Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 12 A 1938/14
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber nicht begründet, weil keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt.
3I. Das Zulassungsvorbringen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Der Kläger stellt die entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage.
4Der Kläger vermag nicht in Zweifel zu ziehen, dass er in seiner Erklärung vom 17. Juni 2009 auf dem Formblatt 3 schuldhaft jedenfalls unvollständige Angaben zu einer noch ausstehenden Einkommensteuerveranlagung im Kalenderjahr 2007 gemacht hat, wie vom Verwaltungsgericht angenommen. Die Frage „Werden sie noch für das nach Zeile 46 und 47 maßgebliche Kalenderjahr zur Einkommensteuer veranlagt?“ (Zeile 54) war weder so zu verstehen, dass sie nur Erklärende betreffen sollte, die zu den in den Zeilen 49 bis 52 erfassten Personengruppen gehörten, noch ließ sie sich dahingehend deuten, dass die Formulierung „zur Einkommensteuer veranlagt“ nur für Steuerpflichtige gelten sollte, die auch tatsächlich Steuern zahlen müssten. Wenn der Kläger dennoch von einer solchen Bedeutung der Frage ausging, wie behauptet, hat er sich unzureichend mit dem Inhalt des Formblatts befasst, so dass das Verwaltungsgericht ihm zu Recht Fahrlässigkeit angelastet hat. Auf eine „Intransparenz“ des Formblatts kann sich der Kläger hierbei nicht mit Erfolg berufen. Denn soweit er meint, dem Verwaltungsgericht entgegenhalten zu können, aus dem Formblatt ergebe sich „an keiner Stelle …, dass die Angaben, die in den Zeilen 53 - 61 abgefragt werden, auch in dem Fall zu beantworten sind, in dem die Varianten unter den Zeilen 49 - 52 nicht mit ‚ja‘ zu beantworten sind“, vernachlässigt er, dass es eines solchen Hinweises nicht bedurfte, weil die Fragen in Zeilen 53 und 54 erkennbar allein auf den Tatbestand der Veranlagung zur Einkommensteuer an sich abstellen, nicht aber auf eine Erwerbstätigkeit, die in den Zeilen 49 bis 52 abgefragt wird, und erst recht nicht darauf, welche Art von Einkünften der Erklärende im maßgeblichen Jahr bezogen hat.
5Die Ausführungen des Klägers dazu, er habe mit seiner Erklärung nicht den Eindruck erwecken können, dass eine Veranlagung zur Einkommensteuer nicht stattgefunden habe und auch nicht mehr stattfinden werde, weil er zur Zeile 60 gar keine Angaben gemacht habe, gehen daran vorbei, dass er richtigerweise die Frage nach einer noch ausstehenden Veranlagung zur Einkommensteuer (Zeile 54) mit „ja“ hätte beantworten müssen und dass in diesem Fall in der Zeile 60 auch nichts anzugeben gewesen wäre, weil die dort formulierte Bedingung daran anknüpft, dass „keine Veranlagung zur Einkommensteuer durchgeführt worden ist und auch nicht mehr durchgeführt wird“.
6In Anbetracht des Vorstehenden gelingt es dem Kläger auch nicht, die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts zu erschüttern, er, der Kläger, habe es entgegen seiner Obliegenheit aus § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I schuldhaft unterlassen, den Erlass des unter dem 1. Juli 2009 ergangenen Einkommensteuerbescheides anzuzeigen. Denn da der Kläger bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt erkennen musste, dass die in der Zeile 54 des Formblatts 3 erfasste Frage von ihm in positivem Sinne zu beantworten war, wie dargelegt, musste ihm angesichts des Zusatzes „Bescheid nach Erhalt in Kopie übersenden“ auch gewahr werden, dass er den ausstehenden Einkommensteuerbescheid dem Beklagten unverzüglich vorzulegen hatte.
7Der Kläger wendet auch nichts Erhebliches gegen die Richtigkeit der Wertung des Verwaltungsgerichts ein, wonach er in seiner Erklärung vom 17. Juni 2009 zumindest fahrlässig falsche Angaben zum Bezug „anderer Einnahmen nach der BAföG-Einkommensverordnung“ (Zeilen 82/83) gemacht habe. Soweit das Verwaltungsgericht hierbei darauf abgestellt hat, der Steuerberater, den der Kläger (angeblich) um Rat gefragt habe, sei im Gegensatz zu einem Rechtsanwalt nicht eine sachkundige Person, auf deren Auskunft sich der Kläger ohne Weiteres hätte verlassen dürfen, vermag der Kläger nicht mit dem Einwand durchzudringen, der Steuerberater stehe „für finanzrechtliche Kompetenz schlechthin“ und gelte „als ausgewiesener Spezialist für alle finanziellen Fragen“. Fachgebiet des Steuerberaters ist die Hilfeleistung in Steuersachen (vgl. §§ 1 bis 3, 33 des Steuerberatungsgesetzes). Um eine Steuersache ging es bei der erbetenen Auskunft nicht. Die Frage, ob das Verletztengeld, welches der Kläger von der Berufsgenossenschaft bezog, eine „Einnahme nach der BAföG-Einkommensverordnung“ darstellte, war allein nach Maßgabe der besagten Verordnung zu beantworten. Das musste dem Kläger, wenn er sich pflichtgemäß mit der in der Zeile 82 des Formblatts 3 formulierten Frage befasst hätte, auch bewusst sein. Er konnte nicht davon ausgehen, dass sein Steuerberater über Fachkenntnisse auf dem Gebiet der Einkommensanrechnung im Ausbildungsförderungsrecht verfügt. Vor diesem Hintergrund durfte sich der Kläger mit der (angeblichen) Aussage des Steuerberaters, bei dem Verletztengeld handele es sich „wie steuerrechtlich in besonderen Fällen auch … um einen Zufluss anderen Status …, der nicht als Einkommen oder Einnahme anzusehen ist und daher auch nicht als Einkommen auf dem Formblatt anzugeben ist“, nicht zufrieden geben. Auf die Frage, ob die vom Kläger behauptete Auskunftseinholung überhaupt glaubhaft erscheint, kommt es mithin nicht an.
8Der Kläger geht ferner fehl in der Annahme, der mit dem angefochtenen Bescheid geforderte Erstattungsbetrag sei fehlerhaft berechnet, weil das für seine Tochter gewährte Kindergeld als auf den Leistungsanspruch anzurechnendes Einkommen unberücksichtigt geblieben sei. Das früher in § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BAföG erfasste Kindergeld gilt schon seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform und Verbesserung der Ausbildungsförderung - Ausbildungsförderungsreformgesetz (AföRG) vom 19. März 2001 (BGBl. I S. 390) zum 1. April 2001 nicht mehr als Einkommen i. S. d. § 21 BAföG.
9Vgl. dazu auch Hartmann, in: Rothe/Blanke, BAföG, Stand Mai 2015, § 21 Rn. 24.1.
10Sein weiterer Einwand, die Mutter der Auszubildenden müsse „mutmaßlich über anzurechnendes Einkommen verfügt haben“, welches zu einem niedrigeren Leistungsbetrag geführt hätte, greift bereits deshalb nicht durch, weil die für den Bewilligungszeitraum Oktober 2013 bis März 2014 entscheidungserheblichen Einkommensverhältnisse, auf die sein Vorbringen abhebt, keine Rückschlüsse darauf zulassen, welches Einkommen im hier maßgeblichen Kalenderjahr 2007 bezogen wurde.
11Ernstliche Zweifel i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ergeben sich auch nicht aus dem im Kontext des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorgebrachten Einwand des Klägers, der Beklagte könne den in den gewährten Ausbildungsförderungsleistungen enthaltenen Darlehensanteil nicht als Schaden geltend machen, weil das Darlehen von der Auszubildenden zurückgezahlt werde. Denn in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist bereits geklärt, dass ein Vermögensschaden auch dadurch begründet werden kann, dass ungerechtfertigte Ausbildungsförderungsleistungen auf Darlehensbasis erbracht werden.
12Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1997
13- 5 B 123.96 -, juris.
14Die unrechtmäßige Gewährung von Ausbildungsförderungsleistungen schädigt den Leistungsträger auch hinsichtlich des Darlehensanteils der Förderung - ungeachtet der schon aus §§ 18 Abs. 5b, 18b BAföG resultierenden Ungewissheit einer vollständigen Rückzahlung - jedenfalls deshalb, weil in einem solchen Fall der gesetzliche Zweck der öffentlichen Mittel verfehlt wird.
15Vgl. zu diesem Aspekt BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 15/14 -, MDR 2015, 89, juris, m. w. N.
16Diesem Verständnis entsprechend differenziert § 47a Satz 1 BAföG nicht nach Darlehens- und Zuschussanteil der Förderung. Zu ersetzen ist der „Betrag, der nach § 17 Absatz 1 und 2 für den Auszubildenden als Förderungsbetrag zu Unrecht geleistet worden ist“, womit ein gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 BAföG geleisteter Darlehensanteil ausdrücklich eingeschlossen ist.
17Nach alledem gehen die Ausführungen des Klägers dazu, dass es sich bei § 47a BAföG um eine „verkappte Straf- und Ordnungswidrigkeitennorm“ handele, die gegen Art. 103 Abs. 2 und 3 GG verstoße, ins Leere. Eine Unbestimmtheit der Vorschrift legt der Kläger im Übrigen auch nicht hinreichend dar.
18Der Vortrag des Klägers, das Verwaltungsgericht habe „vor dem Hintergrund des hypothetischen Kausalverlaufs bei ‚rechtmäßigem‘ Alternativverhalten“ nicht von einem Schaden ausgehen dürfen, weil - zum einen - seiner Tochter wie für nachfolgende Bewilligungszeiträume Vorausleistungen nach § 36 BAföG bewilligt worden wären, wenn er den Bezug des Verletztengeldes in der Erklärung vom 17. Juni 2009 offenbart hätte, und - zum anderen - ein Übergang von Unterhaltsansprüchen gemäß § 37 BAföG auf das Land dann nicht stattgefunden hätte, da er seiner Tochter gegenüber mangels anrechnungsfähigen Einkommens nicht zum Unterhalt verpflichtet gewesen sei, greift schließlich ebenfalls nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass diese - bereits im Klageverfahren vertretene - Argumentation des Klägers nichts daran ändere, dass die Leistungen jedenfalls in dem hier maßgeblichen Bewilligungszeitraum zu Unrecht gemäß § 17 Abs. 2 BAföG bewilligt worden seien (vgl. S. 9 des Urteilsabdrucks, 1. Abs.). Mithin ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger sich insoweit nicht auf den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen könne, weil es entscheidend auf die unrechtmäßige Bewilligung der Leistungen ankomme und der vom Kläger dargestellte hypothetische Verlauf unbeachtlich sei. Diese Sichtweise wird durch das Zulassungsvorbringen nicht in Frage gestellt. Der Kläger legt nicht dar, warum es für die Prüfung des Bestehens eines Ersatzanspruchs nach § 47a BAföG geboten sein sollte, über den durch eine rechtswidrige Leistungsgewährung geschaffenen Zustand hinaus in den Blick zu nehmen, was sich mutmaßlich zugetragen hätte, wenn der tatbestandsmäßige Pflichtverstoß des in Anspruch Genommenen hinweg gedacht würde. Dazu hätte sich der Zulassungsantrag indes verhalten müssen, weil sich die Beantwortung der Frage, ob der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens im Einzelfall erheblich ist, nach dem Schutzzweck der jeweils verletzten Norm richtet,
19BGH, Beschluss vom 23. April 2013 - II ZB 7/09 -, NJW 2013, 2114, juris, m. w. N.; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2015 - 14 B 1364/14 -, juris,
20und sich hier keinesfalls ohne Weiteres aufdrängt, dass der Schutzzweck des § 47a BAföG eine Berücksichtigung des vom Kläger geltend gemachten „hypothetischen Kausalverlaufs“ gebietet. Vielmehr spricht aus den nachfolgenden Gründen alles für das Gegenteil.
21§ 47a BAföG begründet einen eigenständigen Schadenersatzanspruch des öffentlichen Rechts, welcher durch Leistungsbescheid des zuständigen Ausbildungsförderungsamtes geltend zu machen ist.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1992
23- 11 C 4.92 -, NJW 1993, 2328, juris; Spielbauer, in: Rothe/Blanke, a. a. O., § 47a Rn. 4 u. 8; Steinweg, in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Auflage 2014, § 47a Rn. 4.
24Seine Einführung war getragen von dem Willen des Gesetzgebers, eine Erweiterung der Schadensersatzpflicht herbeizuführen, da bis dahin nur die Möglichkeit bestanden hatte, bei vorsätzlich falschen Angaben gegen die Eltern oder den Ehegatten des Auszubildenden einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB geltend zu machen.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1992
26- 11 C 4.92 -, a. a. O., mit Hinweis u. a. auf
27BT-Drs. 7/2098, Anlage 2, Nr. 36 S. 34 (35).
28Der Konzeption einer durch Verwaltungsakt umzusetzenden und in ihrer Reichweite über das Deliktsrecht hinausgehenden öffentlich-rechtlichen Haftungsnorm widerspräche es, wenn das Ausbildungsförderungsamt bei der Prüfung eines Ersatzanspruchs nach § 47a BAföG zu berücksichtigen hätte, ob und inwieweit ein durch die rechtswidrige Gewährung von Ausbildungsförderungsleistungen entstandener Schaden im Nachhinein dadurch „ausgeglichen“ worden sein könnte, dass bei pflichtgemäßem Verhalten des in Anspruch zu nehmenden Elternteils aller Voraussicht nach Vorausleistungen bewilligt worden wären und ein Übergang des Unterhaltsanspruchs mangels Leistungsfähigkeit des Elternteils dann nicht stattgefunden hätte. Denn dazu müsste das Ausbildungsförderungsamt über die ihm von Rechts wegen zugewiesene Prüfungskompetenz hinaus nach zivilrechtlichen Maßstäben ermitteln, ob und in welcher Höhe der Elternteil dem Auszubildenden während des - hypothetischen - Bezugs von Vorausleistungen zum Unterhalt verpflichtet gewesen wäre, bevor es gegebenenfalls einen Leistungsbescheid nach § 47a BAföG erlässt. Das erschiene nach den in den §§ 11, 21 ff. BAföG angelegten Grundprinzipien der Einkommensanrechnung systemfremd.
29Mit dem Bundesausbildungsförderungsgesetz hat der Gesetzgeber ein System individueller Bildungshilfen geschaffen, das gemäß § 1 BAföG auf dem Grundsatz einer sozial modifizierten Staatsfinanzierung beruht: Die Mittel für die Ausbildungsförderung werden aus allgemeinen Steuereinnahmen aufgebracht, die Leistungen sollen jedoch nur solchen Auszubildenden zufließen, die zur Durchführung ihrer Ausbildung hierauf angewiesen sind. Damit geht das Bundesausbildungsförderungsgesetz vom Prinzip der Bedürftigkeit aus. Dabei verwirklicht es den Nachrang der öffentlich-rechtlichen Ausbildungsförderung allerdings nicht so, dass diese an Bestehen und Umfang einer Unterhaltspflicht im jeweils zu entscheidenden Falle anknüpft. Vielmehr rechnet es in § 11 Abs. 2 nach Maßgabe der folgenden Vorschriften im Regelfall einen nach Einkommen und Vermögen des Ehegatten und der Eltern pauschalierten Betrag als zumutbaren Beitrag dieser Person zu den Ausbildungskosten auf den Bedarf des Auszubildenden an, ohne auf Bestehen und Höhe eines privatrechtlichen Unterhaltsanspruchs abzustellen.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 1994 - 11 C
3119.93 -, BVerwGE 95, 252, juris, und Beschluss vom 5. Juli 1994 - 11 B 63.94 -, Buchholz 436.36 § 11 BAföG Nr. 27, juris.
32Dabei ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Bundesausbildungsförderungsgesetz von einem eigenständigen Einkommensbegriff ausgeht, der sich nicht notwendig und in allen Einzelheiten mit den zivilrechtlichen Bestimmungen zur Ermittlung der jeweiligen Unterhaltsverpflichtung im Einzelfall deckt. Der Gesetzgeber war bei der Konzeption des Bundesausbildungsförderungsgesetzes nicht verpflichtet, den Nachrang der öffentlich-rechtlichen Ausbildungsförderung in einer Weise zu verwirklichen, dass diese an Bestehen und Umfang der Unterhaltspflicht im jeweils zu entscheidenden Falle anknüpft. Der den Ehegatten und Eltern zugemutete Beitrag zu den Ausbildungskosten kann daher allgemein - unter Zubilligung von Freibeträgen vom Einkommen und Vermögen - in einer Höhe pauschaliert werden, die dem Umfang der Unterhaltspflicht nur im Regelfall entspricht.
33Vgl. BVerfG, Urteil vom 6. November 1985- 1 BvL 47/83 -, BVerfGE 71, 146, juris.
34Ob einem nach den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes auf den Bedarf des Auszubildenden anzurechnenden Einkommensbetrag eines Unterhaltspflichtigen ein (entsprechender) zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch des Auszubildenden gegenübersteht, haben die Ausbildungsförderungsämter in ihrer Verwaltungstätigkeit grundsätzlich unberücksichtigt zu lassen.
35Vgl. dazu, dass das Bestehen eines solchen Unterhaltsanspruchs nur ausnahmsweise im Falle der sog. Negativ-Evidenz von Bedeutung sein kann: OVG NRW, Beschluss vom 21. April 2015 - 12 A 388/14 -, juris (zu einem Auskunftsverlangen nach § 47 Abs. 4 BAföG i. V. m. § 60 Abs. 1 SGB I); BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1980 - 5 C 9.78 -, Buchholz 436.36 § 37 BAföG Nr. 12, juris (zu einer Überleitungsanzeige nach § 37 Abs. 1 BAföG a. F.).
36II. In Ansehung des Vorstehenden zeigt der Kläger auch nicht auf, dass die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist.
37III. Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Darlegung dieses Zulassungsgrundes setzt voraus, dass eine bestimmte, obergerichtlich oder höchstrichterlich noch nicht hinreichend geklärte und für das Berufungsverfahren entscheidungserhebliche Frage rechtlicher oder tatsächlicher Art herausgearbeitet und formuliert wird; außerdem muss angegeben werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Darzulegen sind hier also neben der konkreten Frage auch ihre Klärungsbedürftigkeit, ihre Klärungsfähigkeit und ihre allgemeine Bedeutung.
38Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. November 2010- 12 A 283/10 -, juris; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 124a Rn. 211, m. w. N.
39Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht. Eine konkrete klärungsbedürftige und -fähige Rechts- oder Tatsachenfrage von fallübergreifender Bedeutung zeigt der Kläger - auch sinngemäß - nicht auf. Seine Ausführungen beruhen zudem, wie bereits unter I. dargelegt, auf einem unzutreffenden Verständnis des Ver-mögensschadens.
40IV. Die Berufung kann schließlich nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zugelassen werden. Der Kläger legt einen Verfahrensmangel im Sinne dieser Vorschrift nicht dar, indem er dem Verwaltungsgericht vorhält, es habe den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt, weil es seinem Beweisangebot zur Vernehmung des Steuerberaters als Zeuge nicht nachgegangen sei. Denn ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat und die sich dem Gericht auch nicht aufdrängen musste; lediglich schrift-sätzlich angekündigte Beweisanträge genügen den genannten Anforderungen nicht.
41Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. August 2015
42- 1 B 37.15 -, juris, m. w. N.
43Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung hat der anwaltlich vertretene Kläger in der Verhandlung aber keinen Beweisantrag gestellt. Das Zulassungsvorbringen zeigt nicht auf, aus welchen Gründen sich dem Verwaltungsgericht eine weitere Aufklärung hätte aufdrängen müssen.
44Davon abgesehen erschließt sich aus dem Zulassungsvorbringen auch nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann. Auf die Glaubhaftigkeit der Auskunftseinholung kam es nach der Gedankenführung des Verwaltungsgerichts nicht entscheidend an. Eine Entscheidungs-erheblichkeit legt der Kläger durch den spekulativen Einwand, die Annahme der Unglaubhaftigkeit habe ein „Licht“ auf ihn geworfen und „das gesamte weitere Vorbringen des Gerichts negativ beeinflusst“, nicht hinreichend dar.
45Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.
46Mit diesem Beschluss, der nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar ist, wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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