Urteil vom Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (5. Senat) - L 5 KR 5/15


Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 13.11.2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 31.8.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.12.2012 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, die Erben des am …1945 geborenen und am …2012 verstorbenen H… E… von den Kosten der häuslichen Krankenpflege für die Zeit vom 4.9.2012 bis zum 6.10.2012 in Höhe von 20.910,59 € freizustellen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Umstritten ist ein Anspruch auf Freistellung von Kosten für häusliche Krankenpflege in Höhe von insgesamt 20.910,59 €.

2

Die Klägerin ist die Tochter des am 6.10.2012 verstorbenen H… E… (im Folgenden: Versicherter), der bei der Beklagten krankenversichert war. Sie war dessen Betreuerin.

3

Der Versicherte erlitt am 22.6.2012 einen Hinterwandinfarkt mit nachfolgendem hypoxischem Hirnschaden und apallischem Syndrom mit maschineller Beatmungsnotwendigkeit, Dilationstracheotomie und PEG-Anlage. Er wurde bis zum 4.9.2012 in der B… -Klinik V… stationär behandelt. Die Klägerin schloss für ihn mit der Firma S… GmbH in K… einen Mietvertrag über ein Zimmer mit Gemeinschaftsräumen (Küche und Bad) in der Seniorenresidenz Villa am S… (sog „Service-Wohnen“).

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Der Versicherte beantragte bei der Beklagten am 20.8.2012 unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung der B… -Klinik V… vom 15.8.2012 die Gewährung häuslicher Krankenpflege. Die Beklagte lehnte dies durch Bescheid vom 31.8.2012 ab. Zur Begründung führte sie aus: Ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bestehe nicht, wenn der Betroffene nicht in einem eigenen Haushalt wohne, sondern das betreute Wohnen einen heimähnlichen Charakter aufweise. Von einer „Häuslichkeit“ sei nur auszugehen, wenn sich der Betroffene selbst versorgen könne. Ihm müsse eine eigenständige, eigenverantwortliche Wirtschaftsführung möglich sein. Indiz dafür sei die freie Wahlmöglichkeit hinsichtlich Essensbestellung, Wäscheversorgung, Zimmerreinigung und Pflegedienst. Der Vater der Klägerin sei nicht gehfähig, sondern bettlägerig und örtlich und zeitlich nicht orientiert. Er habe somit keine Möglichkeit, sich zu artikulieren und sich selbst in irgendeiner Form zu versorgen bzw eigenständig eine Versorgung zu veranlassen. Bei der gegebenen Sachlage habe die Versorgung eher den Charakter einer stationären Pflege. Es fehle somit an der Grundvoraussetzung der „Häuslichkeit“ für den Anspruch auf häusliche Krankenpflege. Die Kosten für eine 24-Stunden-Intensivpflege könnten daher nicht übernommen werden. Es bestehe die Möglichkeit, die Versorgung in einer zugelassenen stationären Einrichtung in räumlicher Nähe zu organisieren.

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Ab dem 4.9.2012 befand sich der Versicherte in den angemieteten Räumlichkeiten des „Service-Wohnens“, wobei es sich um ein Zweizimmer-Appartement handelte und das zweite Zimmer von einem anderen intensivpflegebedürftigen Patienten bewohnt wurde. Die Ehefrau des Versicherten blieb in der zuvor gemeinsam bezogenen Wohnung. Die Pflegefachkraft im Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) P… bejahte in ihrem Gutachten vom September 2012 beim Versicherten die Voraussetzungen der Pflegestufe III im Sinne der sozialen Pflegeversicherung. Zur Begründung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 31.8.2012 machte die Klägerin geltend, die neue Wohnung sei die „Häuslichkeit“ des Versicherten; sie, die Klägerin, habe seinem Wunsch Rechnung getragen, in keinem Fall in ein Pflegeheim zu kommen.

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Entsprechend der ärztlichen Verordnung wurde die häusliche Krankenpflege in der Zeit vom 4.9.2012 bis zum 6.10.2012 durchgeführt. Der Pflegedienst I… A… GmbH, dessen Gesellschaftsanteile zu 50 vH der Firma S… GmbH gehalten werden, verlangte mit Rechnungen vom 30.9.2012 und 31.10.2012 eine Vergütung von 17.129,67 € (Zeit vom 4.9.2012 bis zum 30.9.2012) und 3.780,92 € (Zeit vom 1.10.2012 bis zum 6.10.2012). Durch Widerspruchsbescheid vom 6.12.2012 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 31.8.2012 zurück.

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Mit ihrer am 2.1.2013 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Vorbringen weiterverfolgt. Sie hat erklärt, sie mache den Anspruch in ihrem Namen für die aus ihr, ihrer Mutter und ihrer Schwester bestehende Erbengemeinschaft geltend. Zahlungen an den ambulanten Pflegedienst seien bisher nicht erfolgt. Zur Begründung ihrer Rechtsauffassung hat die Klägerin auf den Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Hamburg vom 12.11.2009 (L 1 B 202/09 ER KR), den Beschluss des LSG Berlin vom 24.2.2010 (L 9 KR 23/10 B ER), den Beschluss des SG Lübeck vom 8.8.2007 (S 1 KR 422/07 ER) und den Beschluss des SG Hamburg vom 20.2.2012 (S 6 KR 1214/09) hingewiesen. Die Beklagte hat sich zur Begründung ihrer Rechtsauffassung ua auf den Beschluss des LSG Rheinland-Pfalz vom 23.2.2010 (L 2 SO 89/09 B ER) sowie den Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 15.2.2013 (L 4 KR 526/12 B ER) gestützt.

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Durch Urteil vom 13.11.2014 hat das Sozialgericht (SG) Koblenz die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Beklagte habe zu Recht die Übernahme der Kosten für häusliche Krankenpflege für den Versicherten abgelehnt. Mangels Sachleistungsanspruch des Versicherten bestehe kein korrespondierender Kostenerstattungs- bzw Freistellungsanspruch in Höhe von 20.910,59 €, der im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben des Versicherten, dessen Ehefrau und seine beiden Töchter (§ 1922 ff Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - iVm §§ 58, 59 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB I -), übergegangen wäre und von der Klägerin im Namen der Miterbengemeinschaft für diese geltend gemacht werden könnte. Vorliegend scheitere ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege daran, dass die Behandlungspflege nicht an einem von § 37 Abs 2 SGB V erfassten Ort erbracht worden sei. Denn der Versicherte habe weder in seinem eigenen Haushalt noch an einem sonstigen geeigneten Ort iSd § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V gelebt. Zwar könne ein eigener Haushalt auch in einer Wohngemeinschaft mit gemeinsamer Nutzung von Koch- und Waschgelegenheiten sein. Eine solche Wohngemeinschaft setze aber voraus, dass die Bewohner über deren Zusammensetzung selbst, ggf über einen Betreuer entscheiden könnten, also ein Mitspracherecht hätten. Eine eigenständige Lebens- oder Wirtschaftsführung sei dem Versicherten jedoch wegen der Schwere seiner Erkrankung nicht möglich gewesen. Hinzu kämen, dass weder der Versicherte noch die Klägerin als dessen Betreuerin ein Mitspracherecht gehabt hätten, welche weiteren Personen in der Wohnung wohnten. Die Behandlungspflege sei auch nicht an einem anderen geeigneten Ort im Sinne des § 37 Abs 2 SGB V erfolgt. Auch insofern sei die Abgrenzung von einem eigenen Haushalt zum betreuten Wohnen anhand der Fähigkeit zur eigenständigen Haushaltsführung zu treffen. Nicht entscheidend sei, ob die Einrichtung unter die heimrechtlichen Vorschriften falle. Dies sei kein taugliches Abgrenzungskriterium, weil es keinen inhaltlichen Bezug zur häuslichen Krankenpflege habe (Hinweis auf Flint in Hauck/Noftz, SGB XI, K § 37 Rn 52). Um einen haushaltsäquivalenten geeigneten Ort habe es sich bei dem angemieteten Zimmer des Versicherten nicht gehandelt. Ein betreutes Wohnen sei nicht vereinbart gewesen. Entscheidend sei, dass der Versicherte ausschließlich zur Pflege untergebracht worden sei, weil diese in seinem bisherigen Haushalt nicht möglich gewesen wäre und er auch keinen Haushalt hätte führen können. Damit sei die Wohn- und Pflegesituation des Versicherten vergleichbar einer Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung gewesen, ohne dass es sich um eine zugelassene Einrichtung gehandelt habe.

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Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 11.12.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 12.1.2015 (Montag) eingelegte Berufung der Klägerin, die vorträgt: Durch die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25.2.2015 (B 3 KR 10/14 R; B 3 KR 11/14 R) sei bestätigt worden, dass die von ihr vertretene Rechtsauffassung zutreffend sei. Zudem sei auf das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.8.2014 (L 5 KR 232/12) hinzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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das Urteil des SG Koblenz vom 13.11.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31.8.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.12.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Rechtsnachfolger des am …1945 geborenen und am …2012 verstorbenen H… E… von den Kosten der häuslichen Krankenpflege für die Zeit vom 4.9.2012 bis zum 6.10.2012 in Höhe von 20.910,59 € freizustellen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie trägt vor: Ohne Erfolg stütze sich die Klägerin auf die Urteile des BSG vom 25.2.2015 (B 3 KR 10/14 R; B 3 KR 11/14 R). Wie aus den Ausführungen des BSG hervorgehe, komme es im einzelnen Fall auf die Ausrichtung der Einrichtung hinsichtlich des Bewohnerklientels an. Vorliegend müsse differenziert werden, ob es sich bei der Seniorenresidenz Villa S… um ein betreutes Wohnen oder um ein verdecktes Pflegeheim handele. Die tatsächlichen und vertraglichen Verhältnisse ließen eher auf eine Pflegebetreuung schließen, wie sie bei stationären Pflegeeinrichtungen vorliege. Es habe sich nicht um eine Wohngemeinschaft, sondern um ein Heim iSd § 1 Abs 1 Satz 2 Heimgesetz (HeimG) gehandelt und zwar um eine Einrichtung mit umfassendem Leistungsangebot nach § 4 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über Wohnformen und Teilhabe (LWTG) vom 22.12.2009 (GVBl 2009, 399) und damit um eine verdeckte vollstationäre Einrichtung. Gegen die Annahme einer Wohngemeinschaft spreche auch der hohe Pflege- und Betreuungsbedarf. Beim Versicherten und bei seinem Mitbewohner habe es sich um Patienten gehandelt, welche eine intensive Betreuung rund um die Uhr benötigt hätten. Eine stationäre Einrichtung könne nur dann ein geeigneter Ort im Sinne des § 37 SGB V sein, wenn sie grundsätzlich nicht verpflichtet sei, Behandlungspflege anzubieten. Die Seniorenresidenz Villa am S… in K... sei ihrer Konzeption nach eine stationäre Pflegeeinrichtung, welche sich darauf spezialisiert habe, schwerstpflegebedürftige Patienten zu betreuen. Sie sei damit nach den Regeln des Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) eine stationäre Pflegeeinrichtung gemäß § 71 Abs 2 SGB XI. Dass diese verdeckte Pflegeeinrichtung keinen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI mit ihrer (der Beklagten) Pflegekasse habe, könne für den Anspruch nach § 37 SGB V nicht entscheidend sein. Sie weise darauf hin, dass sie der Klägerin seinerzeit alternative Vorschläge zur Unterbringung des Versicherten gemacht habe.

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Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die nach §§ 143 f, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG – zulässige Berufung ist begründet. Die Voraussetzungen des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs auf Freistellung von den Kosten der häuslichen Krankenpflege sind erfüllt. Das Urteil des SG ist aufzuheben und die Beklagte zur Leistung zu verurteilen.

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Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (§ 13 Abs 2 Satz 1 2. Alternative SGB V). Soweit der Versicherte bzw dessen Rechtsnachfolger die Vergütung an einen Dritten noch nicht erbracht haben, besteht anstelle des Kostenerstattungsanspruchs ein Kostenfreistellungsanspruch. Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit des zwischen dem Versicherten (bzw der Klägerin als dessen Betreuerin) geschlossenen Pflegevertrags sind nicht ersichtlich. Der Kostenfreistellungsanspruch geht zwar nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen die Krankenkasse. Vorliegend waren die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs jedoch gegeben. Die Klägerin war berechtigt, diesen auf die Erben des Versicherten gemäß §§ 1922 ff BGB iVm §§ 58, 59 SGB I übergegangenen Anspruch für die Erbengemeinschaft, die aus ihr, ihrer Mutter und ihrer Schwester besteht, geltend zu machen (§ 2039 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB -).

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Gemäß § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. In der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege in der vertragsärztlichen Versorgung (HKP-Richtlinie) ist unter § 1 Abs 2 Satz 1 bis 3 bestimmt: „Häusliche Krankenpflege wird im Haushalt der oder des Versicherten oder ihrer oder seiner Familie erbracht. Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich die oder der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (zB im Hinblick auf häusliche Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung), wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne des Satzes 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein.“ In § 1 Abs 6 der Richtlinie heißt es: Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (zB Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen zu prüfen.“

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Der Versicherte, bei dem, wie zwischen den Beteiligten zu Recht nicht umstritten ist, die häusliche Krankenpflege erforderlich war, wurde an einem geeigneten Ort im Sinne dieser Vorschriften betreut. Soweit das Gesetz in § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V von betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten spricht, handelt es sich nur um eine beispielhafte Aufzählung, wie aus dem Gesetzeswortlaut („insbesondere“) deutlich wird. Nach dem Regelungsgefüge, das sich aus den gesetzlichen Vorschriften iVm den Normen der HKP-Richtlinie ergibt, besteht der Anspruch an allen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält, wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthalts an diesem Ort notwendig ist (BSG 25.2.2015 – B 3 KR 11/14 R, juris Rn 16; BSG 22.4.2015 – B 3 KR 16/14 R, juris Rn 20). Unschädlich ist, dass sich der Versicherte an diesem Ort dauerhaft aufhält (BSG 25.2.2015 aaO Rn 17; BSG 22.4.2015 aaO Rn 21). Einschränkungen in Bezug auf den Aufenthaltsort ergeben sich – abgesehen von der Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse, die vorliegend gegeben ist – lediglich aus den Regelungen unter § 1 Abs 6 der HKP-Richtlinie, dh für die Zeit des Aufenthaltes in Einrichtungen nur dann, wenn nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht (BSG 25.2.2015 aaO Rn 16; BSG 22.4.2015 aaO Rn 20). Der Vorschrift des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V lässt sich nicht die Beschränkung entnehmen, häusliche Krankenpflege könne nur beansprucht werden, wenn noch ein Mindestmaß eines eigenen Haushalts geführt wird (BSG 25.2.2015 aaO Rn 17; BSG 22.4.2015 aaO Rn 21). Dies entspricht dem Zweck der Ausweitung des Anspruchs auf häusliche Krankenpflege auf sonstige geeignete Orte durch das GKV-WSV vom 26.3.2007 (BGBl I 2007), Lücken im Zwischenbereich von ambulanter und stationärer Verordnung zu vermeiden (BSG 25.2.2015 aaO Rn 18). Ein Anspruch des Versicherten gegen die Firma S… GmbH in K…, ihm die in Rede stehende Krankenpflege zur Verfügung zu stellen, bestand nicht, wie sich aus dem aktenkundigen Mietvertrag des Versicherten mit der Firma S… GmbH ergibt.

20

Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, bei der Seniorenresidenz Villa am S… handele es sich um ein verdecktes Pflegeheim. Die Seniorenresidenz ist keine stationäre Pflegeeinrichtung im Sinne des § 71 Abs 2 SGB XI, weil die Pflege nicht unter ständiger Verantwortung einer von der Seniorenresidenz beschäftigten Pflegekraft erfolgt (vgl Groth in Hauck/Noftz, SGB XI, K § 71 Rn 22). Die Vorgehensweise der Seniorenresidenz V widerspricht nicht den einschlägigen Rechtsvorschriften. Die Vermietung im Rahmen des sog Service-Wohnens verstieß nicht gegen die Vorschriften des LWTG. Nach § 3 LWTG unterliegen Einrichtungen des Wohnens mit allgemeinen Unterstützungsleistungen (Service-Wohnen) nicht dem Geltungsbereich des LWTG, wenn die Mieterinnen und Mieter von abgeschlossenem Wohnraum vertraglich nur verpflichtet sind, allgemeine Unterstützungsleistungen wie die Vermittlung von Dienst- oder Pflegeleistungen, Hausmeisterdienste oder Notrufeinrichtungen von einer bestimmten Anbieterin oder einem bestimmten Anbieter in Anspruch zu nehmen und darüber hinaus alle weitergehenden Unterstützungsleistungen und deren Anbieterinnen und Anbieter frei wählen können. Der Versicherte, der einen abgeschlossenen Wohnraum gemietet hat, konnte vorliegend solche Unterstützungsleistungen und deren Anbieterinnen und Anbieter frei wählen, weshalb das LWTG nicht zur Anwendung kommt.

21

Die Forderungen der Firma I… A… GmbH sind auch der Höhe nach gerechtfertigt; die Beklagte hat hiergegen keine Einwendungen erhoben.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

23

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.

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