Beschluss vom Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern (3. Senat) - L 3 SB 67/13 B PKH

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts C-Stadt vom 18. Oktober 2013, mit dem der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt worden ist, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

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Die Beteiligten streiten in der Hauptsache um einen Anspruch des Klägers auf ein Beiblatt zum Schwerbehindertenausweis mit einer unentgeltlichen Wertmarke gemäß § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 Sozialgesetzbuch 9. Buch (SGB IX).

2

Der Kläger ist schwerbehindert mit einem GdB 100 und hat das Merkzeichen B. Er wohnt in einem Heim für behinderte Menschen. Am 29. Januar 2013 beantragte der Kläger das Beiblatt mit einer unentgeltlichen Wertmarke zum Schwerbehindertenausweis, weil er Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs 12. Buch (SGB XII) beziehe. Er legte hierzu einen Bescheid des Landkreises C-Stadt vom 13. Dezember 2012 über die Gewährung von ungedeckten Heimkosten gemäß § 91 SGB XII als Darlehen vor. Nach dem „Berechnungsbogen SGB XII in Einrichtungen ab 1/2013“ habe der Kläger Einkommen aus Erwerbsunfähigkeitsrente und einer Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen von insgesamt 723,51 Euro. Dieser Betrag übersteige die Ansprüche nach dem Vierten Kapitel SGB XII um 174,99 Euro so dass im Ergebnis kein Leistungsanspruch bestehe. Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII könnten ebenfalls nicht beansprucht werden, weil sie von dem vorgenannten überschießenden Einkommen ihrerseits, nämlich um 41,85 Euro übertroffen würden. Unter Anrechnung dieses Betrages wiederum ergebe sich indes ein Anspruch des Klägers nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII und zwar in Höhe von 1820,83 Euro für Einrichtungskosten.

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Der Beklagte lehnte den Antrag daraufhin mit Bescheid vom 4. Februar 2013 ab. Der Tatbestand des § 145 Abs. 1 S. 5 SGB IX sei nicht erfüllt.

4

Den hiergegen am 8. Februar 2013 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 2013 als unbegründet zurück. Aus dem Bescheid des Landkreises C-Stadt ergebe sich, dass der Kläger keine Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII beziehe.

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Hiergegen hat der Kläger am 26. März 2013 Klage erhoben. Der Kläger beziehe Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII. Denn diese Ansprüche seien jedenfalls bei der Berechnung berücksichtigt worden, auch wenn im Ergebnis ein überschießendes Einkommen ermittelt worden sei.

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Der Kläger hat beantragt,

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ihm unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 4. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. März 2013 unentgeltliche Wertmarken zum Schwerbehindertenausweis auszugeben

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sowie

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dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er hat auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen.

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Das Sozialgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 18. Oktober 2013 abgelehnt. Es fehle eine hinreichende Aussicht auf Erfolg für die beabsichtigte Rechtsverfolgung. Der Kläger habe für das Jahr 2013 erkennbar keinen Anspruch auf das begehrte Beiblatt mit unentgeltlichen Wertmarken. Der hier allein in Betracht kommende Tatbestand der Nummer 2 des § 145 Abs. 1 S. 5 SGB IX sei nicht erfüllt. Nach dem vorgelegten Berechnungsbogen des Landkreises C-Stadt bestehe aufgrund einzusetzenden Einkommens gerade kein Anspruch des Klägers auf Leistungen des Dritten und Vierten Kapitels des SGB XII. Die vom Kläger bezogenen Leistungen nach § 54, 55 XII seien solche des in § 145 Abs. 1 S. 5 Nr. 2. SGB IX nicht aufgeführten Sechsten Kapitels des SGB XII. Dass wegen dieser Leistungen ein anderweitiger Rechtsstreit anhängig sei, sei für den vorliegend geltend gemachten Anspruch unerheblich.

14

Gegen den ihm am 24. Oktober 2013 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 11. November 2013 Beschwerde erhoben. Das Sozialgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass sich die Berechnung der Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des SGB XII zusammenfassen ließen und es lediglich einer willkürlichen Berechnung entspringe, von welchen der drei Bedarfe Einkommen abgezogen werde. Im Übrigen seien die Ansprüche nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII in die Gesamtberechnung mit einbezogen worden, was für den vorliegend geltend gemachten Anspruch genüge.

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Der Kläger beantragt,

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ihm unter Aufhebung des Beschlusses vom 18. Oktober 2013 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für das sozialgerichtliche Verfahren zu bewilligen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

19

Er hat auf die Begründung des angegriffenen Beschlusses verwiesen.

20

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst Prozesskostenhilfeheft und die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.

II.

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Die Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.

22

Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO erhalten Beteiligte, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen können, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

23

Das Sozialgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag zutreffend mit der Begründung abgelehnt, die Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Senat schließt sich den Begründungen des Sozialgerichts an und verzichtet gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG im Wesentlichen auf eine weitere Darstellung der Entscheidungsgründe.

24

Der Senat verweist ergänzend auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17. Juli 2008 - B 9/9a SB 11/06 R). Nach dieser Rechtsprechung „erhält“ eine Person die in § 145 Abs. 1 S. 5 Nr. 2. SGB IX genannten Leistungen nur, wenn er sie tatsächlich bezieht. Soweit die sozialhilferechtliche Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte auf die materiellrechtliche Leistungsberechtigung abgestellt habe, mithin nur denjenigen als Empfänger gesehen habe, der sachlich-rechtlich Inhaber der Forderung gegen den Leistungsträger sei, sei diese Rechtsprechung enger, weil sie über den tatsächlichen Zufluss des Leistungsbetrages hinaus auch die materiell-rechtliche Berechtigung fordere (BSGE a.a.O., Rn. 18). Wie in dem Fall der zitierten BSG-Entscheidung kommt es auch vorliegend hierauf indes nicht an, weil der Kläger aufgrund überschießenden Einkommens weder einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII hat noch ihm solche Leistungen tatsächlich zugeflossen sind. Nach § 19 Abs. 1, 2 S. 2 SGB XII sind Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII davon abhängig, dass kein bedarfsdeckendes Einkommen vorhanden ist. Ist ein solches Einkommen vorhanden, so schließt es den materiell-rechtlichen Leistungsanspruch aus und zwar auch dann, wenn er – notwendiger Weise - als Rechnungsposten aufgeführt ist.

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Die Berücksichtigung eines Einkommens kann auch nicht, wie der Kläger meint, in willkürlicher Reihenfolge auf verschiedene Leistungsansprüche angewandt werden. Besteht die Hilfesituation sowohl in der Hilfe zum Lebensunterhalt als auch in der Hilfe des Fünften bis Neunten Kapitels, ist das Einkommen zunächst auf die Hilfe zum Lebensunterhalt – etwa nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII - anzurechnen, denn zunächst ist das Einkommen stets auf die Hilfe mit den niedrigeren Einkommensgrenzen abzustellen (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 89 Rn 1 m.w.N.). Dies folgt bereits aus dem sozialhilferechtlichen Subsidiaritätsprinzip.

26

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

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