Urteil vom Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (5. Senat) - L 5 KR 66/15 KL


Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Genehmigung einer Satzungsregelung, die als Mehrleistung die Beteiligung der klagenden Krankenkasse an den Kosten für ärztliche Beratung, Aufklärung und Durchführung einer Blutuntersuchung für sich weitestgehend bis ausschließlich vegan oder vegetarisch ernährende Versicherte vorsieht.

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Die Klägerin ist eine geöffnete Betriebskrankenkasse mit rund 38.000 Versicherten (Stand: Mai 2015). Im Wettbewerb der gesetzlichen Krankenkassen positioniert sie sich nach ihren Angaben seit 2009 als Krankenkasse mit ökologischer und nachhaltiger Ausprägung. In Weiterentwicklung ihres Leistungsangebotes beschloss der Verwaltungsrat erstmals im Juni 2013 mit dem 13. Nachtrag zur Satzung eine Kostenbeteiligung an Blutuntersuchungen für sich vorwiegend vegetarisch oder vegan ernährende Versicherte im Hinblick auf speziell ernährungsbedingte Mangelerscheinungen. Eine Genehmigung dieser Regelung lehnte die beklagte Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesversicherungsamt (BVA), mit Bescheid vom 12.08.2013 ab. Am 17.09.2014 beschloss der Verwaltungsrat der Klägerin mit dem 17. Nachtrag zur Satzung folgende Regelung:

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Artikel I
§ 13 Medizinische Vorsorgeleistungen

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Abs. II
Versicherte, die sich weitestgehend bis ausschließlich vegan oder vegetarisch ernähren, haben Anspruch auf ärztliche Beratung, Aufklärung und Durchführung einer Blutuntersuchung.

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Die BKK beteiligt sich jährlich an den Kosten der vertragsärztlichen Beratung, Aufklärung, Blutentnahme und Dokumentation in Höhe von 75 EUR. Die Kostenerstattung erfolgt an den Versicherten gegen Nachweis einer Bestätigung des Vertragsarztes, der Vorlage einer Teilnahmeerklärung und einer entsprechenden Quittung in Original.

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Artikel III
Inkrafttreten

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Der Verwaltungsrat hat diesen Nachtrag zur Satzung in seiner Sitzung am 17.09.2014 beschlossen. Er tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.

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Nachdem die Beklagte im Genehmigungsverfahren weiterhin Bedenken an der Genehmigungsfähigkeit der Regelung geltend machte, legte die Klägerin ein von ihr veranlasstes Gutachten des Dr. K, Institut für alternative und nachhaltige Ernährung, über „Kritische Nährstoffe bei Vegetariern und Veganern“ vom 13.10.2014 vor. Mit Bescheid vom 02.03.2015 lehnte der Beklagte eine Genehmigung der Satzungsregelung erneut ab. Eine Ermächtigung zur Regelung von Mehrleistungen bestehe nur im Rahmen von § 11 Abs. 6 SGB V, wenn die grundsätzlichen Anforderungen des genannten Bereichs erfüllt seien und die Leistung nicht bereits im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen enthalten sei. Die von der Klägerin vorgesehene Regelung sei nicht dem hier in Betracht kommenden Bereich der medizinischen Vorsorge nach § 23 SGB V zuzuordnen. Eine Blutuntersuchung erfülle keine der Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 SGB V. Systematisch sei die vorgesehene Blutuntersuchung den Gesundheitsuntersuchungen nach §§ 25 bis 26 SGB V zuzuordnen, die nicht von § 11 Abs. 6 SGB V erfasst würden. Ungeachtet dieser grundlegenden Einwände bestünden auch Bedenken hinsichtlich der Definition des anspruchsberechtigten Personenkreises, weil eine Nachweisführung über die Erfüllung der Voraussetzungen einer weitestgehend fleischfreien Ernährung – außer auf Eigenaussagen der Versicherten – kaum zu erreichen sei.

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Am 01.04.2015 hat die Klägerin Klage beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz erhoben und zu deren Begründung vorgetragen, sie habe nach § 195 Abs. 1 SGB V Anspruch auf Genehmigung des 17. Satzungsnachtrags. Die vorgesehene Blutuntersuchung sei notwendig, um Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden, und beinhalte damit eine Leistung der Vorsorge gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 3 SGB V. Die Satzungsleistung sei nicht zwingend als Gesundheitsuntersuchung nach den §§ 25 f. SGB V auszulegen. In Abgrenzung zu § 25 SGB V sei die Blutuntersuchung weder altersabhängig noch auf die Diagnostik eines klar definierten allgemeinen Krankheitsbildes bezogen. Die beabsichtigte Blutuntersuchung samt Beratung für Vegetarier/Veganer habe nicht das Ziel, eine möglichst breitbandige Untersuchung durchzuführen, um verschiedenste, häufig auftretende Krankheiten im Frühstadium zu ermitteln. Vielmehr sollten sich in bestimmter Weise ernährende Versicherte präventiv daraufhin untersucht werden, ob die besondere Ernährung zu Mangelversorgungen geführt habe, denen zur Vermeidung von Krankheiten gegengesteuert werden müsse, was durch die ärztliche Beratung unterstützt werde. Selbst bei Überschneidungen zu den Leistungen des Vierten und Fünften Abschnitts des SGB V sei die Satzungsleistung jedenfalls (auch) als Vorsorgeleistung nach § 23 Abs. 1 SGB V subsumierbar. Die beabsichtigte Mehrleistung sei auch notwendig, da, wie sich aus dem Gutachten des Dr. K ergebe, durch eine vegetarische/vegane Ernährung Mangelerscheinungen begünstigt würden. Sie könne zu einer unbefriedigenden Versorgung mit kritischen Nährstoffen wie etwa Vitamin B12, Eisen, Zink, Jod sowie Vitamin B2 führen. Gerade Risikogruppen mit erhöhtem Nährstoffbedarf wie Schwangere, Stillende, Kinder und Jugendliche erforderten dabei besondere Aufmerksamkeit. So führe die Deutsche Gesellschaft für Ernährung – mit spezieller Fokussierung auf Kinder und Schwangere – aus, dass die Wahrscheinlichkeit eines Nährstoffmangels umso größer sei, je stärker die Lebensmittelauswahl eingeschränkt werde und je weniger abwechslungsreich die Ernährung sei; bei veganer bzw. makrobiotischer Ernährung bestehe das Risiko einer defizitären Zufuhr von Energie, Protein, langkettigen N-3-Fettsäuren, Eisen, Calcium, Jod, Zink, Riboflavin, Vitamin B12 und Vitamin D. Weitere Studien belegten, dass es für gesunde Erwachsene möglich sei, sich mit einer veganen Ernährung bedarfsdeckend zu versorgen, wofür allerdings ein umfangreiches Ernährungswissen sowie die Nährstoffsubstitution z.B. bei Vitamin B12 notwendig sei. Gerade der drohende Vitamin B12-Mangel führe sukzessive auch zu schweren Erkrankungen, wobei eine Mangelversorgung schon manifestiert sein könne, ohne dass auffällige Symptome klar erkennbar seien. Dies begründe einen hinreichend konkreten Untersuchungsanlass. Eine Unterversorgung gerade mit Vitamin B12 könne wirtschaftlich nur durch eine Blutuntersuchung festgestellt werden. Im Gegensatz zu den Gesundheitsuntersuchungen nach § 25 SGB V seien die auf einer speziellen Ernährungsweise beruhenden Gesundheitsgefahren im Falle der sich vegetarisch oder vegan ernährenden Versicherten bereits weiter konkretisiert. Ohne die im Rahmen der Anamnese unerlässliche Blutuntersuchung müsste damit bei Befolgung der Rechtssauffassung der Beklagten eine schwere Schädigung oder das Eintreten eines Krankheitszustands abgewartet werden. Schließlich belegten von der Beklagten offensichtlich genehmigte Regelungen über Satzungsmehrleistungen anderer Krankenkassen eine divergierende Genehmigungspraxis der Beklagten, die in dem von starkem Wettbewerb der Kassen geprägten Umfeld nicht hinnehmbar sei.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 02.03.2015 zu verpflichten, den vom Verwaltungsrat am 17.09.2014 beschlossenen 17. Nachtrag zur Satzung vom 01.01.2009 zu genehmigen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie ist weiter der Auffassung, dass die streitgegenständliche Regelung keine medizinische Vorsorgeleistung beinhalte. Allein diagnostische Maßnahmen aufgrund eines potentiellen Nährstoffmangels ohne einen individuellen Untersuchungsanlass und konkrete Anhaltspunkte, die den Verdacht einer künftig ausbrechenden Krankheit begründeten, würden von der Regelung nicht erfasst. Auch die von der Klägerin angeführten Studien und Aufsätze seien nicht geeignet, eine drohende Erkrankung aufgrund einer vegetarischen oder veganen Ernährungsweise zu begründen bzw. wissenschaftlich nachzuweisen. Die Ausführungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. über die Nährstoffversorgung und Gesundheitsrisiken bei veganer Ernährung bezögen sich auf einen begrenzten Personenkreis (Schwangere, Säuglinge und Kinder). Demgegenüber beziehe sich die beabsichtigte Satzungsregelung der Klägerin uneingeschränkt auf alle Versicherte, die sich weitgehend bzw. ausschließlich vegetarisch oder vegan ernährten. Darüber hinaus werde lediglich auf ein Risiko von Nährstoffdefiziten hingewiesen, die jedoch nicht zwangsläufig ein konkretes Krankheitsrisiko zur Folge haben müssten. Auch die weiteren von der Klägerin zitierten Studien belegten ein konkret drohendes, individuelles Erkrankungsrisiko von Vegetariern und Veganern nicht. Vielmehr werde konstatiert, dass es möglich sei, sich mit einer veganen Ernährung, etwa durch die Zufuhr von mit Vitamin B12-angereicherten Lebensmitteln oder von Vitamin B12-Supplementen, bedarfsdeckend zu versorgen. Dies werde so auch von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gesehen. Eine vegetarische/vegane Ernährung führe mithin nicht grundsätzlich zu einem Nährstoffmangel. Vielmehr komme es auf die individuelle Ernährung des Einzelnen und dessen körperlichen Zustand an. Ein konkret-individueller Untersuchungsanlass in Form einer drohenden Erkrankung, welche nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 SGB V verhütet werden könnte, bestehe mithin nicht. Die Klägerin erhebe auch zu Unrecht den Vorwurf einer divergierenden Genehmigungspraxis, denn die von ihr angeführten Satzungsmehrleistungen anderer Krankenkassen seien mit der streitgegenständlichen Satzungsregelung nicht vergleichbar.

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Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Der Akteninhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.

Entscheidungsgründe

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Die form- und fristgerecht eingelegte Klage, über die der Senat nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im ersten Rechtszug entscheidet, ist nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 SGG ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig. Der Senat kann offen lassen (ebenso BSG 18.11.2014 – B 1 A 1/14 R, juris Rn. 8), ob es sich bei der Klage um eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) oder um eine Aufsichtsklage (§ 54 Abs. 3 SGG) handelt. Auch mit der Aufsichtsklage kann die Vornahme einer begünstigenden Aufsichtsanordnung begehrt werden, nämlich die Erteilung einer beantragten Satzungsgenehmigung, wenn die Aufsichtsbehörde dies abgelehnt hat und der Versicherungsträger – wie hier die Klägerin – geltend macht, dass er auf die Vornahme dieses Akts einen Rechtsanspruch habe.

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In der Sache hat die Klage jedoch keinen Erfolg. Die Beklagte hat die Genehmigung des 17. Nachtrags zur Satzung der Klägerin zu Recht abgelehnt. Nach § 195 Abs. 1 SGB V bedarf die Satzung einer Krankenkasse der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Dies gilt auch für Satzungsänderungen. Ist eine verfahrensmäßig ordnungsgemäß zu Stande gekommene Satzungsänderung mit höherrangigem Recht vereinbar, besteht nach § 195 Abs. 1 SGB V ein Anspruch auf Genehmigung, die im Verhältnis zum Versicherungsträger ein Verwaltungsakt ist (BSG 18.11.2014 a.a.O., juris Rn. 9 m.w.N.). Gemäß § 194 Abs. 2 Satz 2 SGB V darf die Satzung nur Leistungen vorsehen, soweit das SGB V sie zulässt. Im Sinne dieser Regelung enthält § 11 Abs. 6 SGB V die Rechtsgrundlage für die Gewährung von Leistungen im Rahmen der dort abschließend aufgelisteten Leistungsbereiche. Nach dieser Regelung kann die Krankenkasse in ihrer Satzung zusätzliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossene Leistungen in der fachlich gebotenen Qualität im Bereich der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation (§§ 23, 40), der Leistungen von Hebammen bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§ 24d), der künstlichen Befruchtung (§ 27a), der zahnärztlichen Behandlung ohne die Versorgung mit Zahnersatz (§ 28 Abs. 2), bei der Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen apothekenpflichtigen Arzneimitteln (§ 34 Abs. 1 Satz 1), mit Heilmitteln (§ 32) und Hilfsmitteln (§ 33), im Bereich der häuslichen Krankenpflege (§ 37) und der Haushaltshilfe (§ 38) sowie Leistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern vorsehen (Satz 1). Gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 SGB V muss die Satzung insbesondere die Art, die Dauer und den Umfang der Leistung bestimmen; sie hat hinreichende Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung zu regeln. Die zusätzlichen Leistungen sind von den Krankenkassen in ihrer Rechnungslegung gesondert auszuweisen (§ 11 Abs. 6 Satz 3 SGB V). Unter Berücksichtigung des Wortlauts der Gesetzesregelung will das Gesetz dem Satzungsgeber nicht ermöglichen, wesentlich neue, anders als im Gesetz vorgeformte Leistungen zuzulassen, der Satzungsgeber hat aufgrund der gesetzlichen Öffnungen für Gestaltungsleistungen vielmehr jeweils nur ein begrenztes, vom Gesetz eröffnetes Gestaltungsfeld für zusätzliche Leistungen innerhalb eines bestimmten und schon klar umschriebenen Bereichs (BSG 18.11.2014 a.a.O., juris Rn. 11 ff.). Die von der Klägerin mit dem 17. Nachtrag zur Satzung geschlossene Regelung liegt außerhalb der von § 11 Abs. 6 SGB V in Bezug genommenen Bereiche, in deren Rahmen allein eine Ermächtigung für die satzungsmäßige Zusatzleistung besteht.

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Ernsthaft in Betracht kommt vorliegend allein die in § 11 Abs. 6 Satz 1 SGB V ermöglichte Einführung von Satzungsmehrleistungen im Bereich der medizinischen Vorsorge nach § 23 SGB V. Dabei darf der Satzungsgeber nicht von den prägenden Merkmalen der in § 23 SGB V gesetzlich vorgesehenen Leistung abweichen (BSG 18.11.2014 – B 1 A 1/14 R, juris Rn 12). Zu den prägenden Merkmalen gehört insbesondere die nach § 23 Abs. 1 SGB V erforderliche Notwendigkeit der Maßnahme. Dies folgt auch aus § 2 Abs. 4 SGB V, der auch im Rahmen des § 11 Abs. 6 SGB V zu beachten ist (Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, K § 11 Rn 78). Die Leistung kraft Satzung nach § 11 Abs. 6 SGB V ist ferner auf Fälle beschränkt, in denen aus konkreten Gründen des Einzelfalls die Leistung zur Verhütung von Krankheiten erforderlich ist, weil dies ebenfalls ein prägendes Merkmal der Vorsorgeleistung nach § 23 SGB V ist, der nicht Leistungen der primären Prävention und Gesundheitsförderung (vgl. §§ 20 – 20i SGB V) vorsieht. Eine solche Notwendigkeit besteht in Bezug auf Blutuntersuchungen bei Versicherten, die sich weitestgehend vegan oder vegetarisch ernähren, jedenfalls nicht ohne weitere konkrete einzelfallbezogene Anhaltspunkte. Zwar kann, wie die Klägerin betont, eine vegetarische bzw. vegane Ernährung insbesondere bei bestimmten Risikogruppen zu einer unbefriedigenden Versorgung mit kritischen Nährstoffen führen. Abgesehen davon, dass die Satzungsregelung der Klägerin sich ausnahmslos und uneingeschränkt auf alle Versicherten bezieht, die sich weitestgehend bzw. ausschließlich vegetarisch oder vegan ernähren, wird in den von der Klägerin zitierten Veröffentlichungen jedoch lediglich auf ein Risiko von Nährstoffdefiziten (Mangelerscheinungen) hingewiesen, die jedoch nicht zwangsläufig ein konkretes Krankheitsrisiko zur Folge haben müssen. Es ist daher nicht ersichtlich, warum eine allgemein, im jährlichen Abstand gewährte Blutuntersuchung zum jeweiligen Zeitpunkt gegenwärtig erforderlich sein soll, um ein drohendes Krankheitsrisiko abzuwenden. Dass es im Übrigen für gesunde Erwachsene durch Wahl entsprechender Lebensmittel durchaus möglich ist, sich mit einer veganen Ernährung ohne wesentliche gesundheitliche Risiken zu versorgen, geht auch aus den von der Klägerin herangezogenen Studien hervor. Im Falle von Versicherten, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, ist deshalb kein konkret-individueller Untersuchungsanlass in Form einer drohenden Erkrankung gegeben. Insbesondere führt eine vegetarische bzw. vegane Ernährung auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin herangezogenen Studien nicht grundsätzlich zu einem Vitamin B12-Mangel und in der weiteren Folge zu einer der von der Klägerin angeführten Erkrankungen.

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Der Senat lässt offen, ob – wie die Beklagte meint – gegen die Zuordnung zur medizinischen Vorsorge auch spricht, dass es sich bei der vorgesehenen Blutuntersuchung nicht um eine ärztliche Behandlung im Sinne des § 23 Abs. 1 SGB V, sondern um ein rein diagnostisches Mittel handelt.

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Soweit die Klägerin unter Hinweis auf Satzungsmehrleistungen anderer Kassen eine divergierende Genehmigungspraxis der Beklagten moniert, vermag dies einen Genehmigungsanspruch für die streitgegenständliche Satzungsregelung der Klägerin nicht zu begründen. Im Übrigen handelt es sich um gänzlich verschiedene Leistungen, bei denen die Beklagte die Voraussetzung eines individuellen Untersuchungsanlasses aufgrund einer konkret bestehenden Gesundheitsgefahr jeweils angenommen hat.

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Der Klage bleibt nach alledem der Erfolg versagt.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

23

Die Revision wird nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.

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