Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht (1. Senat) - L 1 LW 1/07

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 22. März 2007 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Altersrente des Klägers mindern durfte.

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Der am … 1935 geborene Kläger war Landwirt. Seine Ehe wurde am 14. September 1993 rechtskräftig geschieden. Dabei wurden zu Lasten der Versorgung des Klägers bei der Schleswig-Holsteinischen Landwirtschaftlichen Alterskasse Anwartschaften begründet zu Gunsten der geschiedenen Ehefrau auf ihrem Konto bei der damaligen Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein (heute: DRV Nord). Mit Bescheid vom 6. Mai 1994 gewährte die Beklagte dem Kläger Altersgeld wegen Erwerbsunfähigkeit. Für die Zeit nach der Scheidung berechnete sie dabei die Rente für einen Unverheirateten. Der Bescheid wurde rechtsverbindlich.

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Mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers stellte die Beklagte die Rente des Klägers auf eine Altersrente um.

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Da die geschiedene Ehefrau des Klägers im Jahre 2004 einen Rentenantrag bei der DRV Nord gestellt hatte, hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 1. Juni 2004 zu der beabsichtigten Rentenkürzung wegen des Versorgungsausgleichs an. Die Rente an die geschiedene Ehefrau wurde ab 1. August 2004 gezahlt.

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Mit dem umstrittenen Bescheid vom 31. August 2004 stellte die Beklagte nun die Rente des Klägers neu fest. Unter Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs ergab sich ab 1. September 2004 eine Rentenminderung. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2005 zurück.

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Der Kläger hat deswegen am 28. April 2005 vor dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Im Wesentlichen hat er die Doppelkürzung seiner Rente als verfassungswidrig bezeichnet.

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Er hat beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2004 (gemeint 2005) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Rente neu zu berechnen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat auf ihre Bescheide verwiesen.

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Nach Schriftwechsel hat das Sozialgericht mit Urteil vom 22. März 2007 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) lägen vor. Dadurch, dass die geschiedene Ehefrau des Klägers seit dem 1. August 2004 eine Rente beziehe, sei eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten. Die Neuberechnung habe daher erfolgen dürfen und sei auch von der Beklagten zutreffend durchgeführt worden. Die Kammer habe keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der angewandten Vorschriften. Der Gesetzgeber habe bei der Ausgestaltung der landwirtschaftlichen Alterssicherung zu berücksichtigen, dass der Anteil der Bundesmittel an den Aufwendungen einen weitaus höheren Anteil ausmache als die Beiträge der Landwirte. Es erscheine daher nicht willkürlich, wenn der Gesetzgeber im Rahmen der vorhandenen größeren Gestaltungsfreiheit zwischen verheirateten und unverheirateten Berechtigten differenziere.

13

Gegen dieses dem Kläger am 7. Juni 2007 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung vom 20. Juni 2007.

14

Der Kläger wiederholt im Wesentlichen seine rechtlichen Ausführungen.

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Er beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 22. März 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2005 aufzuheben,

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hilfsweise die Revision zuzulassen.

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Die Beklagte wiederholt ebenfalls ihre Ausführungen und beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Dem Senat haben die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte L 1 LW 1/07 vorgelegen. Auf ihren Inhalt wird im Übrigen verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

22

Die Neufeststellung der Rente mit Bescheid vom 31. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger in seinen Rechten nicht.

23

Unberührt von dem anhängigen Rechtsstreit ist die Entscheidung der Beklagten über den Wegfall des Verheiratetenzuschlags ab 1. Oktober 1993. Hierüber hat die Beklagte in dem Bescheid vom 6. Mai 1994 rechtsverbindlich entschieden. Auch der Umfang des durchgeführten Versorgungsausgleichs durch das Urteil des Amtsgerichts Rendsburg vom 14. September 1993 steht rechtskräftig fest. Diese Feststellungen der Beklagten und des Amtsgerichts sind nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens.

24

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Rentenanspruch des Klägers, über den die Beklagte mit Bescheid vom 6. Mai 1994 rechtsverbindlich entschieden hat. Diese Bindungswirkungen dürfen nach § 48 SGB X durchbrochen werden, weil eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist.

25

Die nach § 48 SGB X verlangte wesentliche Änderung der Verhältnisse ist dadurch eingetreten, dass die geschiedene Ehefrau des Klägers seit dem 1. August 2004 Rente von der DRV Nord bezieht. Von diesem Zeitpunkt an haben sich die durch den Versorgungsausgleich begründeten Rentenanwartschaften in einen Rentenanspruch der geschiedenen Ehefrau umgewandelt. Dies führt dazu, dass das so genannte Rentnerprivileg beim Kläger weggefallen ist. Dieser Wegfall hat zu einer Kürzung seiner Rente geführt. Die Rechtsgrundlagen finden sich in § 24 ALG i.V.m. § 101 Abs. 3 SGB VI. Nach diesen Vorschriften wurde dem Kläger bislang die Rente gezahlt, ohne dass sich der Versorgungsausgleich nachteilig auf die Rentenhöhe ausgewirkt hat. Jetzt aber haben sich die Anwartschaften der Ehefrau konkretisiert und es ist infolgedessen eine Rentenkürzung beim Kläger vollzogen worden. Im Einzelnen wird hierzu auf die angefochtenen Bescheide und das Urteil des Sozialgerichts verwiesen, auf das sich der Senat in vollem Umfang bezieht (§ 153 Abs. 3 SGG).

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Auch die Ausführungen des Sozialgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der herangezogenen Vorschriften treffen zu. Durch die Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs sind Art. 3, Art. 6, Art. 14 Grundgesetz und das Sozialstaatsgebot nicht verletzt (im Ergebnis ebenso LSG Niedersachsen, Urteil vom 27. Juni 1991, Breithaupt 1992, S. 553; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 29. Januar 1993 - L 13 LW 816/92).

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Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor; die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG.


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