Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - U (Kart) 3/19
Tenor
- I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 25. Februar 2019 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Dortmund– 8 O 16/16 (Kart) – wird zurückgewiesen.
- II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
- III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Beträge abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
- IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
- V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf bis 1.250.000 € festgesetzt.
1
Gründe
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagten – soweit im Berufungsverfahren noch von Interesse – (aus eigenem sowie abgetretenem Recht) auf Schadensersatz aus behaupteter kartellgesetzwidriger Preisbindung in Zusammenhang mit dem Verkauf von Möbeln der Erstbeklagten in Anspruch.
4Die Klägerin und die S. (beide fortan auch: S.) gehören zur S.-Gruppe, die sowohl im stationären Geschäft als auch über das Internet in erster Linie Bad- und Sanitärartikel, aber auch Leuchten und Möbel vertreibt. Die Beklagte zu 1. (fortan auch: D.) stellt Möbel her, die im höheren Preissegment liegen und über den Fachhandel an Endkunden weiterverkauft werden; der Beklagte zu 2. ist Geschäftsführer der Komplementärin der Erstbeklagten, der Beklagte zu 3. Prokurist und Verkaufsleiter von D..
5Im September 2012 begann die S., von der Beklagten zu 1. Waren auf der Grundlage eines zwischen S. und D. geschlossenen „Partnervertrags“ (Anl. rop 1a zur Klageschrift) zu beziehen; in Zusammenhang mit konzerninternen Umstrukturierungen bei S. schlossen die Klägerin und die Erstbeklagte im Juli 2015 eine inhaltsgleiche Vereinbarung (Anl. rop 1b zur Klageschrift), die den erstgenannten Vertrag ersetzte. Auf Grund der Geschäftsbeziehung mit S. ließ D. die von ihr produzierten Möbel erstmals (auch) über den Vertriebskanal Internet handeln.
6Am 26. Oktober 2015 erklärte die Erstbeklagte gegenüber der Klägerin schriftlich die ordentliche Kündigung des Partnervertrags mit Wirkung zum 31. Januar 2016.
7Die Klägerin hat die Kündigung nicht hingenommen und vor dem Landgericht die Beklagte zu 1. auf Weiterbelieferung mit D.-Produkten zu den Bedingungen des Partnervertrags in Anspruch genommen sowie auf gerichtliche Feststellung der Nichtigkeit der Kündigung vom 26. Oktober 2015 und der Verpflichtung der Beklagten angetragen, ihr seit dem 1. Februar 2016 wegen Nichtbelieferung bereits entstandene und noch entstehende Schäden zu ersetzen. Sie hat den Beklagten vorgeworfen, in der Zeit des Warenbezugs durchgängig ihr Preissetzungsverhalten überwacht und sie, insbesondere in Person der Beklagten zu 2. und zu 3., wiederholt unter Androhung der Vertragskündigung zur Einhaltung der von D. bekanntgegebenen unverbindlichen Preisempfehlungen aufgefordert und allenfalls „bestimmte Maximalrabatte“ hingenommen zu haben. Gestützt auf ihre Behauptung, unter dem Nachgeben solcher Einmischungen der Beklagten habe sie während der Bezugszeit den Endkunden D.-Produkte mit geringeren oder weniger Rabatten als von ihr eigentlich beabsichtigt angeboten und infolgedessen einen erheblichen Gewinnentgang erlitten, hat sie die Beklagten über die vorgenannten Begehren hinaus auch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.150.551 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
8Das Landgericht ist in seinen Urteilsfeststellungen bereits den Behauptungen der Klägerin zu einer angeblichen Beeinflussung ihres Preissetzungsverhaltens durch die Beklagten nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen.
9Gegen dieses Urteil richtet sich die Klägerin mit ihrer frist- und formgerecht eingelegten sowie prozessordnungsgemäß begründeten Berufung, wobei sie im zweiten Rechtszug allein noch ihr beziffertes Schadensersatzverlangen erster Instanz und in diesem Zusammenhang ergänzend das Begehren auf Ersatz von zur Schadensbezifferung aufgewendeten Kosten von zwei Privatgutachten verfolgt und insoweit unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens an ihren Behauptungen festhält, die Beklagten hätten sie unter Androhung der Beendigung der Warenbelieferung fortwährend dazu genötigt, die ihren Abnehmern abverlangten Preise den Vorstellungen ihrer Lieferantin anzupassen und keine höheren Rabatte als 5 % - 6 % zu gewähren, wodurch ihr ein Gewinn in Millionenhöhe entgangen sei. Den beanspruchten Gutachteraufwand hat sie zunächst auf 97.178,38 Euro beziffert und den Betrag im Senatstermin auf 81.662,50 Euro reduziert.
10Die Klägerin beantragt,
11unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie – die Klägerin – 1.150.551 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 1.059.105 € seit dem 1. Juli 2016 sowie weitere 81.662,50 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2016 zu zahlen.
12Die Beklagten beantragen,
13die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
14Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens treten sie den Berufungsangriffen in tatsächlicher wie auch rechtlicher Hinsicht entgegen.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
16II.
17Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
18A. Soweit das Landgericht die im ersten Rechtszug verfolgten Klagebegehren nach Verpflichtung der Beklagten zu 1. zur Weiterbelieferung mit D.-Produkten und Feststellung der Haftung der Beklagten für Schäden wegen Nichtbelieferung ab dem 1. Februar 2016 sowie der Nichtigkeit der Kündigungserklärung vom 26. Oktober 2015 abgewiesen hat, sind diese Aussprüche von der Klägerin mit ihrem Rechtsmittel nicht angegriffen worden und steht dies folglich nicht zur Überprüfung durch den erkennenden Senat.
19B. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen verweist, hat das Landgericht die Behauptung der Klägerin, die Beklagten hätten sie unter Androhung der Kündigung des Partnervertrags dazu gebracht, sich den Vorstellungen ihrer Lieferantin betreffend die Höhe von Endkundenpreisen zu beugen, als nicht durchgreifend erachtet und das auf diese Behauptung gestützte Schadensersatzbegehren der Klägerin zurückgewiesen. Das tatsächliche und rechtliche Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine das angefochtene Erkenntnis abändernde Entscheidung. Ein Anspruch gegen die Beklagten auf Schadensersatz steht der Klägerin schon dem Grunde nach unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Nach dem Sach- und Streitstand verbietet sich vielmehr bereits die Feststellung des Versuchs einer rechtswidrigen Einwirkung der Beklagten auf das Preissetzungsverhalten der Klägerin. Darüber hinaus ist unter Zugrundelegung des eigenen Sachvortrags der Klägerin auch die Feststellung ausgeschlossen, dass diese sich durch den von ihr reklamierten Druck, den die Beklagten auf sie ausgeübt haben sollen, dazu hat bestimmen lassen, gegenüber Endkunden von 5 % - 6 % übersteigenden Rabattierungen der von ihr gehandelten D.-Produkte Abstand zu nehmen. Ergänzend zu den rechtfehlerfreien Darlegungen des Landgerichts ist lediglich das Folgende auszuführen:
201. Einen aus § 33 Abs. 3 Satz 1 GWB a.F. in Verbindung mit § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 1 AEUV abgeleiteten Anspruch gegen die Beklagten auf Schadensersatz kann die Klägerin nicht auf eine von ihr behauptete Kartellabsprache zwischen der Beklagten zu 1. und dritten stationären Händlern über die Sicherstellung einheitlicher Endkundenpreise für D.-Produkte stützen. Mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht bereits das von der Klägerin im ersten Rechtszug hierzu Vorgetragene als unschlüssig und sich in reinen Vermutungen erschöpfend erachtet und insbesondere auch die in diesem Zusammenhang von der Klägerin besonders hervorgehobenen Umstände (vgl. Schriftsatz v. 31.1.2018 [GA 399 ff.], S. 14 f.) als unerheblich gewürdigt; diese für sich genommen sind im Sinne einer angeblichen Kartellabsprache schlechterdings nichtssagend und mitnichten indiziell. Die - vom Senat geteilte - Würdigung des Landgerichts hat die Klägerin in der Berufungsinstanz (zu Recht) nicht mehr angegriffen.
21Unabhängig hiervon kann die Klägerin aus einer Kartellabsprache zwischen D. und dritten Händlern aber auch deshalb für ihr Klagebegehren nichts herleiten, weil sie in Anbetracht ihres Prozessvorbringens ihr Verlangen nach Schadensersatz tatsächlich nicht auf das Bestehen einer solchen Absprache, sondern vielmehr allein auf ihre Behauptung eines von den Beklagten ihr gegenüber in Zusammenhang mit ihrer – der Klägerin - Preisbildung ausgeübten Drucks stützt und ausschließlich den daraus resultierenden Vermögensschaden beziffert einklagt.
222. Ebenso wenig folgt ein Anspruch auf Schadensersatz aus einer gegen § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßenden Vereinbarung zwischen D. und S. über eine vertikale Preisbindung der zweiten Hand. Von einer solchen Vereinbarung kann – entgegen der Auffassung der Klägerin – nach dem Sach- und Streitstand schon in tatsächlicher Hinsicht nicht die Rede sein. Auf sich beruhen kann vor diesem Hintergrund, ob und unter welchen Voraussetzungen die Klägerin ihr Schadensersatzverlangen auf eine kartellrechtlich verbotene Preisbindungsvereinbarung stützen könnte, an der sie selbst beteiligt gewesen sein will.
23a. Auf den von D. erstellten Entwurf eines Partnervertrags (vgl. Anl. rop 2 zur Klageschrift) und die dort zu § 7 „D. Preisempfehlung“ vorgesehene Regelung kann die Klägerin ihre Behauptung einer Vereinbarung nicht mit Erfolg stützen. Soweit in jener Bestimmung niedergelegt ist, dass zur Markenstrategie von D. auch „ein einheitliches Preisniveau für die D. Produkte“ gehöre und D. „an einer unbedingten Einhaltung der unverbindlichen Preisempfehlung, so wie in der Preisliste ausgewiesen, interessiert“ sei, mag dem zwar ein Angebot der Beklagten zu 1. auf Abschluss einer Vereinbarung über die Einhaltung bestimmter Mindestpreise im Endkundengeschäft entnommen werden. Eine Annahme dieses Angebots durch S. ist aber nicht festzustellen, was dem Zustandekommen einer solchen Vereinbarung entgegensteht. Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, hat S. den vorgenannten Vertragsentwurf gerade im Hinblick auf seine Preisbindungsbestimmung abgelehnt und mit Erfolg auf den Abschluss eines Partnervertrags mit D. hingewirkt, der eine derartige Regelung nicht enthielt.
24Eine Vereinbarung zwischen den Parteien über die Einhaltung der unverbindlichen Preisempfehlungen der Beklagten zu 1. ist auch zu einem späteren Zeitpunkt im Laufe der Lieferbeziehung nicht zustande gekommen. Ganz offensichtlich gegen eine dahingehende Annahme spricht, dass D. – wie für sich genommen unstreitig ist – über mehrere Jahre hingenommen hat, dass S. ihren Kunden Rabatte eingeräumt hat, ohne dass die Beklagten hierauf mit einer Beendigung der Geschäftsbeziehung oder mit dem Androhen bzw. Zufügen von Nachteilen reagiert haben; die Klägerin selbst hat vorgetragen (vgl. Berufungsreplik v. 8.8.2019 [GA 979 ff.], S. 16), dass die Beklagten jedenfalls Rabatte auf vereinzelte Produkte in einer Größenordnung von ungefähr 5 % bis 6 % ohne Beanstandungen akzeptiert hätten.
25b. Schlüssigen Sachvortrag zu einer anderweitig durch übereinstimmende (ausdrückliche oder konkludente) Willenserklärungen zustandegekommenen Vereinbarung zwischen D. und S. über die Einhaltung eines bestimmten Preisniveaus im Endkundengeschäft hat die Klägerin nicht gehalten. Es fehlt zum einen schon an jedweder Darlegung zu bestimmten preislichen Vorgaben wie etwa einer konkreten Rabattobergrenze, die die Beklagten der Klägerin abverlangt haben sollen. Zum anderen ist aber auch nicht im Ansatz dargetan, dass und inwieweit die Klägerin einer konkreten Beschränkung in ihrer Preisbildung gegenüber D. zugestimmt haben soll. Daran ändert auch die Behauptung der Klägerin, die Beklagten hätten im einzelnen Fall Rabatte in Höhe von 5 % bis 6 % nicht beanstandet, nichts. Dieses „Akzeptanzverhalten“ will die Klägerin durch „grenzauslotende Vorstöße bei den Rabatten“ (vgl. Berufungsreplik v. 8.8.2019, S. 16) ermittelt haben und stellt sich folglich nach ihrem eigenen Vorbringen nicht als die Praktizierung einer entsprechenden, durch Angebot und Annahme zustandegekommenen, Vereinbarung dar. Unabhängig hiervon spricht gegen eine Vereinbarung der Parteien über ein Preisniveau in der vorbezeichneten Größenordnung - ganz offensichtlich - auch die Tatsache, dass S. bis zum Kündigungsausspruch der Beklagten zu 1. fortwährend völlig unterschiedliche Rabatte, die von dem genannten Niveau zum Teil ganz erheblich abwichen, auf D.-Produkte gewährte; nur beispielhaft zu nennen sind etwa – die eigenen Angaben der Klägerin (vgl. in diesem Zusammenhang Anl. OC 1a [GA 778 ff.] zur Berufungsbegründung v. 27.5.2019 = Anl. 1 der Anl. rop 35 zum Schriftsatz v. 27.9.2017) zu Grunde gelegt – am 10. März 2014 auf 83 Produkte gesetzte (erhöhte) Rabatte in einer Größenordnung von zum Teil 11,68 % bis zu 25,6 %, am 19. März 2014 auf 48 Produkte gesetzte (erhöhte) Rabatte von zum Teil 12,38 % bis zu 21,91 %, am 30. Oktober 2014 auf sieben Produkte gesetzte (erhöhte) Rabatte von zum Teil 5 %, im Übrigen aber 10 % bis 15 % oder am 23. April 2015 auf 30 Produkte gesetzte (erhöhte) Rabatte von zum Teil 5,01 %, im Übrigen aber 15,21 % bis 20,81 %.
263. Schadensersatzansprüche kann die Klägerin des Weiteren auch nicht auf einen angeblichen Verstoß von D. gegen § 21 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 GWB in Verbindung mit § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 1 AEUV in Gestalt einer unzulässigen Willensbeugung in Zusammenhang mit der Preisbildung bei S. stützen. Mit ihren Behauptungen, D. habe sie durch die Drohung mit einer Liefersperre davon abhalten wollen, die unverbindlichen Preisempfehlungen der Erstbeklagten im Online-Vertrieb mit Rabatten von mehr als 5 % bis 6 % zu unterschreiten, auf Grund dieser Drohung habe sie sich von D. zu geringeren Rabatten als von ihr eigentlich beabsichtigt bestimmen lassen und infolgedessen einen Schaden in Form entgangener Gewinne erlitten, dringt sie auch in der Berufungsinstanz nicht durch.
27a. Nach § 21 Abs. 2 GWB dürfen Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen anderen Unternehmen keine Nachteile androhen oder zufügen und keine Vorteile versprechen oder gewähren, um sie zu einem Verhalten zu veranlassen, das nach dem GWB, Artt. 101 oder 102 AEUV oder einer auf Grundlage des GWB oder Artt. 101 oder 102 AEUV ergangenen Verfügung der Europäischen Kommission oder einer nationalen Kartellbehörde nicht zum Gegenstand einer vertraglichen Bindung gemacht werden darf. § 21 Abs. 2 GWB schützt die unternehmerische Entscheidungsfreiheit gegen bestimmte Einflussnahmen und will der Gefahr vorbeugen, dass Verbote des Kartellgesetzes durch Anwendung von Druck oder Lockmitteln umgangen werden (Senat, Beschluss v. 29. Dezember 2004 – VI-Kart 17/04 (V), WuW/E DE-R 1453, Rz. 85 bei juris; in diesem Sinne zu § 25 Abs. 2 GWB (1973) a.F. bereits auch BGH, Beschluss v. 19. März 1991 – KVR 4/89, WuW/E BGH 2688, Rz. 37 bei juris – Warenproben in Apotheken; Beschluss v. 16. Dezember 1976 – KVR 5/75, WuW/E BGH 1474, Rz. 50 bei juris – Architektenkammer; vgl. auch Bechtold/Bosch, GWB, 9. Aufl. [2018], § 21 GWB Rz. 12; Roth in Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht [FK], 93. Lfg. 04.2019, § 21 GWB Rz. 151, jew. m.w.N.).
28Ein Nachteil im Sinne der vorgenannten Verbotsvorschrift ist ein vom Adressaten empfundenes Übel, das bei objektiver Beurteilung geeignet ist, seinen Willen zu beeinflussen und ihn zu einem wettbewerbsbeschränkenden Verhalten im Sinne dieser Vorschrift zu bestimmen (vgl. BGH, Beschluss v. 19. März 1991 – KVR 4/89, WuW/E BGH 2688, Rz. 36 bei juris – Warenproben in Apotheken; Bechtold/Bosch, § 21 GWB Rz. 14; FK-Roth, § 21 GWB Rz. 163, jew. m.w.N.). Die Androhung eines Nachteils ist jedes ernsthafte Inaussichtstellen eines Druckmittels, bei dem der Adressat nach normalen Umständen bei verständiger Würdigung davon ausgehen muss, dass die angedrohte Maßnahme auch ausgeführt werden könnte (vgl. Markert in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2: GWB, 5. Aufl. [2014], § 21 GWB Rz. 62; Neef/Krauser in Münchener Kommentar Europäisches und Deutsches Wettbewerbsrecht [MüKoWettbR], Band 2: GWB, 2. Aufl. [2015], § 21 GWB Rz. 47). Ob ein normrelevanter Nachteil angedroht wird, beurteilt sich stets nach den konkreten Umständen des Einzelfalls (vgl. Nothdurft in Langen/Bunte, Kartellrecht, Band 1: Deutsches Kartellrecht, 13. Aufl. [2018], § 21 GWB Rz. 58; FK-Roth, § 21 GWB Rz. 167). In diesem Zusammenhang kann auch ein bestehendes Machtgefälle zwischen den Unternehmen Bedeutung gewinnen. Je größer das Machtgefälle ist, desto zurückhaltender kann sich der Drohende äußern, ohne den Effekt seiner Drohung aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers zu schmälern (vgl. Langen/Bunte-Nothdurft, a.a.O.; KG Berlin, Urteil v. 2. Februar 2012 – 2 U 2/06 (Kart), BeckRS 2012, 24579 [unter II.2.a)bb)(1)(b)]). Die vorgenannten Grundsätze sind auch hinsichtlich der vorliegend interessierenden Frage zu beachten, ob im einzelnen Fall die Erörterung oder ein Meinungsaustausch über die Preisbildung der zweiten Hand als ein im Sinne von § 21 Abs. 2 GWB unzulässiges Druckmittel anzusehen ist. Richtigerweise kann insoweit nicht ohne Weiteres und immer schon dann, wenn Lieferant und Abnehmer über die Preisbildung des letzteren sprechen, von einer kartellrechtlich verbotenen Einwirkung auf die Willensbildungs- und Entscheidungsfreiheit des angesprochenen Unternehmens ausgegangen werden. Vielmehr ist die Annahme eines normwidrig ausgeübten Drucks auf die Preisgestaltung erst dann gerechtfertigt, wenn die Würdigung der umfassend in Betracht zu ziehenden Umstände des Einzelfalls ergibt, dass der Erklärungsempfänger die Äußerungen seines Gegenübers bei objektiver und vernünftiger Betrachtung dahin verstehen darf, dass von ihm ein bestimmtes Preisbildungsverhalten erwartet wird und er für den Fall der Nichterfüllung dieser Erwartung einen Nachteil zu besorgen hat (in diesem Sinne Langen/Bunte-Nothdurft, a.a.O.; vgl. auch BGH, Beschluss v. 6. November 2012 – KZR 13/12, NZKart 2013, 84 = GRUR-RR 2013, 182 Rzn. 5 f. – UVP für Rucksäcke [offenlassend, ob nach Übersendung einer unverbindlichen Preisempfehlung bereits jedes Gespräch des Lieferanten mit Händlern über deren Preisgestaltung als nach § 21 Abs. 2 GWB unzulässige Einflussnahme auf die Preisgestaltung der Händler angesehen werden kann]).
29b. Gemessen an den vorstehend dargelegten Grundsätzen scheitert im Streitfall das Verlangen der Klägerin nach Schadensersatz – und zwar ganz offensichtlich – schon daran, dass den Beklagten eine Nachteilsandrohung nicht vorgeworfen werden kann.
30aa. Allerdings stellt die Drohung mit einer Liefersperre grundsätzlich einen Nachteil im Sinne der Verbotsvorschrift des § 21 Abs. 2 GWB dar (vgl. nur Bechtold/Bosch, § 21 GWB Rz. 14; Immenga/Mestmäcker-Markert, § 21 GWB Rz. 59). Eine auf eine Preisbindung der zweiten Hand gerichtete Drohung dient auch regelmäßig einer Umgehung des Verbots von im Sinne des § 1 GWB (bzw. auch Art. 101 Abs. 1 AEUV) unzulässigen Kartellabsprachen; insbesondere handelt es sich bei Vereinbarungen, mit denen auf verschiedenen Marktstufen tätige Unternehmen Mindestpreise für Rechtsgeschäfte mit Dritten festlegen, um solche Vereinbarungen, mit denen eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt wird und die jedenfalls grundsätzlich unabhängig von ihren konkreten Auswirkungen eine spürbare Beschränkung des Wettbewerbs darstellen (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 17. Oktober 2017 – KZR 59/16, NZKart 2018, 52 Rzn. 17 ff. – Almased Vitalkost).
31bb. Indes ist der von der Klägerin gegen die Beklagten erhobene Vorwurf, D. habe ihr für den Fall der Gewährung höherer Rabatte als 5 % bis 6 % im Endkundengeschäft konkludent mit einer Auslistung gedroht, unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstands schlechterdings haltlos.
32(1) Im Ausgangspunkt ist zu beachten, dass im Streitfall die Anforderungen an die Feststellung einer konkludenten Nachteilsandrohung nicht besonders gering zu bemessen sind, da für ein in der streitbefangenen Zeit zwischen den Parteien zum Nachteil der Klägerin bestehendes Machtgefälle nichts spricht, vielmehr im Gegenteil eher ein Machtgefälle zum Nachteil der Beklagten zu 1. bestanden haben dürfte.
33In diesem Zusammenhang ist zunächst in den Blick zu nehmen, dass – wie vom Landgericht unangegriffen festgestellt – in der Zeit des Warenbezugs S. einen Jahresumsatz von ungefähr 200 Mio. €, D. dagegen einen Jahresumsatz von unter 30 Mio. € generierte, S. mithin ganz erheblich umsatzstärker als D. war. Des Weiteren ist festzustellen, dass der Vertrieb von D.-Produkten für S. einen nur äußerst marginalen Teil des Geschäftsbetriebs ausgemacht hat; die in der streitbefangenen Zeit von S. mit diesen Produkten – unstreitig - erzielten durchschnittlichen Jahresumsätze von etwa 160.000 € stellten lediglich etwa 0,1 % ihres Gesamtumsatzes dar. Von einer wirtschaftlichen Abhängigkeit der Klägerin von einer Belieferung durch die Beklagte zu 1. in jener Zeit kann bei dieser Sachlage mitnichten die Rede sein, woran ganz offensichtlich auch der Umstand nichts zu ändern vermag, dass in derselben Zeit D., wie die Klägerin hervorgehoben hat, 99 % ihres Umsatzes über den Vertrieb an den stationären Einzelhandel erwirtschaftete. Dass ein Machtgefälle zum Nachteil der Klägerin nicht bestanden hat, findet ferner in den Tatsachen deutlichen Ausdruck, dass es S. zu Beginn der Geschäftsbeziehung mit D. gelungen war, die Streichung der im von D. ursprünglich vorgelegten Vertragsentwurf vorgesehenen Preisbindungsklausel auszuhandeln und S. in der streitbefangenen Zeit von September 2012 bis September 2015 – wie bereits oben beispielhaft dargelegt und von der Klägerin selbst vorgetragen (vgl. im Einzelnen Anl. OC 1a zur Berufungsbegründung) – ihren Kunden in einer Vielzahl von über die Jahre verteilten Fällen auf eine Vielzahl von D.-Produkten (zum Teil wesentlich) höhere Rabatte als 5 % bis 6 % einräumte und damit auf die von der Klägerin behaupteten Preisvorstellungen der Beklagten, sofern diese bestanden haben sollten, in ganz erheblichem Umfang keine Rücksicht nahm. In dieses Bild fügt sich im Übrigen nahtlos ein, dass nach ihrem eigenen Sachvortrag – unabhängig von der Frage der prozessualen Beachtlichkeit dieses Vorbringens - die Klägerin Berichte der Beklagten über vom stationären Einzelhandel an D. herangetragene Beschwerden über das Preisverhalten von S. mit knappen Worten abgetan haben will, so zum Beispiel bei einem am 29. November 2013 zwischen dem Beklagten zu 2. und den Geschäftsführern der S. geführten Telefongespräch (vgl. insoweit den als Anl. OC 3 zur Berufungsbegründung [GA 913 ff.] überreichten Vermerk „Telefonat M. 29.11.2013“, dort S. 2: „…S.1: … gleiches Thema schon zig mal besprochen …“). Ebenfalls in diesem Zusammenhang zu nennen ist der Umstand, dass die Beklagte zu 1. im September 2015 die Einkaufskonditionen zum Vorteil der Klägerin mit Wirkung zum 1. Januar 2016 abänderte (vgl. Berufungsbegründung S. 18), und zwar obschon S. in den zurückliegenden Jahren ihren Kunden vielfach Rabatte auf D.-Produkte von zum Teil weit mehr als 5 % bis 6 % eingeräumt hatte.
34(2) Bei der gebotenen Berücksichtigung der vorstehend genannten Tatsachen überraschen die Anfechtung der landgerichtlichen Zurückweisung des Schadensersatzverlangens ebenso wie die von der Klägerin mit ihrer Berufung zur Stützung dieses Begehrens dargebotene Begründung. Die oben dargelegten Umstände sprechen für sich und, wie sich von selbst versteht und keiner Erläuterung bedarf, ganz erheblich gegen das Vorhandensein und die Ausschöpfung eines Drohpotentials, mit dem es D. gelungen sein soll, S. zu der Einhaltung eines bestimmten Preisniveaus gegenüber ihren Kunden und auf diese Weise im Ergebnis zu einer unfreiwilligen Selbstschädigung zu bestimmen. Das von der Berufung unter weitgehender Wiederholung und teilweiser Ergänzung des erstinstanzlichen Sachvortrags der Klägerin bemühte Vorbringen erschöpft sich in substanzlosen Ausführungen ohne jede Begründungstiefe, die durchweg im Sinne einer (erfolgreichen) Beschränkung der Preisautonomie von S. durch D. gemäß § 21 Abs. 2 GWB weit entfernt von Schlüssigkeit liegen.
35(2.1) Soweit die Klägerin überhaupt nachvollziehbaren und widerspruchsfreien (§ 138 Abs. 1 ZPO) Sachvortrag zu Handlungen der Beklagten gehalten hat, mit denen das Preissetzungsverhalten von S. erörtert bzw. durch D. hinterfragt oder kommentiert worden sein soll, hat sie eine im Sinne von § 21 Abs. 2 GWB unzulässige Einflussnahme auf ihre unternehmerische Entscheidungsfreiheit nicht im Ansatz aufgezeigt. Wohl aber ist diesem Vorbringen zu entnehmen, dass D. über die streitbefangene Zeit hinweg mehrfach von mit ihr verbundenen stationären Einzelhändlern wegen des zu Tage getretenen Preissetzungsverhaltens S. angesprochen worden sein soll, und dass sich diese stationären Händler wiederholt über aus ihrer Sicht zu niedrige Preise ihrer Konkurrentin S. vehement beschwert und D. deshalb für den Fall der Nichtabhilfe dieses „Problems“ mit der Auslistung gedroht haben sollen. Wie die Klägerin des Weiteren selbst reklamiert, sollen die Beklagten mit ihr die Preisbildung bei S. vor diesem Hintergrund erörtert und in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen haben, dass D. 99 % ihres Umsatzes mit dem stationären Einzelhandel generiere (vgl. etwa Berufungsreplik, S. 5). Diese – für sich genommen unstreitigen – Umstände zeigen zwar auf, dass D. unter dem Gesichtspunkt der Wahrung eigener wirtschaftlicher Interessen ein Motiv hatte, auf die an sie gerichteten Beschwerden aus dem stationären Handel zu reagieren und sich bei S. um eine aus Sicht der Beklagten maßvolle Preispolitik beim Online-Vertrieb zu bemühen, mit der den Beschwerden der anderen Händler in gewissem Maße Rechnung getragen und damit zugleich auf ihre – der Beklagten – wirtschaftlichen Belange Rücksicht genommen würde. Den vorgenannten Umständen als solchen ist jedoch nichts zu entnehmen, was die Behauptung der Beklagten zu widerlegen geeignet ist, sich an S. lediglich mit einer Bitte um Rücksicht auf ihre Belange gewandt zu haben, ohne dabei im Sinne von § 21 Abs. 2 GWB versucht zu haben, durch die Androhung einer Beendigung des Partnervertrags oder anderweitiger Nachteile auf die Preisbildung bei S. Einfluss zu nehmen und gegen den Willen ihrer Vertragspartnerin ihre eigenen Vorstellungen in Bezug auf Mindestweiterverkaufspreise oder Höchstrabatte für D.-Produkte durchzusetzen. Wer einen anderen lediglich darum bittet, bei der eigenen Preissetzung auch auf seine Belange Rücksicht zu nehmen, respektiert dessen Preissetzungshoheit und wirkt nicht in einer nach § 21 Abs. 2 GWB verbotenen Art und Weise auf die Preisbildung ein.
36(2.2) Tragfähige Anhaltspunkte für ein die Grenzen einer bloßen kartellgesetzlich unbedenklichen Bitte überschreitendes Drohverhalten der Beklagten hat die Klägerin nicht andeutungsweise aufgezeigt. Mit Blick auf die Angriffe der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts hält der Senat das Folgende fest:
37(a) Die Klägerin legt schon nicht in der prozessual gebotenen Weise dar, dass D. ihrem Abnehmer S. gegenüber zum Ausdruck gebracht hat, höhere Rabatte als 5 % - 6 % auf die unverbindliche Preisempfehlung nicht zu akzeptieren. Die Berufung begnügt sich mit der Behauptung, S. habe die genannte Rabattgrenze durch „grenzauslotende Rabattsetzungen ermittelt“. Schon dieser Sachvortrag ist ungenügend. Vor dem Hintergrund, dass S. ausweislich der Anlage rop 35 über die Vertragsjahre eine hohe Anzahl von Rabatten beworben hat, die teils unter 5 % und teils weit über 6 % lagen, und die genannte Unterlage insgesamt 134 Seiten umfasst, auf denen die Rabatte aufgelistet sind, erfordert ein substantiierter und nachvollziehbarer Sachvortrag (§ 138 Abs. 1 ZPO) die Klarstellung, an welche konkreten Rabattgewährungen die Klägerin für ihre Prozessbehauptung anknüpft. Es ist nicht Sache des Gerichts, sich aus der vorgelegten umfangreichen Unterlage rop 35 diejenigen Rabattierungen herauszusuchen, die das Vorbringen der Klägerin stützen könnten. Angesichts der Vielzahl der abweichenden Rabatte, die die Klägerin auf D.-Produkte gewährt hat, wäre überdies Sachvortrag dazu erforderlich gewesen, aufgrund welcher Umstände die Annahme gerechtfertigt sein soll, dass die Grenze der von D. geduldeten Preisrabatte bei 5 % - 6 % liegen soll. Auch dazu fehlt jeder erläuternder Sachvortrag. Nicht dargelegt ist schließlich, wieso die aus „grenzauslotenden Rabattsetzungen“ gewonnene Erkenntnis, dass die Beklagten Rabatte von 5 % - 6 % hinnehmen, von D. geteilt und zum Gegenstand einer Nachteilsandrohung im Sinne von § 21 Abs. 2 GWB gemacht worden sein soll. Zu diesem rechtlichen Gesichtspunkt wird nicht ein einziger Umstand aufgezeigt.
38(b) Ebenso wenig hat die Klägerin prozessual beachtlich dargetan, dass die Beklagten die behauptete Rabattgrenze von 5 % - 6 % mit der Androhung einer Liefersperre verknüpft hat.
39(aa) Unbehelflich ist das Bemühen der Klägerin, ein verbotswidriges Drohverhalten aus einem Vermerk (Anl. OC 3 zur Berufungsbegründung) herzuleiten, den sie über den Verlauf eines am 29. November 2013 angeblich zwischen den seinerzeitigen Mitgeschäftsführern ihrer Komplementärgesellschaften und dem Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten zu 1. geführten Telefongesprächs angefertigt haben will und der nach seiner äußeren Form den fraglichen Inhalt dieses Gesprächs ganz offensichtlich nicht vollständig und zum Teil fragmentarisch wiedergibt. Es bedarf keiner Entscheidung des Senats, ob es sich bei der schlichten Bezugnahme der Klägerin auf den vorbezeichneten Vermerk überhaupt um einen prozessordnungsgemäßen Sachvortrag handelt und der Inhalt des Vermerks in prozessual beachtlicher Weise in die mündliche Verhandlung eingeführt worden und der Entscheidung des Rechtsstreits als Streitstoff zu Grunde zu legen ist. Diesem Vermerk sind jedenfalls in der Sache – und zwar ganz offensichtlich - keine Umstände zu entnehmen, die den Schluss auf eine von D. an S. gerichtete Drohung mit irgendeinem Nachteil für den Fall (der Fortsetzung) eines bestimmten Preisverhaltens zulassen. Aus ihm geht zwar – die Niederlegungen in dem Vermerk als zutreffend unterstellt – hervor, dass sich stationäre Händler bei D. über die von S. im Internet beworbenen Preise beschwert und D. vor diesem Hintergrund mit einer Beendigung von geschäftlichen Beziehungen gedroht hatten. Mit ihm ist aber eine von D. an S. gerichtete Drohung mit einem Nachteil mitnichten dokumentiert und zu belegen. In dem vorbezeichneten Gespräch räumte der Beklagte zu 2. dem Vermerk zufolge vielmehr selbst ein, dass der Handel emotional und irrational auf die Preispolitik S. reagiere. Ebenso räumte der Beklagte zu 2. ein, dem Einwand des Mitgeschäftsführers der Komplementärinnen der Klägerin - Herr S.1 -, das Thema der Preispolitik bei S. und der diesbezüglichen Reaktionen des stationären Handels bereits bei zahlreichen Gelegenheiten erörtert zu haben, nicht widersprechen zu können. Die nach dem Vorbringen der Klägerin in jenem Telefonat vom Beklagten zu 2. angeblich getätigte Äußerung, S. solle sein preisliches Vorgehen vorher mit D. abstimmen, stellt nichts Anderes als die Bitte dar, S. möge bei der Bildung seiner Preise auf die Belange der Beklagten zu 1., die sich auch durch die (umsatz)intensiven Beziehungen zwischen D. und dem stationären Einzelhandel definierten, Rücksicht nehmen. Der Versuch der Klägerin, den von ihr überreichten Vermerk weitergehend in eine vom Zweitbeklagten gegenüber S. (konkludent) ausgesprochene Drohung mit einer Liefersperre umzuinterpretieren, scheitert dagegen in Ermangelung jedweden belastbaren Anhalts. Daran ändert auch mitnichten etwas die von der Klägerin herangezogene (vgl. Berufungsbegründung S. 13 [erster Abs.]) Vermerkspassage, die wie folgt lautet:
40„M. [lies: …]: will Aktionen näher abstimmen; Umfeld muss stimmen; hat nichts mit Preisen zu tun
41Kunden Fotorechte entzogen“
42Der nach dem Inhalt des Vermerks völlig pauschale Hinweis auf eine Entziehung von Fotorechten beinhaltet für sich genommen – wie die Klägerin in Verfolgung ihres Klagebegehrens indes verkennt - keine wie auch immer geartete Drohung für den Fall eines wie auch immer beschaffenen Verhaltens des Adressaten dieser Äußerung. Dies gilt erst recht im Hinblick auf das vorliegend allein interessierende Preissetzungsverhalten S., wenn man in den Blick nimmt, dass im unmittelbaren textlichen Zusammenhang mit dem vorbezeichneten Hinweis die (angebliche) Aussage des Beklagten zu 2. festgehalten ist, dass die Bitte um Abstimmung von Aktionen „nichts mit Preisen zu tun“ habe.
43Die Klägerin blendet des Weiteren völlig aus, dass ausweislich ihres eigenen Vermerks der Beklagte zu 2. im Anschluss an den vorbezeichneten Hinweis sich unzweideutig dahin erklärt haben soll, dass D. sich nicht in die Preisbildung der mit ihr verbundenen Händler einmische, wenn es in dem Vermerk wie folgt lautet:
44„M.: Kunden sind frei in Preisgestaltung …“
45Auch mit ihrer Behauptung, S. habe am 29. November 2013 eine angedrohten Liefersperre nachgegeben und telefonisch eine Preiserhöhung zugesichert sowie in Befolgung dieser Zusicherung am 18. Dezember 2013 die Preise für 51 D.-Produkte erhöht, dringt die Klägerin nicht durch. Bereits die angebliche Zusicherung ist jedenfalls mit dem Inhalt des überreichten Gesprächsvermerks insoweit nicht zu vereinbaren, als nach diesem der eine Mitgeschäftsführer der S.-Komplementärgesellschaften – Herr S.1 – die Frage des anderen Mitgeschäftsführers – Herr H. – nach der Möglichkeit einer sofortigen Anhebung von Preisen auf das Niveau der unverbindlichen Preisempfehlungen der Beklagten zu 1. zurückwies; diesbezüglich heißt es in dem Vermerk wie folgt:
46„M.: Kunden sind frei in Preisgestaltung …
47H. [lies: …]: Preise heute auf UVP anpassen?
48S.1 [lies: …]: Geht nicht“
49Darüber hinaus kann – anders als die Berufung meint - mitnichten davon ausgegangen werden, dass S. ihre Preise am 18. Dezember 2013 auf Grund einer ihr durch den Zweitbeklagten angedrohten Liefersperre änderte. Abgesehen davon, dass, wie dargelegt, in tatsächlicher Hinsicht bereits eine solche Drohung nicht festzustellen ist und schon deshalb die Annahme einer Verwirklichung des Tatbestands des § 21 Abs. 2 GWB ausscheidet, verschweigt die Klägerin, dass S. am 18. Dezember 2013 ausweislich ihrer eigenen Darstellung gemäß der von ihr überreichten Anlage OC 1a (bzw. Anl. rop 35) zwar für 51 D.-Produkte ihre Preise anhob, jedoch für 25 andere D.-Produkte neue Rabatte (in Höhe von 5 % bis 6 %) einführte. Dies für sich genommen indiziert, dass S. sich nicht unter dem Einfluss einer vermeintlich angedrohten Liefersperre dazu hat bestimmen lassen, ihre Preise an wie auch immer geartete Vorstellungen ihrer Lieferantin anzupassen. Erst recht gilt diese Beurteilung in Anbetracht der zahlreichen und zum Teil noch weitaus höheren Rabatte, die S. – wie oben bereits beispielhaft dargelegt – nur kurze Zeit nach dem Telefonat vom 29. November 2013, nämlich bereits ab dem 10. März 2014 und auch in der Folgezeit, ihren Online-Kunden einräumte.
50In Gesamtbetrachtung aller Umstände ist ein Verständnis des hier zur Debatte stehenden Vermerks - dessen Inhalt als zutreffend zu Grunde gelegt – dahin, dass der Beklagte zu 2. in einem Telefonat vom 29. November 2013 S. für den Fall, dass im Endkundengeschäft preisliche Vorgaben von D. hinsichtlich des Online-Vertriebs nicht eingehalten würden, (erfolgreich) mit einer Liefersperre drohte, abwegig und – entgegen den allein mit einer Fokussierung auf das Klageziel zu erklärenden Ausführungen der Berufung - schlechterdings ausgeschlossen.
51(bb) Zur Darlegung einer Nachteilsandrohung im Sinne des § 21 Abs. 2 GWB - ganz offensichtlich - untauglich sind auch die jedweder Substanz entbehrenden Ausführungen der Berufung zu angeblich von den Beklagten am 4. Oktober 2012, 14. Dezember 2012, 10. Januar 2013, 5. Juni 2013, 10. Oktober 2013 und am 1. April 2015 gegenüber S. anlässlich von persönlichen Gesprächen (konkludent) angedrohten Nachteilen. Soweit die Berufung in diesem Zusammenhang Behauptungen in den Raum geworfen hat wie zum Beispiel diejenigen, dass die Beklagten sich an der Preisgestaltung S. gestört, diese kritisiert, in diese eingegriffen oder auf S. Druck ausgeübt bzw. Einfluss genommen hätten, ist dieses Vorbringen im Hinblick auf eine vermeintliche Nachteilsandrohung nicht nachvollziehbar, einer Überprüfung von vornherein nicht zugänglich und damit prozessual unbeachtlich (§ 138 Abs. 1 ZPO).
52(cc) Schlechterdings keinen Zusammenhang mit einer Nachteilsandrohung im Sinne von § 21 Abs. 2 GWB lassen die Ausführungen der Berufung zu vermeintlichen Treffen zwischen Vertretern von S. und D. am 7. Februar 2013, 3. Dezember 2013 und 3. Dezember 2014 erkennen; dieses Vorbringen ist unbeachtlich.
53(dd) Soweit S. am 4. Mai 2015 auf 25 D.-Produkte einen Rabatt in Höhe von 25 % in ihr Angebot einstellte, kann der nach Behauptung der Berufung mehrere Monate später, etwa Ende August/Anfang September 2015 erfolgten Nachfrage des Beklagten zu 3., ob S. nunmehr „eine neue Strategie im Hinblick auf die D.-Produkte fahren“ würde, bei besonnener Betrachtung mitnichten die Bedeutung einer Drohung mit einer Liefersperre oder einem sonstigen empfindlichen Übel beigemessen werden; der offenbar auf das Gegenteil gerichtete Ansatz der Berufung ist durchaus erstaunlich. Dass die Klägerin die vorgenannte Äußerung tatsächlich nicht als Drohung verstanden hat, ist ihrem eigenen Vorbringen zu entnehmen, nach dem sie ihre Preisaktion unter Hinweis auf eine schlechte Verkäuflichkeit der betroffenen Produkte gegenüber dem Beklagten zu 3. verteidigt haben will und – wie ihrer eigenen Aufstellung gemäß Anl. OC 1a zu entnehmen ist - im zeitlichen Zusammenhang mit der vermeintlichen Beanstandung ihres Verhaltens durch den Beklagten zu 3. die Rabatte auf die von der Aktion vom 4. Mai 2015 betroffenen Produkte nicht änderte, dagegen am 23. September 2015 auf nahezu ihr gesamtes Sortiment Rabatte (in Höhe von nahezu durchgängig 8 %) einführte.
54(ee) Soweit die Berufung reklamiert, S. habe am 2. Januar 2015 „dem Druck der Beklagten erneut nach[gegeben]“ und aus diesem Grund auf 184 D.-Produkte eingeräumte Rabatte zurückgenommen (vgl. Berufungsbegründung S. 16), lassen sich Hintergrund und Anlass der behaupteten Rabattstreichung weder diesem Vorbringen noch der Aufstellung Anlage OC 1a ansatzweise entnehmen; schon deshalb ist dieses Vorbringen prozessual unbeachtlich und ist der in diesem Zusammenhang erfolgte Beweisantritt der Klägerin auf die Erhebung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises gerichtet.
55Unbeschadet des Vorstehenden ist ein fremdbestimmtes Preisverhalten gegen eigene geschäftliche Absichten für S. aber auch deshalb nicht festzustellen, weil ausweislich der eigenen Darlegungen der Klägerin (vgl. Anl. OC 1a) S. nur kurze Zeit später, nämlich am 23. April 2015, auf 30 D.-Produkte wiederum Rabatte von zum Teil 5,01 %, im Übrigen aber 15,21 % bis 20,81 % setzte und auch in der näheren Folgezeit weitere Rabatte (in Höhe von zum Teil über 5 % und bis hin zu 25 %) im Internet bewarb. Diese Tatsache ist mit der Behauptung der Klägerin (vgl. Berufungsbegründung, a.a.O.), S. habe am 2. Januar 2015, mithin nur kurze Zeit zuvor, D.-Produkte entgegen dem eigenen Willen teurer angeboten, um die Geschäftsbeziehung mit der Beklagten zu 1., von der ihre Zukunft als Händlerin im Bereich Premiummöbel abhängig gewesen sein soll, nicht zu gefährden, offensichtlich nicht zu vereinbaren.
56(ff) Ebenso wenig lässt die von der Berufung bemühte schriftliche Korrespondenz zwischen den Parteien den Schluss zu, dass D. auf S. in Zusammenhang mit der Preisbildung Druck ausübte und S. einem solchen Druck in selbstschädigender Weise nachgab:
57(aaa) Die Klägerin reklamiert, S. habe einen am 24. November 2012 auf 22 D.-Produkte gesetzten Rabatt (in Höhe von jeweils 15,97 %) bereits am 27. November 2012 nur deshalb wieder zurückgenommen, weil der Beklagte zu 3. sie unter Androhung der Auslistung zur Einhaltung der D.-Preisempfehlung im Sinne des von der Erstbeklagten ursprünglich verfassten, wenn auch von S. abgelehnten, Entwurfs einer Partnervereinbarung (Anl. rop 2) aufgefordert gehabt habe. Eine solche Drohung sei einer E-Mail des Beklagten zu 3. an den damaligen S.-Mitgeschäftsführer H. vom 26. November 2012 (Anl. rop 3 zur Klageschrift) zu entnehmen, soweit es in dieser wie folgt lautet:
58„…heute sind wir auf diese Sonderpreise auf D.-Produkte aufmerksam gemacht worden.
59Sie wissen ja aus unseren Gesprächen, dass die Preistreue ein für uns sehr wichtiges Gut ist.
60Können Sie sich dies erklären?
61Ich freue mich auf ein kurzfristiges Feedback.“
62Den vorgenannten Ausführungen ist – anders als die Berufung vertritt - weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Androhung mit einem wie auch immer beschaffenen Nachteil zu entnehmen. Insbesondere mit Rücksicht auf das – wie oben dargelegt – Fehlen eines zwischen den Parteien bestehenden und zum Nachteil von S. ausschlagenden Machtgefälles ist auch der in der E-Mail dokumentierte Hinweis auf eine von D. als wichtig empfundene „Preistreue“ für sich genommen aus der Sicht eines objektiven unbefangenen Betrachters mitnichten dahin zu verstehen gewesen, dass das adressierte Unternehmen S. mit einer Beendigung des Partnervertrags mit D. oder sonstigen Nachteilen für den Fall würde zu rechnen haben, dass es an den in der E-Mail in Bezug genommenen Preisen festhalten würde. Konkrete Umstände, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, hat die Klägerin nicht ansatzweise aufgezeigt und sind auch im Übrigen nicht ersichtlich. Bei dieser Sachlage verbietet sich auch, von der tatsächlich nahezu umgehend nach Versand der E-Mail erfolgten Zurücknahme der erst wenige Tage zuvor gesetzten Rabatte darauf zu schließen, dass S. die Ausführungen des Beklagten zu 3. als eine Drohung mit einem empfindlichen Übel zu verstehen hatte bzw. verstand und sich durch diese Drohung zur Streichung der Rabatte bestimmen ließ. Mangels jeglichen auf das Gegenteil hindeutenden – und gegebenenfalls von der Klägerin im Rahmen der sie in diesem Kontext treffenden Darlegungs- und Beweislast vorzutragenden - Anhaltspunkts ist durch nichts ausgeschlossen, dass S. die hier interessierende E-Mail als unverbindlich gemeinte Bitte um Prüfung, ob man nicht die bekanntgegebenen Preisempfehlungen einhalten könne, auffasste (und auffassen durfte) und dieser Bitte einer autonomen Entscheidung folgend entsprach. Damit verbleibt indes für die Annahme eines D. zur Last zu legenden Verstoßes gegen § 21 Abs. 2 GWB und einen kausal auf eine von S. als solche empfundene Beeinträchtigung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit zurückzuführenden Schaden zum Nachteil der Klägerin kein Raum. Dies gilt auch in diesem Zusammenhang nur umso mehr, als S. in den dem Vorgang aus November 2012 folgenden Jahren in zahlreichen Fällen D.-Produkte mit Rabatten, dabei zum Teil mit noch erheblich höheren als den im November 2012 gesetzten, bewarb. Zu keiner der Klägerin günstigeren Betrachtung führt schließlich ihr weiteres Vorbringen (vgl. Berufungsreplik S. 4), sie habe auf die E-Mail vom 26. November 2012 reagiert und zur vermeintlichen Erklärung der von ihr zwei Tage zuvor gesetzten Rabatte „einen Fehler in ihrem System“ vorgeschoben, wobei „allen Beteiligten … klar“ gewesen sei, dass dies nur „eine Ausrede“ gewesen sei. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen substanzlos und deshalb unbeachtlich ist, berührt es die vorstehend dargelegte Würdigung schon nicht.
63(bbb) Im Sinne eines von D. rechtswidrig ausgeübten und von S. nachgegebenen Drucks auf die Preisbildung gleichsam völlig unergiebig sind aber auch die weiteren von der Berufung hierzu bemühten und schon auf erste Sicht schlichtweg nichtssagenden Dokumente:
64(aaaa) Für die Frage eines S. bestimmenden Preisdrucks ist es für sich genommen – und zwar ganz offensichtlich – ohne jede Bedeutung, dass eine vom Beklagten zu 3. an den S.-Mitgeschäftsführer H. am 10. Dezember 2012 (Anl. rop 4 zur Klageschrift) versandte E-Mail als auf einem vereinbarten Treffen am 14. Dezember 2012 zu besprechenden Punkt u.a.
65„4. Feedback von D. auf S.
66…
67b. ausgewiesene Verkaufspreise (Sonderpreise, Zahlungsbedingungen, etc.)“
68nennt. Die Klägerin lässt jedweden Vortrag von zu Gunsten einer anderen Beurteilung sprechenden Umständen vermissen.
69(bbbb) Völlig neben der Sache liegt die Bezugnahme der Berufung auf eine von dem Beklagten zu 3. am 24. April 2013 an Herrn H. versandte E-Mail (Anl. OC 2), die sich ohne jedwede Bezugnahme auf bestimmte Gesichtspunkte wie etwa der Preisgestaltung in der einfachen Bitte erschöpft, man möge sich zwecks Besprechung der Zusammenarbeit von D. und S. miteinander treffen und sich insoweit auf einen Termin verständigen. Mit dem Aufgreifen solcher Belanglosigkeiten verlässt die Berufung den Rahmen eines ordnungsgemäßen auf den konkreten Streitfall und seine Entscheidung bezogenen Prozessvorbringens.
70(cccc) Nichtssagend ist auch der Erörterungspunkt: „Veränderte Konditionspolitik von S. und die Auswirkungen auf die Bestellungen“ in einer von dem Beklagten zu 3. am 9. Oktober 2013 an Herrn H. versandte E-Mail (Anl. rop 5 zur Klageschrift), die einen für den Folgetag vereinbarten Besprechungstermin vorbereiten sollte. Der Besprechungspunkt lässt für sich genommen überhaupt keine Rückschlüsse im Sinne der hier zur Debatte stehenden Frage eines unzulässigen Preisdrucks zu. Darüber hinaus hat die Berufung nicht andeutungsweise mit dem vom Beklagten zu 3. angekündigten Erörterungspunkt zusammenhängende Tatsachen dargelegt, die in einer Gesamtschau der konkreten Umstände des Streitfalls eine abweichende Beurteilung auch nur nahelegen könnten. Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin auch bezüglich des Verlaufs der von ihr bemühten Besprechung vom Folgetag (10. Oktober 2013) keinen brauchbaren und schlüssigen Sachvortrag gehalten.
71(dddd) Zur Darlegung eines unzulässigen und S. bestimmenden Preisdrucks durch D. ebenso untauglich ist die Bezugnahme auf eine vom Beklagten zu 3. am 9. Januar 2014 an Herrn H. versandte E-Mail (Anl. rop 34 zum Schriftsatz der Klägerin v. 27.9.2017), mit der der Beklagte zu 3. um ein Telefongespräch zwecks Abstimmung eines gemeinsamen Umgehens mit der „D.1 Aktion“ bat. Gründe, die für ein objektives Verständnis dieser Bitte als die Androhung eines Nachteils für den Fall eines von S. an den Tag gelegten bestimmten Preisverhaltens sprechen, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Daran ändert der Umstand für sich genommen nichts, dass die Anfrage des Beklagten zu 3. vor dem Hintergrund stand, dass in einem einzelnen Fall ein Verbraucherkunde offenbar das Angebot eines stationären Einzelhändlers für ein bestimmtes Sofa mit der Begründung eines günstigeren Online-Angebots bei S. abgelehnt und dieser Händler an D. die Frage gerichtet hatte, ob auch andere Händler von solchen Preisunterbietungen gehört hätten.
72(eeee) Ohne Relevanz für die Entscheidung des Streitfalls ist auch der Inhalt einer an Herrn H. adressierten E-Mail des Beklagten zu 3. vom 11. Februar 2014 (Anl. rop 6 zur Klageschrift), in der ausgeführt ist:
73„…, auf Ihrer aktuellen Seite im Internet ist mir aufgefallen, dass Sie nach wie vor den … Sessel und den … Tisch zum Sonderpreis anbieten.
74Diese Verkaufsaktion ist von uns zum 31.12.2013 beendet worden.
75Selbstverständlich können Sie noch vorhandene Lagerbestände zu diesem Preis verkaufen. Bei Neubestellungen können wir Ihnen diesen Sonderpreis jedoch nicht mehr bestätigen. …“
76Bei unbefangener Betrachtung ist der E-Mail nicht mehr und nichts Anderes als der Hinweis auf die Beendigung einer von D. initiierten Sonderaktion zu entnehmen. Soweit die Berufung den Versuch unternimmt, in diese Ausführungen eine Aufforderung an S. hineinzulesen, die eigenen Verkaufspreise zu erhöhen, ist dies angesichts des Unterbleibens jedweder tragfähiger Begründung schlechterdings haltlos. Darüber hinaus zeigt die Berufung auch in diesem Zusammenhang nicht im Ansatz auf, dass und weshalb die – vermeintliche – Aufforderung zu einer Preisanhebung bei objektiver Betrachtung als unzulässige Drohung mit einem empfindlichen Übel zu verstehen war. Die eigenen Darlegungen der Klägerin betreffend das Preissetzungsverhalten bei S. in der streitbefangenen Zeit (vgl. Anl. OC 1a) decken – diese als zutreffend unterstellt – im Übrigen auf, dass S. die hier interessierende Korrespondenz offenbar schon nicht als Nachteilsandrohung verstand, jedenfalls aber auf eine etwaige Drohung nicht mit einer D. vermeintlich genehmen Anpassung ihres Preisverhaltens reagierte. Dies zeigt sich deutlich insbesondere in den zeitnah nach dem 11. Februar 2014 von S. vorgenommenen Einführungen neuer Rabatte auf zahlreiche D.-Produkte. Zu nennen sind insoweit namentlich bereits am 13. Februar 2014 auf acht Produkte eingeräumte Rabatte in Höhe von jeweils 6 %, am 10. März 2014 auf 83 Produkte gesetzte (erhöhte) Rabatte in einer Größenordnung von zum Teil 11,68 % bis zu 25,6 % und am 19. März 2014 auf 48 Produkte gesetzte (erhöhte) Rabatte von zum Teil 12,38 % bis zu 21,91 %. Dem ist die Klägerin nicht rechtserheblich entgegengetreten.
77(ffff) Unerheblich sind die mit von D. an S. gesandten E-Mails vom 10. März 2014 (Anl. rop 32 zum Schriftsatz der Klägerin v. 27.9.2017) bzw. aus Juli 2014 (Anl. OC 4) ausgebrachten Aufforderungen, Vertragsprodukte nicht mit Streichpreisen oder Prozentangaben zu bewerben. Ein etwaiger Rechtsverstoß der Beklagten in diesem Zusammenhang wird vom vorliegend geltend gemachten Schadensersatzverlangen überhaupt nicht umfasst.
78(gggg) Hinsichtlich der von der Berufung erfolgten Bezugnahme auf E-Mail-Korrespondenz im Vorfeld eines für den 3. Dezember 2014 vereinbarten Treffens der Parteien (Anl. OC 5) gilt sinngemäß das oben unter (bbb) bereits Gesagte.
79(gg) Soweit S. am 23. September 2015 nahezu ihr gesamtes Sortiment an D.-Produkten mit einem Rabatt von 8 % beworben und die Beklagte zu 1. am 26. Oktober 2015 die ordentliche Kündigung des Partnervertrags zum 31. Januar 2016 erklärt hat, lässt dies nicht den Schluss auf ein D. vor dem Ausspruch der Kündigung zur Last fallendes tatbestandliches Verhalten im Sinne von § 21 Abs. 2 GWB zu. Selbst wenn – wie die Klägerin behauptet – die umfängliche Rabattierung des Sortiments aus September 2015 für D. das entscheidende Motiv für die Beendigung der Vertragsbeziehung mit S. gewesen sein sollte, würde die Kündigung sich lediglich als eine von D. intendierte Vergeltung zurückliegenden Preisverhaltens ihrer Vertragspartnerin darstellen, die indes für die Entscheidung des Streitfalls unerheblich wäre. Dagegen spricht mangels jeglichen belastbaren Anhalts nichts für eine Feststellung dahin, dass D. mit dem Ausspruch der Kündigung oder in Zusammenhang mit diesem unter Verstoß gegen § 21 Abs. 2 GWB S. eine Aufhebung der mit der Kündigung verhängten Liefersperre für den Fall in Aussicht gestellt hat, dass S. sich zukünftig an die Preisempfehlungen der Beklagten zu 1. halten würde. Jedenfalls schon aus diesem Grund ist aus dem Verhalten der Beklagten bei bzw. nach Ausspruch der Kündigung für die von der Klägerin begehrte Feststellung eines von D. (auch bereits) vor der Kündigungserklärung unzulässig auf S. ausgeübten Preisdrucks kein Indiz zu gewinnen.
80Soweit die Berufung reklamiert, der Beklagte zu 3. habe mit der an Herrn H. versandten E-Mail vom 10. November 2015 (Anl. rop 9 zur Klageschrift) S. eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit D. für den Fall in Aussicht gestellt, dass S. den zwischenzeitlich ab dem 6. November 2015 auf 500 D.-Produkte eingeräumten Rabatt in Höhe von 35 % zurücknehmen würde, rechtfertigt auch dies keine abweichende Beurteilung. Ein solches Verständnis ist aus der Sicht eines objektiven Empfängers dem Inhalt der vorbezeichneten E-Mail mitnichten zu entnehmen. Entgegen der Darstellung der Berufung nehmen die hier interessierenden Ausführungen schon nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich, auf die letztgenannten Rabatte Bezug. Selbst wenn aber der ausweislich der E-Mail an S. adressierte Wunsch, die „Vorgehensweise … [zu] überdenken“, auf jene Rabatte bezogen gewesen sein sollte, besteht kein berechtigter Grund für die Annahme, der Beklagte zu 3. habe S. für den Fall eines „preislichen Wohlverhaltens“ eine Aufhebung der Liefersperre in Aussicht gestellt. Die Klägerin blendet aus, dass in der E-Mail als ausdrücklich alleiniger Grund für die Beendigung der Vertragsbeziehung der Parteien der Umstand genannt ist, dass aus Sicht von D. es S. in den zurückliegenden Jahren nicht gelungen sei, ein „Markenumfeld im Einrichtungsbereich“ aufzubauen und daselbst wie folgt ausgeführt wird:
81„Von Beginn an war die Frage, wie entwickelt sich das Markenportfolio im Einrichtungsbereich bei S.. Am ersten Tag haben wir deutlich gemacht, dass es uns wichtig ist, gute Markennamen bei S. zu sehen. Dies haben Sie persönlich stets bestätigt und Ihre Bemühungen in dieser Hinsicht betont. In zahlreichen Gesprächen … haben wir darauf hingewiesen, dass das Markenumfeld für uns von zentraler Bedeutung ist. … Die Liste der wünschenswerten Hersteller sind wir mehrfach durchgegangen. Leider ist bis heute keine dieser Marken in Ihrem Portfolio. Im Gegenzug haben Marken wie „I…“ Einzug gehalten, die weder ein hochwertiges Design noch eine hochwertige Vermarktung aufweisen.
82…
83In den vergangenen 3 Jahren konnten Sie aus welchen Gründen auch immer kein Markenumfeld für D. im Einrichtungsbereich aufbauen. Die Umsätze mit D. Produkten haben sich deutlich reduziert. Diese Faktoren und nur diese waren die Beweggründe, die Zusammenarbeit mit der vertragskonformen Frist zu beenden. …“
84Ebenso ignoriert die Klägerin, dass der Beklagte zu 3. das während der Zeit des Warenbezugs von S. praktizierte Preisverhalten unzweideutig als nicht beanstandungswürdig bezeichnet hat, soweit es in der E-Mail vom 10. November 2015 wie folgt heißt:
85„… „Die Preise bei S. entwickeln und orientieren sich am Markt“. Diese Aussage ist von Ihnen getätigt worden und ich habe diese Aussage immer unterstützt. Es gab in den vergangenen 3 Jahren nicht eine Intervention im Hinblick auf Ihre Preisgestaltung. Im Gegenteil habe ich Ihre Nachlässe auch gegenüber unserem stationären Fachhandel vertreten und immer für akzeptabel gehalten. Ich hätte eine derartige Diskussion weder aus rechtlichen noch aus sachlichen Gründen für richtig gehalten. Ich habe in dieser Hinsicht auch keinen Druck aus dem Handel verspürt.“
86Bei dieser Sachlage kann die Behauptung der Klägerin, die hier interessierende E-Mail als Inaussichtstellen einer Weiterbelieferung durch D. für den Fall eines von S. an den Tag gelegten Wohlverhaltens im Sinne der Vorstellungen der Beklagten verstanden zu haben, schlechterdings nicht nachvollzogen werden. Darauf kommt es indes von vornherein unter keinem Gesichtspunkt an. Aus der allein maßgeblichen objektiven Sicht eines unbefangenen vernünftigen Empfängers haben die in der E-Mail niedergelegten Äußerungen des Beklagten zu 3. in ihrer Gesamtbetrachtung nicht so verstanden werden können, dass D. zu einer weiteren Zusammenarbeit bereit sein würde, wenn nur S. im Endkundengeschäft die wie auch immer beschaffenen preislichen Erwartungen ihrer Lieferantin erfüllte. Eine andere Beurteilung ist hiernach auch in Ansehung des am Schluss der E-Mail geäußerten Wunsches, S. möge ihre, nicht näher spezifizierte, Vorgehensweise überdenken, nicht vertretbar.
87c. Wie bereits den vorstehend unter b. erfolgten Darlegungen unmittelbar zu entnehmen ist, scheitert das auf den Vorwurf eines Verstoßes gegen § 21 Abs. 2 GWB gestützte Schadensersatzverlangen nicht nur an dem Fehlen eines tatbestandlichen Handelns von D. im Sinne der genannten Vorschrift, sondern auch daran, dass S. sich ganz offensichtlich nicht zu einem ihren eigenen geschäftlichen Absichten zuwiderlaufenden Preisverhalten hat bestimmen lassen. Auf die obigen Darlegungen zu den von S. über die Jahre in einer Vielzahl von Fällen gesetzten und zum Teil auch erheblich oberhalb von 5 % bis 6 % liegenden Rabatten wird Bezug genommen.
884. Den Ausführungen unter 3. ist unmittelbar zu entnehmen, dass die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren auch nicht mit Erfolg auf einen Verstoß der Beklagten zu 1. gegen das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden oder marktmächtigen Stellung gemäß § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB bzw. § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB in Verbindung mit § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB oder gegen sonstige Rechtsvorschriften stützen kann. Dahinstehen kann, ob die Beklagte zu 1. in streitbefangener Zeit auf einem wie auch immer konkret abzugrenzenden Möbelmarkt Normadressatin des in den vorbezeichneten GWB-Vorschriften angeordneten Behinderungsverbots gewesen ist. Ebenso wenig wie ein Verstoß von D. gegen das in § 21 Abs. 2 GWB statuierte Verbot der Nachteilsandrohung festzustellen ist, kann in der bloßen Bitte der Beklagten um Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Belange von D. tatbestandlich eine unbillige Behinderung von S. im Wettbewerb mit dritten Händlern erkannt werden. Das Missbrauchsverbot geht in Bezug auf die in § 21 Abs. 2 GWB geregelte Einflussnahme auf die Preisbildungsfreiheit nicht weiter als jene Norm.
89III.
90Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
91IV.
92Gründe, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO), bestehen nicht. Auch die Anwendung von § 21 Abs. 2 GWB wirft im Streitfall keine rechtsgrundsätzlichen Fragen auf.
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