Beschluss vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (5. Senat) - L 5 AS 275/12 NZB
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 18. April 2012 wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
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Die Klägerin wendet sich mit der Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau, das ihre Klage auf einen Zuschuss i.H.v. 199,00 EUR für die Anschaffung einer Waschmaschine nach § 24 Abs. 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) abgewiesen hat.
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Die 1988 geborene Klägerin bezieht seit dem 14. März 2006 Leistungen nach dem SGB II. Die am 6. April 2006 bezogene Wohnung hatte sie leer angemietet und am 31. März 2006 eine Erstausstattung mit Möbeln und Haushaltsgeräten beantragt. Der Beklagte hatte mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. April 2006 dem Antrag "in vollem Umfang in Höhe von 700,00 EURO entsprochen". Die Klägerin hatte sich in der Folge keine Waschmaschine angeschafft.
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Am 15. März 2011 beantragte sie ein Darlehen zum Erwerb einer Waschmaschine. Der Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 17. März 2011 ab, weil die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass sie den Bedarf nicht auf andere Art und Weise decken könne. In dem dagegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie habe vornehmlich einen Zuschuss nach § 24 Abs. 3 Nr. 1 SGB II beantragen wollen. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2011 zurück. Die Klägerin habe bereits im Jahr 2006 eine Erstausstattung erhalten, die einen Betrag von 150,00 EUR für den Erwerb einer Waschmaschine beinhaltet habe. Mit weiterem Bescheid vom 31. Mai 2011 hat der Beklagte ihr ein Darlehen i.H.v. 199,00 EUR nach § 24 Absatz 1 SGB II bewilligt.
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In ihrer fristgerecht erhobenen Klage auf Bewilligung eines Zuschusses i.H.v. 199,00 EUR hat die Klägerin geltend gemacht, bis zum Wegzug ihrer Mutter und Schwester aus der Nachbarschaft keine Waschmaschine benötigt zu haben.
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Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. April 2012 abgewiesen. Die Waschmaschine sei ein wohnraumbezogener Gegenstand i.S.v. § 24 Abs. 3 SGB II. Die Frage, ob ein Bedarf für eine Erstausstattung vorliege, sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bedarfsbezogen und nicht zeitlich zu beantworten. Daher liege ein Erstausstattungsbedarf vor. Dieser Bedarf habe aber schon bereits im März 2006 bestanden und sei durch die bereits bewilligten Leistungen gedeckt worden. Es könne kein weiterer Anspruch entstehen, da ansonsten eine Umgehung der bestandskräftig bewilligten Pauschalleistung möglich wäre. Dies gelte jedoch nur, soweit - wie hier - ein konkreter Bedarf schon damals bestanden habe. Unerheblich sei, ob die Pauschale seinerzeit ausreichend gewesen sei, da der Bescheid vom 27. April 2006 bestandskräftig sei. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.
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Gegen das ihr am 18. Mai 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21. Mai 2012 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Der Rechtsstreit habe grundsätzliche Bedeutung. Unzutreffend sei das Sozialgericht davon ausgegangen, dass der Bedarf für die Waschmaschine schon beim Einzug und nicht erst im Jahr 2010 entstanden sei. Unstreitig habe sie im Jahr 2006 eine Waschmaschine gar nicht beantragt. Klärungsbedürftig sei die Rechtsfrage, ob eine bedarfsbezogene Anspruchslage bereits dann vorliege, wenn aus Sicht des Leistungsträgers eine Bedarfslage bestanden habe, oder erst dann, wenn der Bedarf durch Antragstellung geltend gemacht werde. Dies betreffe auch die Frage, ob durch die frühere Bewilligung der ggf. bestehende Anspruch befriedigt worden sei oder nicht.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 18. April 2012 die Berufung zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
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die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
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Es liege keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vor. Die Klägerin habe im Jahr 2006 auch Leistungen für die Anschaffung von Haushaltsgeräten geltend gemacht. Der Bedarf habe 2006 bestanden und sei seinerzeit erfüllt worden. Ein erneuter Erstausstattungsbedarf könne nicht deshalb entstehen, weil die Klägerin aus eigenem Entschluss zunächst auf die Anschaffung einer Waschmaschine verzichtet habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten des Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
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1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist rechtzeitig erhoben und statthaft, da die Berufung nicht kraft Gesetzes zulässig ist. Gemäß § 144 Abs. 1 SGG in der ab 1. April 2008 gültigen Fassung bedarf die Berufung der Zulassung in einem Urteil des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR oder 2. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
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Hier streiten die Beteiligten lediglich über einen Betrag von 199,00 EUR.
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Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Berufung gegen sein Urteil zu Recht nicht zugelassen.
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Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
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Der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage ist gegeben, wenn sie ungeklärt ist und eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Die Sache wirft keine bislang ungeklärten Rechtsfragen auf, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Dem Vorbringen der Klägerin im Beschwerdeverfahren lässt sich keine verallgemeinerungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage entnehmen. Vielmehr handelt es sich hier um eine Frage, die lediglich für den Einzelfall Bedeutung hat. Das Sozialgericht hat sich auf die Rechtsprechung des BSG zum Anspruch auf Wohnungserstausstattung gestützt. Es hat zunächst rechtsfehlerfrei ausgeführt, dass dieser Anspruch bedarfsbezogen zu verstehen ist und hat daher eine aktuell bestehende Bedarfslage angenommen (vgl. BSG, Urteil vom 20. August 2009, B 14 AS 41/08 R (14)). In einem weiteren Schritt hat das Sozialgericht festgestellt, dass der jetzt geltend gemachte Bedarf bereits im März 2006 bestanden habe. Dieser sei bereits durch Bescheid vom 27. April 2006 erfüllt worden; die Klägerin habe die bewilligten Mittel jedoch anderweitig verwendet. Daraus hat das Sozialgericht gefolgert, dass ein nochmaliger Anspruch auf Zuschuss nicht bestehe. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage hinsichtlich des Zeitpunkts der Entstehung einer "bedarfsbezogenen Anspruchslage" beinhaltet im Kern lediglich den Vorwurf einer falschen Auslegung ihres seinerzeitigen Antrags vom 31. März 2006 durch den Beklagten. Nach ihrer Auffassung habe sie - anders als vom Beklagten angenommen - damals keinen Bedarf für eine Waschmaschine gehabt und auch nicht geltend gemacht.
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Die Frage, welche Leistungsansprüche mit einem Antrag verfolgt werden, ist eine Einzelfallentscheidung, die keine grundsätzliche Bedeutung aufwirft. Insoweit gelten nämlich die allgemeinen Regelungen über die Auslegung von Willenserklärungen (vgl. BSG, Urteil vom 2. März 2010, B 5 R 104/07 R (12) zur Auslegung von Verwaltungsakten). Das Sozialgericht ist unter Würdigung der gesamten Umstände zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin mit ihrem Antrag vom 31. März 2006 - u.a. - einen Bedarf für eine Waschmaschine geltend gemacht hatte. Soweit die Klägerin ausführt, "unstreitig" habe sie seinerzeit keine Leistungen für eine Waschmaschine beantragt, betrifft dies nur den Umfang ihres Antrags vom 31. März 2006.
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Es liegt auch keine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor. Diese besteht nur dann, wenn das anzufechtende Urteil von einer Entscheidung des Berufungsgerichts oder des BSG abweicht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 144 Rn. 30, 30a). Das Urteil des Sozialgerichts weicht nicht von einem Urteil des erkennenden Senats oder des BSG ab.
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Auch ein Zulassungsgrund im Sinn des § 144 Abs. 3 Nr. 3 SGG liegt nicht vor. Dieser ist nur dann gegeben, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, dieser vorliegt und die Entscheidung auf ihm beruhen kann. Unter einem Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt, zu verstehen. Hier ist schon kein Verfahrensmangel gerügt worden.
2.
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Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren.
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Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. März 1990, 1 BvR 94/88, NJW 1991, S. 413 f.).
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Die fehlende Erfolgsaussicht ergibt sich schon aus den oben genannten Gründen.
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Referenzen
- 14 AS 41/08 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 115 Einsatz von Einkommen und Vermögen 1x
- § 24 Abs. 3 Nr. 1 SGB II 1x (nicht zugeordnet)
- § 24 Abs. 3 SGB II 1x (nicht zugeordnet)
- SGG § 193 1x
- 5 R 104/07 1x (nicht zugeordnet)
- SGG § 73a 1x
- 1 BvR 94/88 1x (nicht zugeordnet)
- § 24 Absatz 1 SGB II 1x (nicht zugeordnet)
- SGG § 177 1x
- SGG § 144 5x