Urteil vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (7. Senat) - L 7 BL 2/15

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Februar 2015 sowie der Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2012 werden aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, die Bescheide vom 7. Dezember 2006, vom 31. August 2007, vom 8. Januar 2008, vom 4. Februar 2008, vom 7. Mai 2008, vom 9. September 2008, vom 3. Dezember 2008, vom 20. Mai 2009, vom 2. September 2009, vom 13. Januar 2010, vom 9. Februar 2010, vom 3. Juni 2010, vom 16. September 2010, vom 18. Januar 2011, vom 7. September 2011 und 2. November 2012 abzuändern und dem Kläger von Januar 2008 bis Juni 2012 Blindengeld in voller Höhe unter Anrechnung des bereits für diesen Zeitraum gezahlten Blindengeldes zu zahlen.

Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

In einem Überprüfungsverfahren ist zwischen den Beteiligten der Anspruch auf ein ungekürztes Blindengeld nach dem Gesetz über das Blinden- und Gehörlosengeld im Land Sachsen-Anhalt (LBliGG LSA) für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012 umstritten.

2

Der am ... 1986 geborene Kläger wurde nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 1987 von seiner Großmutter aufgezogen, die für ihn Ende 1992 den ersten Blindengeldantrag beim Beklagten stellte. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 19. Januar 1993 abgelehnt. Auf einen Folgeantrag vom 3. Dezember 1996 nahm der Beklagte medizinische Ermittlungen auf, die der Facharzt für Augenheilkunde Dr. habil. M. auswertete und beim Kläger seit 1993 eine hochgradige Sehbehinderung feststellte. Mit Bescheid vom 21. Januar 1997 bewilligte der Beklagte daraufhin Blindengeld in Höhe von 30,00 DM ab Januar 1997 und kündigte für die Vergangenheit entsprechende Nachzahlungen an. Mit weiterem Bescheid vom 10. Februar 1997 erhöhte der Beklagte das Blindengeld wegen einer Gesetzesänderung auf monatlich 80,00 DM ab Januar 1997. Mit Bescheid vom 9. Juli 1998 hob der Beklagte den Bescheid vom 19. Januar 1993 auf und bewilligte ab Januar 1994 bis November 1996 Blindengeld in Höhe von monatlich 30,00 DM.

3

Am 1. August 2006 stellte der Kläger einen Neufeststellungsantrag und wies gleichzeitig auf seinen weiteren Wohnsitz im Landesbildungszentrum für Blinde in H. hin. Der Beklagte nahm medizinische Ermittlungen sowie Erkundigungen bei der Bildungseinrichtung vor. Mit Schreiben vom 28. August 2006 teilte das Landesbildungszentrum für Blinde in H. mit, dass die monatlichen Internatskosten 3.290,23 EUR betragen würden. Pro Abwesenheitstag seien 2,56 EUR für Verpflegung abzuziehen. Kostenträger sei die Landeshauptstadt M ... Im Internat würden fürsorgliche Betreuungs- und Freizeitleistungen angeboten. Mit Bescheid vom 19. September 2006 lehnte der Beklagte eine Neufeststellung ab. Auf das Widerspruchsschreiben vom 11. November 2006 erfolgte ein Abhilfebescheid vom 7. Dezember 2006, nach dem ab August 2006 wegen Blindheit Blindengeld in Höhe von 175,00 EUR bewilligt wurde. Da der Kläger auch im Internat des Landesbildungszentrums für Blinde in H. wohne und die Unterbringungskosten vom Sozialamt übernommen würden, werde der monatliche Anspruch auf 175,00 EUR statt 350,00 EUR gekürzt.

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Nachdem der Kläger lediglich zeitweise wegen Ferien oder Erkrankung im Internat des Landesbildungszentrums für Blinde wohnte, hatte er diverse Anträge auf Teilaufhebung des Bescheides vom 7. Dezember 2006 gestellt und entsprechende Nachzahlungen des Beklagten veranlasst (Bescheid vom 31. August 2007 für den Zeitraum vom 18. Juli bis 27. August 2007 (Nachzahlung: 239,16 EUR); Bescheid vom 8. Januar 2008 für den Zeitraum vom 21. Dezember 2007 bis 06. Januar 2008 (Nachzahlung: 99,16 EUR); Bescheid vom 4. Februar 2008 für den Zeitraum vom 22. Oktober bis 2. November 2007 (Nachzahlung: 70,00 EUR); Bescheid vom 7. Mai 2008 für den Zeitraum vom 7. März bis 6. April 2008 (Nachzahlung: 180,84 EUR); Bescheid vom 9. September 2008 für den Zeitraum vom 28. April bis 28. Mai 2008 und 10. Juli 2008 bis 20. August 2008 (Nachzahlung: 425,84 EUR); Bescheid vom 3. Dezember 2008 für den Zeitraum vom 10. Oktober bis 26. Oktober 2008 (Nachzahlung: 99,16 EUR); Bescheid vom 20. Mai 2009 für den Zeitraum vom 23. März bis 15. April 2009 (Nachzahlung: 116,66 EUR); Bescheid vom 2. September 2009 für den Zeitraum vom 22. Juni bis 3. August 2009 (Nachzahlung: 245,00 EUR); Bescheid vom 13. Januar 2010 für den Zeitraum vom 2. bis 18. Oktober 2009 (Nachzahlung: 99,16 EUR); Bescheid vom 9. Februar 2010 für den Zeitraum vom 18. Dezember 2009 bis 5. Januar 2010 (Nachzahlung: 110,82 EUR); Bescheid vom 3. Juni 2010 für den Zeitraum vom 18. März bis 6. April 2010 (Nachzahlung: 116,66 EUR); Bescheid vom 13. Januar 2010 für den Zeitraum vom 2. bis 18. Oktober 2009 (Nachzahlung: 99,16 EUR); Bescheid vom 16. September 2010 für den Zeitraum vom 24. Juni bis 2. August 2010 (Nachzahlung: 227,50 EUR); Bescheid vom 18. Januar 2011 für den Zeitraum vom 15. bis 24. Oktober 2010 und vom 21. Dezember 2010 bis 3. Januar 2011 (Nachzahlung: 140,00 EUR); Bescheid vom 7. September 2011 für den Zeitraum vom 18. Juli bis 15. August 2011 (Nachzahlung: 169,00 EUR).

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Am 23. April 2012 beantragte der Kläger – nunmehr anwaltlich vertreten – eine Aufhebung der zurückliegenden Leistungsbescheide, da ihm das Blindengeld während der Zeiten in der Bildungseinrichtung H. zu Unrecht um die Hälfte gekürzt worden sei. Ihm sei daher das volle Landesblindengeld ab 1. Januar 2008 nachzuzahlen. Zu Glaubhaftmachung fügte er eine Bescheinigung der Einrichtung vom 14. März 2012 bei, nach der es sich beim Landesbildungszentrum für Blinde um eine teilstationäre Einrichtung handele.

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Mit Bescheid vom 9. Mai 2012 lehnte der Beklagte den Antrag auf Rücknahme von Bewilligungen seit 1. Januar 2008 nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) ab und führte zur Begründung aus: In § 3 LBliGG LSA mit Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2013 (geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (GVBl. LSA S. 541, 542) ist wörtlich geregelt:

"§ 3

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(1) Das Blindengeld nach § 1 Abs. 1 und 2 Nr. 1 und 2 vermindert sich auf die Hälfte, solange der Blinde die erforderliche Pflege in einer stationären oder einer gleichartigen Einrichtung erhält, es sei denn, dass die Kosten dieses Aufenthaltes überwiegend vom Blinden oder einer nach bürgerlichem Recht unterhaltspflichtigen Dritten getragen werden. Die Kürzung gilt für jeden ganzen Kalendermonat. Sie geht ab dem ersten Tag des Folgemonats, der auf den Eintritt in die Einrichtung folgt.

8

(2) Das Blindengeld nach § 1 Abs. 1 und 2 Nr. 1 und 2 vermindert sich auf die Hälfte

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1. während der Verbüßung einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder für die Zeit einer gerichtlich angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung der Jugendhilfe oder einer vergleichbaren Einrichtung,

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2. für alle Fälle, bei denen Mittel der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch in Anspruch genommen werden, oder

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3. für entsprechende Leistungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften.

12

Die Kürzung gilt für jeden ganzen Kalendermonat. Sie gilt ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen.

13

(3) Für jeden ganzen Tag vorübergehender Abwesenheit von der Einrichtung wird das Blindengeld in Höhe von je 1/30 des Betrages nach § 1 Abs. 4 Satz 1 gewährt, wenn die vorübergehende Abwesenheit länger als sechs ganze zusammenhängende Tage dauert."

14

Da der Kläger in einer Einrichtung untergebracht sei und die überwiegenden Kosten von der Landeshauptstadt M. getragen würden, bestünde nur ein hälftiger Anspruch auf Blindengeld. Der Begriff "Einrichtung" im Sinne des § 3 LBliGG LSA sei nicht im Sinne einer Pflege-, Behinderten- bzw. Betreuungseinrichtung zu verstehen. Maßgeblich für den Begriff der Einrichtung sei es vielmehr, ob Leistungen erbracht würden, die aus Mitteln der Sozialhilfe zu finanzieren seien. Der Kläger sei zu Ausbildungszwecken in einem Internat untergebracht. Hierbei sei es unerheblich, ob es sich um eine teil- oder vollstationäre Einrichtung handele.

15

Hiergegen legte der Kläger am 31. Mai 2012 Widerspruch ein und machte geltend: Eine Reduzierung des Blindengeldes um die Hälfte sei nur dann gerechtfertigt, wenn es sich um eine vollstationäre Einrichtung handele. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2012 zurück und führte aus: Bei dem vom Kläger besuchten Internat/Wohnheim in dem Landungsbildungszentrum für Blinde in H. handele es sich um eine gleichartige Einrichtung im Sinne des § 3 Abs. 1 LBliGG LSA. Maßgebend für die Halbierung des Blindengeldes sei die Übernahme der Kosten der Unterbringung durch die Stadt M ...

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Hiergegen hat der Kläger am 15. Oktober 2012 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben und sein Begehren weiterverfolgt. Ergänzend hat er geltend gemacht: Nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 LBliGG LSA komme es darauf an, ob der Blinde Pflege erhalte, das heißt versorgt werde. Dies ergebe sich aus den weiteren Beispielsfällen des § 3 Abs. 3 LBliGG LSA (gültig vom 4. Februar 2011 bis 31. Dezember 2013). In sämtlichen Fällen werde die betroffene Person pflegerisch oder therapeutisch versorgt. Die Kürzung sei in diesen Fällen auch sinnvoll und nachvollziehbar, da ein anderer Leistungsträger in Anspruch genommen werde. Im Landesbildungszentrum für Blinde finde jedoch eine Versorgung in diesem Sinne nicht statt. Vielmehr erhalte er dort nur eine Ausbildung, jedoch keine Versorgung im Sinne der Inanspruchnahme von Pflegedienst oder Therapien oder Ähnlichem. Das Landesbildungszentrum sei an Feiertagen sowie 14-tägig auch an den Wochenenden geschlossen. Sinn und Zweck des Blindengeldes sei es gerade, die aus der Blindheit entstehenden Mehraufwendungen in sämtlichen Lebensbereichen auszugleichen.

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Der Beklagte hat hiergegen ausgeführt: Das Gesetz unterscheide nicht danach, ob es sich um eine stationäre oder teilstationäre Einrichtung handele. Nach dem Internetauftritt des Internats handele es sich um ein stationäres Angebot zur Erziehung, Förderung, Bildung, Betreuung und Pflege von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die die Schulen oder die Berufsausbildung an Landesbildungszentrum für Blinde besuchen. Den Internatsbewohnern würden die Lehr- und Lernmittel zur Verfügung gestellt. Dies führe zu einer erheblichen Kostenentlastung. Hierfür spreche auch die 14-tägige Wochenendbetreuung. Seine Meinung werde überdies durch ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5. Dezember 2001, B 7/1 SF 1/0R, bestätigt. Nach diesem Urteil sei der Beklagte nicht verpflichtet zu prüfen, inwieweit blindheitsbedingte Betreuungsangebote tatsächlich vom Blinden in Anspruch genommen würden. Zudem trage die Stadt M. überwiegend die Kosten der Internatsunterbringung.

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Der Kläger hat hierauf erwidert, dass er lediglich die Unterkunfts- und Verpflegungsleistungen durch den Bildungsträger und keine blindenspezifische Leistungen oder Therapien in Anspruch nehme.

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Mit Bescheid vom 2. November 2012 hob der Beklagte den Bescheid vom 7. Dezember 2006 auf und bewilligte dem Kläger ab Juli 2012 das volle Blindengeld in Höhe von 350,00 EUR, da er die Ausbildung abgeschlossen habe und nicht mehr im Internat wohne.

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Das SG hat das Landesbildungszentrum für Blinde zu einer ergänzenden Stellungnahme vom 24. Oktober 2013 aufgefordert, in der ausgeführt wird: Der Kläger habe das Landesbildungszentrum von 2004 bis zum 30. Juli 2012 besucht. Vom 17. August 2004 bis zum 30. Juli 2012 sei er als Internatsbewohner beschult- und ausgebildet worden. Zu den schulischen Maßnahmen habe er ein Berufsvorbereitungsjahr sowie eine zweijährige Berufsfachschule absolviert. Kostenträger sei die Landeshauptstadt M. gewesen. Als weitere Ausbildungsmaßnahmen seien vom 4. August 2009 bis 25. Juni 2010 eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme und vom 3. August 2010 bis 30. Juli 2012 die Ausbildung zum Büropraktiker erfolgt. Kostenträger für diese Maßnahme sei die Agentur für Arbeit M. gewesen. Den Bewohnern im Internatsbereich stünden zahlreiche Berufsgruppen der Einrichtung zur Verfügung (Erzieher, Krankenschwester, Heilpädagogin, Sozialassistentin usw.). Die Internatsbewohner hätten die Möglichkeit, an unterschiedlichen hausinternen und außerhäuslichen Freizeitaktivitäten teilzunehmen. So stünden hausintern ein Fitnessraum, ein Schwimmbad, ein Sportzentrum, eine Cafeteria, ein Internetcafé, ein Jugendtreff, Tandem fahren (usw.) und außerhäusig Kulturveranstaltungen, Gruppenfreizeiten und Segelfliegen zur Verfügung. Der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, die Punktschriftbücherei zu nutzen. Die Bildungseinrichtung hat überdies die Anwesenheitstage des Klägers vom Jahr 2004 bis zum Jahr 2012 zur Gerichtsakte gereicht. Nach der übersandten Leistungsbeschreibung des Internats werden als direkte Leistungen angegeben:

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Unterstützung der schulischen Arbeit, Hilfen zur alltäglichen Lebensführung (z.B. Einkaufen, Zubereitung von Mahlzeiten, Wäschepflege, Ordnung, Geldverwaltung, Regelung von finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten), Hilfen zur individuellen Basisversorgung (Ernährung, Körperpflege, Hygiene usw.), Hilfen zur Gestaltung sozialer Beziehungen im unmittelbaren Nahbereich, Hilfen zur Teilnahme am religiösen, kulturellen und gesellschaftlichen Leben, Hilfen zur Kommunikation und Unterstützung der Kulturtechniken, Hilfen zur emotionalen und psychischen Entwicklung, Hilfen zur Gesundheitsförderung und Gesundheitserhaltung.

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Darüber hinaus würden indirekte Leistungen (Medikamentenversorgung, Bargeldverwaltung, Besprechungen, interdisziplinäre Zusammenarbeit, Öffentlichkeitsarbeit usw.) und Sachleistungen (Leitung, Verwaltung, Wirtschaftsdienste, Dienstleistungen sowie geeignete Räumlichkeiten, Ausstattung, Unterhaltung und Verpflegung) angeboten.

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Mit Urteil vom 12. Februar 2015 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Zu Recht habe der Beklagte dem Kläger das Blindengeld auf die Hälfte gekürzt. Hintergrund der Regelung des § 3 Abs. 1 LBliGG LSA sei es, dass mit der Gewährung von Blindengeld dem Blinden ein Ausgleich für die durch die blindheitsbedingten Mehraufwendungen gewährt werde. Hierbei könne der Blinde von diesen Aufwendungen entlastet sein, wenn er sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung befinde, sofern dort eine die Mehraufwendungen mindernde Betreuung in nicht unerheblichem Umfang gewährt werde. In einem derartigen Falle sei die Kürzung des Blindengeldes gerechtfertigt, um Doppelleistungen zu vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom 5. Dezember 2001, B 7/1 SF 1/00 R, juris). Eine bezüglich des Blindengeldrechtes erhebliche Ersparnis innerhalb einer Einrichtung könne nur dann eintreten, wenn der Aufenthalt in der Einrichtung regelmäßig Leistungen mit einschließe, die auf eine entsprechende Betreuung der Blinden in sozialen und kulturellen Lebensbereichen zugeschnitten sei. Dabei sei es nicht erforderlich, dass die Betreuung in der Einrichtung alle Lebensbereiche abdecke bzw. "rund um die Uhr" erfolge. Vielmehr sei die Kürzung des Blindengeldes bereits dann gerechtfertigt, wenn ein nicht unerheblicher Teil des blindenspezifischen Mehrbedarfs durch die Unterbringung in der Einrichtung abgedeckt werde (BSG, a. a. O.). Hierbei komme es auch nicht darauf an, welche blindenspezifischen Betreuungsangebote in Anspruch genommen worden seien. Nach der Mitteilung des Landesbildungszentrums für Blinde vom 24. Oktober 2013 sei dem Kläger eine umfassende Betreuung angeboten worden. Dies ergebe sich aus der Vielzahl von Mitarbeitern, der Einrichtung und den zahlreichen Betreuungsangeboten sowie Freizeitaktivitäten und Veranstaltungen. Ausweislich der Leistungsbeschreibung würden Hilfen zur alltäglichen Lebensbetreuung, zur individuellen Basisversorgung, Hilfen zur Gestaltung sozialer Beziehung unmittelbar im Nahbereich, Hilfen zur Teilnahme am religiösen, kulturellen und gesellschaftlichen Leben, Hilfen zur Kommunikation/Unterstützung der Kulturtechniken, Hilfe zur emotionalen und psychischen Entwicklung und Hilfen zur Gesundheitsförderung und Erhaltung gewährt. Daneben bestehe auch eine Medikamentenversorgung einschließlich Überwachung und eine Kooperation und Koordination mit den verschiedenen Dienstleistungen. Lediglich an Feiertagen, den Urlaubszeiten und in einem 14-tägigen Wochenend-Rhythmus würden keine Leistungen angeboten. Angesichts dieses Leistungsumfanges sei von einer erheblichen Entlastung bezüglich der blindenbedingten Mehraufwendungen auszugehen. Eine Beschränkung des Gesetzgebers auf die Pflege im vollstationären Bereich sei nicht ersichtlich.

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Gegen das ihm am 4. März 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1. April 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt und vorgetragen: Er sei der Auffassung, dass es sich bei dem Landesbildungszentrum nicht um eine stationäre oder gleichartige Einrichtung handele. Von einer erheblichen Entlastung könne nicht die Rede sein. Er habe während der gesamten Zeit seinen M. Wohnsitz gehabt und die Internatsunterbringung nur wegen der sonst notwendigen zeitintensiven Pendelfahrten akzeptiert. Eine Entlastung von blindenbedingten Aufwendungen sei nicht eingetreten. Erst mit der Gesetzesänderung des LBliGG LSA zum 1. Januar 2014 komme es nicht mehr darauf an, ob der Blinde Pflegeleistungen in Anspruch nehme.

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Der Kläger beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Februar 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten,

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die Bescheide vom 7. Dezember 2006, vom 31. August 2007, vom 8. Januar 2008, vom 4. Februar 2008, vom 7. Mai 2008, vom 9. September 2008, vom 3. Dezember 2008, vom 20. Mai 2009, vom 2. September 2009, vom 13. Januar 2010, vom 9. Februar 2010, vom 3. Juni 2010, vom 16. September 2010, vom 18. Januar 2011, vom 7. September 2011 und 2. November 2012 abzuändern

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und ihm von Januar 2008 bis Juni 2012 Blindengeld in voller Höhe unter Anrechnung des bereits für diesen Zeitraum gezahlten Blindengeldes zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er hält seine Bescheide sowie das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

32

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

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Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung des vollen Blindengeldes vom Januar 2008 bis Juli 2012 unter Anrechnung der vom Beklagten geleisteten Teilzahlungen. Das Urteil des SG vom 12. Februar 2015 sowie die entgegenstehenden Bescheide des Beklagten sind rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten.

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Gegenstand des Verwaltungsverfahrens und damit Streitgegenstand dieses gerichtlichen Verfahrens war die Überprüfung des bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 7. Dezember 2006 nach § 44 Abs. 1 SGB X in Gestalt der Teilaufhebungsbescheide vom 31. August 2007, 8. Januar 2008, 4. Februar 2008, 7. April 2008, 9. September 2008, 3. Dezember 2008, 20. Mai 2009, 2. September 2009, 13. Januar 2010, 9. Februar 2010, 3. Juni 2010, 16. September 2010, 18. Januar 2011, 7. September 2011 und 2. November 2012.

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Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb u.a. Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 7. Dezember 2006 in Gestalt der Teilaufhebungsbescheide im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X beurteilt sich nach der zum Zeitpunkt seines Erlasses bestehenden Sach- und Rechtslage aus heutiger Sicht (vgl. BSG, Urteil vom 14. November 2002, B 13 RJ 47/01 R; Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage, 2014, § 44 RdNr. 10). Aus dem Wortlaut von § 44 SGB X ergibt sich als Voraussetzung der Rücknahme, dass sich der umstrittene Verwaltungsakt bei nach rückwärtsgewandter Betrachtung als unrichtig erweisen muss. Die damalige Entscheidung ist im gerichtlichen Verfahren daraufhin zu überprüfen, ob der Beklagte zu Recht in seinem früheren, bindend gewordenen Bescheid vom 7. Dezember 2006 den Anspruch des Klägers um die Hälfte gekürzt hat.

37

Vor diesem Hintergrund war vom erkennenden Gericht zu prüfen, ob das beklagte Land bei Erlass seines Bescheides vom 7. Dezember 2006 das Recht falsch angewendet oder einen falschen Sachverhalt zu Grunde gelegt hat. Dies ist der Fall, da der Beklagte zu Unrecht das Blindengeld des Klägers in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012 um die Hälfte auf 175,00 EUR statt 350,00 EUR wegen des Internatsaufenthalts des Klägers gekürzt hatte. Für die vom Kläger zuvor bereits geltend gemachten Abwesenheiten durch Ferien oder Erkrankung hat der Beklagte entsprechende Teilabhilfebescheide erlassen, die der Kläger inhaltlich auch nicht weiter angegriffen hat.

38

Gemäß § 3 Abs. 1 LBliGG LSA vermindert sich das Blindengeld um die Hälfte, solange der Blinde eine erforderliche Pflege in einer stationären bzw. einer gleichartigen Einrichtung erhält. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Kosten dieses Aufenthaltes überwiegend vom Blinden oder einem nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen getragen werden. Der Sinn und Zweck des Landesblindengeldes wird in § 1 Abs. 1 Satz 1 LBliGG LSA näher ausgeführt. Hiernach dient das Blindengeld dem Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen.

39

Entgegen der Vorinstanz und der Rechtsauffassung des Beklagten entspricht § 3 Abs. 1 i.V. mit § 1 Abs. 1 Satz 1 LBliGG LSA in seinem Wortlaut nicht den Regelungen des Niedersächsischen Gesetzes über das Landesblindengeld für Zivilblinde in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 1993, NdSGVBl 1993, 25 (BlindGeldG ND), zu deren Regelung das BSG in seinem Urteil vom 5. Dezember 2001 nähere Ausführungen gemacht hat. Die vom Beklagten und der Vorinstanz vorgenommene Parallelwertung, das LBliGG LSA mit dem BlindGeldG ND einfach gleichzusetzen, hält einer rechtlichen Prüfung daher nicht stand, da beide Gesetze signifikante Unterschiede aufweisen, die eine Parallelwertung gerade ausschließen.

40

Im BlindGeldG ND in der Fassung vom 18. Januar 1993 ist in § 2 Abs. 2 wörtlich geregelt:

41

"Befindet sich der Blinde in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung und werden die Kosten des Aufenthalts ganz oder teilweise aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger getragen, so verringert sich das Landesblindengeld nach Abs. 1 um die aus diesen Mitteln getragene Kosten, höchstens jedoch um 50 vom Hundert der Beträge nach Abs. 1."

42

Während das Land Sachsen-Anhalt in dem hier entscheidungserheblichen § 3 Abs. 1 LBliGG LSA (in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung; geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (GVBl. LSA S. 541, 542)) eine Verminderung des Blindengeldes auf die Hälfte davon abhängig macht, dass "der Blinde die erforderliche Pflege in einer stationären oder einer gleichartigen Einrichtung erhält" genügt es nach dem vom Beklagten und der Vorinstanz parallel herangezogenen § 2 Abs. 2 BlindGeldG ND bereits, dass sich der Blinde in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung befindet. Die im § 3 Abs. 1 LBliGG LSA getroffene Regelung ist daher für den betroffenen Blinden viel günstiger, da es die Halbierung des Blindengeldes auf sehr eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt und ein bloßer Aufenthalt in einer Einrichtung, Heim oder ähnlichem nicht genügt. Nach dem Wortlaut § 3 Abs. 1 LBliGG LSA wird vorausgesetzt, dass der Blinde konkrete Pflegeleistungen erhält, d.h. sich in einer für ihn fremdbestimmten Pflegesituation befindet, die entsprechende Pflegeleistungen an seiner Person gerade voraussetzt. Der Begriff "erforderliche Pflege" zielt daher auf rein pflegerische Maßnahmen im Sinne des Sozialgesetzbuchs Elftes Buch – soziale Pflegeversicherung SGB XI. Da diese Verknüpfung zwischen Einrichtung und erforderlichen Pflegeleistungen auch vom Landesgesetzgeber so gemeint ist, lässt sich auch aus dem Wort der stationären Einrichtung ableiten. Der Begriff "stationär" (von lat. statio ‚Stillstehen‘) ist in Abgrenzung zur ambulanten Behandlung zu sehen, die dem Betroffenen noch erhebliche Möglichkeiten belässt, eigenverantwortlich zu handeln. Erhält ein Blinder erforderliche Pflege in einer stationären Einrichtung ist daher von einer gesundheitlichen Situation des Blinden auszugehen, die es ihm weitgehend verwehrt, sein Leben eigenverantwortlich und selbstbestimmt ohne Hilfe Dritter in eigener Umgebung zu führen.

43

Für diese streng am Wortlaut orientierte Auslegung spricht auch § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LBliGG LSA (in der bis zum 3. Februar 2011 geltenden Fassung) bzw. § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 LBliGG LSA (in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung), der die Halbierung des Blindengeldes auch im Falle der Verbüßung einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten vorsieht. Auch bei längerer Haft befindet sich der Blinde – ähnlich wie in einem stationären Umfeld – in einer für ihn fremdbestimmten Einrichtung eines besonderen Gewaltverhältnisses. Dass nur diese Auslegung richtig sein kann, zeigt auch § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LBliGG LSA (bis 3. Februar 2011) bzw. § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBliGG LSA (bis 31. Dezember 2013), der die Halbierung des Blindengeldes auch für alle Fälle vorsieht, in denen der Blinde Mittel der sozialen oder der privaten Pflegeversicherung im Sinne des SGB XI in Anspruch nimmt. Nach der gesetzgeberischen Begründung zu dieser Regelung (Landtag von Sachsen-Anhalt; Drucksache 2/2612 vom 11. September 1996, S. 27) musste der Gesetzgeber diese Regelung schaffen, um die Halbierung des Blindengeldes bei stationärer Unterbringung mit Leistungen der Pflegeversicherung überhaupt vornehmen zu können. Der Gesetzgeber hat daher den Begriff stationär bewusst gewählt und damit unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sich der Blinde in einer für ihn weitgehend fremdbestimmten Einrichtung aufhalten muss und zudem für ihn Pflegeleistungen erforderlich sind.

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Mit dieser Auslegung des Senats wird auch der gesetzgeberische Zweck des Landesblindengeldes beachtet. Nach § 1 Abs. 1 LBliGG LSA dient das Blindengeld dem Ausgleich für die durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen. Von blindheitsbedingten Mehraufwendungen können gerade Blinde entlastet sein, die in einer "stationären oder einer gleichartigen Einrichtung" im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 LBliGG LSA Pflege erhalten. Bei der Frage, ob der Blinde blindheitsbedingte Mehraufwendungen erspart, ist keine streng ökonomische Bedarfsprüfung vorzunehmen, sondern entscheidend, dass das Blindengeld vornehmlich als Mittel zur Befriedigung laufender blindheitsspezifischer Bedarfe, d.h. auch immaterieller Bedürfnisse des Blinden mit abdecken will. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, der das BSG (a.a.O.) in seiner Entscheidung ausdrücklich gefolgt ist, beabsichtigte der Gesetzgeber, dem Blinden die Möglichkeit zu eröffnen, sich trotz Blindheit mit seiner Umgebung vertraut zu machen, mit eigenen Mitteln Kontakt zur Umwelt zu pflegen und am kulturellen Leben teilzunehmen (vgl. BVerwGE 32, 89, 91 f). Das Blindengeld dient demgegenüber nicht, jedenfalls nicht vorrangig der Deckung des gewöhnlichen Lebensunterhalts (so ausdrücklich BVerGE 51, 281, 287). Die bloße Gewährung von Unterkunft und Verpflegung kann daher allein nicht ausreichen, um von einer blindheitsbedingten Mehraufwendungen mindernden Betreuung in einem erheblichen Umfang ausgehen zu können. Die genaue Umschreibung, was als blindenspezifische Mehraufwand berücksichtigungsfähig ist und was nicht, lässt sich nicht allgemeinverbindlich umschreiben (so schon BVerwGE 27, 270, 273). Von zentraler Bedeutung sind jedoch in jedem Fall die Aufwendungen, die Blinden etwa durch Kontaktpflege, die Teilnahme am kulturellen und sozialen Leben, aber auch durch Teilnahme am Arbeitsleben speziell aufgrund ihrer Blindheit (so BVerwGE 32, 89, 91) entstehen.

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Der Landesgesetzgeber hat diese Zielrichtung des Blindengeldes im § 3 Abs. 1 LBliGG LSA a.F. noch im hohen Maße gestützt, da er die Halbierung des Blindengeldes nur für Situationen vorsah, in denen der Blinde so wesentlich fremdbestimmt ist, dass die Sicherung der Kontaktpflege und Teilnahme am kulturellen und sozialen und beruflichen Leben dem Betroffenen ohnehin nur noch sehr begrenzt möglich ist.

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Nach den von der Vorinstanz bereits eingeholten Erkundigungen umfasst das Leistungsangebot des Internats des Landesbildungszentrums für Blinde ein außerordentlich breites Spektrum, ist jedoch mit einer stationären Einrichtung, in der der Blinde fremdbestimmte Pflegeleistungen erhält, nicht vergleichbar. Der Kläger hat überzeugend ausgeführt, dass er die Internatsleistungen der Landesbildungseinrichtung für Blinde nur wegen der erheblichen Anfahrtswege von M. nach H. überhaupt in Anspruch genommen hatte. Schließlich hat er seinen Wohnsitz in M. während der ganzen Zeit nie aufgegeben und seine Eigenständigkeit damit nachdrücklich bestätigt. Die Zielrichtung des Landesbildungszentrums für Blinde ist im Vergleich zu einer stationären Einrichtung auch eine grundlegend andere. Das Landesbildungszentrum zielt ausschließlich auf eine verbesserte Schul- und Berufsausbildung und hat mit einer stationären Pflegeeinrichtung und ähnlichem, die in § 3 Abs. 1 LBliGG LSA gemeint ist, erkennbar nichts zu tun. Das Angebotsprogramm der Landesbildungseinrichtung für Blinde lässt den Blinden dementsprechend viel Raum für eigene Gestaltungen und Unternehmungen. So war das Landbildungszentrum für Blinde 14-tägig am Wochenende geschlossen, was bei einer stationären Einrichtung, schon wegen des Grades an Fremdbestimmung für den Behinderten und möglicher Gefährdungen praktisch ausgeschlossen wäre. Wegen der schul- und berufsfördernden Zielrichtung des Internats, der Möglichkeit des Klägers an Feiertagen bzw. in den Ferien in seiner ständigen Wohnung zu leben, sind die blindenspezifischen Mehraufwendungen des Klägers auch nicht weggefallen. Gerade die Wahrnehmung von Freizeit- und Kulturangeboten an nun zwei Lebensmittelpunkten hat den Bedarf des Klägers an blindenspezifischen Mehraufwendungen sogar deutlich erhöht, was bei einer notwendigen Pflege in einer stationären Einrichtung gerade nicht der Fall gewesen wäre. Die Auslegung des Senats deckt sich daher auch mit der durch das LBliGG LSA gewollten Zielrichtung, den blindenbedingten Mehrbedarf von Blinden unabhängig vom Einkommen und Vermögen zu sichern.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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Es bestehen keine Gründe für die Zulassung der Revision. Zur Kürzung von Landesblindengeld liegt bereits eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundessozialgerichtes vor (BSG, Urteil vom 5. Dezember 2001, B 7/1 SF 1/00 R, juris). Wegen der grundlegenden Abweichungen im Wortlaut des § 3 LBliGG LSA zu der vom BSG geprüften Landesregelung aus Niedersachen konnte der Senat die Ausführungen des BSG nur teilweise übernehmen, ohne gleichzeitig wegen dieser gravierenden Unterschiede im Wortlaut der Landesnorm von den Vorgaben des BSG abzuweichen. § 3 LBliGG LSA a.F. ist überdies zum 1. Januar 2014 geändert worden, so dass zukünftig keine Rechtsstreitigkeiten zu diese Frage mehr zu erwarten sind und daher keine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits besteht.


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