Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (1. Senat) - 1 M 54/11

Tenor

Der Antrag des Antragsgegners, den Beschluss des Gerichts vom 24. November 2010 gemäß § 80 Abs. 7 VwGO entsprechend dem dortigen Antrag abzuändern und der Beschwerde stattzugeben, wird abgelehnt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 3.552,60 € festgesetzt.

Gründe

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Die Beteiligten streiten um die Heranziehung der Antragstellerin zu Trinkwassergebühren für den Monat Januar 2010. Das Verwaltungsgericht Greifswald hat dem Antrag der Antragstellerin auf vorläufigen Rechtsschutz mit Beschluss vom 08. Juni 2010 – 3 B 406/10 – stattgegeben. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat der Senat mit Beschluss vom 24. November 2010 – 1 M 145/10 – als unzulässig verworfen, weil das Beschwerdevorbringen nicht dem Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt hat.

2

Der Antragsgegner hat nunmehr beantragt, den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 24. November 2010 im Verfahren Az. 1 M 145/10 gemäß § 80 Abs. 7 VwGO entsprechend dem dortigen Antrag abzuändern und der Beschwerde stattzugeben. Der Abänderungsantrag ist von einem Rechtsanwalt formuliert worden. Er bezieht sich eindeutig auf den Senatsbeschluss vom 24. November 2010 – 1 M 145/10 – im Beschwerdeverfahren und ist insoweit nicht auslegungsbedürftig.

3

Dieser Antrag ist bereits unzulässig, wobei dahin gestellt bleiben kann, ob insoweit der Gesichtspunkt der Statthaftigkeit oder des Rechtsschutzbedürfnisses maßgeblich ist.

4

Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache – vorliegend mit Blick auf das Verfahren Az. 1 L 125/10 also das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern – Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen (Satz 2).

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Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ist nicht eine Art Rechtsmittelverfahren, sondern ein gegenüber dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO selbständiges neues Verfahren, dessen Gegenstand nicht die Überprüfung der früheren Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO auf ihre Richtigkeit hin ist, sondern die Neuregelung der Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes für die Zukunft in einem von dem ergangenen Beschluss abweichenden Sinn (vgl. VGH München, Beschl. v. 11.02.2009 – 6 CS 08.2894 –, juris; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 80 Rn. 183). Gegenstand des Abänderungsantrages kann folglich nur derjenige gerichtliche Beschluss nach § 80 Abs. 5 VwGO sein, der in der Vergangenheit und mit Wirkung noch im Zeitpunkt der Stellung des Antrages nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO die Frage der Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes entschieden hat und entsprechend materielle Rechtskraft entfaltet. Ein Beschluss des Beschwerdegerichts, der – wie vorliegend der Beschluss vom 24. November 2010 – lediglich in dem Sinne über das Rechtsmittel der Beschwerde entscheidet, dass er die Beschwerde gegen den Beschluss der Vorinstanz nach § 80 Abs. 5 VwGO zurückweist oder als unzulässig verwirft, kann infolgedessen nicht Gegenstand des Abänderungsantrages sein bzw. ist kein „Beschluss über Anträge nach Absatz 5“ im Sinne von § 80 Abs. 7 VwGO, der Rechtskraftwirkung entfalten könnte. Für die Abänderung einer solchen Beschwerdeentscheidung besteht auch kein Bedürfnis, da § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO die Möglichkeit zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung eröffnet. Ändert demgegenüber das Beschwerdegericht den Beschluss des Verwaltungsgerichts gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ab, ist diese Entscheidung des Beschwerdegerichts diejenige, die in der Vergangenheit und mit Wirkung noch im Zeitpunkt der Stellung des Antrages nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO die Frage der Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes entschieden hat, und kann diese folglich Gegenstand eines Abänderungsantrages sein. Dass der Beschluss des Beschwerdegerichts über die Zurückweisung oder Verwerfung der Beschwerde nicht Gegenstand eines Antrages nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO sein kann, folgt zudem aus der Erwägung, dass dann das Beschwerdegericht in seiner Funktion als Rechtsmittelgericht eine erneute oder – im Falle der vorherigen Verwerfung der Beschwerde – erstmalige Beurteilung der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vornehmen müsste, die aber gerade im Abänderungsverfahren nicht erfolgt. Der Beschwerde – wie beantragt – stattzugeben, verlangte gerade eine entsprechende Richtigkeitsprüfung.

6

§ 80b Abs. 3 VwGO, nach dem § 80 Abs. 5 bis 8 und § 80a VwGO entsprechend gelten, erfasst schließlich nur Anordnungen des Oberverwaltungsgerichts nach § 80b Abs. 2 VwGO.

7

Der Antrag gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO ist jedenfalls auch unbegründet. Die Abänderung eines Beschlusses über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kommt nur in Betracht, wenn sich Umstände verändert haben oder Umstände im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemacht worden sind, die die entscheidungstragenden Erwägungen des Beschlusses betreffen, also entscheidungserheblich waren und sind. Der Abänderungsantrag ist vom Antragsgegner damit begründet worden, dass der Senat in den Berufungsverfahren Az. 1 L 59/10 und 1 L 125/10 nunmehr in der Sache zu Gunsten des Beklagten entschieden habe. Dieser Umstand ist hinsichtlich der tragenden Erwägung des Beschlusses vom 24. November 2010 – 1 M 145/10 –, das Beschwerdevorbringen genüge nicht dem Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO und folglich sei die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, offensichtlich ohne Relevanz: Die Frage der Erfüllung des Darlegungserfordernisses stellt sich nicht in einem anderen Licht dar, weil den Berufungen des Beklagten stattgegeben worden ist, unabhängig davon, dass die Urteile mit vollständiger Begründung ohnehin noch nicht zugestellt sind.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

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Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 47 GKG.

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