Hinweisschreiben vom Oberlandesgericht Hamm - 31 U 7/16
Tenor
Es handelt sich um ein Hinweisschreiben.
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werden die Kläger darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Siegen vom 11.12.2015 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO, und dass auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 ZPO gegeben sind.
2I.
3Die Parteien streiten darüber, ob die Kläger ihre auf den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages vom 15./17.10.2011 gerichteten Willenserklärungen mit Schreiben vom 09.12.2014 wirksam widerrufen haben. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands und der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
4Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und mit näherer Begründung ausgeführt, der Widerruf sei verfristet, denn die Widerrufsbelehrung der Beklagten habe sämtliche Pflichtangaben gem. Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB enthalten, den Wortlaut der damals gültigen Musterwiderrufsbelehrung gewahrt und mithin die Widerrufsfrist in Lauf gesetzt.
5Mit der dagegen gerichteten Berufung verfolgen die Kläger ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Sie rügen, das Landgericht habe die Widerrufsbelehrung unzutreffend für ordnungsgemäß gehalten.
6Die Widerrufsbelehrung genieße nicht die Gesetzlichkeitsfiktion, weil sie nicht hervorgehoben und deutlich gestaltet sei.
7Zudem heiße es in der Widerrufsbelehrung zu den Widerrufsfolgen u.a.: „Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens für das Unterkonto Nr. #1 pro Tag ein Zinsbetrag i.H.v. 5,32 € zu zahlen.“ Das decke sich nicht mit der Musterwiderrufsbelehrung und sei verwirrend und unverständlich. Es entziehe sich der Kenntnis der Kläger, was unter „Unterkonto Nr. #1“ zu verstehen sei.
8Die Widerrufsbelehrung sei auch deshalb fehlerhaft, weil sie den Fristbeginn für die Widerrufsfrist nicht eindeutig beschreibe. Es seien nämlich nur teilweise die notwendigen Pflichtangaben aufgeführt, welche der Darlehensnehmer erhalten haben müsse, damit die Widerrufsfrist beginne.
9Die Kläger beantragen, unter Abänderung des am 11.12.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Siegen, Az. 2 O 243/15, wie folgt zu erkennen:
10Es wird festgestellt, dass sich der Darlehensvertrag der Prozessparteien vom 15.10./17.10.2011 (Kontonummer xxx) durch die Widerrufserklärung der Kläger vom 09.12.2014 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
12II.
13Die Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zutreffend abgewiesen. Der im Jahr 2014 erklärte Widerruf hat die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. nicht gewahrt. Das Widerrufsrecht der Kläger wäre nach § 355 Abs. 4 Satz 3 BGB a.F. nur dann nicht erloschen, wenn die Kläger über ihr Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt worden wären. Die Kläger sind jedoch ordnungsgemäß belehrt worden. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung genügt den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB in der vom 04.08.2011 bis 12.06.2014 gültigen und mithin vorliegend maßgeblichen Fassung. Die insoweit gegen das landgerichtliche Urteil gerichteten Berufungsangriffe haben keinen Erfolg.
141.
15Die Widerrufsbelehrung ist zunächst nicht deshalb unzureichend, weil sie aus dem weiteren Vertragstext nicht deutlich hervorgehoben ist. Der BGH hat mit Urteilen vom 23.02.2016 (XI ZR 549/14 und XI ZR 101/15) entschieden, dass jedenfalls seit dem 11.06.2010 keine Pflicht zur Hervorhebung der in einen Verbraucherdarlehensvertrag aufzunehmenden Pflichtangaben zum Widerrufsrecht besteht.
162.
17Inhaltliche Unrichtigkeiten weist die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung nicht auf.
18a.
19Der Senat ist wie das OLG Düsseldorf (BeckRS 2015, 11627) der Ansicht, dass die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist nicht deshalb unzureichend ist, weil in der Widerrufsbelehrung nicht sämtliche Pflichtangaben benannt sind, die dem Darlehensnehmer nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Artikel 247 §§ 6 bis 13 EGBGB erteilt werden müssen.
20Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung entspricht im hier maßgeblichen Punkt der Musterwiderrufsinformation, in der im Zusammenhang mit der Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist ebenfalls nicht sämtliche Pflichtangaben aufgeführt sind. Vielmehr benennt die Musterwiderrufsinformation exemplarisch ebenfalls nur die drei auch vorliegend aufgeführten Punkte, nämlich die Angabe zur Art des Darlehens, die Angabe zum Nettodarlehensbetrag und die Angabe zur Vertragslaufzeit.
21Auch § 495 Abs. 2 BGB a.F. und Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB lässt sich nichts dafür entnehmen, dass die Widerrufsbelehrung im Zusammenhang mit der Erläuterung des Beginns der Widerrufsfrist nochmals alle Pflichtangaben aufführen muss, die im Vertrag ohnehin enthalten sein müssen. Würden all diese Pflichtangaben in der Widerrufsbelehrung erneut aufgeführt, würden der Vertrag und die Widerrufsbelehrung nicht verständlicher, sondern im Gegenteil weniger verständlich.
22b.
23Die Widerrufsbelehrung ist auch nicht deshalb fehlerhaft oder unklar, weil sie unter der Rubrik Widerrufsfolgen den Verweis auf das Unterkonto Nr. #1 enthält. Auf Seite 1 des Darlehensvertrages ist unter der Rubrik Darlehensdaten klar und eindeutig ausgewiesen, dass dem streitgegenständlichen Darlehen die Unterkonto-Nr. #1 zugewiesen ist. Missverständnisse sind insoweit ausgeschlossen.
24III.
25Die Kläger erhalten Gelegenheit, zu dem Hinweis bis zum 29.03.2016 Stellung zu nehmen und mitzuteilen, ob die Berufung weiter aufrechterhalten oder aus Kostengründen zurückgenommen wird.
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Referenzen
- § 6 Abs. 2 EGBGB 2x (nicht zugeordnet)
- BGB § 355 Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen 2x
- 2 O 243/15 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 495 Widerrufsrecht; Bedenkzeit 1x
- § 6 Abs. 1 EGBGB 1x (nicht zugeordnet)
- XI ZR 549/14 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 6 bis 13 EGBGB 8x (nicht zugeordnet)
- BGB § 492 Schriftform, Vertragsinhalt 1x
- ZPO § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss 1x
- XI ZR 101/15 1x (nicht zugeordnet)