Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (12. Zivilsenat) - 12 Wx 13/12

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts Wernigerode - Grundbuchamt - vom 30. August 2011 aufgehoben.

Das Amtsgericht Wernigerode wird angewiesen, die Beteiligte zu 3. - unter Löschung der jeweiligen in Abt. II zu ihren Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkungen - als Eigentümerin der im Grundbuch von B., Blatt 157, 158, 325 und 475 eingetragenen Grundstücke einzutragen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten zu 2. und 3. sind als Eigentümer der o. g. Grundstücke im Grundbuch von B. eingetragen. Mit von der Notarin A. S. am 25. Februar 2010 beurkundeten Kaufvertrag (UR-Nr. 198/2010) verkauften die Beteiligten zu 1. und 2. diese Grundstücke an die Beteiligte zu 3., eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) handelnd unter der Bezeichnung „Landwirtschaftsbetrieb K. GbR“. Die Auflassung wurde erklärt. Ferner bewilligten die Beteiligten die Eintragung von Auflassungsvormerkungen zugunsten der Käuferin, die am 30. Juni 2010 in das Grundbuch eingetragen wurden. Mit Schriftsatz vom 02. August 2010 beantragte die beurkundende Notarin nach § 15 GBO, die Auflassungsvormerkungen zu löschen und das Eigentum an den Grundstücken auf die Beteiligte zu 3. umzuschreiben.

2

Mit Beschluss vom 30. August 2011 hat das Amtsgericht - Grundbuchamt - den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Identität, der aktuelle Gesellschafterbestand der GbR und die Vertretungsverhältnisse der GbR zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertreterhandelns am 25. Februar 2010 nicht in der erforderlichen Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO nachgewiesen seien und in dieser Form auch nicht nachgewiesen werden könnten. Aufgrund der nicht nachweisbaren Vertretungsverhältnisse der erwerbenden GbR könne im Rahmen der im Anwendungsbereich des § 20 GBO anzustellenden grundbuchamtlichen Prüfung nicht davon ausgegangen werden, dass sämtliche sachenrechtlichen Voraussetzungen für den Eigentumserwerb der GbR i. S. d. Wirksamkeit der zugunsten der GbR erklärten Auflassung vom 25. Februar 2010 erfüllt seien. Deshalb sei auch die Löschung der für die GbR eingetragenen Auflassungsvormerkung nicht möglich, weil diese Löschung nach dem Inhalt der erklärten Löschungsbewilligung nur Zug um Zug mit der Eintragung der Auflassung erfolgen dürfe. Dieser Beschluss ist der beurkundenden Notarin des Amtsgerichts Wernigerode am 05. September 2011 zugestellt worden.

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Mit Schriftsatz vom 05. Oktober 2011 (eingegangen beim Amtsgericht am 07. Oktober 2011) hat die beurkundende Notarin gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und zur Begründung insbesondere auf die Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. April 2012 (BGH, ZIP 2011, 1003) verwiesen.

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Das Amtsgericht Wernigerode hat mit Beschluss vom 26. Januar 2012 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

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1. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 Abs. 1, 73 GBO). Zwar hat die Notarin in der Beschwerdeschrift nicht angegeben, für wen sie das Rechtsmittel eingelegt hat. Aus den gesamten Umständen ergibt sich jedoch, dass dies nach § 15 Abs. 2 GBO für die Beteiligten geschehen ist.

6

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Das von dem Amtsgericht als Grund für die Zurückweisung angeführte rechtliche Hindernis besteht nicht. Die Eintragung der Beteiligten zu 3. als Eigentümerin der o. g. Grundstücke und die Löschung der jeweiligen Eigentumsvormerkungen können nicht daran scheitern, dass ein Nachweis für das Bestehen der Gesellschaft und deren Vertretung nicht in der Form des § 29 GBO erbracht worden ist. Der Eintragung einer Rechtsänderung steht nicht entgegen, dass die erwerbende GbR in dem notariellen Kaufvertrag nicht hinreichend bestimmt bezeichnet worden ist, weil es an der zur Identifizierung der Gesellschaft notwendigen „identitätsbestätigenden Erklärung“ hinsichtlich der GbR und deren Gesellschafterbestand fehlt (vergl. auch OLG Naumburg, Beschluss vom 14. Februar 2012, Gesch.Nr.: 12 Wx 62/11). Zutreffend ist lediglich, dass ein Rechtsgeschäft, bei dem eine GbR Grundeigentum erwirbt, im Grundbuch nur vollzogen werden darf, wenn die Identität dieser Gesellschaft feststeht und sie somit von anderen Gesellschaften unterschieden werden kann. Dies ergibt sich aus dem das gesamte Grundbuchrecht beherrschenden Bestimmtheitsgrundsatz (z. B. BGH, NJW 2011, 1958). Dieser verlangt im Hinblick auf die durch das Grundbuch bezweckte Sicherheit des Rechtsverkehrs, dass nicht nur das betroffene Grundstück selbst sowie der Inhalt des dinglichen Rechts, sondern auch die Person des Berechtigten klar und eindeutig feststehen müssen (z. B. BGH, a. a. O.).

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Die sich daraus ergebenden Anforderungen werden durch die in dem notariellen Kaufvertrag enthaltene Benennung der Beteiligten zu 3. und ihrer Gesellschafter jedoch erfüllt. Der Angabe weiterer Unterscheidungsmerkmale bedarf es nach § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO nicht. Nach dieser durch das Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften (ERVGBG) vom 11. August 2009 (BGBl. I, S. 2713) eingefügten Vorschrift wird ein Recht einer GbR in der Form im Grundbuch eingetragen, dass neben der Gesellschaft als derjenigen, der es materiell-rechtlich zusteht, auch die Gesellschafter eingetragen werden. Die Identifizierung der Gesellschaft erfolgt mithin über die notwendige Benennung ihrer Gesellschafter (z. B. BGH, a. a. O.). Diese müssen nach § 15 Abs. 1 lit. c) GBV in einer Weise bezeichnet werden, die bei natürlichen Personen den Anforderungen des § 15 Abs. 1 lit. c) GBV genügt. Ist dies - wie hier - der Fall, ist die Gesellschaft regelmäßig als unverwechselbares Rechtssubjekt identifiziert und hinreichend bestimmt bezeichnet, ohne dass noch weitere Angaben erforderlich wären (z. B. BGH, a. a. O.).

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Darüber hinaus liegt auch eine wirksame Auflassungserklärung auf der Erwerberseite vor. Denn entgegen der Ansicht des Amtsgerichts genügt bereits die in der notariellen Urkunde abgegebene Erklärung der Gesellschafter, dass sie als Gesellschafter der zwischen ihnen bestehenden GbR handeln. Weitere Nachweise, dass die Angaben zu der GbR zutreffend sind, bedurfte es nicht (z. B. OLG Naumburg, a. a. O.).

9

Zwar ist im Grundbuchverfahren regelmäßig ein Nachweis der Eintragungsvoraussetzungen in der Form des § 29 GBO zu erbringen. Dieses Erfordernis wird auch von der Rechtsprechung grundsätzlich nicht infrage gestellt (BGH, a. a. O.) Aus der systematischen Stellung des § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO und dem vom Gesetzgeber mit der Schaffung der Vorschrift verfolgten Zweck ergeben sich aber auch für den hier maßgeblichen Anwendungsbereich des § 20 GBO Nachweiserleichterungen für die Eintragung von Rechten einer GbR. Für den Erwerb von Grundstückseigentum durch eine bestehende GbR ist danach ausreichend, dass die für die Gesellschaft handelnden Personen bei der Auflassung entsprechende Erklärungen abgeben. Ergeben sich keine Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit der Erklärung, bedarf es auch keines Nachweises eines Gesellschaftsvertrages oder eine Vertretungsbefugnis, da die dann eingetragenen Gesellschafter nach §§ 47 Abs. 2 Satz 1 GBO i. V. m. 899 a BGB in Bezug auf das Grundstück handeln können (z. B. BGH, a. a. O.).

10

Mangels anderer Anhaltspunkte hat das Amtsgericht daher im vorliegenden Fall von den Angaben der Beteiligten in der notariellen Urkunde auszugehen. Auch die übrigen, zur Umschreibung des Eigentums an den Grundstücken auf die Beteiligte zu 3. erforderlichen Voraussetzungen liegen vor. Steht danach aber der Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 3. kein Hindernis entgegen, gilt dies ebenso für den damit nach § 16 Abs. 2 GBO verbundenen Antrag auf Löschung der für diese eingetragenen Auflassungsvormerkungen.

III.

11

Da die Beschwerde Erfolg hat, ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst (§§ 131 Abs. 1 und Abs. 3 KostO).


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