Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 1 Ss OWi 1886/82
Tenor
1.) Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
2.) Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht ... zurückverwiesen.
1
Gründe:
2Das Amtsgericht hat die Betroffene wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 70 Abs. I Ziffer 9 des Landschaftsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 1980 (GVBl.NRW 1980 S. 734) - im folgenden LG genannt - zu einer Geldbuße von 40,- DM verurteilt. Nach seinen Feststellungen ritt die Betroffene am 22. Februar 1982 gegen 14.45 Uhr mit ihrem Pferd, dem das Kennzeichen RE 183 erteilt ist, im Revierteil "..." durch de ... Stadtwald. Sie ritt auf einem Pfad quer durch den Wald, der schon seit längerem - seit Jahrzehnten - als Reitweg benutzt wird, jedoch nicht durch das Zeichen 239 der StVO als Sonderweg für Reiter gekennzeichnet war.
3Das Amtsgericht ist der Ansicht, das Reiten im Walde sei nach § 50 Abs. 2 LG nur noch auf den nach den Vorschriften der StVO als Reitwege gekennzeichneten Privatstraßen und Wegen gestattet. Im übrigen sei das Reiten im Walde nicht gestattet, wobei es unerheblich sei, ob sich der Wald im Eigentum von Privatpersonen oder der öffentlichen Hand befinde. Auch wenn im Bereich der Stadt ... für das Reiten im Walde zur Zeit noch kein ausreichendes Reitwegenetz bestehe, es nämlich mit dem Zeichen 239 der StVO gekennzeichnete Reitwege noch nicht gebe, sei das Reiten im Walde auf Wegen, die nicht durch Zeichen 239 der StVO als Reitwege gekennzeichnet seien, verboten.
4Die Betroffene rügt mit der Rechtsbeschwerde, deren Zulassung sie beantragt hat, die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Rechtsbeschwerde war entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft zuzulassen, da es geboten erschein, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 80 Abs. 1 OWiG).
5Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Während die formelle Rüge mangels Begründung unbeachtlich ist (vgl. §§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. 79 Abs. 3, 80 Abs. 2 OWiG), greift die Sachrüge durch.
6Nach § 70 Abs. 1 Nr. 9 LG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 50 Abs. 1 und 2 LG in der freien Landschaft außerhalb von Wegen oder im Wald außerhalb von Reitwegen oder ohne Zulassung auf anderen Wegen reitet. Nach § 50 Abs. 1 LG ist das Reiten in der freien Landschaft über den Gemeingebrauch an öffentlichen Verkehrsflächen hinaus auf privaten Straßen und Wegen gestattet. Das Reiten im Walde ist dagegen nach § 50 Abs. 2 Satz 1 LG nur auf den nach den Vorschriften der StVO als Reitwege gekennzeichneten privaten Straßen und Wegen gestattet. Die mögliche Ausnahmeregelung nach § 50 Abs. 2 Satz 3 bis 5 LG kann hier außer Betracht bleiben, weil weder aus dem angefochtenen Urteil ersichtlich ist noch von der Rechtsbeschwerde behauptet wird, daß für den ... Stadtwald eine solche Ausnahmeregeluns gelte.
7Aus § 50 Abs. 2 LG ist jedoch nicht, wie es das Amtsgericht anscheinend getan hat, zu folgern, daß im Walde nur auf mit Zeichen 239 der StVO gekennzeichneten Reitwegen geritten werden dürfe. § 50 Abs. 2 Satz 1 LG enthält eine entsprechende Einschränkung lediglich für private Straßen und Wege. Was damit gemeint ist, ergibt sich bereits aus einem Vergleich des § 50 Abs. 2 Satz 1 mit § 50 Abs. 1 LG. § 50 Abs. 1 LG gestattet das Reiten in der freien Landschaft "über den Gemeingebrauch an öffentlichen Verkehrsflächen hinaus" auf privaten Straßen und Wegen. Auch § 50 Abs. 2 Satz 1 LG enthält eine entsprechende Gestattung, die jedoch auf die als Reitwege gekennzeichneten privaten Straßen und Wege im Walde beschränkt ist. Obwohl in § 50 Abs. 2 Satz 1 LG die Worte "über den Gemeingebrauch an öffentlichen Verkehrsflächen hinaus" fehlen, kann auch diese Vorschrift, da sie wie § 50 Abs. 1 LG eine Erlaubnis zum Reiten auf privaten Straßen und Wegen enthält, nur dahin verstanden werden, daß das Recht zur Benutzung öffentlicher Verkehrsflächen - die grundsätzlich auch den Reitern offenstehen - dadurch nicht eingeschränkt werden soll. Dementsprechend bleiben nach § 50 Abs. 3 die Vorschriften des Straßenrechts und des Straßenverkehrsrechts unberührt. "Private Straßen und Wege" im Sinne des § 50 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 LG sind daher Straßen und Wege, die nicht dem öffentlichen Straßenverkehr gewidmet sind oder ihm ohne eine Widmung zur Verfügung stehen. Dagegen kommt es für die Frage, ob eine Straße oder ein Weg öffentlich im Sinne des Verkehrsrechts ist oder ob es sich dabei um eine Privatstraße oder einen Privatweg handelt, auf die Eigentumsverhältnisse nicht entscheidend an. Auch ein im Eigentum einer Privatperson stehender Weg kann öffentlich sein (BGH VRS 22, 185), wie aber andererseits auch im Eigentum der öffentlichen Hand stehende Straßen und Wege "Privat" im Sinne des § 50 Abs. 1 und 2 LG sein, also nicht dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung stehen können.
8Ob es sich bei dem "Pfad", den die Betroffene benutzt hat, um einer öffentlichen oder um einen privaten Weg i.S. des § 50 Abs. 2 Satz 1 LG handelt, hat das Amtsgericht nicht untersucht. Das angefochtene Urteil enthält keine Feststellungen, die es ausgeschlosser erscheinen lassen, daß der Pfad ein öffentlicher Weg ist. Dafür könnte insbesondere sprechen, daß das Amtsgericht davon ausgegangen ist, daß der Pfad seit Jahrzehnten als Reitweg genutzt wird. Ein Weg ist - ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse oder eine verwaltungsrechtliche Widmung i.S. des öffentlichen Wegerechts - öffentlich im Sinne des Verkehrsrechts, wenn er entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann zur Benutzung zugelassen ist und auch so benutzt wird. Der tatsächliche Zugang für die Allgemeinheit genügt allein allerdings nicht als Voraussetzung für die Bewertung eines Weges als eines öffentlichen. Hinzu kommen muß die Zweckbestimmung zum öffentlichen Weg durch den Verfügungsberechtigten, die auch in einer stillschweigenden Duldung einer tatsächlich erfolgenden Benutzung durch die Allgemeinheit erblickt werden kann (BGH VRS 22, 185). Bei nur beschränkter Zulassung öffentlichen Verkehrs ist ein Verkehrsraum auch dann öffentlich im Sinne des Verkehrsrechts, wenn er zu einem nach sachlichen Gesichtspunkten bestimmten Zweck - z.B. zum Gehen, Radfahren oder Reiten - von jedermann benutzt werden darf und dementsprechend benutzt wird (OLG Bremen VRS 28, 24; BayObLG VM 1971, 53, 54). Darauf, ob der Verkehr stark oder schwach ist, kommt es nicht entscheidend an (OLG Bremen a.a.O.).
9Im vorliegenden Fall ist nach den bisherigen Feststellungen des Amtsgerichts - die gegenteilige Erklärung der Stadt ... vom 31.1.1983 kann tatgerichtliche Feststellungen nicht ersetzen - nicht auszuschließen, daß der von der Betroffenen zum Reiten benutzte Pfad seit längerer Zeit entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten - der Stadt ... - als Reitweg für jedermann zur Benutzung zugelassen ist und auch so benutzt wird. Dann wäre der Pfad ein öffentlicher Weg, der jedermann zur Benutzung als Reitweg zur Verfügung stünde, ohne daß es insoweit auf seine Kennzeichnung durch Zeichen 239 der StVO ankäme. Die Kennzeichnung eines Weges durch Zeichen 239 der StVO ist keine Voraussetzung für die Bewertung des Weges als öffentlicher Reitweg. Für öffentliche Wege bedeutet die Kennzeichnung durch Zeichen 239 der StVO nach § 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO vielmehr, daß Reiter die für sie bestimmten Sonderwege benutzen müssen, während andere Verkehrsteilnehmer sie nicht benutzen dürfen, und daß auf den Reitwegen auch Pferde geführt werden dürfen.
10Im Sinne des Landesstraßengesetzes NRW vom 28. November 1961 (SGV. NW 91) könnte der von der Betroffenen benutzte Pfad eine Gemeindestraße im Sinne des § 3 Abs. 4 c oder eine sonstige öffentliche Straße im Sinne des § 3 Abs. 5 LStrG sein. Öffentliche Straßen im Sinne des Landesstraßengesetzes sind nach dessen § 60 Abs. 2 auch diejenigen Straßen, Wege und Plätze, welche nach bisherigem Recht die Eigenschaft einer öffentlichen Straße besaßen. Der Verfügungsberechtigte, der - ohne verwaltungsrechtliche Widmung im Sinne des öffentlichen Wegerechts - die allgemeine Benutzung eines Weges ausdrücklich gestattet oder stillschweigend geduldet hat, kann die Freigabe allerdings jederzeit zurücknehmen. Das muß er jedoch der Allgemeinheit gegenüber deutlich erkennbar und unmißverständlich kundtun (BayObLGSt 1965, 63).
11Da das Amtsgericht keine Feststellungen getroffen hat, aus denen entnommen werden kann, ob die Betroffene am 22. Februar 1982 einen öffentlichen oder einen Privatweg im Sinne des § 50 Abs. 2 LG zum Reiten benutzt hat, mußte das angefochtene Urteil mit den Feststellungen auf die Sachrüge aufgehoben werden. Die Sache war gemäß §§ 354 Abs. 2 StPO, 79 Abs. 6 OWiG zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen, da eine abschließend Entscheidung des Senats ohne entsprechende Feststellungen noch nicht möglich ist. Denn die von der Rechtsbeschwerde gegen die Rechtsverbindlichkeit der §§ 50 ff LG geltend gemachten Bedenken greifen, wie nachstehend dargelegt wird, jedenfalls für den hier gegebenen Fall nicht durch.
12Die Rechtsbeschwerde trägt vor, das Landschaftsgesetz könne als Landesgesetz die bundesrechtliche Verkehrsregelung nicht zuungunsten der Reiter aufheben oder einschränken. Wie vorstehend dargelegt, schränkt § 50 LG jedoch das Recht zur Benutzung öffentlicher Straßen, Wege und Plätze gemäß dem Bundesrecht (insbesondere der Regelung im StVG, der StVO und der StVZO) einschließlich des Grundsatzes der Verkehrsfreiheit (§ 1 StVZO) auch für Reiter nicht ein. Das Landschaftsgesetz enthält keine über das Bundesrecht hinausgehende Reitverbote für öffentliche Verkehrsflächen. Zu der in § 50 Abs. 2 LG enthaltenen Beschränkung des Rechts zum Reiten im Walde auf privaten Straßen und Wegen war der Landesgesetzgeber gemäß §§ 5, 14 Abs. 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 des Bundeswaldgesetzes vom 2. Mai 1975 (BGBl. I S. 1037) ermächtigt. Diese Beschränkung, die dem Schutz der sonstigen Waldbesucher, der Erhaltung des Waldes und den Belangen der Waldbesitzer dient (vgl. dazu § 1 Nr. 3 und § 14 Abs. 2 des Bundeswaldgesetzes), verstößt nicht gegen das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG), welches das Grundgesetz jedermann nicht schrankenlos, sondern u.a. nur zubilligt, "soweit er nicht die Rechte anderer verletzt". Daß die Stadt ... bisher noch keine Privatwege durch Kennzeichnung mit dem Zeichen 239 der StVO als Reitwege ausgewiesen hat, vermag entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ebenfalls nicht darzutun, daß § 50 Abs. 2 LG gegen Art. 2 Abs. 1 GG verstößt. Das Gesetz (§ 50 Abs. 7 LG) sieht vor, daß die Landschaftsbehörden im Zusammenwirken mit den Forstbehörden, den Gemeinden, den Waldbesitzern und den Reiterverbänden für ein ausreichendes und geeignetes Reitwegenetz sorgen. Dadurch, daß das bisher in bestimmten Gebieten noch nicht geschehen ist, kann eine Grundgesetzwidrigkeit der landesgesetzlichen Regelung nicht hergeleitet werden. Die Möglichkeit eines rechts- und verfassungswidrigen Mißbrauches macht die Regelung noch nicht verfassungswidrig; vielmehr ist bei der Auslegung und Würdigung einer Norm davon auszugehen, daß sie in einer freiheitlich-rechtsstaatlichen Demokratie korrekt und fair angewendet wird (BVerfGE 30, 1, 27; BVerfG NStZ 1983, 273, 274). Zudem verbleibt den Reitern das Recht auf Benutzung der öffentlichen Wege im Rahmen des Straßenverkehrsrechts und ist ihnen darüber hinaus das Reiten in der freien Landschaft nach § 50 Abs. 1 LG auch auf privaten Straßen und Wegen gestattet.
13Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 GG) sieht die Rechtsbeschwerde darin, daß anderen Personengruppen nach dem Gesetz die Nutzung des Waldes zur Erholung gestattet werde und diese Nutzung auch tatsächlich möglich sei, den Reitern wegen des Fehlens von Reitwegen in ... jedoch nicht. Davon, daß die Bestimmungen des Landschaftsgesetzes über das Reiten im Walde den Gleichheitsgrundsatz verletzen, kann indessen keine Rede sein. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, weder wesentlich Gleiches willkürlich ungleich, noch wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln (BVerfGE 4, 114, 155; 27, 364, 371 f; 46, 55, 62). Eine unterschiedliche Behandlung der Reiter gegenüber sonstigen Erholungssuchenden ist schon deshalb gerechtfertigt, weil das Reiten eine qualitativ andere Benutzungsart darstellt als etwa das Gehen, Wandern und Radfahren. Die Reiter im Walde weitgehend auf Reitwege zu verweisen, dient zudem außer z.B. der Vermeidung erheblicher Schäden und dem Schutz der übrigen Waldbesucher (vgl. § 14 Abs. 2 des Bundeswaldgesetzes) auch dem Interesse der Reiter und ihrer Pferde und ist deshalb alles andere als willkürlich.
14Die Betroffene sieht in der "Schaffung von Reitwegen" mit der Ausschilderung nach Nr. 239 StVO im Walde, der im Privateigentum steht und darin, daß "der Grundstückseigentümer seinen Wald nicht mehr mit Freunden bereiten darf, soweit nicht ein Schild nach Nr. 239 StVO aufgestellt ist", Verstöße gegen Art. 14 GG. Ob die Bestimmungen des Landschaftsgesetzes über das Reiten im Walde zu entsprechenden Verletzungen des Eigentumsrechts der privaten Waldbesitzer führen können, ist jedoch für den vorliegenden Fall unerheblich. Die Betroffene hat einen Pfad im Stadtwald von ... benutzt. Sie ist weder Eigentümerin dieses Pfades noch steht dieser überhaupt im Eigentum einer Privatperson. Die behaupteten Grundrechtsverletzungen können sich auf die der Betroffenen zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit nicht auswirken.
15Dasselbe gilt für den mit der Rechtsbeschwerde geltend gemachten angeblichen Verstoß gegen Art. 12 GG, den die Betroffene darin sieht, daß eine Reihe von Waldbesitzern, die im Rahmen ihres Berufs das Reiten auf von ihnen selbst in ihrem eigenen Walde angelegten Reitwegen gegen Entgelt gestattet hätten, dies nach dem Landschafts gesetz nicht mehr tun dürften, wenn sich die Behörde nicht bereit finde, eine Ausschilderung nach Nr. 239 StVO vorzunehmen.
16Schließlich macht die Betroffene geltend, obwohl die Stadt ... bislang nicht einen einzigen Meter Reitweg ausgewiesen habe, kassiert sie von den Reitern die jährliche Reitabgabe für die Benutzung dieser Wege, die es gar nicht gebe. Die Reitabgabe sei nach dem Gesetz zweckgebunden zu verwenden und werde von den einzelnen Gemeinden dem Regierungspräsidenten zugeführt, der diese Abgabe zur Ausbesserung der Wege und zur Beseitigung der Schäden, die durch das Reiten entstanden seien, ausschütte. Von den dazu zur Verfügung stehenden Beträgen habe die Stadt ... bisher noch nicht eine Mark abzurufen vermocht, da es diese Wege in Dortmund nicht gebe. Die Reitabgabe solle, so trägt die Betroffene vor, eine Gebühr darstellen. Der Begriff der Gebühr beinhalte zwangsläufig als Element die Gegenleistung. Eine Gegenleistung werde von der Stadt ... aber nicht erbracht. Nach der Definition der öffentlichen Abgaben stellt eine Abgabe ohne jede Gegenleistung eine Steuer dar. Zur Einführung einer Reitsteuer sei aber weder der Landesgesetzgeber Doch die Gemeinde berechtigt. Auch insoweit seien die §§ 49 ff LG verfassungswidrig. - Ob und gegebenenfalls inwieweit diesen Überlegungen zu folgen ist, braucht der Senat indessen ebenfalls nicht zu prüfen und zu erörtern. Denn die von der Betroffenen dargelegten Erwägungen betreffen lediglich die Rechtmäßigkeit der nach § 51 LG zu erhebenden Reitabgabe, die allerdings für die Unterhaltung von Reitwegen und für Ersatzleistungen nach § 53 Abs. 3 LG zweckgebunden ist. Ob daraus hergeleitet werden kann, daß die zweckentsprechende Verwendung auch gebietsweise entsprechend der Höhe der abgeführten Reitabgabe zu erfolgen hat, erscheint indessen - ohne daß es darauf im vorliegenden Fall ankäme - zumindest zweifelhaft.
17Für die neue Entscheidung des Amtsgerichts weist der Senat noch auf folgendes hin:
18Die §§ 50 ff LG stehen allerdings im Abschnitt VII des Gesetzes, der die amtliche Überschrift "Erholung in der freien Landschaft" aufweist. Das bedeutet jedoch nicht, wie die Rechtsbeschwerde anzunehmen scheint, daß das Reiten im Walde auf privaten Straßen und Wegen der einschränkenden Vorschrift des § 50 Abs. 2 LG nicht unterliegt, wenn es zu anderen als zu Erholungszwecken erfolgt. Vielmehr darf nach § 50 Abs. 6 LG die Befugnis zum Reiten auf privaten Straßen und Wegen nach § 50 Abs. 1 und 2 LG (d.h. in der freien Landschaft und im Walde) nur zu Zwecken der Erholung ausgeübt werden. Das bedeutet, daß die nicht dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen und Wege sowohl in der freien Landschaft als auch im Walde - letzte mit der in § 50 Abs. 2 LG enthaltenen Einschränkung - zum Reiten nicht zu anderen Zwecken als denen der Erholung benutzt werden dürfen. Reiten zu anderen als Erholungszwecken ist also nicht in einem größeren, sondern in einem erheblich geringeren Umfang zulässig als das Erholungszwecken dienende Reiten.
19Sollte festgestellt werden können, daß die Betroffene einen nicht dem öffentlichen Verkehr dienenden Weg zum Reiten benutzt hat, kommt es für das Verschulden der Betroffenen möglicherweise auf den von ihr - nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils unwiderlegt - behaupteten Tatbestands - (Annahme, durch einen im Privateigentum stehenden Wald zu reiten) und Verbotsirrtum (Annahme aufgrund der Erlaubnis des Waldeigentümers auf dem Weg reiten zu dürfen) an. Soweit dabei die Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums (§ 11 Abs. 2 OWiG) in Frage steht, wird das Amtsgericht berücksichtigen müssen, daß die Vorschriften des Landschaftsgesetzes über das Reiten in der freien Landschaft und im Walde durch das Gesetz vom 6. Mai 1980 (GV NW S. 498) mit Wirkung vom 1. Januar 1981 abgeändert worden sind und in der heute geltenden Fassung nicht bereits seit dem 1. April 1975 gelten.
20Die Entscheidung entspricht im Ergebnis, jedoch nicht in allen Teilen der Begründung, der Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft.
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