauer Rechnung tragen. Macht der Arzt von dieser Möglichkeit nicht GebR., muss er sich bei jeder (Folge-)Arbeitsunfähigkeitsfeststellung erneut durch eine unmittelbare persönliche Untersuchung des Versicherten die Gewissheit verschaffen, dass und gegebenenfalls wie lange die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich noch andauern wird (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 12 m.w.N.). |
|
| (2) Diese Voraussetzungen sind für die Zeit ab dem 7. Januar 2019 (einem Montag) vorliegend nicht erfüllt, weil eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nicht spätestens am nächsten Werktag nach Ablauf des letzten Krankengeldbewilligungsabschnitts (bis 6. Januar 2019) erneut ärztlich festgestellt wurde. Hieran fehlt es vorliegend. |
|
| Die Arbeitsunfähigkeit hätte spätestens am Montag, den 7. Januar - dem nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit - erneut ärztlich festgestellt werden müssen. Dies war nicht der Fall. Zwar gab es an diesem Tag durch die fachärztliche (gynäkologische) Untersuchung der Klägerin einen unmittelbaren persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt (vgl. zu diesem Erfordernis BSG, Urteil vom 29. Oktober 2020 – B 3 KR 6/20 R – juris, Rn. 22). Dies entnimmt der Senat der Bescheinigung der M und R vom 7. Januar 2019 und dem eigenen Vortrag der Klägerin. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - wie etwa in der Vergangenheit durch K (wegen der Diagnose Z 90.7) am 6. September 2018 - wurde jedoch von der G (Frauenarztpraxis M und R) unstreitig nicht ausgestellt. |
|
| Eine rückwirkende Bestätigung von Arbeitsunfähigkeit ist nicht ausreichend. Maßgeblich ist allein die tatsächliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit spätestens am nächsten Werktag, die nur durch eine persönliche Untersuchung des Versicherten durch den Arzt erfolgen kann. Ihren Hausarzt suchte die Klägerin aber nicht bereits am 7., sondern erst am 8. Januar 2019 auf. Dass der P in seiner Folgebescheinigung vom 8. Januar 2019 von einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit der Klägerin seit dem 6. Juni 2018 ausging, genügt daher nicht. |
|
| Das Fehlen einer lückenlosen, für die weitere Krankengeldgewährung nötigen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit beendete damit an sich die nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V aufrechterhaltene Pflichtmitgliedschaft und den Krankenversicherungsschutz mit Krankengeldanspruch ab dem 7. Januar 2019. Grundsätzlich hat der Versicherte i.S. einer Obliegenheit dafür Sorge zu tragen, dass eine rechtzeitige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erfolgt (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BSG, Urteil vom 29. Oktober 2020 – B 3 KR 5/20 R – juris, Rn. 15). |
|
| b) Ein Sachverhalt, bei dem die Arbeitsunfähigkeitsfeststellung für einen weiteren Bewilligungsabschnitt ausnahmsweise hätte nachgeholt werden können, liegt hier nicht vor. |
|
| (1) Die Rechtsprechung des BSG hat trotz der gebotenen grundsätzlich strikten Anwendung des § 46 SGB V in engen Grenzen Ausnahmen zugelassen, wenn die ärztliche Feststellung (oder die rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) durch Umstände verhindert oder verzögert worden ist, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkassen und nicht dem Verantwortungsbereich des Versicherten zuzurechnen sind (zusammenfassend m.w.N. BSG, Urteile vom 29. Oktober 2020 – B 3 KR 6/20 R [juris, Rn. 24 ff.] und B 3 KR 5/20 R [juris, Rn. 17 ff.]; Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 22/15 R – juris, Rn. 22). Derartiges hat das BSG bejaht bei Fristversäumnissen wegen Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit des Versicherten, im Falle des verspäteten Zugangs der Arbeitsunfähigkeitsmeldung bei der Krankenkasse aufgrund von Organisationsmängeln, die diese selbst zu vertreten hat, für Fälle einer irrtümlichen Verneinung der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten aufgrund ärztlicher Fehlbeurteilung sowie bei einem von der Krankenkasse rechtsfehlerhaft bewerteten Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nach Aufgabe des letzten Arbeitsplatzes. In Weiterentwicklung dieser Rechtsprechung hat das BSG (Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 22/15 R – juris, Rn. 26) außerdem eine Ausnahme anerkannt, wenn |
|
| 1. der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, indem er einen zur Diagnostik und Behandlung befugten Arzt persönlich aufgesucht und ihm seine Beschwerden geschildert hat, um |
|
| (a) die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erreichen, und |
|
| (b) dies rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. -erhaltenden zeitlichen Grenzen für den Krankengeldanspruch erfolgt ist, |
|
| 2. er an der Wahrung der Krankengeldansprüche durch eine (auch nichtmedizinische) Fehlentscheidung des Vertragsarztes gehindert wurde (z.B. eine irrtümlich nicht erstellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung), und |
|
| 3. er - zusätzlich - seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich, spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend macht. |
|
| Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist der Versicherte so zu behandeln, als hätte er von dem aufgesuchten Arzt rechtzeitig die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erhalten (BSG, Urteil vom 29. Oktober 2020 – B 3 KR 5/20 R – juris, Rn. 18 f.). |
|
| Einem „rechtzeitig“ erfolgten Arzt-Patienten-Kontakt hat das BSG in neueren Entscheidungen (BSG, Urteile vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R sowie B 3 KR 10/19 R; Urteile vom 29. Oktober 2020 – B 3 KR 6/20 R und B 3 KR 5/20 R) Fälle gleichgestellt, in denen der erforderliche Arzt-Patienten-Kontakt nicht rechtzeitig zustande gekommen ist, weil dies auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Vertragsarztes (und nicht des Versicherten) liegen, und die auch den Krankenkassen zuzurechnen sind (BSG, Urteil vom 29. Oktober 2020 – B 3 KR 5/20 R – juris, Rn. 24; BSG, Urteil vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R – juris, Rn. 25 f.). |
|
| Ein Versicherter hat dann auch Anspruch auf Krankengeld bei Arbeitsunfähigkeit ab dem Folgetag eines vereinbarten, zur ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit rechtzeitigen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakts, wenn es zu diesem Kontakt aus dem Vertragsarzt und der Krankenkasse zurechenbaren Gründen erst verspätet, aber nach Wegfall dieser Gründe gekommen ist. Denn es steht einem „rechtzeitig“ erfolgten persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gleich, wenn der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat. Dies ist der Fall, wenn er rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. -erhaltenden zeitlichen Grenzen versucht hat, eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erhalten, und es zum persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt aus dem Vertragsarzt und der Krankenkasse zurechenbaren Gründen erst verspätet, aber nach Wegfall dieser Gründe gekommen ist. Das ist typischerweise anzunehmen in Fällen einer auf Wunsch des Vertragsarztes bzw. seines von ihm angeleiteten Praxispersonals erfolgten Verschiebung des vereinbarten rechtzeitigen Arzttermins in der (naheliegenden) Vorstellung, ein späterer Termin sei für den Versicherten leistungsrechtlich unschädlich, weil nach der AU-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) auch die begrenzte rückwirkende ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit statthaft sei. Gleiches kann anzunehmen sein in Fällen, in denen ein rechtzeitiger Arzttermin vereinbart werden sollte, vom Vertragsarzt oder seinem Personal aber ein späterer Termin vergeben worden ist in der Vorstellung, dies sei für den Versicherten unschädlich. In diesen Fällen liegen die Gründe für das nicht rechtzeitige Zustandekommen eines Termins zur ärztlichen Folgefeststellung der Arbeitsunfähigkeit jeweils in der Sphäre des Vertragsarztes und nicht in derjenigen des Versicherten (BSG, Urteil vom 29. Oktober 2020 – B 3 KR 5/20 R –, Rn. 20 ff.). Der Versicherte ist aber selbst bei einem nicht rechtzeitig erfolgten Termin zur ärztlichen Feststellung der (Folge-)Arbeitsunfähigkeit nicht von seiner Obliegenheit befreit, einen Arzttermin zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit - wenn auch verspätet - persönlich wahrzunehmen, um seinen Anspruch auf Krankengeld aufrechtzuerhalten. |
|
| Diese (Ausnahme-)Voraussetzungen liegen nicht vor. Zwar kam es am 7. Januar 2019 zu einem persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt mit der G (Frauenarztpraxis M und R). Die Klägerin hat diese Praxis aber nicht zur Feststellung ihrer Arbeitsunfähigkeit aufgesucht, sondern weil sie während eines laufenden Genehmigungsverfahrens hinsichtlich einer bei der Deutschen Rentenversicherung Bund beantragten Rehabilitationsmaßnahme von dieser aufgefordert worden war, einen aktuellen gynäkologischen Befundbericht vorzulegen. Dies entnimmt der Senat den eigenen Angaben der Klägerin in ihrem während des Klageverfahren vorgelegten Schreibens vom 21. August 2018. Soweit die Klägerin erstmals im Erörterungstermin vorgetragen hat, sie habe die G auch nach einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gefragt und diese habe ihr mitgeteilt, dass hierfür der Hausarzt zuständig sei, ändert dies am Ergebnis nichts. Denn es kommt nicht darauf an, dass überhaupt ein Arzt-Patienten-Kontakt am maßgeblichen Tag stattgefunden hat. Vielmehr ist maßgeblich, dass ein persönlicher Kontakt zu einem Arzt hergestellt wird, der zur Diagnostik und Behandlung befugt ist, um ihm die Beschwerden zu schildern, damit die Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld festgestellt werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober 2020 – B 3 KR 6/20 R – juris, Rn. 25). Selbst wenn der Senat die Behauptung der Klägerin im Erörterungstermin als wahr unterstellt, liegt es auf der Hand, dass die Frauenärztin aufgrund ihres Fachgebiets nicht befugt war, die vom P herangezogene Hauptdiagnose einer Bursitis praepatellaris rechts (vgl. dessen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 21. Dezember 2018 und 8. Januar 2019) zu diagnostizieren und eine darauf beruhende Arbeitsunfähigkeit festzustellen. Eine Fehlentscheidung der Frauenärztin, die Voraussetzung für die Anerkennung einer Ausnahme wäre (s. oben), liegt daher nicht vor. |
|
| Die Klägerin hat aber auch nicht alles in ihrer Macht stehende getan, um die Arbeitsunfähigkeit am 7. Januar 2019 durch ihren damals behandelnden P feststellen zu lassen. Nach ihrem eigenen Vortrag (gestützt durch die Angaben ihrer Tochter in deren eidesstattlichen Versicherung vom 14. August 2019) wusste die Klägerin spätestens am 2. Januar 2019, dass es am 7. Januar 2019 keine „regulären“ Termine bei ihrem P gab. Denn dieser war nach den unbestrittenen Angaben der Klägerin nur im Rahmen einer Notfallsprechstunde am 7. Januar 2019 in der Praxis anwesend. Allerdings hat die Klägerin auch angeben, dass sie zum einen wusste, dass sie die Arbeitsunfähigkeit lückenlos ärztlich bescheinigen muss, und zum anderen, dass sie die Notfallsprechstunde am 7. Januar 2019 wegen ihres Frauenarzttermins bewusst nicht aufgesucht hat. Im Hinblick auf die den Versicherten treffende Obliegenheit Sorge dafür zu tragen, dass eine rechtzeitige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erfolgt (vgl. nur BSG, Urteil vom 29. Oktober 2020 – B 3 KR 5/20 R – juris, Rn. 15), hätte die Klägerin sowohl vor als auch nach dem Termin zumindest versuchen müssen, im Rahmen der ärztlichen Notfallsprechstunde bei ihrem P am 7. Januar 2019 einen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt herzustellen, um die Arbeitsunfähigkeit weiter feststellen zu lassen. Zwar war sie von 9.00 bis 10.30 Uhr in der Frauenarztpraxis M und R, was sich aus deren Bescheinigung vom 7. Januar 2019 ergibt. Wie im Erörterungstermin mit den Beteiligten besprochen, beträgt die Fahrzeit zwischen der Hauspraxis P (B) und der Frauenarztpraxis M und R (L) ca. 23 Minuten. Im Hinblick auf diese geringe Zeitspanne (auch wenn die Klägerin vorgetragen hat, dass es Winter gewesen sei) wäre es der Klägerin zumutbar gewesen, entweder vor oder nach dem Frauenarzttermin die Notfallsprechstunde ihres P, die nach den Angaben im Erörterungstermin ab 8.00 Uhr begann und „faktisch“ um 11.00 Uhr endete, aufzusuchen. Diesen Versuch hat die Klägerin aber bewusst nicht unternommen, sodass der Senat nicht davon überzeugt ist, dass sie alles in ihrer Macht Stehende und ihr Zumutbare unternommen hat, um am 7. Januar 2019 eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu erreichen. |
|
| Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe trotz ihrer Bemühungen keinen Termin bei einem Vertretungsarzt der Hausarztpraxis erhalten und ihr P in seinem Attest vom 15. Januar 2019 mitgeteilt hat, dass die Klägerin eine Folgebescheinigung erst am 8. Januar 2019 habe erhalten können, da vorher kein Termin habe vereinbart werden können, liegt kein Fall vor, der unter die dargestellte Ausnahmerechtsprechung des BSG fällt. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin liegt ein der Beklagten zurechenbares Fehlverhalten des P bzw. seiner Praxisangestellten nicht vor. Zum einen liegt das Risiko, bei einem bestimmten Vertragsarzt nicht umgehend einen gewünschten Termin zu erhalten, im Risikobereich des Patienten (Bayerisches LSG, Urteil vom 25. November 2020 – L 4 KR 14/20 – juris, Rn. 49). Zum anderen hätte die Möglichkeit bestanden, ohne Termin am 7. Januar 2019 die Notfallsprechstunde ihres P zu besuchen. Die Klägerin wusste bereits am 2. Januar 2019, dass sie am 7. Januar 2019 keinen „regulären“ Termin erhalten konnte. Sie hat nach ihren eigenen Angaben aber weder versucht, ihren Frauenarzttermin zu verschieben, noch hat sie die Option genutzt, in die (offene) Notfallsprechstunde ihres P zu gehen. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Klägerin am 7. Januar 2019 nach Erscheinen in der Notfallpraxis - etwa aufgrund von Überfüllung oder einer Weigerung ihres P bzw. seines Praxispersonals - gehindert worden wäre, einen Arzt-Patienten-Kontakt herzustellen. So liegt der Fall hier aber nicht. |
|
| c) Auch aufgrund des ab dem 7. Januar 2019 bestehenden Krankenversicherungsverhältnisses hat die Klägerin trotz der am 8. Januar 2019 erfolgten Feststellung der Arbeitsunfähigkeit keinen Anspruch auf Krankengeld. |
|
| aa) Mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses endete am 30. Juni 2018 die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Die Mitgliedschaft blieb für die Dauer des Bezugs von Krankengeld bis zum 6. Januar 2019 nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bestehen. Eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V trat danach nicht ein. Danach sind versicherungspflichtig Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 SGB III) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 SGB III) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist. Die Klägerin hat sich am 4. Februar 2019 bei der Agentur für Arbeit Ulm mit Wirkung zum 5. Februar 2019 arbeitslos gemeldet (vgl. Bl. 133 der Verwaltungsakte der Agentur für Arbeit Ulm) und erst ab diesem Zeitpunkt Arbeitslosengeld bezogen. Anhaltspunkte dafür, dass im streitigen Zeitraum der Arbeitslosengeldanspruch wegen einer Sperrzeit oder einer Urlaubsabgeltung ruhte, liegen nicht vor. Dies wird von der Klägerin auch nicht behauptet. |
|
| bb) Der Klägerin steht auch kein nachgehender Leistungsanspruch (§ 19 Abs. 2 SGB V) für die Zeit ab dem 8. Januar 2019 (= Tag der Feststellung der weiteren Arbeitsunfähigkeit durch P.) bis zum 4. Februar 2019 zu. In diesem Zeitraum war die Klägerin freiwillig versichert (§ 188 Abs. 4 Satz 1 SGB V), sodass ein Krangeldanspruch nicht auf § 19 Abs. 2 SGB V gestützt werden kann. |
|
| Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V besteht, wenn die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger endet, Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Ein solch nachgehender Anspruch kommt lediglich in Betracht, falls die Klägerin ab dem 8. Januar 2019 nicht auf andere Weise Krankenversicherungsschutz genoss (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 18 m.w.N.). Denn der aus der früheren Mitgliedschaft abgeleitete Versicherungsschutz ist gegenüber Ansprüchen aus einem aktuellen Versicherungsverhältnis grundsätzlich nachrangig (BSG, a.a.O.). |
|
| Die Klägerin war ab dem 7. Januar 2019 bei der Beklagten freiwillig versichert (vgl. § 188 Abs. 4 Satz 1 SGB V in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung). Für Personen, deren Versicherungspflicht oder Familienversicherung - wie hier mit Ablauf des 6. Januar 2019 - endet, setzt sich die Versicherung mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht oder mit dem Tag nach dem Ende der Familienversicherung als freiwillige Mitgliedschaft fort, es sei denn, das Mitglied erklärt innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis der Krankenkasse über die Austrittsmöglichkeiten seinen Austritt. Einen Austritt hat die Klägerin innerhalb der Zweiwochenfrist nicht erklärt. |
|
| Die obligatorische Anschlussversicherung nach Ende der Versicherungspflicht gilt nach § 188 Abs. 4 Satz 3 SGB V nicht für Personen, deren Versicherungspflicht endet, wenn die übrigen Voraussetzungen für eine Familienversicherung erfüllt sind (dies ist vorliegend bei der geschiedenen Klägerin unstreitig nicht der Fall) oder ein Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 SGB V besteht, sofern im Anschluss daran das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen wird. Für das Konkurrenzverhältnis zwischen dem beitragsfreien nachgehenden Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V und der Auffangpflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V hat das BSG geklärt, dass der nachgehende Leistungsanspruch nur gegeben ist, wenn aufgrund einer Prognose davon auszugehen ist, dass spätestens nach Ablauf eines Monats eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall begründet werden wird (vgl. § 5 Abs. 8a Satz 4 SGB V). Maßgeblich ist der zu erwartende Ablauf bei vorausschauender Betrachtung. Der Versicherungsstatus Betroffener darf nicht in der Schwebe bleiben (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 19/11 R – juris, Rn. 30 ff.). Die Prognose ist am Ende der bisherigen Pflichtversicherung zu treffen; ergibt sich bei einer ursprünglich positiven Prognose während des Monats eine Änderung der Verhältnisse, so ist die Prognose neu vorzunehmen. Stellt sich im Laufe des Monats vorausschauend heraus, dass sich an den nachgehenden Leistungsanspruch kein Versicherungspflichtverhältnis nahtlos anschließen wird, so entfallen die Voraussetzungen für den nachgehenden Leistungsanspruch ab diesem Zeitpunkt und die Versicherungspflicht richtet sich nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 4. März 2014 – B 1 KR 68/12 R, Rn. 25, juris). Das Konkurrenzverhältnis zwischen der obligatorischen Anschlussversicherung und dem nachgehenden Leistungsanspruch ist in § 188 Abs. 4 Satz 3 SGB V im Ansatz entsprechend geregelt, so dass die dargestellten Grundsätze - entgegen der Auffassung der Klägerin - übertragbar sind (ebenso LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9. Juli 2020 – L 5 KR 101/19 – juris, Rn. 28). Denn maßgeblich ist, dass zum Zeitpunkt des Endes einer Pflichtversicherung der Versicherungsstatus nicht offen bzw. schwebend sein darf. Dieser allgemeine Grundsatz macht es notwendig, auch im Rahmen von § 188 Abs. 4 Satz 3 SGB V eine Prognose anzustellen. Hinzu kommt in § 188 Abs. 4 Satz 3 SGB V das in § 5 Abs. 8a SGB V nicht enthaltene Erfordernis, dass das anschließende Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall „nachgewiesen“ werden muss. Der gesetzlich geforderte Nachweis tritt als weitere Voraussetzung zur Prognose hinzu. Weist das Mitglied eine anderweitige Absicherung nicht nach, gilt (auch bei positiver Prognose) § 188 Abs. 4 Satz 1 SGB V mit der Folge, dass auch für die Dauer des nachgehenden Anspruchs eine (den Krankengelsanspruch verdrängende) freiwillige Mitgliedschaft besteht (vgl. Senger, in: Krauskopf, Kommentar zum SGBV/SGB XI, Stand Mai 2021, § 188 SGB V Rn. 21; Peters, in: Kasseler Kommentar, Stand Mai 2021, § 188 Rn. 18). |
|
| Zwar bestand vorliegend aufgrund des Arbeitslosengeldbezugs ab dem 5. Februar 2019 innerhalb eines Monats nach dem Ende der früheren Pflichtmitgliedschaft ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall. Die Beklagte hat aber zutreffend darauf hingewiesen, dass mit Ablauf des 6. Januar 2019 nicht prognostisch angenommen werden konnte, dass die Klägerin innerhalb eines Monats nach dem Ende ihrer bisherigen Mitgliedschaft eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall erhalten würde. Denn der behandelnde P gab in seinem Bericht bezüglich des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin vom 7. Dezember 2019 unter Bezugnahme auf die bislang diagnostizierten Erkrankungen an, der Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsunfähigkeit sei nicht absehbar. Nachdem die Verfügbarkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch die Agentur für Arbeit Ulm bereits ab dem 1. Juli 2018 verneint wurde (vgl. Aufhebungsbescheid vom 5. Juli 2018) und die Klägerin in der Folgezeit (d.h. vor dem 4. Februar 2019) sich nicht erneut arbeitslos meldete, bestanden mit Ablauf des 6. Januars 2019 keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin innerhalb eines Monats für den allgemeinen Arbeitsmarkt (zumindest im Rahmen ihres Restleistungsvermögens) wieder verfügbar sein und damit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erwerben würde. Dagegen spricht auch der Umstand, dass P. noch am 8. Januar 2019 eine (Folge-)Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit einer Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich 17. Februar 2019, also über die Monatsfrist hinaus, ausgestellt hat. Erst durch den rückwirkenden Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit Ulm vom 14. Februar 2019 stand fest, dass die Klägerin ab dem 5. Februar 2019 eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall erhält. Bis zu diesem Zeitpunkt konnten weder die Klägerin noch die Beklagte wissen, ob, ab wann und auf welche Weise die Klägerin anderweitig als durch die obligatorische Anschlussversicherung im Krankheitsfall abgesichert sein würde. Eine solche Ungewissheit über den Versicherungsstatus des Betroffenen ist, wie ausgeführt, zu verhindern. |
|
| |
| 5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen. |
|