Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (2. Strafsenat) - 2 Ws (s) 16/16

Tenor

Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Landgerichts Halle (Saale) vom 20. September 2016 aufgehoben.

Dem Angeklagten wird Rechtsanwalt D. Krug, H. , als Pflichtverteidiger beigeordnet.

Gründe

I.

1

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht Halle den Antrag des Angeklagten, ihm gemäß § 140 Abs. 2 StPO einen Pflichtverteidiger beizuordnen, abgelehnt. Weder die Schwere der Tat noch die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage ließen die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheinen.

2

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Angeklagten, welche von seinem Betreuer für ihn erhoben wurde. Der Betroffene leide unter einer multiplen Persönlichkeitsstörung, weshalb er auch unter Betreuung stehe. In einem solchen Fall sei die Bestellung eines Pflichtverteidigers zur sachgerechten Verteidigung notwendig.

3

Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

4

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

5

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

6

Gemäß § 140 Abs. 2 StPO liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung vor, wenn der Angeklagte aufgrund seiner geistigen Fähigkeiten oder seines Gesundheitszustands in seiner Verteidigungsfähigkeit eingeschränkt ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.

7

Eine Pflichtverteidigerbestellung kommt in Betracht, wenn der Angeklagte unter Betreuung steht (OLG Hamm NJW 2003, 3286). § 140 Abs. 2 ist dabei schon anwendbar, wenn an der Fähigkeit zur Selbstverteidigung erhebliche Zweifel bestehen (vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO, 59. Auf. 2016, § 140 RdNr. 30 m. w. N.).

8

Das in dem Betreuungsverfahren von Dr. med. U. W. am 13. Januar 2012 erstattete Gutachten diagnostiziert bei dem Angeklagten eine alkoholbedingte Hirnleistungsminderung und Persönlichkeitsveränderung aufgrund derer er seine Angelegenheiten nicht mehr selbständig adäquat regeln kann. Es empfiehlt eine Betreuung u. a. im Bereich der Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten.

9

Eine solche wurde durch das Betreuungsgericht auch mit Beschluss vom 14. Februar 2012 angeordnet.

10

Hierdurch ist die Beschränkung der Fähigkeit des Angeklagten zur Selbstverteidigung hinreichend belegt.

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Diese wird auch nicht durch die Tatsache, dass der Angeklagte einen Betreuer hat, kompensiert. Insofern ist selbst dann eine Bestellung eines Pflichtverteidigers notwendig, wenn der Angeklagte einen Rechtsanwalt als Betreuer hat (vgl. Schmitt a. a. O. m. w. N.), was hier nicht der Fall ist.

12

Der Beschwerde war daher stattzugeben. Auf den Antrag des Betreuers des Angeklagten war ihm Rechtsanwalt D. K. aus H. als Pflichtverteidiger beizuordnen.


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