Beschluss vom Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken - 5 W 198/10 - 74

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 21.6.2010 – 16 O 94/10 – wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Auf den Antrag der Antragsteller, die in leitenden Positionen bei der Bank beschäftigt sind, hat das Landgericht Saarbrücken den Antragsgegnern durch Beschluss vom 12.5.2010 – 16 O 94/10 – (Bl. 7 d.A.) im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt, die von der Antragsgegnerin zu 2) unter dem Datum 4.5.2010 an die Staatsanwaltschaft Saarbrücken gerichtete Strafanzeige zu verbreiten, soweit dort in Ziffer 4 Beschuldigungen gegen die Antragsteller erhoben werden. Die Antragsgegner hatten die Strafanzeige, mit der – unter anderem - gegen die Antragsteller der Vorwurf der Untreue erhoben wird, auf ihrer Homepage unter“ eingestellt. Den mit Beschluss vom 12.5.2010 zugleich auf 6.000 EUR festgesetzten Streitwert hat das Landgericht auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller vom 25.5.2010 (Bl. 10 d.A.) mit Beschluss vom 21.6.2010 (Bl. 17 d.A.) auf insgesamt 20.000 EUR heraufgesetzt. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, dass die streitgegenständliche Erklärung im Internet veröffentlicht wurde und damit – wenn auch für begrenzte Zeit – einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich war, und dass keine strafbewehrte Unterlassungserklärung der Antragsgegner abgegeben worden war.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegner vom 3.7.2010 (Bl. 23 d.A.), die den ursprünglich festgesetzten Streitwert von 6.000 EUR für angemessen erachten. Zur Begründung weisen sie darauf hin, dass ausweislich der Besucherübersicht vom 11.5.2010 – dem letzten Tag der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Erklärung im Internet – lediglich 88 Besuche stattgefunden hätten und die streitgegenständliche Erklärung lediglich durch eine gezielte Eingabe der vollständigen Serveradresse aufzurufen gewesen sei. Da sie, die Antragsgegner, in ihrem Impressum für den Fall der Anzeige einer Rechtsverletzung die Bereitschaft zur umgehenden Entfernung des entsprechenden Inhalts von ihrer Internetseite erklärt hätten, sei es den Antragstellern im Übrigen unter dem Gesichtspunkt einer Kostenminderungspflicht zumutbar gewesen, sich vor Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zunächst selbst an die Antragsgegner zu wenden. Eine mögliche Persönlichkeitsrechtsverletzung der Antragsteller beruhe auf einem Versehen und habe nicht Gegenstand einer rechtlichen Auseinandersetzung sein sollen; die Kostenentscheidung des Landgerichts sei nicht zuletzt aufgrund des ursprünglich angemessenen Streitwerts akzeptiert worden.

Die Prozessbevollmächtigten der Antragsteller verteidigen den angefochtenen Beschluss.

Das Landgericht hat der Beschwerde der Antragsgegner mit Beschluss vom 28.7.2010, auf deren Begründung Bezug genommen wird, nicht abgeholfen.

II.

Die gemäß §§ 68 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG zulässige Beschwerde der Antragsgegner hat keinen Erfolg. Die Festsetzung des Streitwerts auf 20.000 EUR ist angemessen.

1.

Die Streitwertbemessung richtet sich für den – nicht vermögensrechtlichen – Anspruch auf Unterlassung ehrverletzender Äußerungen nach § 48 Abs. 2 GKG. Die hiernach zu treffende Ermessensentscheidung hat alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Bedeutung und den Umfang der Sache und auch die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien. Beim Umfang der Sache sind sowohl der tatsächliche Umfang als auch das Ausmaß der rechtlichen Probleme maßgeblich. Bei der Bedeutung der Sache müssen auch die Stellung einer Partei im öffentlichen Leben, ihr Ansehen und die wirtschaftlichen Auswirkungen des Verfahrens beachtet werden (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. 2008, § 48 GKG, Rdn. 22 bis 35). In Anlehnung an § 23 Abs. 3 S. 2 RVG können in Verfahren betreffend Ehrverletzungen als Ausgangswert zwar grundsätzlich 4.000 EUR angesetzt werden, der Betrag ist indessen je nach den Umständen zu ermäßigen oder zu erhöhen (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl. 2009, § 3, Rdn. 16 - "Ehre" -).

Da im Zusammenhang mit einer ehrverletzenden Behauptung vor allem das Interesse des Betroffenen an dem Verbot bedeutsam ist, muss darauf abgestellt werden, unter welchen Umständen sie aufgestellt und in welchem Umfang sie Dritten zur Kenntnis gelangt sein soll, sowie mit welchen wirtschaftlichen Interessen sie verknüpft ist (vgl. Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl. 2007, Rdn. 1423).

2.

Bei der Bemessung des Streitwerts war deshalb zu berücksichtigen, dass den Antragstellern gegenüber der Vorwurf einer schwerwiegenden Straftat erhoben worden ist. Deren Interesse an der Unterlassung der Behauptung, sie seien für eine Kreditvergabe in Höhe von 8.100.000 EUR verantwortlich, die ohne bankübliche Prüfung bewilligt worden sei, wiegt deshalb besonders schwer, weil dieser Vorwurf in erheblichem Maße geeignet ist, ihre berufliche Stellung als leitende Mitarbeiter der Bank zu beeinträchtigen. Dies rechtfertigt es, den Streitwert auf je 10.000 EUR festzusetzen, auch wenn es sich lediglich um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit bloß vorläufigem Charakter handelt.

Die Beschwerde zeigt keine Umstände auf, die zu einem anderen Ergebnis führen würden. So hat das Landgericht insbesondere zu Recht darauf abgestellt, dass die streitgegenständliche Behauptung durch die Einstellung im Internet einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich wurde; dem Einwand der Antragsgegner, tatsächlich seien nur relativ wenig Besucher zu verzeichnen gewesen, hat das Landgericht zutreffend entgegengehalten, dass dies schon mit Blick auf die Möglichkeit der Weiterleitung des Inhalts nicht darauf schließen lasse, dass die streitige Behauptung nur einer begrenzten Anzahl von Personen zur Kenntnis gelangt sei. Angesichts der unstreitigen Weigerung der Antragsgegner, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben (vgl. hierzu Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., Einf v § 823, Rdn. 20), kann bei der Gewichtung des streitwertrelevanten Interesses der Antragsteller schließlich auch nicht zugunsten der Antragsgegner deren (behauptete) vorprozessuale Bereitschaft berücksichtigt werden, dem Unterlassungsbegehren abzuhelfen; wie sich aus deren vorprozessualen Schreiben vom 11.5.2010 (Bl. 36/37 d.A.) ergibt, war die Entfernung der Namen der Antragsteller von der Internet-Webseite der Antragsgegner zudem ausdrücklich „ohne Anerkennung einer wie auch immer gearteten Rechtspflicht erfolgt“. Der von den Antragsgegnern ebenfalls aufgeworfene Gesichtspunkt des – ihrer Ansicht nach fehlenden – Erfordernisses der Inanspruchnahme anwaltlicher Unterstützung mag für das Kostenfestsetzungsverfahren von Bedeutung sein, ist für die Bemessung des Streitwerts aber nicht relevant.

3.

Das Verfahren über die Streitwertbeschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 Satz 1, 2 GKG).

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