Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 4 U 81/21
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 25.03.2021 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e:
2I.
3Der Kläger macht einen Anspruch auf Auszahlung der Erlebensfallleistung einer bei der Beklagten abgeschlossenen Lebensversicherung geltend. Versicherungsnehmerin war die Tante des Klägers, die am 17.01.1926 geborene A. B. I. Sp.. Diese beantragte am 26.04.2001 den Abschluss der Lebensversicherung. Versicherte Person war der Kläger, von dessen Konto auch die Versicherungsbeiträge abgebucht werden sollten (und wurden). Ferner war der Kläger auch als widerruflich Bezugsberechtigter für den Erlebensfall angegeben, während die Versicherungsnehmerin für den Todesfall bezugsberechtigt sein sollte. Außerdem stand im Antrag, dass der Kläger im Todesfall der Versicherungsnehmerin während der Vertragslaufzeit an deren Stelle treten solle. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K1, Bl. 7 f. GA, verwiesen. Die Lebensversicherung wurde unter dem 28.05.2001 policiert (Anlage K2, Bl. 9 ff. GA). Von der in § 10 AVB vorgesehenen Möglichkeit, ein unwiderrufliches Bezugsrecht zu bestimmen, machte die Versicherungsnehmerin keinen Gebrauch. Die Versicherung hatte eine Laufzeit von 15 Jahren bis zum 31.05.2016.
4Unter dem 23.03.2016 schrieb die Beklagte der Versicherungsnehmerin folgendes (Anlage B1, Bl. 74 GA):
5„Sehr geehrte Frau Sp., bei einer Überprüfung haben wir festgestellt, dass uns zu diesem Vertrag keine aktuelle Bankver- bindung vorliegt. Um die Auszahlung der Versicherungsleistung pünktlich an Sie anweisen zu können, teilen Sie uns bitte kurzfristig Ihre Bankverbindung mit.
6Senden Sie uns bitte daher anliegende Erklärung vervollständigt zurück."
7Die Versicherungsnehmerin übersandte darauf unter dem 02.04.2016 folgende Rückantwort (Anlage K9, Bl. 36 GA = Anlage B2, Bl. 75 GA):
8„Auszahlung von Versicherungsleistungen
9Versicherungsnummer: …
10Bitte zahlen Sie die Versicherungsleistung auf folgende Bankverbindung:
11Kontoinhaber: …Bankinstitut: …BIC*: …IBAN*: …*finden Sie auf Ihrem Kontoauszug oder der EC-Karte; die deutsche IBAN ist immer 22 Stellen lang.
12Falls es sich bei dem Konto nicht um Ihr eigenes Konto handelt, benötigen wir außer dem Namen des Kontoinhabers auch dessen Anschrift. Bitte beachten Sie diesbezüglich folgenden Hinweis:
13Erfolgt die Auszahlung der Versicherungsleistung nicht an den Versicherungsnehmer, stellt dies einen erbschafts- oder schenkungssteuerpflichtigen Tatbestand dar. Unsere Gesellschaft in diesen Fällen eine Anzeigepflicht gegenüber den Finanzbehörden. Diese Anzeigepflicht besteht immer, wenn der Auszahlungsbetrag die Bagatellgrenze von 5.000,00 EUR übersteigt.“
14Zum Ablauf der Lebensversicherung am 01.06.2016 zahlte die Beklagte auf das von der Versicherungsnehmerin angegebene Konto einen Betrag in Höhe von 75.894,32 Euro; diese leitete das Geld nicht an den Kläger weiter.
15Am 23.10.2018 verstarb die Versicherungsnehmerin, was der Kläger der Beklagten mitteilte. Diese schrieb darauf unter dem 07.05.2019, dass aufgrund des Erlöschens des Vertrags infolge der Auszahlung am 01.06.2016 keine weiteren Ansprüche bestünden (Anlage K3, Bl. 25 GA). Nach Anwaltsschreiben vom 30.10.2019 (Anlage K4, Bl. 26 f. GA) teilte die Beklagte mit, dass die Versicherungsnehmerin lediglich im Antrag Verfügungen gemacht habe und danach keine Änderungen vorgenommen worden seien (Anlage K6, Bl. 29 GA). Im vom Kläger unter dem 30.12.2019 (Anlage K8, Bl. 32 f. GA) eingeleiteten Verfahren vor dem Ombudsmann für Versicherungen teilte die Beklagte indes unter dem 02.03.2020 mit, dass in dem Schreiben der Versicherungsnehmerin vom 02.04.2016 ein konkludenter Widerruf der Bezugsberechtigung des Klägers liege (Anlage K9, Bl. 34 ff. GA). Trotz Anwaltsschreibens vom 27.03.2020 (Anlage K10, Bl. 37 f. GA) half der Ombudsmann für Versicherungen der Beschwerde unter dem 20.04.2020 nicht ab (Anlage B3, Bl. 76 f. GA).
16Der Kläger hat die Ansicht vertreten, sein Bezugsrecht sei nicht durch die Versicherungsnehmerin widerrufen worden. In der Formularerklärung vom 02.04.2016 befinde sich kein Hinweis auf einen solchen Widerruf. Die Versicherungsnehmerin habe sich angesichts des lange zurückliegenden Vertragsabschlusses auch keine Gedanken über einen Widerruf gemacht, sondern schlicht ihre Kontoverbindung mitgeteilt und mitteilen wollen, wie es auch im Anschreiben vom 23.03.2016 erbeten worden sei; auch in diesem Anschreiben sei von dem Bezugsrecht ja keine Rede gewesen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Hinweis auf etwaige Steuerpflichten dazu führe, ein eigenes Konto anzugeben, und dass die Versicherungsnehmerin nicht die Auszahlung an eine andere Person als sich selbst oder den Kläger verlangt habe.
17Die Beklagte hat sich weiter auf den Standpunkt gestellt, dass die Versicherungsnehmerin wirksam das Bezugsrecht des Klägers widerrufen habe. Dies sei auch konkludent möglich und ergebe sich aus ihrer Auszahlungsanweisung.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen erstinstanzlichen Vortrags und der von den Parteien vor dem Landgericht gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts Wuppertal vom 25.03.2021 (Bl. 173 ff. GA) und die in den Entscheidungsgründen enthaltenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.
19Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte, weil er bei Beendigung der Versicherung nicht mehr bezugsberechtigt gewesen sei. Vielmehr sei die Versicherungsnehmerin selbst aufgrund ihrer Mitteilung vom 02.04.2016 bezugsberechtigt gewesen, da sie die ursprüngliche und lediglich widerrufliche Bezugsberechtigung des Klägers damit wirksam widerrufen habe. Solches sei rechtlich ohne weiteres und auch konkludent möglich gewesen; insbesondere sei die Erklärung der Versicherungsnehmerin hinreichend deutlich gewesen und habe klar erkennen lassen, in welcher Weise die Bezugsberechtigung geändert werden solle. Denn die Versicherungsnehmerin habe auf Aufforderung der Beklagten unmissverständlich und ausdrücklich angegeben, an wen die Versicherungsleistung ausgezahlt werden solle und dabei entgegen dem ursprünglichen Vertrag vermerkt, dass eine Auszahlung an sie und nicht direkt an den Kläger erfolgen solle; hätte sie eine Auszahlung an den Kläger gewollt, hätte sie dies durch Nennung der Kontoverbindung des Klägers vermerkt. Der Zeitraum seit Abschluss des Vertrages spreche nicht dafür, dass sich die Klägerin bei der Bezugsrechtsänderung keine Gedanken gemacht habe, da sie im Gegenteil dann auf den bestehenden Vertrag, die bestehende Kontoverbindung oder den ehemals Bezugsberechtigten hätte verweisen können. Durch den Hinweis auf etwaige steuerliche Folgen habe der Versicherungsnehmerin auch vor Augen gestanden, dass sie die Wahl gehabt habe, an wen die Leistung ausgezahlt werden solle. Auch das spätere Verhalten der Versicherungsnehmerin spreche für einen Widerruf des Bezugsrechts, da sie das Geld widerspruchslos an sich genommen und behalten habe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Schreiben der Beklagten vom 23.03.2016 und dem Umstand, dass die Versicherungsnehmerin nicht ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass eine andere Kontoverbindung als im Vertrag zugleich eine Änderung der Bezugsberechtigung sei. Denn es stehe der Beklagten aus Gründen der Rechtssicherheit frei, sich vor der Auszahlung zu erkundigen, wohin das Geld fließen solle. Aus der Erklärung der Versicherungsnehmerin sei hinreichend deutlich der Wille zum Ausdruck gekommen, das Bezugsrecht zu ändern. Schutz- oder Informationspflichten gegenüber dem Kläger bestünden nicht. Etwas anderes folge auch nicht aus der Entscheidung des OLG Köln vom 20.12.2000 (5 U 116/00), da eine andere Fallgestaltung zugrunde gelegen habe.
20Mit seiner gegen das landgerichtliche Urteil gerichteten form- und fristgerechten Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen. Wegen der Einzelheiten der Rechtsmittelbegründung wird auf die Berufungsbegründung vom 25.06.2021 (Bl. 205 ff. GA) Bezug genommen.
21Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 25.03.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Wuppertal, Aktenzeichen 4 O 288/20,
22die Beklagte zu verurteilen, an ihn 75.894,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2019 zu zahlen.
23Die Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Auch die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
26II.
27Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat weder Umstände vorgetragen, aus denen sich eine Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt, noch konkrete Anhaltspunkte bezeichnet, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Solche sind auch sonst nicht ersichtlich.
1.
28Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass der Kläger aus der streitgegenständlichen Lebensversicherung nicht mehr bezugsberechtigt war.
a)
29Hinsichtlich der rechtlichen Grundsätze verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, die insoweit vom Kläger auch nicht angegriffen werden.
b)
30Das Landgericht hat diese rechtlichen Grundsätze zutreffend angewandt und die Erklärung der Versicherungsnehmerin vom 02.04.2016 rechtsfehlerfrei ausgelegt. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil. Die Angriffe des Klägers in seiner Berufungsbegründung führen zu keinem anderen Ergebnis.
aa)
31Soweit der Kläger darauf abstellt, dass im Antragsformular vom 26.04.2001 nicht vorgesehen war, ein unwiderrufliches Bezugsrecht zu bestimmen, ändert dies nichts daran, dass es eine solche Möglichkeit gemäß § 10 AVB gab und sie gerade nicht genutzt wurde – aus welchen Gründen auch immer. Der Kläger hatte damit von vorneherein versicherungsvertraglich lediglich eine sehr ungesicherte Rechtsposition und trug das Risiko, dass sein lediglich widerruflich bestehendes Bezugsrecht jederzeit, ohne seine Mitwirkung und auch ohne seine Kenntnis widerrufen wird.
32Daran ändert auch nichts, dass der Versicherungsvertrag im Todesfall der Versicherungsnehmerin auf den Kläger übergehen sollte. Zwar mag die Rechtsposition des Klägers dadurch gestärkt gewesen sein – dies sollte aber offensichtlich erst mit dem Todesfall der Versicherungsnehmerin gelten, während die Versicherungsnehmerin zu Lebzeiten versicherungsvertraglich uneingeschränkt blieb. Gleiches gilt hinsichtlich des Umstands, dass die Versicherungsbeiträge vom Kläger gezahlt wurden. Auch dies ändert nichts daran, dass der Kläger in versicherungsvertraglicher Hinsicht den Handlungen der Versicherungsnehmerin ausgeliefert war, da er sich lediglich ein widerrufliches Bezugsrecht einräumen ließ. Etwaige Folgen im zugrundeliegenden Verhältnis zwischen Versicherungsnehmerin und Kläger sind nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.
33Soweit der Kläger der Auffassung ist, dass die besondere Rechtsnachfolgeregelung nur dann sinnvoll sei, wenn dadurch zugleich die Verfügungsbefugnisse der Versicherungsnehmerin ausgeschlossen seien, ist dies nicht zutreffend: Abgesehen davon, dass – wie ausgeführt – solches gerade nicht vereinbart wurde, obwohl es nach den Bedingungen möglich gewesen wäre, führt die Rechtsnachfolgeregelung nur dazu, dass die Fortsetzung des Versicherungsvertrages nach dem Tod der Versicherungsnehmerin allein vom Willen des Klägers und nicht der Erbengemeinschaft abhängig sein sollte und nach dem Tod der Versicherungsnehmerin allein der Kläger über die Bezugsberechtigung hätte entscheiden können. Dies ist durchaus ein sinnvoller Regelungsgehalt für die Zeit nach dem Tod der Versicherungsnehmerin.
bb)
34An sich zutreffend ist der Hinweis des Klägers darauf, dass im Antragsformular nicht vorgesehen war, eine Kontoverbindung für den bzw. die Bezugsberechtigten anzugeben. Dennoch hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass die Zahlungsanweisung der Versicherungsnehmerin vom 02.04.2016 der ursprünglichen Anweisung im Versicherungsantrag entgegen steht: Während ursprünglich eine Zahlung an den Kläger im Erlebensfall vorgesehen war, hat die Versicherungsnehmerin nunmehr ausdrücklich erklärt, dass die Versicherungsleistung an sie gezahlt werden solle. Der Wortlaut der Erklärung vom 02.04.2016 ist eindeutig und lässt keinen Raum für Zweifel.
35Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Schreiben der Beklagten vom 23.03.2016. Zwar bat die Beklagte mit diesem Schreiben nicht ausdrücklich darum, den oder die Bezugsberechtigten für den Versicherungsfall zu benennen, sondern um Mitteilung einer Bankverbindung. Indes greift die Sichtweise des Klägers zu kurz, dass die Beklagte lediglich um Mitteilung der aktuellen Bankverbindung der Versicherungsnehmerin gebeten habe. Dies war gerade nicht der Fall. Denn es ging der Beklagten um Mitteilung der Bankverbindung ausschließlich für die Auszahlung der Versicherungsleistung, wie sie auch ausdrücklich in dem Schreiben ausgeführt hat. Die Versicherungsnehmerin wusste daher sowohl aufgrund der eindeutigen und ausdrücklichen Formulierung in der Anweisung vom 02.04.2016 als auch aufgrund der ausdrücklichen Bitte im Schreiben vom 23.03.2016, dass sie die Bankverbindung für die Auszahlung der Versicherungsleistung angab. Damit wusste – und wollte – sie, dass die Versicherungsleistung nunmehr an sie selbst und eben nicht an den Kläger ausgezahlt werden würde. Dass die Versicherungsnehmerin zu diesem Zeitpunkt nicht mehr wusste, dass ursprünglich der Kläger bezugsberechtigt war, behauptet der Kläger schon selber nicht. Solches ist hier auch nicht anzunehmen, da es immerhin um einen nicht alltäglichen Vertrag mit einem hohen Finanzvolumen ging. Der Vortrag des Klägers, es widerspreche jeder Lebenserfahrung anzunehmen, dass ein Adressat eines solchen Schreibens vor einer Beantwortung prüft, welche Abreden in Bezug auf das Bezugsrecht getroffen waren, ist nicht zutreffend. Vielmehr ist angesichts der weitreichenden Folgen gerade anzunehmen, dass sich ein Versicherungsnehmer Gedanken macht, wie und an wen die Versicherungsleistung zu erbringen sein wird, wenn er vom Versicherer – wie hier – ausdrücklich mit dieser Frage konfrontiert wird. Ohnehin wäre ein solches positives Änderungsbewusstsein schon nicht erforderlich, da allein der Wille maßgeblich ist, den (nunmehrigen) Bezugsberechtigten ab dem Erklärungszeitpunkt zu bestimmen; der damit gegebenenfalls verbundene gleichzeitige Widerruf des vorbestehenden Bezugsrechts ist dann konkludent zwingend miterklärte Folge dieser Bezugsrechtsbestimmung.
36Ob die Versicherungsnehmerin das Bezugsrecht ohne das Schreiben der Beklagten möglicherweise nicht geändert hätte, steht nicht fest. Vielmehr spricht der Umstand, dass die Versicherungsnehmerin das Geld nicht nur widerspruchslos angenommen, sondern dann auch behalten hat, deutlich dafür, dass sich die Versicherungsnehmerin seinerzeit bewusst und gewollt dafür entschieden hat, die Erlebensfallleistung selber zu vereinnahmen.
cc)
37Entgegen der Auffassung des Klägers ist das unter dem 02.04.2016 unterschriebene Formular eindeutig zu verstehen, und zwar auch im Lichte des Schreibens der Beklagten vom 23.03.2016. Ausdrücklich und eindeutig ist die Rede davon, dass die Auszahlung der Versicherungsleistung bestimmt und dafür die Bankverbindung angegeben wird. Eines besonderen Hinweises darauf, dass die Angabe einer anderen Person als eines ursprünglichen Bezugsberechtigten zugleich den Widerruf einer ursprünglichen Bezugsberechtigung zur Folge hat, bedarf es dafür nicht – dies ist selbstverständlich.
38Demgegenüber ist eine mögliche Steuerpflicht gerade nicht allgemein bekannt, so dass dieser Hinweis nicht irreführend, sondern berechtigt ist; durch diesen Hinweis – und den vorstehenden Hinweis auf die gegebenenfalls erforderliche Angabe von Name und Anschrift eines anderen Empfängers – wird für den Versicherungsnehmer auch deutlich, dass es ohne weiteres möglich ist, andere Personen und entsprechende Bankverbindungen als sich selbst anzugeben. Dagegen spricht auch nicht die vom Kläger angeführte Möglichkeit, eine fremde Person als bloßen Zahlungsempfänger anzugeben, ohne diesen zugleich zum Bezugsberechtigten zu machen. Darum ging es hier gerade nicht, da die Versicherungsnehmerin sich selbst und ihre eigene Bankverbindung angegeben und nach Erhalt der Versicherungsleistung diese behalten hat.
39Die zutreffende Auslegung des Landgerichts hätte auch nicht zu problematischen Ergebnissen geführt, wenn die Versicherungsnehmerin auf das Schreiben der Beklagten vom 23.03.2016 nicht reagiert hätte oder ihre Anweisung vom 02.04.2016 erst nach dem Ablauf der Versicherung bei dieser eingetroffen wäre. In diesem Fall wäre es bei der ursprünglichen Bezugsberechtigung verblieben, die sich dann mit Eintritt des Versicherungsfalls verfestigt hätte.
dd)
40Der Kläger kann auch aus der Entscheidung des OLG Köln vom 20.12.2000 (5 U 116/00; vgl. dazu jüngst OLG Stuttgart, Urteil vom 10. Februar 2022 – 7 U 165/21 –, Rn. 29, juris, m.w.N.) nichts für sich herleiten, da unterschiedliche Sachverhalte betroffen sind. Dort ging es um die Kündigung eines Lebensversicherungsvertrages mit einer damit verbundenen Auszahlungsanweisung für den Rückkaufswert und die damit verbundene Frage, ob damit auch zugleich auch ein Bezugsrecht für einen vor Ablauf der Kündigungsfrist eintretenden Versicherungsfall widerrufen wurde. Hier indes hat die Versicherungsnehmerin ausdrücklich eine Auszahlungsanweisung hinsichtlich der Versicherungsleistung getroffen, und exakt dieser Fall ist dann kurze Zeit später auch eingetreten.
2.
41Soweit der Kläger ferner darauf abstellt, dass die Beklagte ihm gegenüber Schutz- und Informationspflichten verletzt habe, ist schon nicht konkret vorgetragen, welche ihm gegenüber bestehenden Pflichten die Beklagten in welcher Weise verletzt haben soll. Darüber hinaus ist auch nicht dargelegt, welcher Schaden dem Kläger entstanden sein soll: Dazu müsste er zunächst vortragen und gegebenenfalls unter Beweis stellen, dass er keine Ansprüche gegen die Versicherungsnehmerin bzw. ihren Nachlass hat bzw. solche Ansprüche nicht durchsetzbar sind. Ohnehin hat der Kläger der Sache nach mit der Klage keinen Schadensersatzanspruch geltend gemacht, sondern einen primären Erfüllungsanspruch, so dass es auf die Verletzung von Schutz- und Informationspflichten von vorneherein nicht ankommt.
42III.
43Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
44Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
45Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
46Der Streitwert beträgt bis 76.000 Euro.
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Referenzen
- ZPO § 543 Zulassungsrevision 1x
- 4 O 288/20 1x (nicht zugeordnet)
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- 5 U 116/00 2x (nicht zugeordnet)
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