Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 15 VA 4/22
Tenor
Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist nicht gegeben.
Das Verfahren wird von Amts wegen an das Verwaltungsgericht Minden verwiesen.
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G r ü n d e :
2Mit der beim Oberlandesgericht eingereichten Antragsschrift vom 3. Februar 2022 begehrt der Beteiligte zu 1) eine gerichtliche Klärung seines mit Bescheid des Beteiligten zu 2) vom 20. Dezember 2021 (145 E – 32.43) abgewiesenen Antrages vom 29. November 2021 auf Veröffentlichung des Beschlusses des Amtsgerichts AG Höxter vom 26. Januar 2022 zu Aktenzeichen 6 F 131/14. Zugleich mit seiner Antragsschrift beantragt der Beteiligte zu 1) die Verweisung an das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen.
3Der eingeschlagene Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist nicht eröffnet. Das Verfahren ist daher gemäß § 17 a Abs. 2 GVG an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Minden zu verweisen.
4Bei dem gegebenen Verfahren handelt es sich um eine öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist und für das danach der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.
5Ob eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorliegt, bestimmt sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Anspruch hergeleitet wird (vgl. BVerwG NJW 1974 S. 2087). Stellt der Streitgegenstand eine unmittelbare Rechtsfolge eines dem öffentlichen Recht zuzuordnenden Rechtsverhältnisses dar, so ist die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Art. Das ist hier der Fall. Bei der Veröffentlichung gerichtlicher Entscheidungen durch die Justizbehörden zum Zwecke der Erfüllung ihrer Publikationspflicht handelt es sich um eine nach öffentlichem Recht zu beurteilende schlicht verwaltende Tätigkeit (VG Karlsruhe, Beschluss vom 7.November 2019, 3 K 6973/19, BeckRS 2019, 37277).
6Die Streitigkeit ist nicht durch Bundesgesetz - hier § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG - einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen.
7Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG entscheiden über die Rechtmäßigkeit der Anordnungen, Verfügungen oder sonstigen Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf den Gebieten u.a. der Zivilrechtspflege getroffen werden, auf Antrag die ordentlichen Gerichte. Eine Maßnahme einer Justizbehörde liegt aber nur vor, wenn die jeweils in Rede stehende Amtshandlung in Wahrnehmung einer Aufgabe vorgenommen wird, die der jeweiligen Behörde als ihre spezifische Aufgabe auf einem in der genannten Vorschrift aufgeführten Rechtsgebiete zugewiesen ist (BVerwG, Urteil vom 14. April 1988,– 3 C 65/85 – juris Rn. 40 f.; BGH, Beschluss vom 15. November 1988 – IVa ARZ (VZ) 5/88 – Juris Rn. 23). Nicht ausreichend ist, dass eine Maßnahme in einem Zusammenhang mit einem konkreten Verfahren steht.
8Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei der hier begehrten Einstellung einer gerichtlichen Entscheidung in die Datenbank NRWE nicht um eine Maßnahme auf dem Gebiet der Zivilrechtspflege. Die allgemeine Veröffentlichung von Entscheidungen auf Datenbanken der Justiz, die uneingeschränkt den Zugang für jedermann ermöglichen, dient verschiedenen Funktionen der Publikationspflicht, insbesondere der allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit (vgl. hierzu auch BVerwG, NJW 1989, 412 – 414), ohne dass diese allein oder aber auch nur schwerpunktmäßig in der spezifischen Aufgabenerfüllung auf dem Gebiet der Zivilrechtspflege zu verorten wären (vgl. auch VG Karlsruhe, Beschluss vom 7.November 2019, 3 K 6973/19, BeckRS 2019, 37277). Vielmehr betrifft die auf den Leitgedanken des Informationsfreiheitsgesetzes NRW (IFG NRW) beruhende und mit Erlass des Justizministeriums Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2003 in der Fassung vom 30. September 2021 (1544 JK .17) normierte Verpflichtung aller Gerichte in Nordrhein-Westfalen, ihre Entscheidungen, an denen ein öffentliches Interesse besteht, in die Rechtsprechungsdatenbank NRWE einzustellen, die allgemeine Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und mithin das allgemeine Verwaltungshandeln der Gerichte. Die Einstellung gerichtlicher Entscheidungen dient nicht der Gestaltung und Durchführung des Zivil- oder Familienverfahrens. Auch soweit sie über die Befriedigung des allgemeinen und pressespezifischen Informationsbedürfnisses hinaus der Rechtsfortbildung und Gesetzeskonkretisierung dient, kann sie nicht dem spezifischen Aufgabenbereich der Zivilrechtspflege zugeordnet werden (vgl. auch VG Karlsruhe, Beschluss vom 7. November 2019, 3 K 6973/19, BeckRS 2019, 37277). Dies folgt schließlich auch aus dem Umstand, dass das jeweilige auf die Einstellung einer anonymisierten Entscheidung in die Rechtsprechungsdatenbank NRWE gerichtete Handeln der Gerichte nach den zugrunde Regelungen bzw. Anordnungen sowie nach der tatsächlichen Handhabung unabhängig von den etwa für die Gewährung von Akteneinsicht jeweils geltenden speziellen Regelungen der Zivilprozessordnung erfolgt. Daher stellt es zumindest im Hinblick auf ein entsprechendes Begehren einer nicht am Verfahrens beteiligten Person keinen speziellen Justizverwaltungsakt als Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet der Zivilrechtspflege im Sinne des § 23 EGGVG dar (OLG Hamm, Beschluss vom 26. Januar 2015, 1 VA 70/15, zitiert nach juris; vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 14. April 1988 - 3 C 65/85 - juris).
9Fehlt es demnach an einer abdrängenden Sonderzuweisung, verbleibt es bei der Zuweisungsregelung des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
10Nach der Anhörung der Beteiligten ist das Verfahren daher an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Minden (§ 52 Nummer 3 Satz 1, Satz 3 und Nummer 5 VwGO) zu verweisen (§ 17a Abs. 2 GVG). Die Verweisung hat von Amts wegen zu erfolgen, so dass der Senat an den Verweisungsantrag des Beteiligten zu 1) nicht gebunden ist. Eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, die der Beteiligte zu 1) für sich in Anspruch nimmt, ist nicht erkennbar, da der Wohnort des Beteiligten zu 1) X ist, also nicht im Zuständigkeitsbereich des Beteiligten zu 2) liegt.
11Dem Verwaltungsgericht Minden bleibt gemäß § 17 b Abs. 2 GVG auch eine Kostenentscheidung vorbehalten.
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Referenzen
- § 23 EGGVG 1x (nicht zugeordnet)
- 3 K 6973/19 3x (nicht zugeordnet)
- 6 F 131/14 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 40 2x
- GVG § 17a 1x
- 3 C 65/85 2x (nicht zugeordnet)
- 1 VA 70/15 1x (nicht zugeordnet)