Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht (1. Senat) - L 1 U 44/03
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 24. Februar 2003 und der Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2001 sowie der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2002 aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unter Anerkennung der Lungenkrebserkrankung des Versicherten als Berufskrankheit nach den Nrn. 1103, 4109 und 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung Hinterbliebenenrente ab 8. August 2000 zu gewähren.
3. Wegen der Nr. 4104 wird die Berufung zurückgewiesen.
4. Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin für beide Instanzen.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten (noch) über einen Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
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Die Klägerin ist Witwe des am ... 1940 geborenen und ... 2000 verstorbenen Günter E. (im Folgenden: der Versicherte). Der Versicherte war von August 1958 bis 31. Dezember 1994 als Schweißer bei der B. und V. GmbH in H. beschäftigt. Von August 1958 bis Anfang 1974 hat er auf dem Helgen Schiffskörper zusammengeschweißt. Dabei waren beim Elektrohandschweißen mit Stabelektrode anfangs unbeschichtete, später geprimerte Bleche, wobei die Schweißkanten frei von Farbe waren, zu schweißen. Zur Arbeitsausrüstung gehörten u.a. Kniekissen, die in Asbesttuch eingenäht waren sowie Schweißanzüge. Von Anfang 1974 bis zum 31. Dezember 1994 arbeitete der Versicherte als Schweißer in der Schlosserei. Dabei wurden zu einem Anteil von ca. 40 % hochlegierte Stähle (Chrom-/Nickel-Stahl) und zu einem Anteil von ca. 60 % unlegierte Stähle und Aluminium geschweißt. Als Schweißverfahren kamen die Verfahren WIG-Schweißen (Wolfram-Inert-Gas-Schweißen), Lichtbogenhandschweißen (LHB) mittels Stabelektrode (Elektro-Hand-Schweißen) und MAG-Schweißen (Metall-Aktiv-Gas-Schweißen)/MAG-Schweißen mit Fülldraht-Elektrode mit jeweils einem Anteil von 1/3 zur Anwendung. Beim WIG-Schweißen wurden thoriumhaltige Zündelektroden verwendet. Bei Schweißarbeiten an Bohrinseln wurde mit „Termanit-X-Elektroden“ geschweißt. Ca. zweimal im Monat schweißte der Versicherte an Bord von Schiffen Rohre aus hochlegiertem Stahl. Beim Schweißen von hochlegiertem Stahl trug der Versicherte Staubmasken mit Ausatemventil und Halbmasken mit Staubfilter. Beim Schweißen von Tanks aus hochlegiertem Stahl sind fremd belüftete Helme zum Einsatz gekommen.
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Mit Schreiben vom 23. Dezember 1999 teilte der Versicherte der Beklagten mit, dass bei ihm am 27. Oktober 1999 ein Lungentumor festgestellt worden sei. Er habe zeitlebens nie geraucht und bringe daher seine Erkrankung in Verbindung mit seiner Arbeit als Schweißer.
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Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten ermittelte in der Stellungnahme vom 20. Januar 2000 für die Zeit von 1958 bis 1974 eine Belastung durch Asbeststaub durch die Nutzung von Kniekissen von 2,4 Asbestfaserjahren sowie eine Exposition gegenüber Chrom und Nickel. Nach den Ausführungen des TAD ergaben Messungen im Unternehmen an vergleichbaren oder gleichen Arbeitsplätzen Konzentrationen für Nickel von 0,02 µg/m³ und für Chrom von 0,03 µg/m³ als Maximalwerte. Der Betriebsarzt von B. & V., Dr. Ba., hatte 1990 und 1992 Chrom und Nickel im Harn des Versicherten bestimmt. Die Konzentrationswerte entsprachen nach Umrechnung dem EKA-Wert einer Konzentration in der Atemluft von 0,001 µg/m³ bzw. 9,3 µg/m³ Nickel. Hieraus errechnete der TAD eine Lebensarbeitsdosis für Chrom von 600 µg/m³ - Jahre.
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Die Beklagte holte die gutachterliche Stellungnahme des Lungenfacharztes Dr. S. vom 16. Mai 2000 ein, der darin ausführte, dass das Computertomogramm keine Veränderungen der Pleura zeige, die mit einer Pleuraasbestose vereinbar seien. Von dem Vorliegen einer Berufskrankheit (BK) der Nr. 4104 (Lungenkrebserkrankung in Verbindung mit Asbestose) könne daher nicht ausgegangen werden. Die Konzentrationswerte von Chrom und Nickel, die ermittelt worden seien, lägen weit unter dem TRK-Wert.
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Am 19. Juli 2000 wies der Facharzt für Arbeitsmedizin - Sozialmedizin - Umweltmedizin Prof. Dr. R. (Extraordinarius am Institut und der Poliklinik Für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) die Beklagte telefonisch darauf hin, dass im Falle des Ablebens des Versicherten eine Sektion angestrebt werden solle. Sofern eine Operation erfolgt sei, benötige er OP-Material, aber nicht aus dem Tumor, sondern aus dem gesunden Lungengewebe. In der Verwaltungsakte der Beklagte befindet sich eine Befundberichtsanforderung an den behandelnden Hausarzt Dr. K. sowie die Anforderung um schriftliche oder fernmündliche Benachrichtigung, falls sich der Zustand des Versicherten so verschlechtern sollte, dass mit seinem Ableben gerechnet werden müsse. Nach dem Sendebericht vom 19. Juli 2000 hat die Beklagte zwei Seiten per Fax an Dr. K. übersandt. Am 31. August 2000 erhielt die Beklagte aus der Praxis Dr. K. telefonisch die Nachricht, dass der Versicherte am 8. August 2000 verstorben sei. Den Tod habe Dr. K. festgestellt. Der Versicherte sei zu Hause verstorben. Von einer Sektion sei nichts bekannt. Am selben Tag erfuhr die Beklagte von der BEK, dass ohne vorherige Sektion eine Feuerbestattung erfolgt und die Urne schon beigesetzt worden sei.
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Die Beklagte ließ von Prof. Dr. R. das Gutachten vom 19. November 2000 nach Aktenlage erstatten, in dem dieser zu dem Ergebnis gelangte, dass die kumulativen Dosen von Chromat und Nickel weit unterhalb den von NORPOTH und POPP empfohlenen Werten lägen und der notwendige Wahrscheinlichkeitsbeweis eines chromat- oder nickelinduzierten Bronchialkarzinoms gemäß BK 1103 bzw. 4109 nicht geführt werden könne. Aussagekräftige Ergebnisse bezüglich der synkanzerogenen Wirkung bei der kumulierten Einwirkung von VI-wertigen Chromverbindungen, Nickel und seinen Verbindungen sowie Asbest seien bisher epidemiologisch und medizinisch-wissenschaftlich nicht hinreichend belegt und dokumentiert. Zwar hätten Untersuchungen gezeigt, dass es gerade bei Schweißern, die mit chrom-/nickellegierten Zusatzwerkstoffen gearbeitet hätten, zu einer erheblichen Kumulation sowohl von Chrom als auch Nickel im Lungengewebe kommen könne. Für eine toxikologische feindiagnostische Maßnahme bedürfe es jedoch der Untersuchung von Lungengewebsproben.
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Die Beklagte holte dazu die Stellungnahme der staatlichen Gewerbeärztin Dr. M. vom 15. Dezember 2000 ein und lehnte mit Bescheid vom 23. Januar 2001 die Gewährung von Witwenrente ab. Den dagegen am 20. Februar 2001 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2001 zurück.
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Dagegen hat die Klägerin am 2. Juli 2001 vor dem Sozialgericht Itzehoe Klage erhoben (S4 U 71/01).
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Die Beklagte leitete des Weiteren ein Feststellungsverfahren hinsichtlich einer BK der Nr. 2402 (Erkrankungen durch ionisierende Strahlen) ein, da der Versicherte beim WIG-Schweißen Umgang mit thoriumoxidhaltigen Wolframelektroden hatte. Die Präventionsabteilung TR-Strahlenschutz II der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik in Köln führte in der Stellungnahme vom 2. August 2001 aus, dass beim Versicherten eine Exposition durch den Anschliff der Elektroden von 33 Bq/Jahr und eine Exposition durch WIG-Schweißen von 0,2 Bq/Jahr bestanden habe. Für den zu betrachtenden Zeitraum von 21 Jahren sei von einer möglichen Lungendosis von 336 mSV entsprechend 336 mGy auszugehen. Da aus epidemiologischen Untersuchungen bekannt sei, dass solide Tumore der Lunge auch durch die Einwirkung ionisierender Strahlen induziert werden könnten, sei gemeinsam mit den arbeitstechnischen Voraussetzungen somit die haftungsbegründende Kausalität für das Vorliegen einer BK 2402 gegeben. Die festgestellte Höhe der Strahlenexposition führe nach den vorliegenden Erkenntnissen jedoch maximal zu einer Verursachungswahrscheinlichkeit von 23 %. Damit liege keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die strahlenbedingte Induktion dieser Erkrankung vor.
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Die Beklagte holte dazu die Stellungnahme des staatlichen Gewerbearztes Dr. N. vom 5. November 20001 ein und lehnte mit Bescheid vom 7. Dezember 2001 Anerkennung und Entschädigung einer BK der Nr. 2402 ab. Den dagegen am 3. Januar 2002 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2002 zurück.
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Hiergegen hat die Klägerin am 27. März 2002 vor dem Sozialgericht Itzehoe Klage (S 1 U 32/02) erhoben. Das Sozialgericht hat die Verfahren S 1 U 71/01 und S 1 U 32/02 unter dem Aktenzeichen S 1 U 71/01 mit Beschluss vom 6. Mai 2002 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
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Die Klägerin hat ihre Klagen damit begründet, dass sie aufgrund eines Fehlverhaltens der Beklagten in Beweisnot geraten sei. Im Hinblick auf das Ausmaß und die Schwere der Erkrankung und der abzusehenden Beweisnot hätte es der Beklagten oblegen, spätestens nach dem Telefonat mit Prof. Dr. R. am 19. Juli 2000 einen Hinweis auf die Beweissituation zu geben.
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Die Klägerin hat beantragt,
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1. den Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2001 aufzuheben,
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2. den Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2002 aufzuheben,
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3. die Beklagte zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 28. Oktober 1999 bis zum 8. August 2000 Verletztenrente nach Maßgabe des Gesetzes sowie für den Zeitraum danach Hinterbliebenenrente unter Anerkennung der Lungenkrebserkrankung ihres verstorbenen Ehemannes als Berufskrankheit im Sinne der Ziffer 4104, 1103, 4109 bzw. 2402 der Anlage zur BKV zu gewähren.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung hat sie auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden verwiesen und ergänzend vorgetragen, dass sie Dr. K. nach dem Anruf von Prof. Dr. R. noch am selben Tag informiert habe. Sie habe alles unternommen, um eine Obduktion durchführen zu können.
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Das Sozialgericht hat die Auskunft von Prof. Dr. R. vom 5. November 2001 eingeholt, in der dieser ausgeführt hat, dass für eine Untersuchung Lungengewebe in einer Größenordnung von 0,5 bis 1 g erforderlich wäre, um eine zuverlässige quantitative Chrom- und Nickelanalyse durchzuführen. Die Pathologin Prof. Dr. F. und das Allgemeine Krankenhaus Ha. teilten mit, dass Lungengewebe in dieser Größenordnung und auch natives oder formalinfixiertes Lungengewebe nicht vorlägen.
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Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 24. Februar 2003 die Klagen abgewiesen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen:
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Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente als Rechtsnachfolgerin des Versicherten und auch keinen Anspruch auf Gewährung von Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Versicherten. Der Tod des Versicherten sei nicht durch eine Berufskrankheit verursacht worden. Das Vorliegen der BK Nr. 4104 (Lungenkrebs in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura oder bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren) lasse sich nicht feststellen. Der Versicherte sei zwar an den Folgen eines Plattenepithel-Karzinoms im rechten Lungenoberlappen verstorben. Diese Lungenkrebserkrankung habe jedoch nicht in Verbindung mit einer Asbestose gestanden. Im Computertomogramm vom 1. November 1999 sei auf der rechten dorsalen Pleuraseite zwar eine Verbreiterung zu erkennen, diese stelle sich jedoch auf den Aufnahmen vom 24. Januar 2000 nicht mehr so dar. Es sei nicht davon auszugehen, dass es sich um pleurale Veränderungen vereinbar mit einer Pleuraasbestose handele. Das Vorliegen einer Asbestose könne auch anhand von Gewebeuntersuchungen nicht mehr festgestellt werden. Die Ermittlungen des Technischen Aufsichtsdienstes zum Umfang der Asbestexposition seien nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe nicht schuldhaft versäumt, den medizinischen Sachverhalt aufzuklären. Das Unterlassen der Obduktion des Versicherten sei nicht ursächlich auf ein Fehlverhalten der Beklagten zurückzuführen. Die Beklagte habe noch an demselben Tag, an dem sie von Prof. Dr. R. erfahren habe, dass eine Obduktion für den Fall des Versterbens des Versicherten erforderlich sei, den behandelnden Hausarzt Dr. K. per Fax von der Notwendigkeit einer Obduktion in Kenntnis gesetzt. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2003 sei die Kammer auch davon überzeugt, dass dieses Schreiben der Beklagten bei Dr. K. ordnungsgemäß eingegangen sei. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Übertragung lägen nicht vor. Die Kammer habe zudem berücksichtigt, dass der Anruf aus der Praxis Dr. K. am 31. August 2000 bei der Beklagten, mit dem die Beklage vom Tod des Versicherten am 8. August 2000 in Kenntnis gesetzt worden sei, im Hinblick auf die Anfrage der Beklagten vom 19. Juli 2000 nach einem aktuellen Bericht erfolgt sei und dass diese aktuelle Befundberichtsanforderung verbunden gewesen sei mit der Information des Hausarztes hinsichtlich der Notwendigkeit einer Obduktion. Der Umstand, dass Dr. K. die Klägerin über diese Notwendigkeit trotz des Schreibens der Beklagten nicht informiert habe, könne der Beklagten nicht als Fehlverhalten zugerechnet werden. Selbst wenn es der Beklagten oblegen hätte, auch nach dem 19. Juli 2000 nochmals bei Dr. K. anzufragen, ob dieser bereit sei, die Hinterbliebenen entsprechend zu informieren, wäre der Beklagten hierfür eine angemessene Frist von zumindest einen Monat nach Abfassung des ersten Schreibens zuzubilligen gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Versicherte jedoch bereits verstorben und eingeäschert worden, so dass ein Unterlassen der Beklagten nicht mehr ursächlich für den Beweisnotstand der Klägerin habe sein können. Zudem vermochte sich die Kammer auch nicht davon zu überzeugen, dass die Klägerin selbst in Kenntnis ihrer Beweisnot die Einwilligung zu einer Obduktion gegeben hätte. Auf Nachfrage der Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2003 habe die Klägerin hierzu ausgeführt, dass sie heute nicht mehr sagen könne, ob sie unmittelbar nach dem Ableben ihres verstorbenen Ehemannes einer Obduktion zugestimmt hätte, da sie seinerzeit so vor den Kopf geschlagen gewesen sei. Danach könne der Beweisnot der Klägerin auch nicht im Rahmen der Beweiswürdigung dadurch Rechnung getragen werden, dass schon einzelne Beweisanzeichen bzw. bereits ein Indiz als ausreichend für die Feststellung einer Tatsache oder einer daraus abgeleiteten Bejahung der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs angesehen werde. Ein solcher Extremfall wie in der Entscheidung des 8. Senats des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts in dem Verfahren L 8 U 93/97 liege hier nicht vor.
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Beim Versicherten habe auch keine BK der Nr. 1103 (Erkrankungen durch Chrom oder seine Verbindungen) oder der Nr. 4109 (Erkrankungen der Atemwege und der Lunge durch Nickel und seine Verbindungen) vorgelegen. Zwar halte es die Kammer für möglich, dass es zu einer erheblichen Kumulation sowoh1 von Chrom als auch Nickel im Lungengewebe des Versicherten gekommen sei. Da jedoch Lungengewebsproben für eine toxikologische feindiagnostische Untersuchung nicht zur Verfügung stünden, lasse sich der erforderliche Nachweis nicht führen. Ebenso lasse sich eine BK der Nr. 2402 (Erkrankung durch ionisierende Strahlen) nicht feststellen. Nach der ermittelten Verursachungswahrscheinlichkeit von 23 % liege keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die strahlenbedingte Auslösung der Erkrankung vor.
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Gegen dieses am 6. März 2003 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 2. April 2003 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung. Zur Begründung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Es sei fraglich, ob die Beklagte die entstandene Beweisnot zu verantworten habe. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. R. vom 19. November 2000 sei eine Obduktion angezeigt gewesen, die er der Beklagten telefonisch am 19. Juli 2000 auch nachdrücklich empfohlen habe. Dazu sei es nicht gekommen, da ihr verstorbener Ehemann eingeäschert worden sei. Weder sie noch ihr Ehemann, noch der Hausarzt seien über den Sinn und die Bedeutung einer Obduktion informiert und unterrichtet worden. Sie habe mit dem Hausarzt Dr. K. Kontakt aufgenommen und dieser habe ihr erklärt, dass er eine entsprechende Benachrichtigung der Beklagten nicht erhalten habe.
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Die Klägerin beantragt,
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1. das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 24. Februar 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2002 aufzuheben und
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2. die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Anerkennung der Lungenkrebserkrankung ihres verstorbenen Ehemannes als Berufskrankheit nach den Nrn. 4104, 1103, 4109 und 2402 Hinterbliebenenrente ab dem 8. August 2000 zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und weist ergänzend darauf hin: Auch unter Berücksichtigung des von Prof. Dr. R. eingeholten Gutachtens vom 29. Dezember 2006 seien die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Berufskrankheit nicht erfüllt. Auch eine Entschädigung wie eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII komme nicht in Frage, weil die dort genannten Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Über die von Prof. Dr. R. aufgezeigte Möglichkeit der Anerkennung bei einer Synkanzerogenese sei vielfach diskutiert worden. Ein Ergebnis habe die Diskussionen bisher jedoch noch nicht gehabt. Speziell der Gesetz- bzw. der Verordnungsgeber hätten darauf bisher überhaupt nicht reagiert. Prof. Dr. R. gehe in seinem Gutachten von Annahmen und Hypothesen aus, die keinen Bestand haben könnten, weil sie noch keine gefestigte medizinische Lehrmeinung seien und weil insoweit auch keine neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorlägen. Hinsichtlich der arbeitstechnischen Ermittlungen verweise sie auf die ergänzenden Stellungnahmen des TAD vom 27. Juli, 15. Februar, 7. Juni und 22. August 2005.
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Der Vorsitzende des Senats hat im Termin zur Erörterung und Beweisaufnahme am 27. Januar 2005 die ehemaligen Arbeitskollegen des Versicherten Fritz Hb. und Uwe J. als Zeugen vernommen. Zur weiteren Beweiserhebung hat der Senat das technische Gutachten über mögliche Lungenschadstoffe unter besonderer Berücksichtigung der Chromat- und Nickeloxidexposition des Dipl.-Ing. Sa. vom 24. Mai 2005 und dessen ergänzende Stellungnahme vom 8. August 2005 sowie das Gutachten des Facharztes für Arbeitsmedizin - Sozialmedizin - Umweltmedizin Prof. Dr. R. vom 29. Dezember 2006 und die Auskunft des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften vom 21. März 2007 eingeholt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten. Diese Unterlagen sind Gegenstand der Berufungsverhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
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Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
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Die Berufung der Klägerin ist auch begründet, denn sie hat einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente.
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Gemäß § 63 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (SGB VII) haben Hinterbliebene u.a. Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist. Nach § 7 Abs. 1 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Dem Tod durch Arbeitsunfall steht der Tod eines Versicherten gleich, dessen Erwerbsfähigkeit durch die Folgen einer BK nach den Nrn. 4101 bis 4104 der Anlage 1 zur BKV um 50 v.H. oder mehr gemindert war. Dies gilt nicht, wenn offenkundig ist, dass der Tod mit der BK nicht in ursächlichem Zusammenhang steht (§ 63 Abs. 2 Satz 2 SGB VII). Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten, Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet hat und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten erleidet. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in einer Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Eine in der Anlage 1 zur BKV (Berufskrankheitenverordnung) bezeichnete Krankheit (so genannte Listenkrankheit) muss durch die berufliche Tätigkeit verursacht oder verschlimmert worden sein. Das ist der Fall, wenn die schädigende Einwirkung ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen ist (haftungsbegründende Kausalität) und die schädigende Einwirkung die Krankheit verursacht oder wesentlich verschlimmert hat (haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkung, die Erkrankung und das unmittelbar zum Tode führende Leiden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen sein, während zur Anerkennung des Todes als Folge einer BK die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs ausreichend, aber auch erforderlich ist (BSGE 9, 52, 53; 32, 203, 207 bis 209; 45, 285).
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Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
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Der Versicherte ist am 8. August 2000 an den Folgen eines im Oktober 1999 diagnostizierten Bronchialkarzinoms im Bereich des rechten Lungenlappens verstorben.
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Nach den überzeugenden Ausführungen des Diplom-Ingenieurs Sa. ist es zunächst aufgrund der Tätigkeit des Versicherten als Schweißer auf dem Helgen in dem Zeitraum von August 1958 bis Anfang 1974 durch das Benutzten asbesthaltiger Kniekissen während 30 % der Arbeitszeit zu einer Asbestbelastung von 6,3 Faserjahren (berechnet nach der Tabelle 7.3, Seite 79 des BK-Reports 1/97 : 14 Jahre x 0,3 x 1,5 F/cm³) gekommen. Weitere hier relevante Expositionen sind während dieser Zeit nicht aufgetreten. Denn Chrom und Nickel waren keine Legierungsbestandteile des vom Versicherten bearbeiteten Schiffbaustahls.
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Von Anfang 1974 bis Ende Dezember 1994 war der Versicherte dann beim Schweißen hochlegierter Stähle einer kumulativen Chromatdosis von ca. 590 µg/m³ x Jahre (Produkt aus Intensität x Zeit, cxt) und einer Nickeloxyddosis von ca. 840 µg/m³ x Jahre ausgesetzt. Außerdem haben beim WIG-Schweißen ionisierende Strahlen auf den Versicherten eingewirkt. In der wissenschaftlichen Lehrmeinung wird zur Frage der Verursachungswahrscheinlichkeit von Lungenkrebs durch ionisierende Strahlen das von Prof. Jacobi entwickelte Modell (sog. Jacobi-I-Gutachten) herangezogen (Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Stand Januar 2007, M 2402 S. 11). Die Anwendung dieser anerkannten strahlenepidemiologischen Tabellen ergibt vorliegend eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 34 %. Sofern die Beklagte im Verwaltungsverfahren eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 23 % angenommen hat, kann dem nicht gefolgt werden. Denn nach der glaubhaften Aussage des Zeugen Fritz Hb. hat der Versicherte überwiegend mit Gleichstrom und nicht - wie von der Beklagten angenommen - mit Wechselstrom gearbeitet. Dem entsprechend hat das BGIA (Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitssicherheit) Sankt Augustin in seiner Stellungnahme vom 12. Mai 2005 die von dem Sachverständigen ermittelte Verursachungswahrscheinlichkeit von 34 % bestätigt. Darüber hinaus besteht im vorliegenden Fall insgesamt die Schwierigkeit, dass keine konkreten Messdaten hinsichtlich der tatsächlichen Arbeitssituation des Versicherten vorliegen. Insofern ist die Schadstoffeinwirkung unter Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und der Auswertung arbeitsplatzbezogener Untersuchungsergebnisse festzulegen. Das hat der Sachverständige Sa. nachvollziehbar getan. Zu beanstanden ist deshalb auch nicht, dass der Sachverständige für den Tätigkeitszeitraum von 1974 bis 1987 einen "Verschlechterungsfaktor" eingerechnet hat. Denn aufgrund fehlender Messdaten musste der Sachverständige auf den BIA-Report 2/6, 2. Aufl., März 1998 "zur Expositionssituation krebserzeugender Gefahrstoffe am Arbeitsplatz" zurückgreifen. Dabei handelt es sich jedoch um Messdaten aus dem Zeitraum von 1989 bis 1992, die für die Arbeitsplatzsituation des Versicherten ab 1974 nicht uneingeschränkt repräsentativ und dementsprechend zu korrigieren sind. Hinsichtlich der Ermittlung der Asbestfaserjahre ist außerdem zu berücksichtigen, dass der Sachverständige seiner Berechnung nicht wie von der Beklagten angenommen, eine Expositionsdauer von 15,5 Jahren (August 1958- Ende 74), sondern lediglich 14 Jahre zugrunde gelegt hat. Insgesamt ergeben sich danach keine Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens des Diplom-Ingenieurs Sa., das dieser aufgrund sorgfältiger Auswertung des Aktenunterlagen und der Zeugenaussagen sowie unter Zugrundelegung anerkannter arbeitstechnischer Studien erstellt hat. Der Senat hat deshalb keine Bedenken, sich auf das Gutachten des nach seiner Ausbildung und seiner beruflichen Erfahrung kompetenten Sachverständigen zu stützen und die Stellungnahmen der Beklagten hierzu als widerlegt anzusehen. Nach dem Beweisergebnis steht es für den Senat als bewiesen fest, dass die oben erwähnten schädlichen Einwirkungen auf den Versicherten eingewirkt haben.
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Die festgestellten Einwirkungen müssten ferner für das Entstehen der hier zu prüfenden Berufskrankheiten der Nrn. 1103, 2402, 4104 und 4109 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich geworden sein. Wahrscheinlichkeit setzt voraus, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf die berufliche Verursachung deutenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf eine Entscheidung gestützt werden kann (BSGE 32, 203). Eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (BSG, Breithaupt 1963, 60, 61). Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkungen und Erkrankungen im Recht der BKen gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Die Theorie der wesentlichen Bedingung hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der Ursache eines Erfolges jedes Ereignis ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der Bedingungstheorie werden im Sozialrecht als rechtserheblich aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt Beziehung haben. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache als solche, insbesondere Art und Ausmaß der Einwirkung, der Geschehensablauf, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, sowie die gesamte Krankengeschichte. Trotz dieser Ausrichtung am individuellen Versicherten ist der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Einzelfall der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Ursachenzusammenhänge zwischen Ereignissen und Gesundheitsschäden zugrunde zu legen. Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang nach der Theorie der wesentlichen Bedingung positiv festgestellt werden muss und hierfür hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt, nicht jedoch die bloße Möglichkeit. Angesichts der multifaktoriellen Entstehung vieler Erkrankungen, der Länge der zu berücksichtigenden Zeiträume und des Fehlens eines typischerweise durch berufliche Einwirkungen verursachten Krankheitsbildes bei vielen BKen, stellt sich letztlich oft nur die Frage nach einer wesentlichen Mitverursachung der Erkrankung durch die versicherten Einwirkungen (BSG Urteil vom 30. Januar 2007 -B 2 U 15/05 R -).
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Die hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Ursächlichkeit berufsbedingter Schadstoffexpositionen wird angenommen, wenn die schädigenden beruflichen Einwirkungen in einer bestimmten Dosis/Wirkungsbeziehung stehen, aufgrund derer sich das Risiko einer Erkrankung zumindest verdoppelt. Wird eine solche Risikoverdoppelung nicht einmal annähernd erreicht, spricht mehr dafür, dass das allgemeine Lebensrisiko sich in der Erkrankung des Versicherten verwirklicht hat als dass hierfür die berufliche Schadstoffexposition zumindest in Form einer wesentlichen Teilursache mitgewirkt hat (Mehrtens/Brandenburg, a.a.O. E § 9 SGB VII, Rdn. 16 m.w.N.).
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Hinsichtlich der BK 1103 (Erkrankungen durch Chrom oder seine Verbindungen) ist zwar anerkannt, dass die Einwirkung von Chromat-VI-Verbindungen Lungenkrebs verursachen kann (vgl. Mehrtens/Brandenburg a.a.O., M 1103, Seite 5). Eine dafür ausreichende Belastung lässt sich hier jedoch nicht feststellen. Denn die beim Versicherten ermittelte Chromatdosis von ca. 590 µg/m³ x Jahre liegt eindeutig unter der als wissenschaftlich anerkannten Verdopplungsdosis. Prof. Dr. R. hat dazu ausgeführt, dass es nach neueren Studien, insbesondere aus der chromatherstellenden Industrie gewichtige Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Verdoppelungsdosis für Lungenkrebserkrankungen unterhalb des von NORPOTH und POPP im Jahre 1994 vorgeschlagenen Grenzwertes von 2.000 µg/m³ x Jahre liegt. Studienergebnissen zufolge ist für eine kumulative Chromatdosis von 1.000 µg/m³ x Jahre ein relatives Lungenkrebsrisiko (RR) von 2,44 berechnet worden. In einer weiteren Studie aus dem Jahre 2003 wurde ein Verdoppelungsrisiko für Lungenkrebserkrankungen bei einer kumulativen Chromat VI-Exposition von etwa 1.300 µg/m³ x Jahre abgeleitet. Danach lässt eine Risikoverdoppelung unter einer kumulativen Dosis von 1000 µg/m³ x Jahre jedenfalls nicht herleiten.
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Entsprechendes gilt für die BK 4109 (bösartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen durch Nickel oder seine Verbindungen). Zwar ist auch hier die kanzerogene Wirkung im Bereich des Bronchialsystems anerkannt (vgl. Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., M 4109, Seite 3). Unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Lehrmeinung ist aber ein Verdoppelungsrisiko erst bei einer kumulativen Dosis für Nickel von 5.000 µg/m³ x Jahre anzunehmen. Prof. R. weist zwar darauf hin, dass nach einer neueren Fall-Kontroll-Studie von GRIMSRUD et al. (2002) ein deutlicher, aber statistisch nicht signifikanter Anstieg des Lungenkrebsrisiko bei relativ niedrigen kumulativen Nickeldosen dokumentiert worden sei. Bereits unter 1.000 µg/m³ x Jahre sei ein relatives Risiko von 2,7 und somit eine Risikoverdoppelung angegeben worden. Zutreffend hat Prof. R. jedoch festgestellt, dass dieses Ergebnis bei kritischer Analyse wenig plausibel ist, da die Dosis/Wirkungs/Kurve bei höheren Dosen sogar wieder abnimmt und bei der hohen kumulativen Nickeldosis von ca. 13.000 µg/m³ x Jahre nur ein relatives Risiko von 2,2 aufweist. Da bislang keine qualifizierten Studien vorliegen, die bei einer unter 5.000 µg/m³ x Jahre liegenden Nickeldosis ein erhöhtes Erkrankungsrisiko belegen, unterschreitet die beim Versicherten festgestellte Nickeloxyddosis von 840 µg/m³ x Jahre den geforderten Wert.
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Auch hinsichtlich der geltend gemachten BK 2402 (Erkrankungen durch ionisierende Strahlen) besteht kein Zweifel daran, dass ionisierende Strahlen geeignet sind, Lungenkrebs zu verursachen (Mehrtens/ Brandenburg, a.a.O., M 2402 Seite 8). Nach aktuellem medizinischem Kenntnisstand ist eine nach strahlenepidemiologischen Tabellen zu errechnende Ursachenwahrscheinlichkeit von 50 % erforderlich, damit die für den Kausalzusammenhang sprechenden Gründe deutlich überwiegen. Beim Versicherten wurde hingegen lediglich eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 34 % festgestellt.
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Die tatbestandlichen Voraussetzungen der BK der Nr. 4104 sind nicht erfüllt, weil weder eine Asbestose, noch eine durch Asbeststaub verursachte Erkrankung der Pleura sowie der Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstoffdosis von mindestens 25 Faserjahren nachgewiesen sind.
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Danach lässt sich nicht feststellen, dass die einzelnen schädigenden Einwirkungen jeweils monokausal die Lungenkrebserkrankung des Versicherten herbeigeführt haben.
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Die schädigenden Einwirkungen durch Chromate, Nickeloxid, ionisierende Strahlen sowie Asbest haben jedoch mit Wahrscheinlichkeit im Zusammenwirken das Bronchialkarzinom im Sinne einer Synkanzerogenese verursacht. Synkanzerogenese ist die Verstärkung der krebserzeugenden Wirkungen durch gleichzeitige oder aufeinanderfolgende Gaben mindestens zweier krebserregender Stoffe. Das Zusammenwirken im gleichen Zielgewebe (Zielorgan) führt in der Regel zu einer mindestens additiven Erhöhung des Krebsrisikos (Becker, Med Sach 2005, Seite 115 ff.).
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Wie bereits ausgeführt wirken sämtlich angeschuldigte Noxen auf dasselbe Zielorgan Lunge ein und haben krebserregende Wirkung. Bei der nach Einatmung thoriumhaltiger Schweißrauche und Stäube zur Wirkung gelangenden ionisierenden Strahlung handelt es sich überwiegend um Alpha-Strahlung mit einer hohen genotoxischen und mutagenen Wirkung. Auch bei Asbestfaserstäuben und VI-wertigen Chromverbindungen ist die Genotoxizität wissenschaftlich anerkannt. Für Nickelverbindungen haben sich bislang zwar nur Hinweise auf eine relativ schwache mutagene Wirkung gezeigt. Die Nickelverbindungen behindern jedoch die Reparatur der DNA in Säugerzellen und führen damit zu einer Verstärkung der genetischen Toxizität mutagen wirkender Substanzen.
- 50
Unter Anwendung des dafür anerkannten Berechnungsmodells, dem eine Publikation aus dem GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Institut für Epidemiologie, Neuherberg, sowie aus dem Institut für medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie der Ludwig-Maximillians-Universität München aus dem Jahre 1998 (M. Möhner, I. Brüske-Hohlfeld, H.E. Wichmann: Lungenkrebsrisiko bei Uranbergarbeitern der Wismut AG durch kombinierte berufliche Noxen am Beispiel von Strahlen- und Asbestexposition) zugrunde liegt, führt die Addition der beim Versicherten festgestellten schädigenden Einwirkungen von
- 51
Asbest: 6,3 Faserjahre
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Chromat: 590 µg/m 3 x Jahre
- 53
Nickeloxid: 840 µg/m 3 x Jahre
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Radioaktive Strahlung: VW 34 % = 0,34
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unter der Annahme, dass nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand für eine monokausale Verursachung 25 Faserjahre (BK Nr. 4104), eine Chromatdosis von 2000 µg/m³ x J, eine Nickeloxiddosis von 5000 µg/m³ x J sowie eine radioaktive Strahlung mit einer Verursachungswahrscheinlichkeit von über 50 % verlangt wird zu folgendem Ergebnis:
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RR Rad = 1 / (1 - VW) = 1/(1-0,34) = 1,515
- 57
RR Asbest = 1 + FJ/25 = 1 + 6,3/25 = 1,252
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RR CrVI = 1 + 590/2000 = 1,295
- 59
RR Nickeloxid = 1 + 840/5000 = 1,168
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RR Gesamt = 1 + (0,515 + 0,252 + 0,295 + 0,168)
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= 2,23 (additiv)
- 62
VW Rad = RR - 1/RR = (1,515 - 1)/1,515 = 0,34 = 34 %
- 63
VW Asbest = (1,252 - 1)/1,252 = 0,20 = 20 %
- 64
VW CrVI = (1,295 - 1)/1,295 = 0,23 = 23 %
- 65
VW NiO = (1,168 - 1)/1,168 = 0,14 = 14 %
- 66
VW Gesamt = (2,23 - 1)/2,23 = 0,55 = 55 % (additiv)
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RR = relatives Risiko
- 68
VW = Verursachungswahrscheinlichkeit (%)
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VW = (RR - 1)/RR
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Unter Berücksichtigung dessen, dass ein arbeitsbedingt individuell erhöhtes relatives Risiko RR 2,0 oberhalb des verdoppelten Erwartungsrisikos in der übrigen Bevölkerung liegt und beim Versicherten ein relatives Risiko von 2,23 und damit eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 55 % gegeben ist sowie, dass sich beim Kläger keine konkurrierenden Ursachen feststellen lassen, spricht mehr für als gegen eine beruflich bedingte Erkrankung .
- 71
Auch der Einwand der Beklagten, dass hinsichtlich der ionisierenden Strahlung keine Verursachungswahrscheinlichkeit von 34 %, sondern lediglich von 23 % anzunehmen sei, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn nach dem oben aufgeführten Berechnungsmodell ergibt sich danach ein relatives Risiko von 2,013 bzw. eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 50,3 %. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass bei den hier dargestellten mathematischen Berechnungen zur additiv-synkanzerogenen Verursachungswahrscheinlichkeit sowohl für VI-wertige Chrom- als auch oxidische Nickelverbindungen die von NORPOTH und POPP vorgeschlagenen "Grenzwerte" von 2000 bzw. 5000 µg/m 3 x Jahre als Referenzgrößen beibehalten wurden, obwohl sich - wie bereits ausgeführt - nach neuerer wissenschaftlicher Literatur Hinweise für einen Grenzwert unterhalb dieser Werte abzeichnen. Unabhängig davon lässt sich die Wesentlichkeit einer Ursache nicht exakt berechnen, weil dies eine Wertungsfrage ist und es keine bestimmte rechtlich vorgegebene Relation ("Verdopplungsdosis") gibt, sondern besondere Einwirkungen in erheblich höherem Grade genügen (Becker, SGb 2006, S. 449 ff).
- 72
Deshalb würde auch ein Wert knapp unter RR 2,0/VW 50 % nicht den Ursachenzusammenhang ausschließen.
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Damit liegen die BKn der Nrn. 1103, 4109 vor. Hierdurch ist der Tod des Versicherten mit Wahrscheinlichkeit eingetreten.
- 74
Der Senat stützt sich bei den medizinischen Feststellungen auf die gutachterlichen Ausführungen von Prof. Dr. R. in seinem Gutachten vom 29. Dezember 2006, das dieser unter sorgfältiger Auswertung der Akten und Berücksichtigung des derzeitigen medizinischen Erkenntnisstandes hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Schadstoffeinwirkung und der Entstehung von Lungenkrebs erstellt hat. Zweifel an der Richtigkeit dieser
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Einschätzung ergeben sich auch nicht daraus, dass Prof. Dr. R. in seinem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten vom 19. November 2000 zu dem Ergebnis gelangt ist, dass aussagekräftige Ergebnisse bezüglich der synkanzerogenen Wirkung bei der kumulierten Einwirkung von VI-wertigen Chromverbindungen, Nickel und seinen Verbindungen sowie Asbest bisher epidemiologisch und medizinisch-wissenschaftlich nicht hinreichend belegt und dokumentiert sind. Prof. Dr. R. hat jetzt überzeugend dargelegt, dass in der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mittlerweile die Krebsentstehung durch Synkanzerogenese anerkannt ist (vgl. Becker, MedSach, S. 115 ff). Er weist dabei insbesondere auf einen Vortrag von Prof. Dr. Greim, em. Ordinarius für Toxikologie und Umwelthygiene an der Technischen Universität München, in dem dieser ausgeführt hat, dass aus den Erkenntnissen zur Krebsentstehung Synkanzerogenese immer dann zu erwarten ist, wenn sich mehrere Kanzerogene aufgrund ihrer Mechanismen in ihrer Wirkung verstärken. In jedem Falle ist davon auszugehen, dass eine gleichzeitige oder aufeinanderfolgende Exposition gegenüber mehreren Initiatoren oder Initiatoren und Promotoren den kanzerogenen Effekt verstärken. Bei entsprechender Exposition kommt es damit zu additiven Wirkungen im Sinne eines Ergebnisses 1 + 1 = 2 bzw. 1 + 1 + 1 = 3 usw. Auch Prof. Dr. Woitowitz, emeritierter Ordinarius für Arbeits- und Sozialmedizin an der Universität Gießen, hat bereits im Oktober 2001 ausgeführt, dass die Vorgaben des Bundessozialgerichts zum "Zusammenwirken einzelner Mitbedingungen" und deren Eigenbedeutung bzw. der Rechtspraxis der "komplementären Kausalität" es dringend nahe legen, den naturwissenschaftlichen Regelfall der Synkanzerogenese mindestens als additiv/synergetisch dem Schutzzweck des BK-Rechts u.a. auch bei legaldosimetrisch definierten Berufskrebserkrankungen in arbeits- und sozialmedizinisch geeigneter Weise unterzuordnen. So hat auch das BSG in seinem Urteil vom 12. Juni 1990 - R 2 RU 14/90 - festgestellt, dass es nicht zu begründen ist, die Berufskrankheitenentschädigung nur deshalb zu versagen, weil nicht die schädigende Einwirkung einer einzelnen, in der BKV aufgeführten Staubart, sondern nur das schädigende Zusammenwirken mehrerer in der BKV aufgeführten Stäube für die festgestellte Lungenfibrose verantwortlich ist. Dem Zusammenwirken einzelner Mitbedingungen in einer Gruppe, die als Kollektiv für einen Erfolg wesentlich sind, kommt so viel Eigenbedeutung zu, dass damit auch jedem einzelnen Glied der Gruppe wesentliche Bedeutung verliehen wird. In der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung ist bezüglich der Entstehung von Lungenkrebs durch Asbest und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe anerkannt, dass Lungenkrebs durch das synkanzerogene Zusammenwirken von Asbeststaub und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen auch dann verursacht werden kann, wenn die Dosisgrenzwerte von 25 Faserjahren bzw. 100 PAK-Jahren nicht erreicht werden. Wissenschaftlich gesichert ist, dass sich die genotoxischen Wirkungen der beiden eindeutig krebserzeugenden Noxen addieren (HVBG RdSchr VB 45/2006).
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Der Senat hat auch keine Zweifel an der von Prof. Dr. R. begründeten additiv kanzerogenen Wirkung der vorliegend festgestellten Exposition durch IV-wertige Chromate, oxydische Nickelverbindungen, Asbest und ionisierende Strahlung. Prof. Dr. Greim (BK-Report 2/2006, Synkanzerogenese - insbesondere Asbeststaub und PAK) hat zum Zusammenwirken verschiedener Schadstoffe ausgeführt, dass für die Lunge Arsen, Kadmium und andere Hartmetalle Beispiele für eine Synkanzerogenese darstellen. Somit ist bei diesen Metallen auch in Verbindung mit anderen Kanzerogenen gleiche Organspezifität für eine Synkanzerogenese auszugehen. Bei Asbest, Quarz und Rauchen erlauben die mechanistischen Erkenntnisse die gleiche Aussage. Von besonderer Bedeutung für das Prinzip des Synkanzerogenese ist hierbei die übereinstimmende Lokalisation der Wirkungen.
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Diese hat Prof. Dr. R. für Chromate, oxydische Nickelverbindungen Asbest und ionisierende Strahlung nachvollziehbar dargestellt. Dafür, dass die Synkanzerogenese für die hier relevanten Noxen wissenschaftlich begründet ist, spricht auch, dass seit Januar 2007 mit einer Laufzeit bis Dezember 2009 eine gepoolte Analyse europäischer Fall-Kontroll-Studien zur Untersuchung der Synkanzerogenese von beruflichen Karzinogenen bei der Entwicklung von Lungenkrebs in Auftrag gegeben worden ist ("Synergy-Gepoolte Analyse europäischer Fall-Kontroll-Studien zur Untersuchung der Synkanzerogenese von beruflichen Karzinogenen bei der Entwicklung von Lungenkrebs"). Die Untersuchung wurde vor dem Hintergrund in Auftrag gegeben, dass sich an vielen Arbeitsplätzen Mischexpositionen wie beispielsweise Asbest und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Quarz und Strahlung oder Chrom und Nickel finden. Auch ist das von Prof. Dr. R. zur Berechnung der Schadstoffexposition und dabei insbesondere der Verursachungswahrscheinlichkeit angewandte Berechnungsmodell, dem eine Publikation aus dem GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Institut für Epidemiologie in Neuherberg, sowie aus dem Institut für medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie der Ludwig-Maximillians-Universität München aus dem Jahre 1998 (M. Möhner, I. Brüske-Hohlfeld, H.E. Wichmann: Lungenkrebsrisiko bei Uranbergarbeitern der Wismut AG durch kombinierte berufliche Noxen am Beispiel von Strahlen- und Asbestexposition)zugrunde liegt, nicht zu beanstanden. Einwände dagegen sind auch von der Beklagten nicht erhoben worden. Der Senat hat nach alledem keine Bedenken sich bei seiner Entscheidungsfindung auf die überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. R. zu stützen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass Prof. Dr. R. für die hier entscheidungserheblichen Fragestellungen als kompetenter Experte anerkannt ist und dass gerade das Abrücken von seinem Gutachten vom 19. November 2000 ihn als selbstkritischen Gutachter ausweist, der sich bemüht, auf dem neuesten Stand der Wissenschaft zu bleiben.
- 78
Aus diesen Gründen hat die Berufung der Klägerin Erfolg, und es ist ihr Hinterbliebenenrente zu gewähren.
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Die Revision wird zugelassen, weil die Anerkennung synkanzerogen verursachter Erkrankungen grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr. 1 SGG).
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Referenzen
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- § 63 Abs. 2 Satz 2 SGB VII 1x (nicht zugeordnet)
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- 1 U 32/02 2x (nicht zugeordnet)
- SGG § 144 1x
- 1 U 71/01 2x (nicht zugeordnet)
- 2 U 15/05 1x (nicht zugeordnet)
- 4 U 71/01 1x (nicht zugeordnet)
- § 9 Abs. 2 SGB VII 1x (nicht zugeordnet)
- § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII 1x (nicht zugeordnet)
- 8 U 93/97 1x (nicht zugeordnet)
- § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII 1x (nicht zugeordnet)
- SGG § 193 1x
- § 7 Abs. 1 SGB VII 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 2, 3 oder 6 SGB VII 2x (nicht zugeordnet)
- SGG § 160 1x