Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht (3. Senat) - L 3 AS 140/17

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen die Mitteilung des Sozialgerichts Schleswig vom 4. September 2017, dass die Klage nach § 102 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz als zurückgenommen gelte und das Verfahren damit beendet sei, wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Mit am 27.01.2017 bei dem Sozialgericht Schleswig eingegangenem Schreiben vom 25.01.2017, bezeichnet als „Eilantrag, Klage, Einstweilige Verfügung, Widerspruch 1 - 7 vom 20.01.2017 + 28.12.2017“ haben die Kläger sich unter Nennung von 7 Aktenzeichen auf 7 Widersprüche bezogen und wörtlich ausgeführt: „Es wird kein Bescheid richtig beschieden. Es wird einer Direktzahlung und Einbehaltung der Heizkosten, der Kürzung, der Einkommensanrechnung widersprochen im gesamten Umfang“.

2

Das Sozialgericht hat die Eingabe unter dem Aktenzeichen S 16 AS 68/17 als Klage eingetragen. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 13.02.2017 mitgeteilt, dass es um fünf im Einzelnen beschriebene Bescheide gehen dürfte; zu zwei der von den Klägern mitgeteilten Aktenzeichen gebe es allerdings keine Bescheide. Eine Nachfrage hierzu an die Kläger vom 02.03.2017 blieb unbeantwortet. Mit gerichtlicher Verfügung vom 04.05.2017, den Klägern zugestellt am 05.05.2017, wurden die Kläger aufgefordert, das Verfahren zu betreiben und binnen drei Wochen anzugeben, gegen welchen Bescheid und Widerspruchsbescheid sich die Klage vom 25.01.2017 richte, welches konkrete Ziel mit der Klage erreicht werden solle und aus welchem Grund die hier konkret angegriffenen Verwaltungsentscheidungen des Beklagten aus Sicht der Kläger rechtswidrig seien. Die Kläger wurden darauf hingewiesen, dass die Klage nach § 102 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als zurückgenommen gelte, wenn das Verfahren seitens der Kläger trotz Aufforderung durch das Gericht länger als drei Monate nicht betrieben werden. Die Kläger würden hiermit zur Betreibung des Klageverfahrens im Sinne dieser Vorschrift aufgefordert.

3

Nachdem die Kläger hierauf nicht reagiert haben, teilte das Sozialgericht ihnen mit Schreiben vom 04.09.2017 mit, dass die Klage nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG als zurückgenommen gelte, nachdem das Verfahren trotz entsprechender gerichtlicher Betreibensaufforderung durch das Gericht mehr als drei Monate nicht betrieben worden sei. Das Verfahren sei damit beendet und werde ausgetragen.

4

Mit am 11.09.2017 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenem Schreiben vom 06.09.2017 haben die Kläger unter anderem wörtlich „Berufung gegen sämtliche Niederlegungen, Rücknahmen § 102 Abs. 2 und Satz 1 Sozialsetzbuch S 16 AS 68/17“ erhoben. Mit Schreiben vom 02.10.2017 hat das Sozialgericht mitgeteilt, dass weitere Eingaben der Kläger dort als Antrag auf Fortführung des Klageverfahrens S 16 AS 68/17 gewertet worden seien. Das Verfahren wird dort unter dem Az. S 16 AS 508/17 geführt; eine Entscheidung ist noch nicht ergangen.

5

Mit gerichtlicher Verfügung des Landessozialgerichts vom 09.10.2017 sind die Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Berufung unzulässig sein dürfte, weil ein anfechtbares Urteil bisher nicht vorliege. Es wurde angeregt, die hier eingelegte Berufung zurückzunehmen; anderenfalls werde der Senat die Berufung voraussichtlich im schriftlichen Verfahren (§ 158 SGG) als unzulässig verwerfen. Hierauf haben die Kläger wiederum nicht reagiert.

6

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

7

Die zu dem erstinstanzlichen Verfahren S 16 AS 68/17 eingelegte Berufung der Kläger ist offensichtlich unzulässig, weil Berufungen nur gegen Urteile der Sozialgerichte statthaft sind (§ 143 SGG), ein erstinstanzliches Urteil hier jedoch bisher gar nicht ergangen ist. Das Sozialgericht hat die Klage infolge der Fiktion des § 102 Abs. 2 SGG als zurückgenommen angesehen, nachdem die Kläger auf die Betreibensaufforderung vom 04.05.2017 nicht reagiert haben. Entsteht – wie hier – Streit über die Wirksamkeit der Klagrücknahme, wird das Verfahren fortgesetzt; bejaht das Sozialgericht eine Klagrücknahme, erlässt es sodann ein Urteil mit der Feststellung, dass die Klage zurückgenommen ist. Verneint das Sozialgericht nach erneuter Überprüfung das Vorliegen einer Klagrücknahme oder hält es sie für unwirksam, wird hingegen in der Sache entschieden (vgl. allg. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Aufl. § 102 Rz 12 m.w.N.). Vor diesem Hintergrund ist eine Berufung hier bisher nicht statthaft.

8

Der Senat entscheidet über die unzulässige Berufung in Ausübung des ihm insoweit eröffneten Ermessens durch Beschluss nach § 158 SGG, weil er eine mündliche Verhandlung – zumal unter Berücksichtigung der in einer Vielzahl von Verfahren deutlich gewordenen Uneinsichtigkeit der Kläger – nicht für erforderlich hält.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.

10

Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.


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