Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 11 W 34/10

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 20. Mai 2010 - 6 O 487/01 - abgeändert wie folgt:

Auf die Erinnerung der Klägerin wird der Kostenansatz des Landgerichts Karlsruhe zu den Gerichtskosten des Verfahrens 6 O 487/01, der die am 28.12.2001 bei der Landesoberkasse Baden-Württemberg unter Kassenzeichen (…), Zeitbuch-Nr./Haushaltsjahr (…) gebuchten Kosten betrifft, dahingehend abgeändert, dass an die Klägerin 64.325,63 EUR (2,0 Verfahrensgebühren) von der Staatskasse zurückzuzahlen sind.

2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

 
I.
Die Klägerin macht Rückzahlung überzahlter Gerichtskosten geltend.
Die Klägerin erhob am 19.12.2001 Klage zum Landgericht Karlsruhe, die die Verlängerung einer von der Beklagten gekündigten vertraglichen Beziehung der Parteien betraf. Am 21.12.2001, gebucht von der Landesoberkasse am 28.12.2001 zahlte die Klägerin eine 3,0 Verfahrensgebühr i. H. v. 96.488,45 EUR bei der Landesoberkasse Baden-Württemberg ein. Am 6.05.2002 erhob die Beklagte Widerklage wegen der bis zum 28.02.2002 angefallenen vertraglichen Restvergütung.
Das Verfahren wurde durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten/Widerklägerin gemäß Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 26.08.2002 - 9 IN 501/02 - unterbrochen. Der Insolvenzverwalter der Beklagten hat mit Schriftsatz vom 07.10.2002 die Rechtsstreitigkeiten nur hinsichtlich der Widerklage aufgenommen.
Mit Beschluss vom 29.11.2002 hat das Landgericht die Widerklage abgetrennt und unter einem neuen Aktenzeichen fortgeführt.
Wie sich aus der Aktendecke ergibt sind am 29.01.2003 die Akten des Klageverfahrens gem. § 7 AktO weggelegt worden.
Am 15./16.12.2008 haben die Klägerin und der Insolvenzverwalter einen Vergleich geschlossen, in dem sich die Klägerin unter anderem verpflichtete, die Klage im Verfahren 6 O 487/01 zurückzunehmen.
Mit Schreiben vom 27.08.2009, das an diesem Tag beim Landgericht eingegangen ist, hat die Klägerin die Klage zurückgenommen und gebeten, die nicht verbrauchten Gerichtskosten zu erstatten.
Aufgrund Verfügung des Landgerichts vom 17.09.2009 ist der Klägerin mitgeteilt worden, dass die Akte bereits vernichtet worden sei, da das Verfahren seit längerer Zeit geruht habe und lediglich einzelne Beschlüsse aus der Datenbank hätten ausgedruckt werden können.
Die Klägerin hat daraufhin Kopie eines Kontoauszuges und eines Schecks über den benannten Betrag der Verfahrensgebühr vorgelegt, die Landesoberkasse Baden-Württemberg hat mit Duplikat der Zahlungsanzeige am 27.01.2010 die Einzahlung und Buchung dieses Betrages bestätigt.
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Dem Antrag der Klägerin auf Rückerstattung nicht verbrauchter Gerichtskosten ist mit Verfügung des Landgerichts vom 1.03.2010 durch die Staatskasse der Einwand der Verjährung entgegengehalten worden. Die nach § 37 a KostVfg erforderliche Einwilligung des Präsidenten zur Erhebung der Verjährungseinrede ist am 22.02.2010 erteilt worden.
11 
Dagegen richtet sich die Erinnerung der Klägerin vom 12.03.2010, mit der sie geltend macht, die vierjährige Verjährung eines Rückerstattungsanspruchs habe nicht mit der Weglegung der Akten nach § 7 AktO im Jahr 2003 begonnen.
12 
Der Bezirksrevisor ist der Erinnerung mit Stellungnahme vom 28.04.2010 entgegengetreten. Nach Durchführung der Aktenausscheidung sei nicht mehr sicher feststellbar, ob sich die Verfahrensgebühr durch die Klagerücknahme auf eine 1,0 Gebühr gemäß KV-GKG Nr. 1210 a. F. ermäßigt habe. Das Verfahren sei am 28.06.2002 gem. § 240 ZPO unterbrochen worden und gelte jedenfalls spätestens im Laufe des Jahres 2003 nach Ablauf von sechs Monaten gem. § 7 Abs. 3 AktO als erledigt und sei damit i. S. v. § 10 Abs. 2 S. 2, Abs. 1 GKG a. F. in sonstiger Weise beendet.
13 
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 20. Mai 2010 die Erinnerung zurückgewiesen, da Verjährung des Rückerstattungsanspruchs wegen überzahlter Gerichtskosten Ende 2007 eingetreten sei. Schutzwürdige Belange der Klägerin seien nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt worden, bei einer Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens sei die Verfahrensgebühr nicht erneut angefallen, der Verjährungseinwand werde nicht von Amts wegen berücksichtigt und die Klägerin hätte deshalb durch Absprache mit der Staatskasse den Einwand der Verjährung verhindern können.
14 
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin „sofortige Beschwerde“ eingelegt. Der Bezirksrevisor ist für die Staatskasse der Beschwerde entgegengetreten. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 5.01.2011 dem Insolvenzverwalter der früheren Beklagten/Widerklägerin den Streit verkündet, dieser hat mit Schriftsatz vom 25.02.2011 den Beitritt als Nebenintervenient erklärt und sich dem „in der Klageschrift“ gestellten Antrag angeschlossen.
II.
15 
Die Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts, mit der die Erinnerung gegen den Kostenansatz des Landgerichts für die Gerichtskosten im Verfahren 6 O 487/01 zurückgewiesen worden ist, ist gem. §§ 72 Abs. 1 Nr. 1, 66 Abs. 2 GKG n. F. zulässig (vgl. zur Übergangsvorschrift des § 72 GKG, Oestreich/Hellstab/Trenkle, GKG, § 72 Stand September 2007).
16 
Über sie entscheidet gem. § 66 Abs. 6 GKG der Senat, nachdem der Einzelrichter des Landgerichts die Entscheidung im Erinnerungsverfahren der Kammer übertragen und diese entschieden hat (Meyer GKG, 10. Aufl. § 66 Rn. 56).
17 
Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht ein Rückerstattungsanspruch bezüglich überbezahlter Gerichtskosten i. H. v. zwei Verfahrensgebühren - hier insgesamt 64.325,36 EUR - zu, der nicht gem. § 10 Abs. 2 GKG a. F. verjährt ist.
18 
1. Nach §§ 73 Abs. 1 GKG a. F., 71 Abs. 1 GKG werden in Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung anhängig gewesen sind, die Kosten nach bisherigem Recht erhoben und damit hier auf das KV-GKG zum Zeitpunkt der Anhängigkeit der Klage im Jahr 2001 verwiesen. Nach KV-GKG Nr. 1211a reduziert sich die Gebühr KV-GKG Nr. 1210 auf 1,0 bei Zurücknahme der Klage vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung.
19 
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
20 
Gem. KV-GKG Nr. 1210 ist bei Einreichung der Klageschrift eine Gebühr von 3,0 für das gesamte Verfahren entstanden und i. H. v. 96.488,45 EUR bei der Landesoberkasse einbezahlt worden. Durch die Klagerücknahme vom 27.08.2009 ist das gesamte Verfahren vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung beendet worden. Der Insolvenzverwalter der früheren Beklagten hat sich dem Antrag der Klägerin in seiner Beitrittserklärung vom 25.02.2011 angeschlossen und hat damit konkludent die Einwilligung zur Klagerücknahme gem. § 269 Abs. 1 ZPO erklärt.
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Zum Zeitpunkt der Klagerücknahme war die mündliche Verhandlung im Klageverfahren 6 O 487/01 noch nicht geschlossen. Die Gebührenermäßigung bei Zurücknahme der Klage tritt nämlich immer dann ein, wenn die Rücknahme vor Schluss der letzten mündlichen Verhandlung wirksam wird, also vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die die Endentscheidung ergeht. Die Gebühr ermäßigt sich deshalb auch dann, wenn die Klagerücknahme nach einer mündlichen Verhandlung erklärt wird, nach Aktenlage aber eine weitere mündliche Verhandlung hätte stattfinden müssen (OLG München NJW-RR 1997, 639; OLG Düsseldorf NJW-RR 2362; Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., GKG-KV Nr. 1211 Rn. 10).
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Hier hätte ohne Klagerücknahme nach Aktenlage noch eine weitere mündliche Verhandlung stattfinden müssen. Auf die mündliche Verhandlung vom 01.02.2002 ist ein Verkündungstermin bestimmt worden, der vom Gericht verlegt worden ist. Am 13.02.2002 ist dann ein Beweisbeschluss verkündet worden. Aus einem Vermerk vom 23.04.2002 geht hervor, dass die Parteien sich zur Vergütung des Sachverständigen äußern sollten und die Auswahl des Sachverständigen zur Diskussion der Beteiligten stand. Am 6.05.2002 ist Widerklage erhoben worden, durch Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 26.08.2002 ist über das Vermögen der Beklagten/Widerklägerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter hat mit Schriftsatz vom 07.10.2002 die Rechtsstreitigkeiten nur hinsichtlich der Widerklage aufgenommen. Im ursprünglichen Klageverfahren wäre danach eine Endentscheidung erst nach erneuter mündlicher Verhandlung oder Anordnung des schriftlichen Verfahrens rechtlich zulässig gewesen. Damit kann die Klägerin vom Land Baden-Württemberg, Staatskasse, die Rückzahlung von 2,0 Verfahrensgebühren verlangen.
23 
2. Verjährung dieses Rückerstattungsanspruchs ist nicht eingetreten.
24 
a) Maßgeblich für die Regelung der Verjährung des Rückerstattungsanspruchs ist § 10 GKG a. F., d. h. in der Fassung bis 31.12.2001 mit folgendem Inhalt:
25 
„§ 10 Verjährung, Verzinsung
26 
(1) Ansprüche auf Zahlung von Kosten verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten, durch Vergleich oder in sonstiger Weise beendet ist.
(2) Ansprüche auf Rückerstattung von Kosten verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Die Verjährung beginnt jedoch nicht vor dem im Absatz 1 bezeichneten Zeitpunkt.
(3) Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden; die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt. ...
(4) Ansprüche auf Zahlung und Rückerstattung von Kosten werden nicht verzinst.“
27 
b) Es bedarf hier keiner Klärung, wann der Rückerstattungsanspruch entstanden ist, da die Verjährungsfrist erst mit Beendigung des Verfahrens beginnt. Danach kann dahinstehen, ob für § 10 GKG in dieser Fassung aus der Rechtsprechung zu § 17 KostO (vgl. OLG Stuttgart, RPfl 2004, 380 f.; Senatsbeschluss vom 2. Juli 2004, 11 Wx 95/03) abgeleitet werden kann, dass die Entstehung des Rückerstattungsanspruchs mit der Zahlung angenommen werden kann. Das Verfahren ist hier erst durch die Klagerücknahme im Jahr 2009, nicht bereits zum Zeitpunkt des Weglegens der Akten zum 29.01.2003 beendet worden.
28 
c) Ob nach dem Ablauf der 6-Monats-Frist bei Nichtbetreiben des Verfahrens und durch das Weglegen der Akten gem. § 7 Abs. 3 AktO eine Erledigung in sonstiger Weise gem. § 10 Abs. 1 GKG a. F. eingetreten ist, erscheint schon zweifelhaft, da es sich um einen gerichtsinternen Vorgang handelt, der den Parteien regelmäßig nicht zur Kenntnis gebracht wird.
29 
Auch im Hinblick darauf, dass die Nebeneinanderstellung der Erledigung der Verfahren „in sonstiger Weise“ mit den förmlichen Erledigungsmöglichkeiten durch „rechtskräftige Entscheidung über die Kosten“ und „durch Vergleich“ zu der Annahme führt, dass eine rein tatsächliche Erledigung gemeint ist, es sich aber um einen endgültigen Zustand handeln muss (vgl. OLG Nürnberg JurBüro 1981, 1230), erscheint es sehr fraglich, ob Nichtbetrieb während sechs Monaten und Weglegung der Akten einen endgültigen Zustand herbeiführen.
30 
Die Aktenordnung selbst geht nur von einer Erledigungsfiktion aus. Sie formuliert ausdrücklich, dass für die Anordnung der Weglegung der Akten in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten eine Angelegenheit, deren endgültige Erledigung (z. B. durch Vergleich, rechtskräftig gewordenes Urteil usw.) sich nicht ohne Weiteres aus den Akten ergibt, im Sinne der Aktenordnung als erledigt gilt, wenn ein Verfahren seit sechs Monaten nicht mehr betrieben worden ist.
31 
In der Literatur wird vertreten, in den Fällen des § 7 Abs. 3 AktO davon auszugehen, dass sich der von dem insoweit gleichlautenden § 10 GKG n.F. geforderte endgültige Erledigungszustand nicht ohne Weiteres feststellen lässt und deshalb notfalls bei den Parteien durch Rückfrage eine Klärung herbeizuführen ist (Oestreich a. a. O. GKG § 5 Rn. 4 Stand Dezember 2009). Klarer und allgemeingültiger formuliert beginnt bei längerfristiger Aussetzung, bei Anordnung des Ruhens und bei Weglegen der Akten die Verjährungsfrist erst in dem Zeitpunkt, in dem für das Gericht der Wille der Parteien erkennbar wird, das Verfahren als erledigt zu betrachten (vgl. Petzold in Binz, GKG, 2. Aufl., § 5 Rn. 5; Meyer, GKG, 11. Aufl., § 5 Rn. 6). Dieser Wille wird teilweise schon dann angenommen, wenn die Akten nach der Aktenordnung wegzulegen sind (vgl. Meyer a. a. O.; OLG Schleswig, JurBüro 1994, 680, das bei Aussetzung eines Zivilverfahrens davon ausgeht, dass das Verfahren beendet i. S. v. § 10 Abs. 1 GKG a. F. ist, wenn nach einem Aussetzungsbeschluss sechs Monate verstrichen sind und der Richter die Weglage der Akten und die Kostenrechnung verfügt hat). Nach anderer Auffassung stellen selbst die verwaltungsmäßige Aktenweglegung nach § 7 Abs. 3 AktO und das anschließende mehrjährige tatsächliche Ruhen des Verfahrens noch keine Erledigung i. S. v. § 10 Abs. 1 GKG a. F. dar, sondern ist im einzelnen Fall nachzuprüfen, notfalls durch Rückfrage bei den Parteien, ob nach den äußeren Umständen auf einen Willen der Parteien, das Verfahren endgültig als erledigt zu betrachten, geschlossen werden darf. Dabei sind spätere Parteierklärungen auch zu berücksichtigen (OLG Nürnberg JurBüro 1981, 1230).
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Auch der Senat folgt der überzeugenden Auffassung, dass die Annahme einer sonstigen Erledigung gem. § 10 Abs. 1 GKG a. F. erst für den Zeitpunkt angenommen werden kann, in dem der Wille der Parteien erkennbar geworden ist, das Verfahren als endgültig erledigt zu betrachten.
33 
d) Ein solcher Wille kann nicht ohne Weiteres nach Ablauf von sechs Monaten nach dem Eintritt der Unterbrechung des Verfahrens gem. § 240 ZPO angenommen werden, auch wenn die Akten zu diesem Zeitpunkt nach der Aktenordnung weggelegt werden dürfen.
34 
Der Eintritt des Unterbrechungstatbestandes nach § 240 ZPO, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei, tritt nämlich ohne Zutun und nicht auf Antrag der Parteien ein. Er endet erst mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens oder bei Aufnahme nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften. Nach einer Veröffentlichung des Instituts für Mittelstandforschung (Kranzusch, Wann werden die Gläubiger ausgezahlt - Dauer von Unternehmensinsolvenzverfahren im regionalen Vergleich, IfM-Materialien Nr. 193 S. 21 ff.) beträgt die mittlere Verfahrensdauer eines Insolvenzverfahrens juristischer Personen in Baden-Württemberg 46,4 Monate, also knapp vier Jahre.
35 
Im Hinblick auf diese Dauer von Insolvenzverfahren kann nicht bereits ohne Weiteres sechs Monate nach Beginn des Insolvenzverfahrens angenommen werden, dass der Insolvenzverwalter ausreichend die Möglichkeit hatte zu prüfen, ob eine Aufnahme des Verfahrens bei einem Aktivprozess gem. § 85 InsO zweckmäßig und geboten ist. Deshalb kann auch aus einer Nichtaufnahme innerhalb dieses Zeitraums auf seinen Beendigungswillen nicht automatisch geschlossen werden. § 240 ZPO verfolgt gerade den Zweck, dem Insolvenzverwalter durch die automatische Unterbrechung Zeit dafür zu verschaffen, sich über den gesamten Prozessstoff und die Erfolgsaussichten Klarheit zu verschaffen (vgl. Braun, InsO, 5. Aufl., § 85 Rn. 1).
36 
Die Aufnahme von Passivprozessen kann nur bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 86, 87 InsO erfolgen. Fehlt es hieran, ist eine Aufnahme seitens des Gläubigers oder Insolvenzverwalters nicht oder zumindest nicht jederzeit möglich, so dass auch hier aus der Nichtaufnahme während des Zeitraums von sechs Monaten nach Eröffnung auf einen Beendigungswillen nicht geschlossen werden kann.
37 
Dies ergibt sich auch bei Beachtung des Rechtsgedankens des § 204 Abs. 2 BGB. Danach endet die Hemmung der Verjährung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Verfahrens. Wenn das Verfahren dadurch in Stillstand gerät, dass die Parteien das Verfahren nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Nach ganz herrschender Meinung fallen eine Unterbrechung nach § 240 ZPO und Aussetzungen nicht unter die Regelung des § 204 Abs. 2 S. 2 BGB. Die sechsmonatige Frist, nach deren Ablauf die Hemmung endet, beginnt vielmehr erst, wenn der Grund der Unterbrechung oder Aussetzung weggefallen ist und die Parteien gleichwohl nichts unternehmen (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 204 Rn. 48). Die Unterbrechung wird hier als ein den Parteien nicht zurechenbarer Stillstand betrachtet.
38 
Auch danach kann bei einer Verfahrensunterbrechung nicht auf den Willen der Partei zur Beendigung geschlossen werden, wenn diese innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten keine Aktivitäten zum weiteren Betrieb des Verfahrens entfalten.
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e) Andere Anhaltspunkte für einen Beendigungswillen zu diesem oder einem späteren Zeitpunkt vor der Klagerücknahme sind nicht ersichtlich, vielmehr ist aus der vergleichsweisen Regelung über die Klagerücknahme im Jahre 2008 zu schließen, dass die Parteien 2003/2004 das Verfahren nicht als endgültig erledigt betrachteten.
III.
40 
Gem. § 10 Abs. 4 GKG a. F. werden Ansprüche auf Zahlung und Rückerstattung von Kosten nicht verzinst.
IV.
41 
Nach § 66 Abs. 8 GKG ist das Verfahren gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

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