Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (2. Senat) - 2 L 21/08

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts B-Stadt - 3. Kammer - vom 4. Dezember 2007 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.841,50 Euro festgesetzt.

Gründe

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Der Kläger begehrt eine weitere Flächenbeihilfe zur Ernte 2002, die der Beklagte verweigert, weil der Kläger nicht förderfähige Flächen, die am 31. Dezember 1991 als Dauerkulturen (Obstbäume) genutzt wurden und deren Umwidmung bzw. Umwandlung nicht vom Amt für Landwirtschaft anerkannt wurde, seinem Antrag zugrunde gelegt habe.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Klage insoweit mit Urteil vom 4. Dezember 2007 abgewiesen.

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Der hiergegen fristgerecht eingelegte und begründete Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor bzw. sind nicht hinreichend dargelegt.

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Ein auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützter Zulassungsantrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Die Begründung des Zulassungsantrags muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb sich diese aus der Sicht des Zulassungsantragstellers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Zulassungsantragsteller muss sich insofern an der Begründungsstruktur des angefochtenen Urteils orientieren. Geht er auf eine Erwägung nicht ein, kann das Oberverwaltungsgericht diese nicht von sich aus in Zweifel ziehen. Diese Anforderungen an die Begründung eines Zulassungsantrags sind für den Zulassungsantragsteller auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Zulassungsantragsteller rechtskundig vertreten sind (vgl. Beschluss des Senats vom 21. Juni 2011 - 2 L 94/11 - m.w.N.).

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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens nicht abschließend übersehen lassen, die Begründung des Zulassungsantrags aber die Einsicht vermittelt, der beabsichtigten Berufung seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen. Die Zulassung ist dagegen zu versagen, wenn sich die vom Zulassungsantragsteller geäußerten Zweifel ohne Weiteres ausräumen lassen (Beschluss des Senats vom 21. Juni 2011 - 2 L 94/11 - m.w.N.).

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Daran gemessen hat der Zulassungsantrag keinen Erfolg.

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Das Verwaltungsgericht hat die Klagabweisung darauf gestützt, dass der Kläger „nicht ohne Schuld“ i.S. des Art. 44 Abs. 1 VO (EG) Nr. 2419/2001 sachlich unrichtige Angaben gemacht habe. Denn die noch streitige Flächenbeihilfe beziehe sich auf Flächen, die nicht durch einen Bescheid umgewidmet worden seien. Der Kläger, der hinsichtlich der beantragten Flächen im Antragsformular „Flächenprämien 2002“ versichert habe, dass es sich nicht um Flächen handele, die als am 31. Dezember 1991 als Dauerkulturen genutzt worden seien, „es sei denn eine Umwidmung ist vom Amt für Landwirtschaft anerkannt worden“, habe zumindest fahrlässige Falschangaben gemacht. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass die 1999/2000 übernommenen Flächen ursprünglich Obstplantagen gewesen seien. Er habe sich - so das Verwaltungsgericht - nachdem ihm von dem Landwirt, von dem er die Flächen übernommen habe, lediglich Anträge auf Umwidmung der Flächen vorgelegt worden seien, nicht darauf verlassen dürfen, dass die Flächen auch durch entsprechenden Bescheid tatsächlich umgewandelt worden seien. Soweit die Flächen auch in der Vergangenheit gegenüber dem Rechtsvorgänger des Klägers gefördert worden seien, sei dies - so das Verwaltungsgericht - für die Frage des Verschuldens des Klägers irrelevant. Denn die mit dem Prämienantragsformular geforderte „Zusicherung“ verlange mehr als eine „Erklärung nach bestem Wissen und Gewissen“, nämlich u.U. ein Tätigwerden, ein Sichkümmern um die inhaltliche Richtigkeit der Zusicherung.

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Soweit der Kläger dem entgegenhält, der Beklagte habe einen Vertrauenstatbestand geschaffen, indem er in den vergangenen 4 Jahren dem Rechtsvorgänger des Klägers Flächenbeihilfen gewährt habe, übergeht dieses Vorbringen den rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichts, dass die in dem Antragsformular vorgesehene, ausdrücklich als solche bezeichnete „Versicherung“ von dem Kläger verlange, dass er, wenn er die Umwidmung durch das Amt für Landwirtschaft behaupte, sich positive Kenntnis über diese außerordentliche Ausnahme der Beihilfefähigkeit der ehemaligen Dauerkulturflächen verschaffen müsse. Eine Auseinandersetzung mit diesen Anforderungen findet nur vom Ergebnis her statt.

9

Soweit der Kläger meint, die Annahme einer Richtigkeitsgewähr und Garantiehaftung des Landwirts insoweit laufe der Exkulpationsmöglichkeit des Art. 44 Abs. 1 VO (EG) Nr. 2419/2001 zuwider, weil der Betroffene nie belegen könne, dass ihn keine Schuld treffe, erscheint dies nicht zwingend. Denn einen Antragsteller, der etwa unter Berufung auf einen konkreten Umwidmungsbescheid z.B. darlegen kann, keine Kenntnis von einem diesen abändernden Widerrufs- oder Rücknahmebescheid gehabt zu haben, träfe „keine Schuld“ i.S. des Art. 44 Abs. 1 VO (EG) Nr. 2419/2001.

10

Auch das Vorbringen, der Kläger hätte, selbst wenn er sich den Umwidmungsbescheid hätte vorlegen lassen, daraus nicht schließen können, ob die konkret in Rede stehenden Flächen umgewandelt worden seien, weil in dem Umwidmungsbescheid vom 1. März 1995 lediglich eine Gesamtgröße, nicht aber einzelne Flurstücke bezeichnet worden seien, verhilft dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Insoweit übersieht der Kläger, dass jedenfalls die von dem Umwidmungsbescheid vom 1. März 1995 betroffenen Flächen durch die dem Bescheid beigefügte Anlage, in der die einzelnen Flächen in einer Kopie des Nutzungsnachweises gekennzeichnet sind, ohne Weiteres ersichtlich sind. Nur durch diese Anlage wird ein Umwidmungsbescheid, soweit die Flächen nicht im Einzelnen aufgelistet sind, auch hinreichend bestimmt i.S. des § 37 Abs. 1 VwVfG M-V. Im Übrigen hat der Kläger stets vorgetragen, dass ihm die Anträge auf Umwidmung bekannt gewesen seien; so dass es sich sogar aufdrängen musste, deren Genehmigung zu hinterfragen.

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Auch die vom Kläger behauptete Abweichung von einer Entscheidung des erkennenden Gerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegt nicht vor. In dem in Bezug genommenen Beschluss des Senats vom 23. August 2005 (- 2 L 217/01 -, zit. nach juris Rn. 10 ff.) wurde der Rechtssatz aufgestellt, dass § 48 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG nicht bezweckt, die Sorgfaltspflicht der für den Erlass des begünstigenden Verwaltungsaktes zuständigen Behörde im Hinblick auf die Prüfung der Rechtslage allgemein zu verringern. Das Verwaltungsgericht hat weder ausdrücklich noch unausgesprochen einen hiervon abweichenden Rechtssatz aufgestellt. Dies schon deshalb nicht, weil hier nicht die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts und die sich in diesem Zusammenhang stellenden Vertrauensschutzgesichtspunkte entscheidungserheblich waren, sondern die Bewilligung einer Flächenbeihilfe auf der Grundlage insbesondere des Art. 7 der VO (EG) Nr. 1251/1999 und des Art. 44 der VO (EG) Nr. 2419/2001 zugrunde lag. Ein besonderes Bestandschutzinteresse bestand aufgrund dieser Verfahrenskonstellation eines Verpflichtungsbegehrens schon nicht. Eine Divergenz i.S. des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist auch nicht insoweit dargelegt, als der Kläger einen generellen Rechtssatz dahingehend behauptet, dass Rechtstatsachen - wie hier durch einen Umwidmungsbescheid - generell nicht vom Antragsteller darzulegen und zu beweisen seien. Einen solchen Rechtssatz hat der erkennende Senat nicht aufgestellt. Außerdem unterliegt es keinen Zweifeln, dass sich ein Antragsteller nur dann auf Art. 44 Abs. 1 VO (EG) Nr. 2419/2001 berufen kann, wenn er den ihm durch das Antragsformular und in Einklang mit europarechtlichen Vorschriften besonders auferlegten Obliegenheiten, die durch die Formulierung einer „Versicherung“ die besondere Bedeutung der Erklärung hervorhebt, nachgekommen ist (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 27. Juli 2010 – 10 LA 38/09 -, zit. nach juris Rn. 5).

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

13

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.

14

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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