Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 2 Ws 58/20
Tenor
1.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
2.
Das Urteil des Strafgerichts Kirkuk vom 10.06.2014 (Nr. 113/C/2014 und 112/J/2014) wird für vollstreckbar erklärt.
Die mit diesem ausländischen Erkenntnis verhängte Todesstrafe, die mit Präsidialnote / Regionalbeschluss Nr. 252 vom 07.12.2015 in eine „lebenslange“
(= zwanzigjährige) Haftstrafe umgewandelt und durch Generalamnestiegesetz
Nr. 4/2017 auf 14 Jahre herabgesetzt worden ist, wird in eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren umgewandelt.
Auf diese Freiheitsstrafe wird der Teil der Sanktion, der im Irak bereits gegen den Verurteilten vollstreckt worden ist, angerechnet.
3.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Verurteilten trägt die Staatskasse, §§ 77 IRG, 467 StPO.
1
Gründe:
2I.
3Der Verurteilte ersucht um die Übernahme der Vollstreckung eines irakischen Erkenntnisses.
4Der Beschwerdeführer ist mit Urteil des Strafgerichts Kirkuk vom 10.06.2014 (Nr. 113/C/2014 und 112/J/2014) für schuldig befunden worden, zwei Menschen getötet und versucht zu haben, drei weitere Menschen zu töten. Er ist für diese Taten- deren nähere Umstände werden in dem schriftlichen Urteil nicht ausgeführt - zum Tode durch Erhängen verurteilt worden. Mit Präsidialnote / Regionalbeschluss Nr. 252 vom 07.12.2015 ist die mit Urteil des Strafgerichts Kirkuk vom 10.06.2014 verhängte Strafe gemildert und auf eine lebenslange Freiheitsstrafe erkannt worden.
5Der Verurteilte befand sich in vorliegender Sache vom 11.06.2013 bis zum 09.06.2014 in Untersuchungshaft und verbüßt seit dem 10.06.2014 in dieser Sache Strafhaft im Territorium L der Republik Irak.
6Mit Schreiben vom 09.03.2016 hat der Verurteilte beantragt, die weitere Strafe in Deutschland zu vollstrecken. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass seine gesamte Familie - bis auf ein Kind, welches im Irak sei - in Deutschland lebe und er sich ebenfalls zuvor 19 Jahre in Deutschland aufgehalten habe.
7Am 25.07.2018 hat der Verurteilte zu Protokoll einer gemäß § 19 Abs. 1 des Konsulatsgesetzes ermächtigten Konsularbeamtin bei dem Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland Erbil einen Antrag gemäß § 54 a Abs. 2 IRG gestellt.
8Gleichzeitig hat der Verurteilte seine Zustimmung zur Vollstreckung der Strafe in Deutschland nach § 49 Abs. 2 IRG erklärt.
9Das Auswärtige Amt hat auf dem dafür vorgesehenen Geschäftsweg zwei unterschiedliche Ausfertigungen des Urteils des Strafgerichts Kirkuk vom 10.06.2014 mit den Aktenzeichen 112/J/2014 und 113/C/2014 bzw. 113/J/2014 übermittelt (Bl 87ff und 208ff d.A.).
10Hinsichtlich des konkreten Inhalts dieser Urteile wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen vom 30.01.2020 Bezug genommen.
11Da beide Urteilsfassungen des Strafgerichts Kirkuk jeweils keine Gründe - insbesondere keine Darstellung der konkreten Tatumstände hinsichtlich der dem Verurteilten zur Last gelegten Taten - enthalten und die Staatsanwaltschaft Hagen diesbezüglich die irakischen Behörden um weitere Konkretisierung gebeten hatte, hat das Bundesamt für Justiz mit Schreiben vom 15.11.2018 mitgeteilt, dass nach Auskunft des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland Erbil Form und (knapper) Inhalt des Urteils ortsüblich seien und es ausführlichere Ausfertigungen nicht gebe. Es sei auch zweifelhaft, ob das irakische Gericht nachträglich eine Bescheinigung über die Urteilsgründe oder Ähnliches ausstellen würde.
12Das Auswärtige Amt hat mit an das Bundesamt für Justiz gerichteter E-Mail vom 04.10.2019 im Einvernehmen mit dem Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland Erbil ebenfalls erhebliche Zweifel geäußert, ob von der irakischen Seite nähere Informationen zu einem ausführlicheren Lebenssachverhalt zur Tat oder Urteilsgründe zu erhalten seien. Es werde vielmehr davon ausgegangen, dass bereits alle existierenden Unterlagen übersandt worden seien.
13Das Auswärtige Amt hat zudem mitgeteilt, dass sich hinsichtlich eines möglichen Entlassungszeitpunktes des Verurteilten aus den Akten Folgendes ergebe:
14Die mit Präsidialnote vom 07.12.2015 in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelte Todesstrafe entspreche einer Haftdauer von 20 Jahren. Diese Strafe könne im Wege der „bedingten Entlassung“ um fünf Jahre verkürzt werden. Mit Schreiben vom 15.02.2018 habe die Kommission zur Durchführung des Generalsamnestiegesetzes Nr. 4 aus dem Jahr 2017 dem Generalkonsulat mitgeteilt, dass die Strafe des Verurteilten aufgrund der Generalamnestie Nr. 4/2017 um 30 % (was sechs Jahren entspreche) verkürzt worden sei. Dem Generalkonsulat Erbil liege ein Schreiben des kurdischen Ministeriums für soziale Angelegenheiten – Generaldirektion für Gefängnisse Nr. 911 - vom 22.02.2018 vor, in dem bestätigt werde, dass die Strafe des Verurteilten nunmehr nur noch neun Jahre betrage und er am 11.06.2022 mit Bedingungen entlassen werden könne.
15Nach einem entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft Hagen und nach schriftlicher Anhörung des Verurteilten hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen mit Beschluss vom 30.01.2020 das Urteil des Strafgerichts Kirkuk vom 10.06.2014 für in der Bundesrepublik Deutschland nicht vollstreckbar erklärt. Zur Begründung ist mit näheren Erwägungen ausgeführt worden, dass kein vollständiges, rechtskräftiges und vollstreckbares Erkenntnis gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 1 IRG vorliege.
16Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seines Beistandes vom
1713.02.2020 rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt und diese mit weiterem Schriftsatz seines Beistandes vom 26.03.2020 näher begründet. Weitere Ausführungen sind mit Schriftsatz des Beistandes vom 18.05.2020 erfolgt.
18Der Senat hat mit Beschluss vom 26.05.2020 die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zurückgestellt und zur Begründung ausgeführt, dass dem Verurteilten vor einer abschließenden Entscheidung die Möglichkeit zu geben sei, nach entsprechender Belehrung durch einen zur Beurkundung von Willenserklärungen ermächtigten Berufskonsularbeamten einen Antrag gemäß § 49 Abs. 3 IRG zu stellen.
19Auf eine Eingabe des Verfolgten mit Schriftsatz seines Beistandes vom 04.08.2020, welche dahin auszulegen war, dass eine abschließende Entscheidung über seine sofortige Beschwerde vom 13.02.2020 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen vom 30.01.2020 nach derzeitiger Aktenlage in Gestalt einer Vollstreckbarerklärung nach § 54 Abs. 1 IRG begehrt wurde, hat der Senat mit Beschluss vom 01.09.2020 festgestellt, dass die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zurückgestellt bleibt.
20Mit E-Mail vom 19.01.2021 hat der Beistand des Verurteilten der Generalstaatsanwaltschaft Hamm eine Ausfertigung einer von einer gemäß § 19 Abs. 1 des Konsulatsgesetzes ermächtigten Konsularbeamtin bei dem Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland Erbil beurkundeten Willenserklärung des Verurteilten vom 15.12.2020 übermittelt, mit der dieser eine Vollstreckung des ausländischen Urteils im Inland gemäß § 49 Abs. 3 IRG beantragt.
21Die Generalstaatsanwaltschaft hat daraufhin mit Zuschrift vom 03.02.2021 beantragt, den Beschluss des Landgerichts Hagen vom 30.01.2020 aufzuheben, das Urteil des Strafgerichts Kirkuk vom 10.06.2014 für vollstreckbar zu erklären, die ausländische Sanktion in eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren umzuwandeln sowie festzustellen, dass auf die Strafe der Teil der Sanktion, der im Irak bereits vollstreckt worden ist, angerechnet wird.
22Mit Verfügung vom 15.02.2021 hat die Generalstaatsanwaltschaft das Original der vorgenannten beurkundeten Willenserklärung vom 15.12.2020 zu den Akten gereicht.
23II.
24Die gemäß 55 Abs. 2 S. 1 IRG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Verurteilten ist begründet.
25Der Vollstreckungshilfeverkehr mit dem Irak richtet sich nach den §§ 48 ff IRG.
26Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 IRG für eine Übernahme der Vollstreckung aus dem Urteil des Strafgerichts Kirkuk vom 10.06.2014 liegen vor. Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 2-5 IRG sind nicht zu prüfen, da ein formgerechter Antrag gemäß § 49 Abs. 3 IRG vorliegt.
27Es liegt ein rechtskräftiges, vollstreckbares und insbesondere auch vollständiges Erkenntnis gemäß § 49 Abs.1 Nr. 1 IRG vor. Vollständig besagt, dass nicht nur der Tenor, sondern die gesamte ausländische Entscheidung vorliegen muss. Angesichts der von Staat zu Staat erheblich variierenden Ansprüche an die Darlegung in einem Erkenntnis ist jedoch im Gesetz bewusst darauf verzichtet worden, näher zu definieren, was in einem ausländischen Erkenntnis mindestens enthalten sein muss (vgl. Schomburg/Lagodny- Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 6. Aufl., § 49 Rz 11).
28Das von dem Auswärtigen Amt über das Bundesamt für Justiz übermittelte Urteil des Strafgerichts Kirkuk vom 10.06.2014 mit dem Aktenzeichen 113/C/2014 (Bl 208, 209 d.A.), welches im Auftrag der Strafvollstreckungskammer nochmals vollständig übersetzt worden ist, enthält neben den Namen der erkennenden Richter und den Namen der Angeklagten und ihrer Verteidiger in Kurzform die Beschreibung der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Taten (Tötung zweier namentlich benannter Personen sowie versuchte Tötung von drei weiteren namentlich benannten Personen gemäß § 406 in Verbindung mit §§ 47,48 und 49 des irakischen Strafgesetzbuches – ausweislich des Urteils „festgestellt nach einer ausreichenden und überzeugenden Beweislage“ - ), eine Einziehungsentscheidung hinsichtlich der Patronenhülsen, Anordnungen hinsichtlich der Mitangeklagten und hinsichtlich des Angeklagten schließlich eine Unterrichtung, dass das Urteil dem Kassationsgericht zur Überprüfung vorgelegt wird. Das Urteil enthält unter jeder der beiden Seiten die Unterschrift der drei erkennenden Richter. Damit enthält dieses Urteil mehr als lediglich den Tenor, sondern vielmehr – wenn auch in sehr knapper Form – die wesentlichen Bestandteile eines Urteils. Auch wenn das Urteil insbesondere eine konkrete Darstellung der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Taten nach Tatzeit, Tatort und detaillierter Begehungsweise vermissen lässt, so hindert dies vorliegend nicht, das Urteil als vollständig im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 1 IRG anzusehen. Nach Mitteilung des Generalkonsulats Erbil sind derartige knappe Urteilsinhalte ortsüblich und detailliertere Ausführungen gebe es nicht. Das Urteil enthält jedoch keine Festlegung des Strafmaßes. Dieses wiederum ist in dem von dem Auswärtigen Amt auf dem vorgesehen Geschäftsweg übermittelten Urteil des Strafgerichts Kirkuk mit dem Aktenzeichen 112/J/2014 (Bl 87 d.A.) enthalten. Darin ist neben der Anordnung von Entschädigungszahlungen durch den Beschwerdeführer das Strafmaß – Tod durch Erhängen gem. § 406 -1-Z und §§ 47/48/49 des irakischen Strafgesetzbuches - festgelegt worden. Der Umstand, dass Schuldspruch und Strafmaß in zwei verschiedenen Urteilen enthalten sind, entspricht – wie auch der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seines Beistandes vom 18.05.2020 ausgeführt hat – Art. 223 b der irakischen Strafprozessordnung; Form und Inhalt der beiden Urteile entsprechen darüber hinaus Art. 224 der irakischen Strafprozessordnung; so ist insbesondere das Urteil auf jeder Seite unten von den beteiligten Richtern unterzeichnet. Der Umstand, dass die beiden Urteile unterschiedliche Aktenzeichen enthalten, lässt sich durch Übersetzungsungenauigkeiten oder dadurch erklären, dass für jedes Urteil jeweils ein neues Aktenzeichen üblich ist.
29Soweit sich in den Akten auch noch eine weitere, vom Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland Erbil gefertigte Übersetzung des Urteils (Original Bl 208, 209; Übersetzung Bl 211) befindet, ist dieses offensichtlich nicht vollständig übersetzt worden und insoweit auf die von der Strafvollstreckungskammer in Auftrag gegebene Übersetzung des Urteils (Original Bl 208, 209 d.A.) abzustellen.
30Das Urteil des Strafgerichts Kirkuk vom 10.06.2014 enthält zwar keine nähere Beschreibung der Tatumstände und keine näher dargelegte Beweiswürdigung. Auch liegen keine Erkenntnisse über den Verfahrensgang vor, so dass dem Senat insbesondere die Prüfung der Einhaltung der verfahrensrechtlichen Mindeststandards gemäß § 49 Abs.1 Nr. 2 IRG und das Vorliegen der beiderseitigen Sanktionierbarkeit gemäß § 49 Abs.1 Nr. 3 IRG verwehrt ist.
31Dies führt vorliegend jedoch nicht zur Unzulässigkeit der Vollstreckungsübernahme. Eine Prüfung der Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 IRG ist vorliegend aber entbehrlich, da der Verurteilte am 15.12.2020 einen Antrag gemäß § 49 Abs. 3 IRG – welcher der Kompensation der strengen Vollstreckungshilfevoraussetzungen für im Ausland zu einer Freiheitsstrafe verurteilte Deutsche dient, wenn dies aus humanitären und Fürsorgegesichtspunkten im Ausnahmefall geboten erscheint – gestellt hat. Der Antrag ist auch formgerecht, da er nach entsprechender Belehrung zu Protokoll einer zur Beurkundung von Willenserklärungen gemäß § 19 Abs. 1 des Konsulargesetzes ermächtigten Berufskonsularbeamtin bei dem Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland Erbil erklärt worden ist.
32Ebenso hat der Verurteilte am 25.07.2018 zu Protokoll einer gemäß § 19 Abs. 1 des Konsulatsgesetzes ermächtigten Berufskonsularbeamtin bei dem Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland Erbil seine Zustimmung zur Vollstreckung der Strafe in Deutschland nach § 49 Abs. 2 IRG erklärt. Die Zustimmung hat der Verurteilte in der Urkunde vom 15.12.2020 wiederholt.
33Das Urteil des Strafgerichts Kirkuk vom 10.06.2014 (Nr. 113/C/2014 und 112/J/2014) war daher nach § 54 Abs. 1 S. 1 IRG für vollstreckbar zu erklären.
34Die mit diesem ausländischen Erkenntnis in Verbindung mit der Präsidialnote / dem Regionalbeschluss Nr. 252 vom 07.12.2015 und der Generalamnestie Nr. 4/2017 verhängte Strafe war gemäß § 54 Abs. 1 S. 3 IRG in eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren umzuwandeln.
35Der Verurteilte ist mit Urteil des Strafgerichts Kirkuk vom 10.06.2014 zum Tode durch Erhängen verurteilt worden. Mit Präsidialnote / Regionalbeschluss Nr. 252 vom 07.12.2015 ist die mit vorgenanntem Urteil verhängte Strafe gemildert und auf eine lebenslange Freiheitsstrafe erkannt worden. Eine lebenslange Freiheitsstrafe entspricht gemäß Art 85 des irakischen Strafgesetzbuches einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren (so auch die Auskunft des Auswärtigen Amtes mit E-Mail vom 04.10.2019). Ausweislich der weiteren Auskunft des Auswärtigen Amtes mit vorgenannter E-Mail hat die Kommission zur Durchführung des Generalsamnestiegesetzes Nr. 4 aus dem Jahr 2017 mit Schreiben vom 15.02.2018 dem Generalkonsulat mitgeteilt, dass die Strafe des Verurteilten aufgrund der Generalamnestie Nr. 4/2017 um 30 % (entspricht sechs Jahren) verkürzt worden sei.
36Gegen den Verurteilten ist demnach im Urteilsstaat letztlich eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren festgesetzt worden. Für die Höhe der im Rahmen der Exequaturentscheidung festzusetzenden Sanktion ist diese auf 14 Jahre Freiheitsstrafe gemilderte Strafe maßgeblich. Dies folgt – wie sich aus § 57 Abs. 6 IRG ergibt - aus der fortwährenden Herrschaft des Urteilsstaates über die Vollstreckung. Diese Vollstreckungsherrschaft bezieht sich auch auf im Urteilsstaat erfolgte Gnadenerweise oder eine dortige Amnestie (vgl. Schomburg/Lagodny-Hackner, aaO., § 57 IRG Rz 15). Demnach sind die vor einer Überstellung des Verurteilten in dem Urteilsstaat durch die Präsidialnote/ den Regionalbeschluss Nr. 252 vom 07.12.2015 und die Generalamnestie Nr. 4/2017 erfolgte Abänderung und die nachfolgende Reduzierung der erkannten Strafe für den Senat im Rahmen der Umwandlungsentscheidung maßgebend, da es sich hierbei jeweils nicht um Anrechnungstatbestände handelt, welche das ursprünglich erkannte Strafmaß unangetastet lassen. Vielmehr ist durch den Gnadenerweis (Präsidialnote/ Regionalbeschluss) und den teilweisen Straferlass (Amnestie) die ursprünglich erkannte Strafe abgeändert und nachfolgend die umgewandelte Haftstrafe durch Gesetz verkürzt worden.
37Die Anrechnung des Teils der Sanktion der bereits im Irak gegen den Verurteilten verbüßten Strafe folgt aus § 54 Abs. 4 IRG. Von dieser Anrechnungsbestimmung nicht umfasst ist die in der Zeit vom 11.06.2013 bis zum 09.06.2014 vollstreckte Untersuchungshaft, über deren Anrechnung allein der ersuchende Staat zu befinden hat (vgl. Schomburg/Lagodny-Hackner, a.a.O., § 54 IRG, Rz 37).
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Referenzen
- IRG § 77 Anwendung anderer Verfahrensvorschriften 1x
- IRG § 54a Vollstreckung langer freiheitsentziehender Sanktionen 1x
- StPO § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung 1x
- IRG § 57 Vollstreckung 2x
- IRG § 54 Umwandlung der ausländischen Sanktion 5x
- §§ 48 ff IRG 1x (nicht zugeordnet)
- IRG § 49 Weitere Voraussetzungen der Zulässigkeit 13x