Beschluss vom Oberlandesgericht Celle (2. Zivilsenat) - 2 W 255/16
Tenor
Die vorab per Telefax am 21. Oktober 2016 bei dem Landgericht Hannover eingegangene weitere Beschwerde des Kostenschuldners vom selben Tage gegen den ihm am 7. Oktober 2016 zugestellten Beschluss des Landgerichts Hannover vom 29. September 2016, durch den die Beschwerde des Kostenschuldners vom 20. Juli 2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Springe vom 7. Juli 2016 zurückgewiesen worden ist, wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Die Entscheidung ist unanfechtbar.
Gründe
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Die weitere Beschwerde des Kostenschuldners gegen den Beschluss des Landgerichts Hannover vom 29. September 2016 ist gemäß § 81 Abs. 4 GNotKG zulässig, weil die weitere Beschwerde vom Landgericht zugelassen wurde.
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Die weitere Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg.
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Der Senat ist an einer Entscheidung über die weitere Beschwerde nicht dadurch gehindert, dass die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Hannover im Verfahren über die Beschwerde und die weitere Beschwerde nicht beteiligt worden ist. Die Landeskasse wird durch die Entscheidung des Senats nicht beschwert, die überdies im Einklang mit der im Erinnerungsverfahren vertretenen Auffassung der Bezirksrevisorin steht.
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Das Landgericht hat mit Recht die gegen die Entscheidung des Amtsgerichts vom 7. Juli 2016 eingelegte Beschwerde des Kostenschuldners zurückgewiesen, durch die die Erinnerung des Kostenschuldners gegen die Kostenrechnung des Amtsgerichts Springe vom 19. April 2016 zurückgewiesen worden ist. Das Amtsgericht hat dem Kostenschuldner zu Recht mit Kostenrechnung vom 19. April 2016 für die Jahre 2014, 2015 und 2016 eine Gebühr nach KV Nr. ... GNotKG in Höhe von jeweils 200,00 €, also insgesamt 600,00 € in Rechnung gestellt.
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Nach Vorbemerkung 1.1 Abs. 1 KV GNotKG werden in Betreuungssachen von dem Betroffenen Gebühren nach diesem Abschnitt nur erhoben, wenn sein Vermögen nach Abzug der Verbindlichkeiten mehr als 25.000 € beträgt; der in § 90 Abs. 2 Nummer 8 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch genannte Vermögenswert wird nicht mitgerechnet. Das Vermögen im kostenrechtlichen Sinn stellt die Gesamtheit der einer Person zustehenden Güter und Rechte von wirtschaftlichem Wert dar. Dazu gehören also alle Rechte, die normalerweise gegen Geld veräußert oder erworben werden oder einen in einem Geldwert ausdrückbaren wirtschaftlichen Nutzen gewähren (vgl. Leipziger GNotKG Kommentar-Wortmann, 2. Aufl. 2016, Vorbem. 1.1 KV Rn. 7, Korintenberg-Fackelmann, GNotKG, 19. Aufl. 2015, Vorbem. 1.1 KV Rn. 16). Der Betroffene verfügt hiernach über Vermögen von über 25.000 €. Der Betroffene ist hinsichtlich des durch den Erbauseinandersetzungsvertrag angefallenen Vermögens in Höhe von ursprünglich 65.000 € (jetzt nur noch ca. 45.000 €) alleiniger (Vor-)Erbe. Entgegen der Auffassung des Kostenschuldners ergibt sich aus der Tatsache, dass das dem Betreuten angefallene Vermögen der Testamentsvollstreckung unterliegt, so dass der Betreute darüber nicht verfügen kann, nichts anderes. Auf die Verfügbarkeit des Vermögens bzw. eine insoweit bestehende Einschränkung durch eine nicht befreite Vorerbschaft und/oder eine vom Erblasser bezüglich des ererbten Vermögens angeordnete Testamentsvollstreckung kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut der Kostenvorschrift der Vorbemerkung 1.1 Abs. 1 KV GNotKG nicht an. Diese Vorschrift stellt wie die von ihr abgelöste Bestimmung des § 92 KostenO allein darauf ab, dass der Betreute Inhaber des Vermögens ist (OLG Hamm, Beschluss vom 18. August 2015 – 15 Wx 203/15 – juris, m. w. N. auch der zu § 92 KostO ergangenen Rechtsprechung; Korintenberg-Fackelmann, GNotKG, a. a. O., Vorbem. 1.1 KV Rn. 12, 15).
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Der Kostenschuldner kann demgegenüber nicht darauf verweisen, dass er im sozialhilferechtlichen Sinne nur ein Vermögen unter 2.600 € und deswegen erst recht kein Vermögen über des im Rahmen des GNotKG geltenden Freibetrages von 25.000 € habe. Der Kostenschuldner verkennt, dass im Gegensatz zur Feststellung der Mittellosigkeit im Rahmen der §§ 1908i Abs. 1, 1836c ff. BGB bei der Ermittlung der Gerichtskosten es auf die Verwertbarkeit des Vermögens nicht ankommt. Die Frage der Verwertbarkeit wäre nur dann von Bedeutung, wenn die Vorschriften des GNotKG ebenso wie die §§ 1908i Abs. 1, 1836c ff. BGB insgesamt auf § 90 SGB XII verweisen würden. Dass der Gesetzgeber den von ihm in der KostO und im GNotKG verwendeten Begriff des Vermögens nicht sozialhilferechtlich aufweichen wollte, ergibt sich schon daraus, dass anders als in den §§ 1908i Abs. 1, 1836c ff. BGB als einzige Ausnahme bei der Bestimmung des Vermögens die Berücksichtigung eines Hausgrundstücks im Sinne des § 90 Abs. 2 Ziff. 8 SGB XII angeführt ist und ein allgemeiner Verweis auf die sozialhilferechtlichen Vorschriften gerade unterbleibt (OLG Hamm, a.a.O.). Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Behindertentestament, wonach sich der Anspruch auf Betreuervergütung nur dann gegen das Nachlassvermögen und nicht gegen die Landeskasse richtet, wenn der durch ein Behindertentestament angeordnete Vorerbschaft bei gleichzeitiger Anordnung der Testamentsvollstreckung in seiner Verfügungsbefugnis beschränkte Vorerbe einen entsprechenden Anspruch auf Freigabe der Betreuervergütung gegen den Testamentsvollstrecker hat (BGH NJW 2015, 1965), ist aus diesem Grund nicht auf den vorliegenden Fall zu übertragen.
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Entgegen der Auffassung des Kostenschuldners beruht der fehlende Gleichlauf der §§ 1908i Abs. 1, 1836c ff. BGB und den Kostenvorschriften des GNotKG nicht auf einem Redaktionsversehen, sondern auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Dr. 17/1147, S. 194) sollte die Vorbemerkung 1.1 Absatz 1 GNotKG ausdrücklich die bisherige Regelung des § 92 Absatz 1 Satz 1 KostO übernehmen und der Vorbemerkung 1.3.1 Absatz 2 KV FamGKG entsprechen. Durch Übernahme dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er insoweit an der geltenden Rechtslage keine Änderungen vornehmen wollte. Tatsächlich ist der fehlende Gleichlauf der Vorschriften auch in der Sache gerechtfertigt. Die Prüfung gemäß §§ 1908i Abs. 1,1836c ff. BGB, ob der Betreute für den Aufwendungsersatz und die Vergütung des Betreuers sein Vermögen einzusetzen hat, betrifft eine grundsätzlich andere Frage als die kostenrechtliche Prüfung, ob der Betreute über Vermögen über der Freigrenze von 25.000 € verfügt. Zu Recht hat das Oberlandesgericht Hamm ausgeführt, dass das einfach gehaltene Kostenrecht überfrachtet wird, wenn der Kostenbeamten nicht allein auf das Vorhandensein von Vermögenswerten abzustellen hätte sondern darüber hinaus auch noch – eine im Einzelfall rechtlich komplizierte – Prüfung vornehmen müsste, inwieweit der Gebührenschuldner über das ihm zustehende Vermögen auch noch verfügen kann. Dies gilt – wie das OLG Hamm zutreffend festgestellt hat – insbesondere für die Frage, ob der Kostenschuldner einen Anspruch darauf hat, dass der Testamentsvollstrecker im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung ihm die Geldbeträge zur Deckung der Gerichtsgebühren zur Verfügung steht (OLG Hamm, a.a.O.). Entgegen der Auffassung der Beschwerde erweckt die Begründung des OLG Hamm nicht Mitleid mit den Kostenbeamten der Justiz, sondern beruht allein auf der Gesetzeslage. Weil die Vorschrift der Vorbemerkung 1.1 Abs. 1 GNotKG – wie oben dargelegt – gerade nicht auf die sozialhilferechtlichen Vorschriften allgemein verweist, sondern als einzige Ausnahme bei der Ermittlung des Vermögens des Hausgrundstück gemäß § 90 Abs. 2 Ziff. 8 SGB XII zulässt.
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Ob und inwieweit der Kostenschuldner tatsächlich zur Bezahlung der festgesetzten Gebühr herangezogen werden kann, ist eine vollstreckungsrechtliche Frage, die bei der Bestimmung der geschuldeten Gebühr im Wege des Kostenansatzes nicht zu berücksichtigen ist. Für die Vollstreckung verweist § 6 Abs. 1 JBeitrO auf die Vorschriften der ZPO. Soweit im vorliegenden Fall gemäß § 850k ZPO eine Vollstreckung möglicherweise deswegen nicht in Betracht kommt, weil die Ansprüche des Kostenschuldners gegen den Testamentsvollstrecker möglicherweise unterhalb der Pfändungsfreigrenzen liegen, spricht dies nicht dafür, derartige Ansprüche gänzlich bei der Ermittlung des Vermögens unberücksichtigt zu lassen. Denn es ist ohne weiteres denkbar, dass ein Vermögen im Einzelfall Erträge in einer Höhe abwirft, die über der Pfändungsfreigrenze liegen und auf deren Auszahlung der Betroffene einen Anspruch hat. In diesem Fall ist kein sachlicher Grund dafür vorhanden, Gerichtsgebühren gegenüber dem Kostenschuldner nicht zu erheben. Durch die Anwendung der Vorschrift des § 850k ZPO wird der Einzelfallgerechtigkeit damit hinreichend Rechnung getragen.
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Die Jahresgebühr beträgt nach KV Nummer ... GNotKG 200 €, also für die Jahre 2014, 2015 und 2016 insgesamt 600 €. Einwendungen gegen die konkrete Berechnung der Gerichtsgebühr werden von dem Kostenschuldner auch nicht erhoben.
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Die Entscheidung ist rechtskräftig, da gemäß § 81 Abs. 3 Satz 3 GKG eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 8 GNotKG.
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Referenzen
- BGB § 1836c Einzusetzende Mittel des Mündels 4x
- § 92 KostO 1x (nicht zugeordnet)
- § 90 SGB XII 1x (nicht zugeordnet)
- § 81 Abs. 3 Satz 3 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- § 6 Abs. 1 JBeitrO 1x (nicht zugeordnet)
- § 92 Absatz 1 Satz 1 KostO 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 1908i Entsprechend anwendbare Vorschriften 4x
- Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 15 Wx 203/15 1x
- § 92 KostenO 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 850k Pfändungsschutzkonto 2x
- § 81 Abs. 8 GNotKG 1x (nicht zugeordnet)
- § 81 Abs. 4 GNotKG 1x (nicht zugeordnet)