Urteil vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (3. Senat) - L 3 RS 29/15

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem mit entsprechenden Entgelten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) hat.

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Nach den Eintragungen in seinen Ausweisen für Arbeit und Sozialversicherung (SV-Ausweise) war der am ... 1948 geborene Kläger wie folgt beschäftigt:

3

1. September 1965 bis 6. Dezember 1967 als Pflegehilfskraft.

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3. Januar 1968 bis 31. Dezember 1969 als Krankenpfleger.

5

1. Januar bis 30. Juni 1970 als Arbeitshygieneaufseher bei einer Betriebspoliklinik.

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15. Juli 1970 bis 31. Dezember 1971 als Arbeitshygieneinspektor beim Rat der Stadt H ...

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1. Januar 1972 bis 31. Dezember 1974 als Arbeitshygieneinspektor bei der Arbeitshygienischen Untersuchungsstelle des Bauwesens im Bezirk H. (AHUST) beim Rat des Bezirkes H ...

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1. Januar 1975 bis 31. Dezember 1975 AHI bei der Arbeitshygienischen Leitstelle des Bauwesens im Bezirk H. (AHL) beim Rat des Bezirkes H ...

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1. Januar 1976 bis 31. Dezember 1976 als Ingenieur für Arbeitshygiene bei der AHL beim Rat des Bezirkes H ...

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1. Januar 1977 bis 31. Dezember 1980 als Ingenieur für Tiefbau bei der AHL beim Rat des Bezirkes H ...

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1. Januar 1981 bis 30. Juni 1990 als Ingenieur für Arbeitshygiene bei der AHL.

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Für die Jahre 1972 und 1973 finden sich im SV-Ausweis Eintragungen von Entgelten aufgrund von Beiträgen zur "Freiw. Zusatzrente". Für die Zeit ab dem 1. Oktober 1988 ist der Beginn der freiwilligen Zusatzrentenversicherung vermerkt.

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Am 25. Juli 2013 beantragte der Kläger die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates für die Zeit vom 15. Juli 1970 bis zum 30. Juni 1990. Neben den Kopien der SV-Ausweise fügte er Arbeitsverträge sowie Einstufungs- und Höhergruppierungsbescheide bei. In dem Antragsformular gab er an, die Nachweise für die Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem seien in Verlust geraten.

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Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2013 ab. Dem Antrag auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 15. Juli 1970 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 19 der Anlage 1 zum AAÜG (für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates) werde abgelehnt, weil keine Zeiten in diesem Zusatzversorgungssystem zurückgelegt worden seien. Die Regelungen dieses Zusatzversorgungssystems hätten eine Beitrittserklärung vorgesehen, ohne die eine Versorgungsberechtigung nicht eingetreten sei. Anders als in sonstigen Zusatzversorgungssystemen, die eine Zugehörigkeit ohne weiteres bei Ausübung einer einschlägigen Beschäftigung vorgesehen hätten, sei hier eine Willenserklärung des Berechtigten zwingend erforderlich gewesen (mit Verpflichtung zur Beitragszahlung). Es sei nicht nachgewiesen worden, dass ein solcher Beitritt jemals erfolgt sei (z.B. durch Vorlage der Beitrittserklärung, des Beitragsnachweises, der Annahmebestätigung oder Ähnliches). Die Beschäftigung beim Rat der Stadt H. und beim Rat des Bezirkes H. sei unter die Verordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates (Nr. 19 der Anlage 1 zum AAÜG) gefallen, die einen Beitritt zwingend vorgesehen hätten und damit keine abstrakt generellen Kriterien, die den Versorgungsträger zur Erteilung einer Versorgungszusage verpflichtet hätten. Daran habe auch das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Juli 2011 (B 5 RS 7/09 R) nichts geändert. Denn für den dortigen Kläger habe die Einbeziehung in den Anwendungsbereich des AAÜG auf Grund eines bestandskräftigen Bescheides festgestanden.

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Dagegen hat der Kläger am 18. Oktober 2013 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben. Ausweislich des Urteils des BSG vom 19. Juli 2011 (B 5 RS 7/09 R) sei eine ausdrückliche Versorgungszusage nicht Rechtsgrundlage für die Einbeziehung der geltend gemachten Zeiten. Entscheidend sei ausschließlich, ob seine Tätigkeit als solche an die Voraussetzungen der entsprechenden DDR-Verordnungen anknüpfe. Es seien Fälle bekannt, in denen der Verlust der Versorgungszusage nicht dazu geführt habe, dass der betreffende Antragsteller seine Ansprüche nicht habe durchsetzen können, sondern antragsgemäß die Zeiten für eine Tätigkeit im Staatsapparat anerkannt worden seien. Entscheidend sei, dass er im Staatsapparat der DDR gearbeitet habe. Schon allein deshalb sei für ihn der Anwendungsbereich der Zusatzversorgung eröffnet. Er sei im Rat des Bezirkes H. funktional eingegliedert gewesen und habe dessen zugewiesene Aufgaben erfüllt. Ferner hat der Kläger vorgetragen, er sei nach seiner Erinnerung bis 1990 im Besitz einer Versorgungsurkunde als "Mitglied der freiwilligen Zusatzversicherung im Staatsapparat" gewesen. Sein Büro habe sich bis 1990 in H.-N. befunden. Mit Schreiben vom 2. Oktober 1990 sei sein Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 3. Oktober 1990 ruhend gestellt worden. Er habe ab dem 2. Oktober 1990 sein Büro nicht mehr betreten dürfen. Es sei abgeschlossen und gesichert gewesen. Erst nach massiven Beschwerden habe er im November 1990 seine persönlichen Sachen und Unterlagen aus dem Büro abholen wollen. Dort habe er aber festgestellt, dass seine persönlichen Unterlagen oder Arbeitsunterlagen verschwunden gewesen seien. Dies habe nicht nur sein Büro betroffen, sondern die gesamte Dienststelle sei leergeräumt gewesen. Insoweit gehe er davon aus, dass die Versorgungszusage durch die Ereignisse im Herbst 1990 abhanden gekommen sei. Ihm sei auch erinnerlich, dass in seinen Unterlagen eine von ihm unterzeichnete Beitrittserklärung der Altersversorgung vorhanden gewesen sei, welche auch verlustig gegangen sei. Leider sei es ihm nicht möglich, entweder einen Beitragsnachweis oder den schriftlichen Nachweis der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem zu erbringen. Diese Nachweise seien nach seiner Auffassung aber auch nicht notwendig. Ausreichend sei aus seiner Sicht, dass er nachgewiesen habe, dass er laut SV-Ausweis und den weiteren vorgelegten Unterlagen im Staatsapparat der DDR gearbeitet habe.

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Mit Urteil vom 12. Oktober 2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Voraussetzung für die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem mit den tatsächlich erzielten Arbeitsentgelten sei, dass die Vorschriften des AAÜG überhaupt auf den Kläger Anwendung fänden. Dies sei nur dann der Fall, wenn aus bundesrechtlicher Sicht zum 1. August 1991 Versorgungsanwartschaften bestanden hätten bzw. die Voraussetzungen hierfür am 30. Juni 1990 vorgelegen hätten oder wenn vor dem 30. Juni 1990 nach den Gegebenheiten in der DDR in deren Systemen eine Versorgungsanwartschaft erlangt worden sei. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gelte dieses Gesetz nur für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- und Sonderversorgungssystem im Beitrittsgebiet erworben worden seien. Nach dem Vortrag des Klägers sei ihm eine Versorgungszusage nach einem Beitritt zu dem System der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates vom 29. Januar 1971 erteilt worden. Er wolle hierzu eine Urkunde erhalten haben, die jedoch in Verlust geraten sei. Ein Beweis für die Tatsache der Zugehörigkeit zu diesem Zusatzversorgungssystem sei nicht erbracht. Auch ein möglicher Nachweis über die Entrichtung von Beiträgen zu diesem Zusatzversorgungssystem, aus der der Schluss auf die Zugehörigkeit zu ziehen wäre, sei nicht erbracht. Trotz mehrfacher Nachfragen habe der Kläger nicht einmal ansatzweise Anhaltspunkte für eine eventuelle Beitragsentrichtung nennen können. Hierauf komme es aber an, da das Versorgungssystem nach § 3 der Ordnung vom 29. Januar 1971 zwingend die Beitragsentrichtung vorgesehen habe. Die Nichtfeststellbarkeit dieser anspruchsbegründenden Tatsache für die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem gehe nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers, der die für ihn günstige Feststellung begehre. Das einzig erkennbare Indiz, das einen Anhaltspunkt für eine tatsächliche Zugehörigkeit erkennen lassen könnte, sei die unterbrochene Beitragszahlung zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung. Denn Angehörige eines beitragspflichtigen Versorgungssystems seien vom Beitritt zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung nach § 1 Abs. 4 Satz 2 der FZR-Verordnung vom 10. Februar 1971 (GBl. II S. 121) bzw. § 1 Abs. 2 d der FZR-Verordnung vom 17. November 1977 (GBl. I S. 395) ausgeschlossen gewesen. Allerdings gebe es für die Tatsache, dass der Kläger in den Jahren 1974 bis 1987 keine Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung entrichtet habe, eine Vielzahl von möglichen Ursachen, so dass dieses Indiz nicht dazu geeignet sei, das Gericht von seiner Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem für Mitarbeiter des Staatsapparates zu überzeugen. Damit sei es dem Kläger nicht gelungen, den Beweis der Zugehörigkeit zu diesem allein für ihn in Betracht kommenden Zusatzversorgungssystem zu führen.

17

Ein Anspruch auf die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem ergebe sich für ihn auch nicht unter Anwendung der Rechtsprechung des BSG zu der fiktiven nachträglichen Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem. Nach dieser Rechtsprechung hätten auch diejenigen eine Versorgungsanwartschaft erworben, denen aus bundesrechtlicher Sicht nach den Gegebenheiten der DDR eine Anwartschaft auf eine Versorgung durch Einzelfallregelung am 30. Juni 1990 hätte zuerkannt werden müssen. Hierfür sei Voraussetzung, dass am 30. Juni 1990 nach der Art der ausgeübten Beschäftigung, der hierfür vorgesehenen beruflichen Qualifikation sowie der "Beschäftigungsstelle" aus bundesrechtlicher Sicht die Einbeziehung in das Versorgungssystem hätte erteilt werden müssen. Diese Rechtsprechung finde ausdrücklich aber nur auf diejenigen Fälle Anwendung, in denen tatsächlich keine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem bestanden habe, denn ansonsten sei das AAÜG ohnehin anwendbar. Da der Kläger vortrage, eine Anwartschaft aus dem Versorgungssystem durch den Beitritt und die Beitragszahlung erworben zu haben, sei ihm der Anwendungsbereich der nachträglichen fiktiven Feststellung von Zusatzversorgungszeiten verwehrt, denn nach seinem Vortrag sei das AAÜG auf ihn ohnehin anwendbar. An diesem Vortrag müsse sich der Kläger auch festhalten lassen, zumal er versucht habe, wenn auch ergebnislos, das Gericht davon zu überzeugen, dass er durch den Beitritt und die Beitragszahlung Angehöriger des Versorgungssystems gewesen sei. Hieran ändere auch das Urteil des BSG vom 19. Juli 2011 (B 5 RS 7/09 R) nichts. Dieses bestätige vielmehr die Nichtanwendbarkeit der fiktiven nachträglichen Einbeziehung im Falle einer tatsächlich erteilten Versorgungszusage (dort Rdnr. 15 und 16). Voraussetzung für die fiktive Zugehörigkeit sei also ausdrücklich das Fehlen der tatsächlichen Zugehörigkeit, die der Kläger hier aber behauptet habe. Bei dieser Sachlage komme es nicht darauf an, ob die von dem Kläger tatsächlich ausgeübte Beschäftigung dem Anwendungsbereich der Ordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates vom 29. Januar 1971 angesichts der tatsächlichen Beschäftigungsstelle unterfallen wäre oder nicht. Nach der Anlage 2 zu dem Beschluss über diese Ordnung sollten als Organe des örtlichen Staatsapparates die Räte der Bezirke, Kreise, Städte und Gemeinden mit Ausnahme der unterstellten Institute und Einrichtungen gelten. Aus den vorgelegten Unterlagen über die Beschäftigung könne durchaus der Schluss gezogen werden, dass es sich bei der AHUST und der AHL um nachgeordnete Einrichtungen des Rates des Bezirkes gehandelt habe, da dieser in einzelnen Schriftstücken ausdrücklich als übergeordnetes Organ erwähnt werde. Letztendlich habe das Gericht diese Frage aber nicht entscheiden müssen, da der Anspruch auf Feststellung von Zusatzversorgungszeiten ohnehin aus den bereits genannten Gründen nicht gegeben sei.

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Gegen das ihm am 26. November 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. Dezember 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Das Sozialgericht habe die Rechtslage verkannt. Das LSG Berlin-Brandenburg habe am 26. Februar 2015 (L 2 R 224/13) in konsequenter Anwendung der Rechtsprechung des BSG entschieden, dass kein direkter Nachweis für den Beitritt in das Zusatzversorgungssystem für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates der DDR notwendig sei. Es reiche allein aus, dass er - der Kläger - im Staatsapparat der DDR (in einem Staatsorgan oder sogar in einer untergeordneten Behörde bzw. einem untergeordneten Büro) gearbeitet habe. Auch nach der Rechtsprechung des LSG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 27. Juni 2013, L 1 RS 28/12) sei die Beitragspflicht zur Sozialversicherung der DDR nicht Voraussetzung für die Anerkennung von Versorgungszeiten gewesen. Somit knüpfe seine Beschäftigung im Staatsapparat der DDR ausschließlich nur an die Beschäftigung an und nicht an eine Beitrittserklärung.

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In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 11. Januar 2018 hat der Kläger richtig gestellt, dass er den Antrag auf Aufnahme in die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitglieder des Staatsapparates zwar - ca. 1971/1972 - schriftlich und mündlich gestellt habe. Er habe aber keine Antwort bekommen und sich seitdem auch nicht mehr darum gekümmert. Er habe zu keinem Zeitpunkt Beiträge in die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitglieder des Staatsapparates gezahlt.

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Der Kläger beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 12. Oktober 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 5. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Zeitraum vom 15. Juli 1970 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates (Zusatzversorgungssystem Nr. 19 der Anlage 1 zum AAÜG) mit den während dieses Zeitraums tatsächlich erzielten Arbeitsentgelten festzustellen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

24

Die erstinstanzliche Entscheidung sei richtig; sie entspreche der Sach- und Rechtslage. Sie - die Beklagte - bewerte das vom Kläger zitierte Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 26. Februar 2015 (L 2 R 224/13) als Einzelfallentscheidung, deren rechtliche Ausführungen nicht überzeugten. Sie wende dieses aus ihrer Sicht in der Begründung und im Ergebnis falsche Urteil nicht verallgemeinernd kann. In ihrer Rechtsauffassung sehe sie sich außerdem durch das Urteil des Sächsischen LSG vom 7. Juni 2016 (L 5 RS 640/14) bestätigt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese Akten haben bei der mündlichen Verhandlung sowie der anschließenden Beratung des Senats vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

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Das Sozialgericht Halle hat die Klage mit Urteil vom 12. Oktober 2015 zu Recht abgewiesen.

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Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die ausführlich wiedergegebenen zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts verwiesen, die sich der Senat nach eigener Urteilsbildung zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

29

Im Hinblick auf die Berufungsbegründung wird ergänzend Folgendes ausgeführt: Entgegen der Auffassung des Klägers reicht es nicht aus, dass er im Staatsapparat der DDR gearbeitet hat. Notwendig ist vielmehr ein Beitritt, der durch Abgabe einer schriftlichen Beitrittserklärung des Mitarbeiters gegenüber dem Staatsorgan erfolgte (§ 2 Abs. 2 Satz 1 der Ordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates vom 29. Januar 1971 - FZAO-StMitarbeit, abgedruckt in Aichberger II Nr. 208), der Nachweis vom Staatsorgan (§ 2 Abs. 2 Satz 2 FZAO-StMitarbeit) und die nachfolgende monatliche Beitragsentrichtung (§ 3 FZAO-StMitarbeit). Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung beim Senat hat er klargestellt, einen Antrag auf Aufnahme in die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates gestellt, aber keine Antwort erhalten und zu keinem Zeitpunkt Beiträge zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates gezahlt zu haben. Der zunächst behauptete Verlust sei nicht eingetreten.

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Soweit der Kläger behauptet, er habe jedenfalls einen Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung und sich auf das Urteil des BSG vom 19. Juli 2011 (B 5 RS 7/09 R, juris) stützt, folgt der Senat dem nicht. Die Entscheidung des BSG ist zur Feststellung weiterer Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates gemäß § 5 AAÜG ergangen. Zu klären war nicht, ob der Kläger des dortigen Verfahrens die Voraussetzungen von § 1 AAÜG (Eingangsprüfung) erfüllt. Vielmehr hatte die Beklagte zugunsten des Berechtigten festgestellt, dass das AAÜG auf ihn anwendbar ist (BSG, a.a.O., Rdnr. 4). Deshalb war Maßstabsnorm für die begehrte Feststellung weiterer Zeiten allein § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG.

31

Im vorliegenden Fall geht es dagegen zunächst einmal darum, ob der Kläger überhaupt unter den Anwendungsbereich des AAÜG fällt, was das Sozialgericht zutreffend verneint hat. Ergänzend verweist der Senat diesbezüglich auf die zutreffenden Erwägungen des Sächsischen LSG in seinem Urteil vom 7. Juni 2016 (L 5 RS 640/14, juris, Rdnr. 16 f.). Dem Sächsischen LSG ist zuzustimmen, dass die Schlussfolgerung im Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 26. Februar 2015 (L 2 R 224/13, juris), der dortige Kläger habe aus bundesrechtlicher Sicht am 30. Juni 1990 eine Versorgungsanwartschaft "erworben", nicht gezogen werden kann. Auf die Ausführungen des Sächsischen LSG in seinem Urteil vom 7. Juni 2016 - insoweit Rdnr. 18 (juris) - wird verwiesen.

32

Das vom Kläger erwähnte Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 27. Juni 2013 (L 1 RS 28/12, juris) betrifft einen ganz anderen Kontext. Dort ging es nicht um die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, sondern um die Höhe der festzustellenden Entgelte während der - anders als hier nicht umstrittenen - Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei, der Organe der Feuerwehr und des Strafvollzugs (Sonderversorgungssystem Nr. 2 der Anlage 2 zum AAÜG). Die dortigen Erwägungen können zum Fall des hiesigen Klägers nichts Wesentliches beitragen.

33

Im Übrigen konnte der Kläger nach den Hinweisen des Sekretariats des Ministerrates (Rechtsabteilung - Sektor Tariffragen -) zum Geltungsbereich der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates vom 29. Dezember 1975 nicht in die Zusatzversorgung aufgenommen werden. Denn danach gehörten zum Geltungsbereich zwar die Räte der Bezirke, Stadt- und Landkreise, Stadtbezirke und kreisangehörigen Städte und Gemeinden, allerdings ohne nachgeordnete Einrichtungen wie z.B. Hygiene-Inspektionen (Seite 6 der Hinweise). Ähnlich - lediglich weniger bestimmt - ist in der Anlage 2 zum Beschluss des Ministerrates zur Ordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates vom 29. Januar 1971 definiert, für welche Staatsorgane diese Ordnung gilt: "Räte der Bezirke, Kreise, Städte und Gemeinden, ausgenommen unterstellte Institute und Einrichtungen" (Seite 5 der Anlage 2). Der Kläger arbeitete ausweislich seines SV-Ausweises jedenfalls vom 1. Januar 1972 bis 31. Dezember 1974 und damit in etwa in der Zeit des von ihm in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 11. Januar 2018 behaupteten Aufnahmeantrages als Arbeitshygieneinspektor bei einer nachgeordneten Einrichtung des Rates des Bezirkes H., nämlich bei der AHUST. Insoweit ist auch nachvollziehbar, dass der Kläger auf die von ihm behauptete beantragte Aufnahme in die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates keine Antwort erhalten hat.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

35

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.


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