Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (2. Senat) - 2 M 234/13

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin – 1. Kammer – vom 19.11.2013 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

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Antragstellerin ist die Stadtvertretung (Bürgerschaft), Antragsgegner der Oberbürgermeister und der Beigeladene ein Beamter des höheren Dienstes der Stadt A..

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Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit und die Umsetzung eines Beschlusses der Antragstellerin vom 06.03.2013, durch den der Beigeladene zum Leiter des städtischen Rechnungsprüfungsamtes bestellt wurde.

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Durch Beschluss vom 19.11.2013 hat das Verwaltungsgericht im Wege der einstweiligen Anordnung festgestellt, dass der genannte Beschluss der Antragstellerin rechtmäßig sei und dem Antragsgegner aufgegeben, die Stellenbesetzung binnen zwei Wochen nach Rechtskraft der erstinstanzlichen Entscheidung vorzunehmen.

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Die dagegen gerichtete Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt nicht die Änderung der angefochtenen Entscheidung.

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Im Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der obergerichtlichen Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts anhand derjenigen Gründe zu überprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Vor diesem Hintergrund verlangt das Darlegungserfordernis von dem Beschwerdeführer, dass die Beschwerdebegründung auf die rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen eingeht, auf die das Verwaltungsgericht seine Entscheidung gestützt hat. Die Beschwerdebegründung muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb sich diese aus der Sicht des Beschwerdeführers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen der Ausgangsbeschluss unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer muss sich insofern an der Begründungsstruktur der angefochtenen Entscheidung orientieren. Grundsätzlich reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts ebenso wenig aus wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen. Stützt das Verwaltungsgericht sein Ergebnis alternativ auf mehrere Begründungen, muss die Beschwerde alle Begründungen aufgreifen, sich mit diesen auseinandersetzen und sie in Zweifel ziehen. Geht die Beschwerdebegründung auf nur eine Erwägung nicht ein, die die angefochtene Entscheidung selbständig trägt bzw. lässt diese unangefochten, bleibt der Beschwerde schon aus diesem Grund der Erfolg versagt. Diese Anforderungen an die Beschwerdebegründung sind für einen Beschwerdeführer auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Beschwerdeführer rechtskundig vertreten sind (vgl. Beschluss des Senats vom 12.02.2013 – 2 M 66/12 –, m.w.N.).

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Die Anwendung dieser Maßstäbe führt zu dem Ergebnis, dass die Beschwerde zurückzuweisen ist.

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Zunächst ist festzustellen, dass die vom Verwaltungsgericht getroffene Feststellung zur Rechtmäßigkeit des Beschlusses der Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung nicht gesondert in Zweifel gezogen wird, sondern lediglich im Rahmen der Kritik daran, dass das Verwaltungsgericht dem Antragsgegner aufgegeben hat, die von der Antragstellerin beschlossene Stellenbesetzung vorzunehmen.

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Das Verwaltungsgericht hat den Anordnungsgrund im Sinne von § 123 Abs. 1 VwGO mit der Begründung bejaht, dass der Antragstellerin ein Abwarten auf die Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar sei. Ersichtlich ist das Verwaltungsgericht dabei davon ausgegangen, dass es nicht ernsthaft in Betracht komme, die Stelle über Jahre unbesetzt zu lassen. Dies ist offenbar auch für den Antragsgegner keine Alternative, sodass sich der Streit im Ergebnis darauf beschränkt, ob während des Laufes des Hauptsacheverfahrens die Stelle mit dem von der Antragstellerin ausgewählten Beigeladenen oder mit einer vom Antragsgegner ausgewählten Person zu besetzen ist. Unter dieser – ersichtlich unstreitigen - Voraussetzung hat das Verwaltungsgericht den Anordnungsgrund bejaht, weil die Antragstellerin sonst für die Zeit des Hauptsacheverfahrens ihre Zuständigkeit nach § 22 Abs. 2 Nr. 3 KV M-V „endgültig und irreparabel verlieren“ würde. Der Antragsgegner würde für diese Zeit faktisch „die Bestimmung, wer das Rechnungsprüfungsamt leitet, auf sich selbst“ übertragen.

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Mit dieser Argumentation setzt sich die Beschwerdebegründung nicht substantiiert auseinander. Der Antragsgegner macht allerdings geltend, dass die von ihm vorgenommene Aufgabenübertragung nur kommissarisch erfolgt sei. Dies ist jedoch vom Verwaltungsgericht ersichtlich nicht verkannt worden. Es ist ausdrücklich von einer „kommissarische(n) Übertragung der Aufgabe auf eine Mitarbeiterin des Rechnungsprüfungsamts“ ausgegangen (siehe S. 4 Beschlussabdruck). Nicht nachvollziehbar ist die Auffassung des Antragsgegners, der Anordnungsgrund sei zu verneinen, weil der Beigeladene durch die Übertragung der umstrittenen Stelle (unumkehrbar) „seine bisherige Stelle verlieren werde“. Der Senat geht davon aus, dass es der Antragsgegner selbst in der Hand hat, die Wahrnehmung der bisherigen Aufgaben des Beigeladenen so zu organisieren, dass dies rückgängig zu machen wäre, wenn das Hauptsacheverfahren zugunsten des Antragsgegners ausgehen sollte, etwa durch eine kommissarische Umsetzung.

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Auch bezüglich des Anordnungsanspruchs führt das Beschwerdevorbringen nicht zu einem für den Antragsgegner günstigeren Ergebnis.

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Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass es nach §§ 22 Abs. 3 Nr. 3 KV M-V, 2 Abs. 2 Satz 1 KPG M-V allein Sache der Antragstellerin sei, den Leiter des Rechnungsprüfungsamts zu bestellen. Diesen rechtlichen Ansatz hat die Beschwerdebegründung nicht substantiiert in Zweifel gezogen.

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Allerdings meint der Antragsgegner, die Entscheidung der Antragstellerin sei rechtswidrig gewesen, weil die Antragstellerin bei der Prüfung der Eignung des Beigeladenen keine vollständigen Aktenkenntnisse gehabt habe. Hierzu ist zum einen anzumerken, dass es bei der Entscheidung einer Stadtvertretung über eine Personalfrage nicht erforderlich ist, dass alle Stadtvertreter die Bewerbungsunterlagen sowie die Personalakten selbst vollständig einsehen. Zum anderen reicht es für die Feststellung eines Verfahrensfehlers bei einer Personalauswahlentscheidung nicht aus, dass man lediglich rügt, dass keine umfassenden Tatsachenkenntnisse vorgelegen hätten. Erforderlich wäre zudem gewesen, konkret darzutun, welche Tatsachen übersehen worden sein sollen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen würden, dass die Entscheidung anders ausgefallen wäre. Derartiges ist aber der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Das Verwaltungsgericht hat demgegenüber festgestellt, dass der Beigeladene in der von ihm bislang innegehabten Position eines Stadtverwaltungsdirektors (A 15 BBesO) in allen Einzelmerkmalen und insgesamt die Spitzennote „sehr gut“ erhalten habe. Dem hat der Antragsgegner nicht widersprochen wie auch nicht der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass der hier umstrittene Dienstposten ebenfalls mit A 15 bewertet ist. In der erstinstanzlichen Entscheidung ist von einer „ranggleichen“ Umsetzung des Beigeladenen die Rede (siehe S. 3 f. Beschlussabdruck). Außerdem hat das Verwaltungsgericht einen Verstoß gegen den aus Art. 33 GG herzuleitenden Grundsatz der Bestenauslese „schon deshalb“ ausgeschlossen, weil der Beigeladene am Ende des Besetzungsverfahrens „der einzig verbliebene“ Bewerber gewesen sei. Auch diesem Argument ist der Antragsgegner in der Beschwerdebegründung nicht substantiiert entgegengetreten.

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Soweit der Antragsgegner auch in zweiter Instanz die Auffassung vertritt, Rechte der Personalvertretung seien verletzt worden, beschränkt sich die Beschwerdebegründung im Wesentlichen auf die Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags, auf den das Verwaltungsgericht aber bereits eingegangen ist (vgl. S. 6 f. Beschlussabdruck). Mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts setzt sich die Beschwerdebegründung demgegenüber nicht substantiiert auseinander.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 GKG.

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Dieser Beschluss ist gemäß §§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

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