Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - I-21 W 17/14
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 23. August 2013 wird der Beschluss des Landgerichts Wuppertal vom 6. August 2013 (1 OH 19/01) aufgehoben.
1
G r ü n d e :
2I.
3Auf Antrag des Antragstellers hat das Landgericht Wuppertal mit Beschluss vom 10. Mai 1999 die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu Mängeln am Rohbau, dem Innenausbau sowie dem Kellergeschoss des Objektes S…. 55 in E…. angeordnet.
4Der mit der Begutachtung beauftragte Sachverständige Prof. Dr.-Ing. D…hat am 2. Oktober 2001, am 16. August 2004 und am 2. Februar 2010 jeweils ein Teilgutachten vorgelegt, wobei dem letzten der drei Gutachten als Anlage ein mit entsprechender Ermächtigung des Landgerichts eingeholtes Zusatzgutachten des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. A… beigefügt war.
5Das Landgericht Wuppertal forderte den Antragsteller mit Beschluss vom 5. Dezember 2011 auf, weitere bisher angefallene, jedoch nicht durch Vorschusszahlungen gedeckte Sachverständigenkosten einzuzahlen. Nachdem der Antragsteller darauf keine weiteren Zahlungen leistete, stellte das Landgericht Wuppertal – wie zuvor angekündigt – mit Beschluss vom 13. Februar 2012 fest, dass der Antragsteller das Verfahren nicht weiter betreibe; die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers blieb ohne Erfolg.
6Daraufhin haben der Antragsgegner zu 4) mit Schriftsatz vom 30. Januar 2013 und der Beklagte zu 5) mit Schriftsatz vom 26. Februar 2013 beantragt, dem Antragsteller die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.
7Dem kam das Landgericht Wuppertal mit Beschluss vom 6. August 2013 nach, in dem es die „dem Gegner“ entstandenen Kosten des Verfahrens gemäß § 269 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 ZPO in entsprechender Anwendung dem Antragsteller auferlegt hat. Mit der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde des Antragstellers gegen den das Nichtweiterbetreiben des selbständigen Beweisverfahrens feststellenden Beschluss vom 13. Februar 2012 stehe fest, dass das selbständige Beweisverfahren nicht in einem Hauptsacheverfahren seinen Fortgang nehme. Da die Antragsgegner nicht die Möglichkeit hätten, durch eine entsprechende Antragstellung die Fortführung des Verfahrens und damit letztlich eine Kostenentscheidung in einem Hauptsacheverfahren zu erzwingen, bestehe das Bedürfnis, dass in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 2 S. 2 ZPO ausnahmsweise eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren ergehe.
8Gegen den ihm am 9. August 2013 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit am 23. August 2013 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Diese hat er damit begründet, dass das Landgericht zu Unrecht davon ausgehe, dass das selbständige Beweisverfahren mit seinen bisherigen Ergebnissen nicht in einem Hauptsacheverfahren seinen Fortgang nehme. Eine Verwertung der Beweisergebnisse sei in dem von ihm gegen den Antragsgegner zu 5) vor dem Landgericht Wuppertal geführten Rechtsstreit 17 O 513/01 zwar noch nicht erfolgt, nach Stellung entsprechender neugefasster Anträge aber zu erwarten. Ebenso könnten die bisherigen Beweisergebnisse – insbesondere die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. A… – in den landgerichtlichen Verfahren zwischen dem Antragsgegner zu 2) und dem Antragsgegner zu 3) verwertet werden.
9Der Antragsgegner zu 4) hat darauf hingewiesen, nicht Partei der genannten Rechtsstreitigkeiten zu sein.
10Das Landgericht Wuppertal hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 10. Februar 2014 nicht abgeholfen. Soweit sich der Antragsteller auf die Anhängigkeit des Rechtsstreits 17 O 513/01 berufe, sei festzustellen, dass das Verfahren wegen Nichtbetreibens innerhalb von sechs Monaten weggelegt worden sei. Insbesondere ergebe sich daraus, dass entgegen der Ankündigung in der Beschwerdebegründung keine weiteren Eingaben in diesem Hauptsacheverfahren erfolgt seien.
11II.
12Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den ihm die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auferlegenden Beschluss hat Erfolg.
13Die Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 269 Abs. 5 S. 1 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.
14Sie hat auch in der Sache Erfolg, weil die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren zu treffen ist, nicht vorliegen.
15Grundsätzlich ergeht eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren zu Lasten des Antragstellers gemäß § 494 a Abs. 2 ZPO erst dann, wenn er der Anordnung, Klage zu erheben, innerhalb der dazu bestimmten Frist nicht nachgekommen ist. Darüber hinaus sind einem Antragsteller in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen, wenn er seinen auf dessen Durchführung gerichteten Antrag zurückgenommen hat (Zöller-Herget, 29. Auflage 2012, § 91 Rn. 13 „Selbständiges Beweisverfahren“ m.w.N.).
16Auch ohne Rücknahmeerklärung wird § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO entsprechend angewandt, wenn der Antragsteller aus in seiner Sphäre liegenden Gründen das selbständige Beweisverfahren nicht weiter betreibt, etwa den geforderten Auslagenvorschuss nicht zahlt, und es daher zu einer Beweiserhebung nicht kommt; die in diesem Fall bestehende kostenrechtliche Lücke zwischen der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO bei Antragsrücknahme einerseits und der Kostenfolge nach § 494 a Abs. 2 S. 1 ZPO bei Unterbleiben der Hauptsacheklage andererseits sei im Wege der Analogie zu schließen (vgl. OLG Saarbrücken, BauR 2011, 151 m.w.N.).
17Für eine solche Analogie besteht vorliegend kein Bedürfnis. Anders als im Fall der zitierten, auch vom Landgericht Wuppertal zur Begründung herangezogenen Entscheidung des OLG Saarbrücken ist hier eine Beweisaufnahme nicht unterblieben, sondern lediglich nach Vorliegen von drei Teilgutachten sowie einem Ergänzungsgutachten nicht fortgeführt worden. Dies rechtfertigt den vom Landgericht gezogenen Schluss, dass es nicht zu einem Hauptsacheverfahren kommen werde, nicht. Vielmehr ist zu beachten, dass der Antragsteller selbst das bisherige Beweisergebnis ausweislich seiner Beschwerdebegründung für ausreichend hält, um in einem Hauptsacheverfahren herangezogen zu werden.
18Dass er ein solches bisher durch entsprechende Klageerhebung bzw. –erweiterung insbesondere allen Antragsgegnern gegenüber nicht betrieben hat, lässt nicht eine isolierte Kostenentscheidung, sondern statt dessen die Anwendung des § 494 a ZPO geboten erscheinen. Der Fall, dass der Antragsteller ein selbständiges Beweisverfahren nach Vorliegen eines aus seiner Sicht jedenfalls teilweise verwertbaren Beweisergebnisses nicht weiterführt, ist nicht dem einer Antragsrücknahme gleichzusetzen, sondern eher dem, dass das selbständige Beweisverfahren – wenn auch mit einem nicht vollständig dem vom Antragsteller gewünschten entsprechenden Ergebnis – durchgeführt worden ist.
19Für die vom Landgericht Wuppertal getroffene Kostenentscheidung ist demnach derzeit mangels – auch gar nicht beantragter – Aufforderung des Antragstellers zur Klageerhebung i.S. des § 494 a Abs. 1 ZPO kein Raum.
20Entsprechend ist auch eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu treffen. Etwaige im Rahmen der erfolgreichen sofortigen Beschwerde angefallene Kosten stellen solche des selbständigen Beweisverfahrens dar, über die erst ggf. im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens oder gemäß § 494 a Abs. 2 ZPO zu entscheiden sein wird.
21S……. B…. B….
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Referenzen
- ZPO § 494a Frist zur Klageerhebung 5x
- Beschluss vom Landgericht Wuppertal - 1 OH 19/01 1x
- 17 O 513/01 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 269 Klagerücknahme 6x