Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 32 SA 64/15
Tenor
Als zuständiges Gericht wird das Landgericht G bestimmt.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin begehrt Franchisegebühren in Höhe von 16.660 €. Der Forderung liegt nach dem Vortrag der Klägerin folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte zu 1, eine in T geschäftsansässige GmbH & Co KG, habe einen Franchisevertrag mit ihr geschlossen und sei Franchisegebühren für mehrere Monate schuldig geblieben. Der in I (gelegen im Bezirk des LG M) wohnhafte Beklagte zu 2., der Geschäftsführer der Verwaltungs-GmbH der Beklagten zu 1., habe sich in einer Schuldbeitrittsvereinbarung verpflichtet, persönlich und gesamtschuldnerisch neben der Beklagten zu 1. für die Verpflichtung aus dem Franchisevertrag einzustehen.
4Die Klägerin hat zunächst im Mahnverfahren Ansprüche in Höhe von gut 34.000 € „wegen Miete für Geschäftsräume“ verfolgt. Hiervon war nach dem Vortrag der Klägerin der nunmehr streitgegenständliche Anspruch aus Franchisevertrag umfasst. Beide Beklagten haben jeweils nach Zustellung eines Mahnbescheids Widerspruch eingelegt. Als Prozessgericht, an das das Verfahren im Falle eines Widerspruchs abzugeben ist, hat die Klägerin in den Mahnanträgen jeweils das Landgericht T benannt. Entsprechend wurden die Verfahren vom Mahngericht an das Landgericht T abgegeben. Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Benennung des Landgerichts T im Mahnantrag erfolgt sei, weil der Mahnantrag im Wesentlichen Mietzinsforderungen betroffen habe. Diese würden aber nicht weiter verfolgt, nachdem sie festgestellt habe, dass der ihr zur Verfügung stehende notarielle „Räumungsvollstreckungstitel“ auch eine Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung betreffend die Mietforderungen enthalte.
5Die Klägerin beantragt, das Landgericht M, hilfsweise das Landgericht G oder das Landgericht T als das zuständige Gericht zu bestimmen. Eine Zuständigkeit des Landgerichts M begründet sie damit, dass die Verwaltungs-GmbH der Beklagten zu 1. und der Beklagte zu 2. jeweils ihren Sitz in dem zum dortigen Bezirk gehörenden I haben. Für das Landgericht G spreche, dass die Klägerin und die Beklagte zu 1. diesen Gerichtsstand im Franchisevertrag vereinbart hätten und der Beklagte zu 2., der bei dem Schuldbeitritt nicht als Verbraucher aufgetreten sei, dieser Schuld beigetreten sei. Die Beklagten haben im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren keine Stellungnahme abgegeben.
6II.
7Das Oberlandesgericht Hamm ist für die gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zuständig, da das im Verhältnis zu den Landgerichten T, M und G zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof wäre und das im hiesigen Bezirk gelegene Landgericht T zuerst mit der Sache befasst war.
8Der Zuständigkeitsbestimmung steht nicht entgegen, dass der Rechtsstreit bereits rechtshängig ist. § 36 Abs.1 Nr. 3 ZPO kann auch noch nach einer Klageerhebung angewendet werden, auch wenn im anhängigen Rechtsstreit bereits der Einwand der fehlenden Zuständigkeit für einen Streitgenossen erhoben worden ist. Die Bestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beruht auf Zweckmäßigkeitserwägungen. Es kann im Interesse der Parteien liegen, auch noch nach Klageerhebung ein für alle Beklagten zuständiges Gericht zu bestimmen, um die Entscheidung des Rechtsstreits durch ein einziges Gericht herbeizuführen. Dass diese Zweckmäßigkeitserwägungen zurücktreten müssten, weil aufgrund des Prozessstands die Bestimmung eines anderen als des mit der Klageerhebung angerufenen Gerichts aus Gründen der Prozessökonomie praktisch ausscheidet, wie dies in der Regel bei einer bereits durchgeführten Beweisaufnahme angenommen wird, ist vorliegend nicht ersichtlich (vgl. zum ganzen: Zöller/Vollkommer, 31. Aufl., 2016, § 36 ZPO Rn. 16; Senat, Beschl. v. 13.02.2012 - 32 SA 5/12 – zitiert nach juris, dort Tz. 6).
9Die Beklagten haben keinen gemeinsamen allgemeinen Gerichtsstand; der Sitz der Beklagten zu 1. liegt im Bezirk des Landgerichts T, der des Beklagten zu 2. im Bezirk des Landgerichts M. Auf den Sitz der Verwaltungs-GmbH der Beklagten zu 1. kommt es hierbei nicht an.
10Es ist auch kein anderweitiger gemeinsamer Gerichtsstand für das Klagebegehren zuverlässig zu bestimmen. Insbesondere besteht kein gemeinsamer Erfüllungsort. Die Forderung gegen die Beklagte zu 1. aus dem Franchisevertrag ist nach der Gerichtsstandsvereinbarung in G zu erfüllen, die Schuld aus der Schuldbeitrittsvereinbarung am Wohnsitz des Beklagten zu 2. Auch kann dem Schuldbeitritt keine Vereinbarung eines Erfüllungsorts oder gar eine Gerichtsstandsvereinbarung mit dem Beklagten zu 2. entnommen werden. Der Beklagte zu 2. hat sich hier lediglich zur finanziellen Leistung in Höhe der Schuld der Beklagten zu 1. verpflichtet. Für mehr bietet bereits der schlichte Wortlaut der Verpflichtung, „jeweils persönlich und gesamtschuldnerisch neben der GmbH & Co KG für die Verpflichtungen aus den oben genannten Vertragsverhältnissen zu haften und einzustehen“, keinerlei Anhaltspunkt. Auf die weitere Voraussetzung einer wirksamen Gerichtsstandsbegründung gem. §§ 29 Abs. 2, 38 Abs. 2 ZPO, dass der Beklagte zu 2. beim Schuldbeitritt als Kaufmann hätte handeln müssen, kommt es nicht mehr an.
11Einer Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO steht hier ausnahmsweise auch nicht entgegen, dass die Klägerin in dem Mahnantrag gegen die im Bezirk des Landgerichts T ansässige Beklagte zu 1. als Prozessgericht das Landgericht T angegeben hat. Hierin liegt ausnahmsweise keine bindende Gerichtsstandswahl gem. § 35 ZPO. Zumindest für den nunmehr noch geltend gemachten Anspruch aus dem Franchisevertrag bzw. den insoweit erfolgten Schuldbeitritt besteht für beide Beklagte kein Gerichtsstand in T und bestand damit auch kein eine Zuständigkeit des Landgerichts T umfassendes Wahlrecht. Vielmehr war und ist für die Klage gegen die Beklagte zu 1. das Landgericht G aufgrund der Vereinbarung eines entsprechenden ausschließlichen Gerichtsstands für alle Streitigkeiten aus dem Franchisevertrag zuständig. Das Landgericht M ist für die Klage gegen den Beklagten zu 2. zuständig, da im dortigen Bezirk sein allgemeiner Gerichtsstand liegt.
12Die Beklagten sind nach dem zugrunde zu legenden Vortrag der Klägerin zumindest einfache Streitgenossen gemäß §§ 59, 60 ZPO.
13Als zuständiges Gericht wird das Landgericht G bestimmt. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auf der Grundlage von Erwägungen der Zweckmäßigkeit und Prozesswirtschaftlichkeit. Entsprechend den obigen Ausführungen ist die Wahl zwischen dem Landgericht G (zuständig für die Klage gegen die Beklagte zu 1.) und dem Landgericht M (zuständig für die Klage gegen den Beklagten zu 2.) zu treffen.
14In der Entscheidung, welches dieser beiden Gerichte für zuständig erklärt wird, hat sich der Senat insbesondere davon leiten lassen, dass die Ansprüche aus dem Franchisevertrag die Hauptforderung darstellen und damit den Rechtsstreit prägen. Auch ist nicht zu erkennen, dass für den Beklagten zu 2. eine Prozessführung vor dem Landgericht G nicht zumutbar wäre. Dies gilt nicht nur wegen der räumlichen Nähe zwischen I und G, sondern auch wegen seiner Geschäftsführerstellung in der Komplementär-GmbH der Beklagten zu 1., die den ausschließlichen Gerichtsstand in G vereinbart hat.
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Referenzen
- ZPO § 29 Besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsorts 1x
- Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 32 SA 5/12 1x
- ZPO § 38 Zugelassene Gerichtsstandsvereinbarung 1x
- ZPO § 60 Streitgenossenschaft bei Gleichartigkeit der Ansprüche 1x
- ZPO § 36 Gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit 4x
- ZPO § 59 Streitgenossenschaft bei Rechtsgemeinschaft oder Identität des Grundes 1x