Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (1. Senat) - 1 LZ 191/19 OVG

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 7. Februar 2019 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 85,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die Auferlegung von Verwaltungsgebühren.

2

Am 7. September 2016 nahm unter anderem die Amtstierärztin L. nach – eine andere Tierherde betreffenden – Beanstandungen die Schafherde des Klägers in Augenschein. Nach dem darüber gefertigten Protokoll wiesen die Tiere „Moderhinke“ und Durchfall auf. Es wurden Fotos angefertigt und eine Kontrolle der Tierhaltung am 19. Oktober 2016 in Aussicht genommen. Nach dem Kontrollbericht vom 19. Oktober 2016, angefertigt durch die Tierärztin D., waren bei den 160 auf der Weide befindlichen Tieren keine Lahmheiten festzustellen, der geringgradiger Durchfall beruhe auf einer Futterumstellung. Ein Witterungsschutz für die Tiere sei nicht vorhanden, was bis zum 1. Dezember 2016 geändert werden müsse.

3

Der Beklagte erließ gegenüber dem Kläger unter dem 10. Januar 2017 den hier angefochtenen Gebührenbescheid, mit dem er für die anlassbezogene Tierschutzkontrolle am 19. Oktober 2016 Verwaltungsgebühren von insgesamt 85,00 Euro festsetzte. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchbescheid vom 5. April 2017 zurück. Zur Begründung heißt es unter anderem, der Kläger habe für die vorgenommene Amtshandlung einen besonderen Anlass gegeben, die Gebühren würden nach den Gebührennummern der Veterinärkostenverordnung M-V (VetKostVO M-V) nach dem Zeitaufwand abgerechnet.

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Der Kläger erhob Klage, die das Verwaltungsgericht Greifswald mit Urteil vom 7. Februar 2019 (3 A 1014/17 HGW), dem Kläger zugestellt am 13. Februar 2019, abwies.

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Zur Begründung ist ausgeführt, die Voraussetzungen nach Nr. 1.1.3 des Gebührenverzeichnisses lägen im Falle des Klägers vor, dieser habe als Halter der Schafherde einen besonderen Anlass für die am 19. Oktober 2016 durchgeführte Kontrolle gegeben. Anlässlich der am 7. September 2016 durchgeführten Kontrolle sei der Amtstierärztin aufgefallen, dass mehrere Tiere hinkten und an Durchfall litten. Damit habe ein besonderer Anlass i.S.d. genannten Vorschrift vorgelegen. Es habe nicht ausgeschlossen werden können, dass einzelne Tiere der Schafherde nicht angemessen ernährt oder gepflegt worden seien. Irrelevant sei, dass sich die Befürchtungen nicht bestätigt hätten. Maßgeblich sei keine ex-post-Betrachtung, wonach die Gebühr nur dann entstehe, wenn die befürchteten Missstände Im Rahmen der Kontrolle auch festgestellt würden. Für den Tatbestand der Nr. 1.1.3 des Gebührenverzeichnisses komme es auf eine ex-ante-Betrachtung an. Habe es danach objektive Hinweise auf tierschutzwidrige Zustände gegeben, so liege ein besonderer Anlass im Sinne der Vorschrift auch dann vor, wenn solche Verstöße später nicht festgestellt werden könnten. Dies sei hier der Fall, zudem sei hier zu beachten, dass das Merkmal „besonderer Anlass“ eine gewisse Einschätzungsprärogative umfasse. Diese schließe es aus, dass im Nachhinein darüber gestritten werden, ob sich die Veterinärbehörde bereits bei einem erkrankten Tier oder erst bei zwei oder mehreren möglicherweise erkrankten Tieren zu einer Kontrolle veranlasst sehen durfte.

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Der Kläger hat am 7. März 2019 dagegen den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt und diesen mit am 2. April 2019 eingegangenem Schriftsatz begründet. Danach bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteil nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Der Kläger habe keinen Anlass für die gebührenpflichtigen Amtshandlungen gegeben. Bei einer Schafherde von 160 Tieren könne es immer vorkommen, dass einzelne Tiere lahmten oder Durchfall hätten, ohne dass der Tierhalter hierfür einen Anlass gegeben habe. Die Tierärztin habe auch nicht festgestellt, dass die Missstände vom Kläger verursacht worden seien. Dies sei jedoch Voraussetzung dafür, dass er einen besonderen Anlass für die weitere Kontrolle gegeben habe. Auch der Umstand, dass die Kontrolle vom 19. Oktober 2016 erst 42 Tage nach den Feststellungen der Tierärztin vom 7. September 2016 erfolgt sei, zeige, dass es an einem besonderen Anlass gefehlt habe. Eine Amtsveterinärin sei schon dienstrechtlich verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass ein Tierschutzverstoß unverzüglich abgestellt werde.

7

Die Berufung sei auch nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Es bedürfe einer grundsätzlichen Entscheidung, ob ein Veterinär immer dann, wenn er einen Missstand bei einem Tier feststelle, die Kosten für eine Folgekontrolle auf den Tierhalter umlegen könne, selbst dann, wenn der Tierhalter für den Missstand weder eine Ursache gesetzt habe noch es Anhaltspunkte gebe, dass ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vorliege.

II.

8

Der Antrag des Klägers gegen das im Tenor bezeichnete Urteil ist zulässig, insbesondere fristgemäß gestellt und begründet worden, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

9

Die geltend gemachten Zulassungsgründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung; dabei berücksichtigt der Senat, dass die Voraussetzungen an eine Berufungszulassung mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.08.2011 – 1 BvR 1764/09 –, NVwZ-RR 2011, 963).

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1. Das Zulassungsvorbringen begründet keine ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der streitgegenständliche Gebührenbescheid vom 10. Januar 2017 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Bescheid auf die Gebührennummern des Gebührenverzeichnisses der Anlage zur Veterinärverwaltungskostenverordnung gestützt werden kann. Nach der Gebührennummer 1.1.3 ist die Gebühr für Amtshandlungen, für die der Rechtsunterworfene einen Anlass gegeben hat, nach Zeitaufwand zu berechnen. Es ist insbesondere zutreffend, dass der Kläger auch Schuldner der Gebührenforderung ist. Er hat im Sinne der eben genannten Gebührennummer 1.1.3 einen besonderen Anlass zu der in der Kontrolle der Schafherde am 19. Oktober 2016 liegenden Amtshandlung gegeben. Die dagegen vom Kläger erhobenen rechtlichen Bedenken greifen nicht durch.

11

Gegenstand der Gebührenforderung ist die Kontrolle vom 19. Oktober 2016. Dies wird trotz dahingehender Ungenauigkeiten im Widerspruchsbescheid, wonach der fehlende Witterungsschutz der Grund für die gebührenpflichtige Amtshandlung gewesen sein soll, im Bescheid vom 10. Januar 2017 hinreichend zum Ausdruck gebracht und im Klageverfahren von dem Beklagten (Schriftsatz vom 16. Januar 2019) bestätigt.

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Der Kläger hat zu dieser Kontrolle entsprechend der Gebührennummer 1.1.3 Anlass gegeben. Veranlasser einer Amtshandlung (vgl. auch § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG M-V) ist, wer willentlich einen Tatbestand schafft, der die als Amtshandlung zu qualifizierende Tätigkeit der Behörde in Gang setzt (Senatsurt. v. 15.04.2009 – 1 L 92/08 –, juris, Rn. 20). Veranlasser im gebührenrechtlichen Sinne ist darüber hinaus, in wessen Pflichtenkreis sie erfolgt (BVerwG, Urt. v. 22.08.2012 – 6 C 27/11 –, juris, Rn. 32). Dies trifft hier für die Person des Klägers zu. Er ist Halter einer Schafherde von 160 Tieren und unterliegt den Verpflichtungen des § 2 Nr. 1 TierSchG, wonach der Tierhalter seine Tiere ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen hat. Die Kontrolle vom 19. Oktober 2016 diente als Aufsichtsmaßnahme nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 TierSchG der Überwachung dieser dem Kläger obliegenden Pflichten.

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Die Gebührenerhebung gegenüber dem Kläger entspricht damit auch den Anmerkungen zu der Gebührennummer 1.1.3. Danach können Gebühren erhoben werden für Amtshandlungen, die auf besondere Veranlassung vorgenommen werden wie insbesondere Nachkontrollen aufgrund von Beanstandungen und Kontrollen aufgrund berechtigter Beanstandungen. Regelmäßig durchzuführende Überprüfungen oder Kontrollen sind demgegenüber den allgemeinen Überwachungsmaßnahmen zuzuordnen. Hier ist ausweislich des amtstierärztlichen Protokolls vom 7. September 2016 betreffend die Schafherde des Klägers ein anscheinend bestehender, mit entsprechenden Fotos veranschaulichter veterinärmedizinischer Missstand von „Moderhinke“ und Durchfall beanstandet und als Maßnahme des Veterinäramtes die Kontrolle am 19. Oktober 2016 vorgesehen worden.

14

Der Einwand des Klägers, es sei nicht tierärztlich festgestellt worden, dass dieser Missstand vom Kläger verursacht worden sei, es könne bei einer Herde von 160 Schafen immer vorkommen, dass einzelne Tiere lahmten oder unter Durchfall litten, ändert nichts daran, dass der Kläger bei der gebotenen rechtlichen Betrachtung als Veranlasser der Kontrolle vom 19. Oktober 2016 anzusehen ist. Wenn sich bei der angeordneten Nachkontrolle am 19. Oktober 2016 keine weiteren Erkrankungen der Schafherde herausgestellt haben, so rechtfertigt dieser Umstand nicht den Schluss, dass die Anordnung der Nachkontrolle nicht zur Überwachung der Einhaltung tierschutzrechtlicher Bestimmungen erforderlich gewesen ist und damit nicht in den Pflichtenkreis des Klägers fällt. Wenn sich ein veterinärmedizinischer Verdacht nicht bestätigt, so steht das nicht der Annahme entgegen, dass die Nachkontrolle gerechtfertigt war. Wenn ausreichende Anzeichen für einen möglichen Missstand vorgelegen haben, sich als tatsächlicher Hintergrund aber – wie hier – nur eine nicht zu beanstandende Futterumstellung herausstellt, so spricht das nicht gegen die Notwendigkeit der Nachkontrolle. Mit dem Zulassungsvorbringen daran zu zweifeln, dass es einen veterinärmedizinischen Anlass für die Nachkontrolle gegeben habe, sieht der Senat keine Veranlassung. Nach der Dokumentation vom 7. September 2016 sind unter anderem durch die Amtstierärztin L. die genannten Beeinträchtigungen bei den Schafen des Klägers festgestellt worden. Das Gesetz traut den Amtstierärzten aufgrund ihrer besonderen Fachkunde grundsätzlich zu, einen möglicherweise schlechten Ernährungszustand sowie mögliche Erkrankungen bei Tieren zu erkennen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 08.10.2018 – OVG 5 S 52.17 –, juris, Rn. 10). Die Gutachten der beamteten Tierärzte erachtet der Gesetzgeber gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG grundsätzlich als ausreichend und maßgeblich dafür, einen Verstoß gegen die Grundpflichten zur artgerechten Tierhaltung nach § 2 TierSchG nachzuweisen (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2014 – 3 B 62/13 –, juris, Rn. 13). Besondere Einwände gegen die Richtigkeit der tierärztlichen Feststellungen vom 7. September 2016 trägt der Kläger nicht vor. Solche sind für den Senat auch sonst nicht erkennbar. Aus dem Ablauf von 42 Tagen zwischen der Kontrolle vom 7. September 2016 und dem Termin am 19. Oktober 2016 kann jedenfalls auf eine Fehlerhaftigkeit der bei der Kontrolle gemachten Feststellungen nicht geschlossen werden.

15

2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

16

Die vorliegend von dem Kläger gestellte Frage,

17

ob ein Veterinär immer dann, wenn er einen Missstand bei einem Tier feststelle, die Kosten für eine Folgekontrolle auf den Tierhalter umlegen könne, selbst dann, wenn der Tierhalter für den Missstand weder eine Ursache gesetzt habe noch es Anhaltspunkte gebe, dass ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vorliege,

18

ist schon nicht klärungsfähig, weil sie für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich gewesen ist und sich auch in einem Berufungsverfahren nicht stellen würde (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 124, Rn. 37). Wie oben ausgeführt, ist das Verwaltungsgericht vielmehr davon ausgegangen, dass aufgrund der Kontrolle vom 7. September 2016 nicht habe ausgeschlossen werden können, dass Tiere der klägerischen Schafherde nicht angemessen ernährt oder gepflegt worden seien. Davon, dass es für einen Verstoß gegen Tierschutzvorschriften keine Anhaltspunkte gegeben habe, spricht die angefochtene Entscheidung damit gerade nicht. Den Darlegungsanforderungen für eine Grundsatzrüge wird zudem nicht dadurch genügt, dass die Kritik an der vom Verwaltungsgericht vorgenommene Würdigung des Einzelfalls in allgemeine Frageform gekleidet wird.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

20

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 GKG i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.

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