Beschluss vom Oberlandesgericht Oldenburg (5. Zivilsenat) - 5 W 56/18

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 30.05.2018 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 09.10.2018 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf bis zu 1.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klageschrift, welche dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegt, ist am 15.03.2018 bei dem Landgericht Osnabrück eingegangen. Darin hat der Kläger den Antrag angekündigt, die Beklagte zu verurteilen, die Dokumentation seiner Rehabilitationsbehandlung im Haus der Beklagten für den Zeitraum vom 03.01.2018 bis 24.01.2018 herauszugeben und „ggf. die Vollständigkeit an Eides statt zu versichern“. Bevor die Klage zugestellt worden war, hat der Kläger dem Landgericht mit Schriftsatz vom 27.03.2018 mitgeteilt, dass die Beklagte seine Patientendokumentation unter dem 20.03.2018 übermittelt habe. Angesichts dessen hat er „den Rechtsstreit für erledigt“ erklärt und beantragt, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen. Mit Verfügung vom 12.04.2018 hat die Kammervorsitzende darauf hingewiesen, dass nach herrschender Meinung eine Feststellung der Erledigung ausscheide, wenn das erledigende Ereignis - wie hier - vor Rechtshängigkeit liege. Weiter hat sie ausgeführt, dass § 269 Abs. 3 ZPO dem Kläger die Möglichkeit eröffne, die Klage zurückzunehmen und „in einem an § 91 a ZPO angelehnten Verfahren eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen zu erwirken“. Daraufhin hat der Kläger mitgeteilt, seine Erledigungserklärung solle als Klagerücknahme interpretiert werden. Ferner hat er beantragt, der Beklagten „in entsprechender Anwendung von § 91 a ZPO“ die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

2

Die Beklagte hat den Standpunkt eingenommen, sie habe keine Kosten zu tragen, weil sie keinen Anlass zur Einreichung der Klage geliefert habe. Der Vortrag des Klägers, wonach dieser sie mit Anwaltsschreiben vom 29.01.2018 unter Beifügung einer Vollmacht und einer Schweigepflichtentbindungserklärung hat auffordern lassen, seinem Rechtsanwalt die Behandlungsdokumentation bis zum 12.02.2018 zur Verfügung zu stellen, sei unzutreffend. Das angebliche Schreiben vom 29.01.2018 habe sie nicht erhalten. Von dem Begehren des Klägers habe sie erst durch die unter dem 12.02.2018 verfasste Erinnerung seines Rechtsanwaltes Kenntnis erlangt. Auf diesen Eingang hin habe sich der bei ihr beschäftigte Anästhesist Dr. S... telefonisch mit dem Sekretariat des vom Kläger beauftragten Rechtsanwaltes in Verbindung gesetzt. Dr. S... habe in dem Telefonat verdeutlicht, dass das Vorhaben des Klägers, das Klinikum O... wegen einer angeblich fehlerhaften Operation auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, aus seiner Sicht nicht erfolgversprechend sei und es deshalb keinen Sinn ergebe, die gesamten Unterlagen der Rehabilitationsbehandlung zu fotokopieren. Letztlich sei Herr Dr. S... mit der Sekretariatsmitarbeiterin so verblieben, dass sie die geäußerten Bedenken an den Rechtsanwalt des Klägers weiterleiten werde. Eine Rückmeldung habe sie bis zur Klageerhebung nicht erhalten. Am 19.03.2018 habe sie den einschlägigen Entlassungsbericht in die Post gegeben. Der Bericht sei bereits am 24.01.2018 diktiert und am 30.01.2018 geschrieben worden; seine Versendung habe sich aber „wegen mehrerer Korrekturschleifen“ verzögert. Sie habe den Bericht sowohl an den Hausarzt als auch an den Rechtsanwalt des Klägers übermittelt. Einem Entlassungsbericht füge sie regelmäßig die Laborwerte sowie Informationen über die während des Rehabilitationsaufenthaltes durchgeführten Konsile und ambulanten Vorstellungen in Akutkrankenhäusern bei. Dies sei auch im Fall des Klägers geschehen. Mit versandt worden seien Berichte über das urologische Konsil vom 12.01.2018 in B... I... und über die ambulante Vorstellung in der Klinik für Neurologie des Klinikums O... am 16.01.2018. Diverse andere Unterlagen, die üblicherweise zu einer vollständigen Behandlungsdokumentation gehörten (Aufzeichnungen über jede Anamnese, jede Visite und jede diagnostische Untersuchung, das Therapieheft etc.), habe sie dem Rechtsanwalt des Klägers dagegen nicht übermittelt. Insoweit sei sie davon ausgegangen, dass sich die Angelegenheit durch den besagten Anruf ihres Mitarbeiters Dr. S... erledigt habe. Dass keine vollständige Behandlungsdokumentation herausgegeben worden sei, habe der Rechtsanwalt des Klägers ohne weiteres erkennen können und müssen.

3

Der Kläger hat bestritten, dass der Anästhesist Dr. S... sich telefonisch mit dem Sekretariat seines Prozessbevollmächtigten in Verbindung gesetzt habe. Ferner hat er die Auffassung vertreten, aus Sicht seines Bevollmächtigten habe kein Anlass bestanden, daran zu zweifeln, dass es sich bei dem im März 2018 übersandten Konvolut um eine vollständige Behandlungsdokumentation handele.

4

Das Landgericht hat die Kosten des Rechtsstreits mit Beschluss vom 30.05.2018 dem Kläger auferlegt. Zur Begründung hat die Kammer unter anderem angeführt, der Kläger habe nicht dargelegt, dass der Anlass zu Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen sei. Aus dem Anschreiben der Beklagten, welches am 20.03.2018 bei den Bevollmächtigten des Klägers eingegangen sei, ergebe sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass lediglich der ärztliche Entlassungsbericht beigefügt gewesen sei.

5

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt. Er hebt hervor, dass die Beklagte seinem Bevollmächtigten keineswegs nur einen Entlassungsbericht übermittelt habe, sondern auch Laborwerte und andere Arztberichte. Insgesamt habe es sich um 25 Seiten gehandelt. Überdies sei in dem Begleitschreiben von einem „abschließenden“ Bericht die Rede. Vor diesem Hintergrund habe sein Rechtsanwalt sehr wohl annehmen dürfen, dass die Beklagte der Aufforderung, die komplette Behandlungsdokumentation herauszugeben, nachgekommen sei. Im Übrigen stehe gar nicht fest, dass im März 2018 tatsächlich weitere Unterlagen existiert hätten.

6

Der Einwand der Beklagten, ihr sei weder das Aufforderungsschreiben vom 21.01.2018 zugegangen noch habe sie auf andere Weise vorprozessual eine Schweigepflichtentbindungserklärung erhalten, sei nicht glaubhaft. Immerhin habe die Beklagte im März 2018 hochsensible Patientendaten herausgegeben, was ohne eine Schweigepflichtentbindungserklärung nicht hätte geschehen dürfen.

7

Mit Beschluss vom 09.10.2018 hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde des Klägers teilweise abgeholfen und die Kosten des Rechtsstreits - unter Abänderung des Beschlusses vom 30.05.2018 - gegeneinander aufgehoben. Letztlich, so die Kammer, habe die Beklagte eingeräumt, dass sie dem Bevollmächtigten des Klägers nicht nur einen Entlassungsbericht, sondern weitere Bestandteile der Patientenakte zur Verfügung gestellt habe. Auf der anderen Seite habe sie einen wesentlichen Teil der Behandlungsunterlagen zurückgehalten. Dies hätte der Bevollmächtigte des Klägers, welcher über langjährige Erfahrung auf dem Gebiet des Arzthaftungsrechts verfüge, erkennen können und müssen. Im Ergebnis rechtfertigten die genannten Umstände eine Kostenaufhebung. Soweit die Beklagte den Standpunkt einnehme, sie sei nicht verpflichtet gewesen, Unterlagen herauszugeben, weil der Rechtsanwalt des Klägers seine Bevollmächtigung nicht nachgewiesen habe, könne ihr nicht gefolgt werden. Offensichtlich habe sie das Aufforderungsschreiben vom 12.02.2018 als ausreichend angesehen, um dem Rechtsanwalt des Klägers am 20.03.2018 einen Teil der Behandlungsunterlagen zukommen zu lassen. Es sei nicht ersichtlich, warum dies nicht innerhalb der vom Kläger gesetzten Frist geschehen sei.

II.

8

Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gemäß §§ 269 Abs. 5 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässig. In der Sache musste ihr jedoch der Erfolg versagt bleiben.

9

1. Das Landgericht hat in seinem Teilabhilfebeschluss vom 09.102.2018 einen Ausnahmefall im Sinne des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO bejaht und auf dieser Basis die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben. Umstände, die eine für den Kläger günstigere Kostenverteilung rechtfertigen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen.

10

a) Die Vorschrift des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO zielt ab auf Gestaltungen, in denen der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen ist und die Klage daraufhin zurückgenommen wird. In derartigen Fällen bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde. Da ein Kläger, welcher sich auf § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO beruft, eine vom Regelfall des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO abweichende Kostenentscheidung erstrebt, hat er darzulegen und zu beweisen, dass seine Belastung mit Kosten billigem Ermessen widerspricht (vgl. BGH, NJW 2006, S. 775, 776, Tz. 10 a. E.). Er trägt deshalb unter anderem die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass und gegebenenfalls wann der Anlass zur Einreichung der Klage weggefallen ist (vgl. Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 269, Rn. 102; Fritzsche-Brandt, JA 2008, S. 365, 367).

11

b) Was im Einzelnen Wegfall des Anlasses bedeutet, ist umstritten.

12

aa) Überwiegend wird das Merkmal in Anlehnung an den Begriff der Erledigung der Hauptsache im Sinne des § 91 a Abs. 1 ZPO definiert. Unter Zugrundelegung des ganz vorherrschenden Erledigungsbegriffs ist der Anlass zur Klage demnach weggefallen, wenn eine Klage zunächst zulässig und begründet war und durch ein vor Eintritt ihrer Rechtshängigkeit liegendes Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist (so etwa OLG Karlsruhe, NJW-RR 2014, S. 546, 547; Elzer, NJW 2002, S. 2006, 2007 f.; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 269, Rn. 56; zweifelnd Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar, ZPO, § 269, Rn. 59 f. mit w. N.).

13

bb) Nach anderer Auffassung kann der Wegfall des Anlasses nicht mit dem Begriff der Erledigung der Hauptsache gleichgesetzt werden. Diesem Ansatz zufolge genügt es, dass ein vor Rechtshängigkeit eintretendes Ereignis das Rechtsschutzgesuch des Klägers aus materiellrechtlichen Gründen aussichtslos macht; unerheblich ist, ob die Klage vor dem Ereignis, das zum Wegfall des Klageanlasses führt, Aussicht auf Erfolg hatte beziehungsweise - bei hypothetischer Betrachtung - ohne Eintritt des Ereignisses hätte zulässig und begründet sein können (so etwa Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 269, Rn. 102 m. w. N.).

14

c) Gegen die zuerst genannte, vorherrschende Meinung spricht auf den ersten Blick, dass das Gericht auf ihrer Grundlage erst dann eine summarische Billigkeitsentscheidung im Sinne des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO treffen kann, wenn es sich auf der Tatbestandsseite der Regelung abschließend darüber Klarheit verschafft hat, ob das klägerischen Begehren bis zum Anlasswegfall tatsächlich zulässig und begründet war und erst durch das betreffende Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Damit laufen die mit einer summarischen Billigkeitsentscheidung intendierten Erleichterungen letztlich leer (so die Kritik von Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl., § 269, Rn. 60). Ob deshalb der zuletzt angesprochene weite Begriff des Anlasswegfalls den Vorzug verdient, bedarf in der vorliegenden Konstellation freilich keiner vertieften Prüfung:

15

aa) Schon unter Heranziehung des weiten Ansatzes lässt sich eine (vollständige) Erledigung nicht feststellen. Wie die Beklagte ausgeführt hat, hat sie dem Bevollmächtigten des Klägers im März 2018 lediglich den Entlassungsbericht betreffend die Rehabilitationsbehandlung des Klägers vom 03.01.2018 bis zum 24.01.2018 sowie Berichte über das urologische Konsil vom 12.01.2018 und die ambulante Vorstellung des Klägers in der Klinik für Neurologie des Klinikums O ... am 16.01.2018 übersandt. Dass es sich bei diesen Unterlagen um die vollständige Dokumentation der dreiwöchigen Rehabilitationsbehandlung im Haus der Beklagten handelt, deren Herausgabe mit der vorliegenden Klage erreicht werden sollte, hat der Kläger nicht substanziiert dargetan und erst recht nicht bewiesen. Ebenso wenig ist ersichtlich, weshalb sich sein Klageantrag, „ggf. die Vollständigkeit an Eides statt zu versichern“, erledigt haben sollte. Soweit der Kläger ins Feld führt, das von der Beklagten übermittelte Konvolut habe aus rund 25 Seiten bestanden und in dem Begleitschreiben sei von einem abschließenden Bericht die Rede gewesen, belegt dies keineswegs, dass sich das Klagebegehren (vollständig) erledigt hat. Vielmehr deutet nach dem Vortrag der Beklagten und der Lebenserfahrung alles darauf hin, dass dem Bevollmächtigten des Klägers bislang nur ein geringer Teil der Behandlungsdokumentation zugegangen ist.

16

bb) Vor dem beschriebenen Hintergrund ist es keinesfalls gerechtfertigt, die vom Landgericht unter dem 09.10.2018 getroffene Kostenentscheidung (Kostenaufhebung) zugunsten des Klägers abzuändern. Selbst wenn man - was im Ergebnis offen bleiben kann - hinsichtlich des erledigten Teils die Rechtsfolge des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO heranzöge, wäre, nachdem die Klage vollständig zurückgenommen worden ist, im Rahmen einer Kostenmischentscheidung in Rechnung zu stellen, dass der Kläger hinsichtlich des (überwiegenden) nicht erledigten Teils zumindest in einem deutlich größeren Umfang als die Beklagte Kosten zu tragen hat. Zwar ist § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO hier nicht einschlägig, weil die Norm nach ganz vorherrschender Meinung ein Prozessrechtsverhältnis voraussetzt und deshalb grundsätzlich vor Zustellung der Klage keine Anwendung findet (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1994, S. 63 f.; Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 269, Rn. 80; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar, ZPO, 5. Aufl., § 269, Rn. 14, Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 269, Rn. 6, jeweils m. w. N.). Eine Zustellung der vorliegenden Klage ist nicht ersichtlich, zumindest nicht mit der Wirkung der §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO. Dadurch, dass der Beklagten die Klageschrift neben anderen Unterlagen am 14.05.2018 per Zustellungsurkunde übermittelt worden ist, ist kein Prozessrechtsverhältnis entstanden. In der Begleitverfügung hat die Kammervorsitzende ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Klage inzwischen zurückgenommen worden sei und Gelegenheit bestehe, zu dem Kostenantrag des Klägers binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.

17

Auch ohne eine Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO hat der Kläger jedoch im Falle einer Rücknahme seines Rechtsschutzgesuchs seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen; außerdem ist er gemäß § 22 Abs. 1 GKG Kostenschuldner für die Gerichtskosten.

18

cc) Ob das Landgericht der Beklagten unter den gegebenen Umständen überhaupt noch einen Teil der Kosten hätte auferlegen dürfen, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, könnte der Senat die von der Kammer festgesetzte Kostenquote nicht zum Nachteil des Klägers ändern. Einem solchen Vorgehen stünde das so genannte Verschlechterungsverbot (Verbot der reformatio in peius) entgegen. Die Vorschriften der §§ 528 Satz 2, 557 Abs. 1 ZPO gelten für das Beschwerdeverfahren prinzipiell entsprechend (vgl. Ball, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 572, Rn. 14; Jacobs, in. Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 572, Rn. 40), und zwar auch dann, wenn - wie hier - eine Kostenentscheidung angefochten wird (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 23.03.2005, Az.: 10 W 4/05, Tz. 21, 50; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 25.09.2017, Az.: 4 W 18/17, Tz. 22; LG Freiburg, Beschluss vom 04.11.2014, Az.: 3 T 220/14, Tz. 8, jeweils zitiert nach juris; Jänich, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 572, Rn. 63 m. w. N.; a. A. KG, Beschluss vom 06.01.2000, Az.: 19 W 8787/99, Tz. 6, zitiert nach juris).

19

2. Eine Kostenentscheidung in dem aktuellen Verfahrensstadium lässt sich auch nicht etwa als verfrüht ansehen mit der Begründung, die Klagerücknahme gehe ins Leere, weil der Anlass zur Einreichung der Klage nach dem Gesagten gar nicht (vollständig) weggefallen sei. Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, der Prozess sei fortzusetzen, wenn das Gericht den nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO erforderlichen Wegfall des Klageanlasses nicht feststellen könne (vgl. Elzer, NJW 2002, S. 2006, 2008 mit Fn. 32; Fritzsche-Brandt, JA 2008, S. 365, 367; Greger, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 269, Rn. 19; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 269, Rn. 56, 59). Dem vermag sich der Senat jedoch nicht anzuschließen. Zum einen widerspricht ein solches Verständnis dem Charakter der Klagerücknahme als grundsätzlich bedingungsfeindliche und nicht widerrufliche Prozesshandlung. Zum anderen unterwirft der Kläger sich mit seinem Vorgehen nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO bewusst der aus seiner Sicht keineswegs sicher zu prognostizierenden gerichtlichen Ermessensentscheidung über die Kostentragungspflicht. Weshalb er an seine Klagerücknahme, deren kostenrechtliche Konsequenzen ohnehin von einer gerichtlichen Bewertung abhängen, nicht gebunden sein soll, wenn das Gericht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO - entgegen seiner Auffassung - verneint, erscheint nicht einsichtig. Dies umso weniger, als weder das Gesetz noch die Gesetzesmaterialien erkennen lassen, dass eine in Ansehung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO erklärte Klagerücknahme unter der innerprozessualen Bedingung stehen soll, dass das Gericht den Weg zu einer Ermessensentscheidung als eröffnet ansieht.

III.

20

Die Kostenentscheidung in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 


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