Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 2 Ws 582/15

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Angeschuldigten wird die Verfügung des Landgerichts Freiburg vom 4. Dezember 2015 aufgehoben.

2. Die Bestellung von Rechtsanwalt M., F., zum Verteidiger des Angeschuldigten A. K. wird aufgehoben.

3. Dem Angeschuldigten wird Rechtsanwalt S., F., als Verteidiger bestellt.

4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeschuldigten A. K. hieraus erwachsenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe

 
I.
Dem Angeschuldigten wurde im Zusammenhang mit dem Vollzug der Untersuchungshaft Rechtsanwalt M. aus F. als Verteidiger bestellt, nachdem der Angeschuldigte bei der Haftbefehlseröffnung am 31.7.2015 erklärt hatte, die Auswahl des Verteidigers dem Gericht zu überlassen. Mit Schriftsatz vom 23.10.2015 zeigte Rechtsanwalt S. aus F. unter Vollmachtvorlage die Vertretung des Angeschuldigten an und beantragte, unter Entpflichtung von Rechtsanwalt M. dem Angeschuldigten als Verteidiger bestellt zu werden. Dazu wurde vorgetragen, dass Rechtsanwalt M. dem Wechsel zugestimmt habe und auf die Geltendmachung der infolge des Wechsels doppelt anfallenden Gebühren verzichtet werde. Zum Nachweis des eigenen Interesses des Angeschuldigten an einem Verteidigerwechsel war ein handschriftliches Schreiben des Angeschuldigten beigefügt, in dem er u.a. behauptete, Rechtsanwalt M. habe sein Verlangen nach einer „dezidierten“ Verteidigung mit der Äußerung zurückgewiesen, „sich selbst bei der Staatsanwaltschaft nicht in Misskredit bringen zu wollen“. Rechtsanwalt M. hat diese Äußerung in einer schriftlichen Stellungnahme als frei erfunden zurückgewiesen, ist aber einem Verteidigerwechsel nicht entgegengetreten. Der Vorsitzende der nach Anklageerhebung zuständigen Strafkammer hat mit Verfügung vom 4.12.2015 den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 7.12.2015 eingelegte Beschwerde des Angeschuldigten.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
1. Nicht zu beanstanden ist allerdings die in der angefochtenen Verfügung vorgenommene Bewertung, dass eine Entpflichtung des bisherigen Verteidigers aus wichtigem Grund nicht in Betracht kommt, weil die dazu erforderliche nachhaltige und endgültige Erschütterung des Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandant (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. 2015, § 143 Rn. 5 m.w.N.) nicht überzeugend dargelegt ist.
2. Nach allgemeiner Meinung kann eine Auswechslung des Pflichtverteidigers indes auch dann erfolgen, wenn der Angeschuldigte und beide Verteidiger damit einverstanden sind, dadurch keine Verfahrensverzögerung eintritt und auch keine Mehrkosten entstehen (OLG Bremen NStZ 2014, 358; OLG Oldenburg NStZ-RR 2010, 210; OLG Frankfurt NStZ-RR 2008, 47; OLG Köln StraFo 2008, 348 und StV 2011, 659; OLG Braunschweig StraFo 2008, 428; OLG Bamberg NJW 2006, 1536; OLG Jena JurBüro 2006, 366; Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O., § 143 Rn. 5a).
Nachdem das Zustimmungserfordernis erfüllt ist und Rechtsanwalt S. gegenüber dem Senat verbindlich erklärt hat, für die Durchführung einer Hauptverhandlung - wie vom Gericht mit den übrigen Verteidigern abgesprochen - am 21. und 22.1.2016 zur Verfügung zu stehen, ist danach allein noch erheblich, ob Rechtsanwalt S. auf seinen Gebührenanspruch in Höhe der bereits durch die Vertretung durch Rechtsanwalt M. angefallenen Gebühren verzichten darf und deshalb durch den Verteidigerwechsel keine Mehrkosten entstehen. Dies wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung teilweise im Hinblick auf § 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO für unzulässig erachtet (OLG Bremen a.a.O.; OLG Köln a.a.O.; OLG Jena a.a.O.). Dem wird jedoch zutreffend entgegengehalten, dass dem von § 49b BRAO verfolgten Zweck, einen Preiswettbewerb um Mandate zu verhindern, in der vorliegenden Fallkonstellation ausreichend dadurch begegnet wird, dass ein Wechsel nur bei Einverständnis beider beteiligter Anwälte möglich ist (OLG Frankfurt a.a.O.; OLG Oldenburg a.a.O.; im Ergebnis auch OLG Braunschweig a.a.O.; OLG Bamberg a.a.O.).
Danach war dem Antrag des Angeschuldigten zu entsprechen.
III.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 467 Abs. 1 StPO.

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