Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 4 B 1332/18
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 31.8.2018 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 EUR festgesetzt.
G r ü n d e:
1Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den sinngemäßen Antrag,
2die aufschiebende Wirkung der Klage 19 K 1262/18 (VG Gelsenkirchen) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.2.2018 hinsichtlich der Schließungsverfügung unter II. wiederherzustellen,
3zu Recht abgelehnt. Es hat angenommen, die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung falle zu Lasten des Antragstellers aus. Die Schließungsverfügung, die sich auf die „I. 2“ an der S.-----straße 3-5 in E. bezieht, sei auf der Grundlage von § 15 Abs. 2 GewO offensichtlich rechtmäßig. Die Antragstellerin verfüge für die streitbetroffene Spielhalle nicht über die nach §§ 24 Abs. 1 GlüStV, 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis. Die Verfügung sei nicht ermessensfehlerhaft. Insbesondere sei die Erteilung einer Erlaubnis für die Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit einer weiteren Spielhalle stehe, wegen Verstoßes gegen das Verbundverbot nach § 16 Abs. 3 Satz 1 AG GlüStV NRW i. V. m. § 25 Abs. 2 GlüStV ausgeschlossen. Für eine unbillige Härte im Sinne des § 29 Abs. 4 GlüStV fehle es an jeglichem Anhalt. Die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin sei auch mit Blick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes unbedenklich, weil sich der Antragsteller, der beide Spielhallen selbst betreibe, nicht gegen eine zugunsten eines Konkurrenten ausgefallene Auswahlentscheidung wende.
4Diese Einschätzung wird durch das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nicht durchgreifend in Frage gestellt. Sie ist offensichtlich zutreffend.
5Ohne Erfolg wendet sich der Antragsteller dagegen, dass die Schließungsverfügung auf § 15 Abs. 2 GewO gestützt worden ist. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO kann die zuständige Behörde die Fortsetzung des Betriebs verhindern, wenn ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist, ohne Zulassung betrieben wird. Die Bestimmung setzt voraus, dass ein grundsätzlich nach Gewerberecht oder gewerberechtlichem Nebenrecht zulassungsbedürftiges Gewerbe betrieben wird, eine derartige Zulassung aber fehlt. Das auf das in Rede stehende Gewerbe bezogene Zulassungserfordernis kann sich auch aus landesrechtlichen Vorschriften ergeben.
6Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.6.2006 ‒ 6 C 19.06 ‒, BVerwGE 126, 149 = juris, Rn. 39.
7Das Erfordernis einer Erlaubnis nach §§ 24 Abs. 1 GlüStV, 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW, deren Fehlen die Antragsgegnerin der Antragstellerin vorhält, gehört zum Gewerberecht oder zum gewerberechtlichen Nebenrecht, auf das § 15 Abs. 2 GewO abstellt, obwohl es landesrechtlich begründet ist. Es fällt unter das in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallende Recht der Spielhallen nach Art. 70, Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG, das den Landesgesetzgeber zur Regelung sämtlicher gewerberechtlicher Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebs einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld ermächtigt.
8Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 ‒ 1 BvR 1314/12 u. a. ‒, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 100 ff., 105, 108; OVG NRW, Urteil vom 16.4.2018 – 4 A 589/17 –, NWVBl. 2018, 379 = juris, Rn. 53 f., m. w. N.
9§ 15 Abs. 2 GewO gilt im Bereich des in die Gesetzgebungskompetenz der Länder übergegangenen Rechts der Spielhallen gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG als Bundesrecht fort. Es ist in Nordrhein-Westfalen nicht gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG durch Landesrecht ersetzt worden, weil die insoweit allein in Betracht kommende neue Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GlüStV gemäß § 2 Abs. 3 GlüStV für Spielhallen nicht gilt. Deshalb hat der Senat bereits entschieden, dass § 15 Abs. 2 GewO taugliche Grundlage dafür sein kann, gegen Spielhallen vorzugehen, die ohne die nach §§ 24 Abs. 1 GlüStV, 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW erforderliche Erlaubnis betrieben werden.
10Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.7.2018 – 4 B 179/18 –, NWVBl. 2018, 529 = juris, Rn. 9 ff.; so für Hessen auch Hess. VGH, Beschluss vom 26.10.2018 ‒ 8 B 1558/18 ‒, juris, Rn. 13 ff.
11Das Vorbringen des Antragstellers bietet keinen Anlass, dies anders zu beurteilen.
12Nichts anderes folgt insbesondere aus der vom Antragsteller angeführten ‒ höchstrichterlich bestätigten ‒ Rechtsprechung, wonach die Übergangsvorschrift des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV Vertrauensschutz nicht betreiber-, sondern spielhallenbezogen gewährt.
13Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 8.11.2013 ‒ 7 ME 82/13 ‒, GewArch 2014, 30 = juris, Rn. 5 ff.; BVerwG, Urteil vom 5.4.2017 – 8 C 16.16 –, ZfWG 2017, 394 = juris, Rn. 42 ff.
14Hieraus ergibt sich zwar, dass auch zu Gunsten eines Neubetreibers einer unter § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV fallenden Altspielhalle, für die bis zum 28.10.2011 eine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden war, nach Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist bei Vorliegen eines Härtefalls für einen angemessenen Zeitraum eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen der §§ 24 Abs. 2, 25 GlüStV nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV zugelassen werden kann.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.2.2016 ‒ 4 A 809/15 ‒, ZfWG 2016, 238 = juris, Rn. 6 ff.
16Die fünfjährige Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV soll aber nur dem Interesse der Betreiber Rechnung tragen, eine Amortisierung der im Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage in die Spielhalle getätigten Investitionen zu erreichen und dabei einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften, wobei dieser Investitionsschutz bei einem Betreiberwechsel nicht entfallen soll.
17Vgl. BVerwG, Urteil vom 5.4.2017 – 8 C 16.16 –, ZfWG 2017, 394 = juris, Rn. 48.
18Dass die Übergangsfrist aus Bestandsschutzgesichtspunkten standortbezogen zu verstehen ist, rechtfertigt kein entsprechendes Verständnis des Erlaubniserfordernisses nach § 24 GlüStV. Dieses hat das Erlaubniserfordernis gemäß § 33i GewO in Nordrhein-Westfalen mit Ablauf der Überleitungsfristen zeitlich gestuft ersetzt und ist ‒ wie das frühere Erlaubniserfordernis nach § 33i GewO ‒,
19vgl. BVerwG, Urteil vom 5.4.2017 – 8 C 16.16 –, ZfWG 2017, 394 = juris, Rn. 45,
20betreiber- und betriebsbezogen zu verstehen. Jedenfalls für das nordrhein-westfälische Landesrecht ist bereits letztinstanzlich und rechtskräftig geklärt, dass zu den Erlaubnisvoraussetzungen neben standortbezogenen Erfordernissen nach § 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2 lit. a AG GlüStV NRW i. V. m. §§ 1 Satz 1 Nr. 3, 4 Abs. 3, 24 Abs. 2 Satz 1 GlüStV auch die Einhaltung der Erfordernisse des Jugendschutzes bzw. die Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes sowie nach §§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, 16 Abs. 2 Satz 1 AG GlüStV NRW i. V. m. §§ 2 Abs. 3, 4 Abs. 1, 24 GlüStV das Erfordernis der persönlichen Zuverlässigkeit gehören,
21vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.4.2018 – 4 A 589/17 –, NWVBl. 2018, 379 = juris, Rn. 46 ff., 60 ff., 68 ff., rechtskräftig nach Zurückweisung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch BVerwG, Beschluss vom 2.10.2018 ‒ 8 B 31.18 ‒, juris,
22mithin betreiberbezogene Anforderungen.
23Vgl. im Ausgangspunkt ähnlich zum niedersächsischen Recht VG Osnabrück, Urteil vom 17.5.2017 ‒ 1 A 294/16 ‒, juris, Rn. 20.
24Ohne Erfolg wendet der Antragsteller auch ein, nach § 15 Abs. 2 GewO hätte der Betrieb nicht untersagt werden dürfen, sondern allenfalls die Fortsetzung des Betriebs so lange verhindert werden dürfen, bis der im Fehlen der Zulassung liegende Mangel behoben ist. Die Antragsgegnerin hat die Schließung der Spielhalle angeordnet, also entsprechend der Ermächtigung die Fortsetzung des Betriebs verhindert. Hinsichtlich der gesetzlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten nach § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO ist unerheblich, ob die Voraussetzungen der erforderlichen, aber fehlenden Erlaubnis in absehbarer Zukunft vorliegen können. Denn Zweck der Ermächtigung ist es, den Erlaubnisvorbehalt zur Sicherung des Geschäftsverkehrs durchzusetzen, also die vorherige behördliche Prüfung der Erlaubnisfähigkeit der beabsichtigten Gewerbetätigkeit zu sichern und damit die mit einer unerlaubten Tätigkeit verbundenen Gefahren abzuwehren.
25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.7.2018 – 4 B 179/18 –, NWVBl. 2018, 529 = juris, Rn. 18 f., m. w. N.
26Die Ermächtigung greift erst recht, wenn die Erlaubnisvoraussetzungen auch künftig voraussichtlich nicht vorliegen werden, auch wenn Grund für das Einschreiten hierbei das bloße Fehlen der Erlaubnis bleibt, nicht aber eine hierfür nicht erforderliche Gewerbeuntersagung. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit hat die Behörde bei Entscheidungen nach § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO zu berücksichtigen, ob es sich um eine nur formell oder auch ‒ möglicherweise dauerhaft ‒ materiell rechtswidrige Betriebsführung handelt. Unabhängig davon hat sie von ihrem Ermessen, wo dies sachgerecht erscheint, etwa durch Gewähren angemessener Fristen so Gebrauch zu machen, dass durch die Betriebseinstellung weder dem Betriebsinhaber noch den Betriebsangehörigen vermeidbarer Schaden entsteht.
27Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.7.2018 – 4 B 179/18 –, NWVBl. 2018, 529 = juris, Rn. 36 f., m. w. N.
28Das Vorgehen gegen dauerhaft materiell rechtswidrige unerlaubte Spielhallen ist nicht deshalb generell unzulässig oder nur eingeschränkt möglich, weil Spielhallen nicht den Regelungen der Glücksspielaufsicht nach § 9 GlüStV unterfallen. Der nordrhein-westfälische Gesetzgeber hat anders als einige andere Landesgesetzgeber das Recht der Spielhallen nicht vollständig neu regeln wollen, sondern anlässlich der Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrags in Landesrecht nur einen abgrenzbaren Teilbereich.
29Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.4.2018 – 4 A 589/17 –, NWVBl. 2018, 379 = juris, Rn. 49 f., m. w. N.
30Da der Glücksspielstaatsvertrag und das Landesausführungsgesetz keine § 15 Abs. 2 GewO ersetzende Eingriffsermächtigungsnorm enthalten, gilt diese Vorschrift ‒ wie ausgeführt ‒ nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG als Bundesrecht fort. Vor dem 28.10.2011 genehmigte und schon bei Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags bestehende Mehrfachspielhallen hat der Gesetzgeber ausschließlich durch die Übergangsvorschriften in § 29 Abs. 4 GlüStV i. V. m. § 18 AG GlüStV NRW geschützt, nicht aber dadurch, dass er bewusst auf eine Eingriffsermächtigung verzichtet hat, wie der Antragsteller meint. Eine restriktive Auslegung des § 15 Abs. 2 GewO ist nicht geboten.
31Zutreffend ist das Verwaltungsgericht schließlich davon ausgegangen, dass der Spielhallenbetrieb der „I. 2“ neben der „I. 1“ materiell rechtswidrig ist, weil es für eine unbillige Härte im Sinne des § 29 Abs. 4 GlüStV an jeglichem Anhalt fehle.
32Mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der unbilligen Härte sollen (nur) atypische, vom Gesetzgeber nicht ausreichend berücksichtigte, besonders gelagerte Fallkonstellationen, in denen die Anwendung der gesetzlichen Vorgaben zu einer nicht intendierten Härte führen würden, einer die widerstreitenden Interessen abwägenden Einzelfallentscheidung zugeführt werden können. Härten, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Tatbestands bewusst in Kauf genommen hat und die dem Gesetzeszweck entsprechen, können keinen Härtefall begründen, weil sonst die vom Gesetzgeber beabsichtigte Folge ‒ hier eine Verringerung von Anzahl und Dichte der Spielhallen ‒ in der Regel nicht eintreten würde. Deshalb sind an die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung der „unbilligen Härte“ hohe Anforderungen zu stellen. Diese sind regelmäßig nicht bereits dann erfüllt, wenn mit der Schließung von Spielhallen wirtschaftliche Einbußen und sonstige Belastungen verbunden sind. Insbesondere können die Spielhallenbetreiber nicht die verlustfreie Abwicklung ihrer zu schließenden Spielhallen verlangen. Der Gesetzgeber wollte mit der fünfjährigen Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV die regelmäßig eintretenden wirtschaftlichen Nachteile bei den Betreibern von Spielhallen erfassen und diesen innerhalb der großzügig bemessenen Übergangsfrist einen schonenden Übergang zu den strengeren Reglungen des Staatsvertrags und die Entwicklung alternativer Geschäftsmodelle ermöglichen. Die Annahme einer unbilligen Härte muss daher auf wenige Ausnahmen in besonders atypischen Einzelfällen beschränkt bleiben.
33Vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 12.6.2018 – 8 B 1903/17 –, ZfWG 2018, 419 = juris, Rn. 36 ff., m. w. N.; siehe dazu auch Ministerium für Inneres und Kommunales NRW, Erlass vom 10.5.2016, S. 6 f., https://www.im.nrw/sites/default/files/media/document/file/Spielhallenerlass%202016.pdf.
34Ein solcher atypischer Einzelfall ist nicht ansatzweise ersichtlich. Während die fünfjährige Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV dem Interesse der Betreiber Rechnung tragen soll, eine Amortisierung der im Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage in die Spielhalle getätigten Investitionen zu erreichen und dabei einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften, wobei dieser Investitionsschutz bei einem Betreiberwechsel nicht entfallen soll,
35vgl. BVerwG, Urteil vom 5.4.2017 – 8 C 16.16 –, ZfWG 2017, 394 = juris, Rn. 48,
36wirkt dieser dem Bestandsschutz dienende Zweck im Rahmen der Härtefallregelung nur insoweit und solange nach, wie dies erforderlich ist, um ‒ im Einzelfall ‒ unzumutbaren Belastungen Rechnung zu tragen, ohne aber die mit §§ 24 und 25 GlüStV verfolgten Allgemeinwohlinteressen auf Dauer hintanzustellen.
37Vgl. Begründung zu § 29 GlüStV, abgedruckt etwa in Bay. LT-Drs. 16/11995, S. 32, sowie in Nds. LT-Drs. 16/4795, S. 94.
38Nach diesem Regelungszweck kommt es auf städtebauliche Aspekte nicht an. Sofern bei Härtefallentscheidungen nach § 29 Abs. 4 Satz 4 Hs. 2 GlüStV der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gemäß § 33i GewO sowie die Ziele des § 1 GlüStV zu berücksichtigen sind, wird dadurch gerade zum Ausdruck gebracht, dass die für atypische Einzelfälle vorgesehene Berücksichtigung grundrechtlich geschützter Positionen der Spielhallenbetreiber für einen angemessenen Zeitraum über die fünfjährige Übergangsfrist hinaus im Rahmen von Härtefallentscheidungen nur unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 GlüStV in Betracht kommt. Dies ändert nichts daran, dass eine Härte einen atypischen Einzelfall voraussetzt, in dem auf Grund des Vertrauens in die frühere Rechtslage für den Betrieb und somit auch für den jeweiligen Betreiber besondere unvermeidbare Belastungen gegeben sind, denen andere Betriebe von Bestandsspielhallen, die nach Ablauf von fünf Jahren geschlossen werden müssen, grundsätzlich nicht ausgesetzt sind. Die Vorstellung des Antragstellers, ein Härtefall sei gegeben bei mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags vereinbaren Bestandsspielhallen, die nach Ablauf der Übergangsfrist nach § 29 Abs. 4 Satz 2 gegen das Verbot von Mehrfachkonzessionen nach § 25 Abs. 1 und 2 GlüStV verstoßen, findet im Gesetz keinen Niederschlag. Im Gegenteil ging es dem Gesetzgeber maßgeblich darum, nach Ablauf der Übergangsfrist die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung sowie den Jugend- und Spielerschutz (§ 1 GlüStV) im Bereich der Spielhallen insbesondere durch das ‒ nur noch in atypischen Einzelfällen ausnahmsweise mit Blick auf frühere Investitionen vereinzelt zu durchbrechende ‒ Verbot von Mehrfachkonzessionen und die Regelung von Mindestabständen zu erreichen.
39Vgl. LT-Drs. 16/17, S. 43.
40Er reagierte damit gerade auf das in der Vergangenheit gestiegene Angebot an Spielgeräten in Spielhallen, weshalb der Antragsteller mit seinen Hinweisen auf in der Vergangenheit legal betriebene Mehrfachspielhallen, auf die Außenwirkung seines Betriebs, auf die Verantwortlichkeit des Gesetzgebers für die Neuregelung sowie auf seine bisher rechtskonforme Betriebsführung keine unbillige atypische Härte aufzeigt.
41Auch die mit der Neuregelung beabsichtigte Kanalisierung des natürlichen Spieltriebs der Bevölkerung durch ein begrenztes, eine geeignete Alternative zum nicht erlaubten Glücksspiel darstellendes Glücksspielangebot (§ 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV) sollte gerade im Bereich der Spielhallen dadurch geschaffen werden, dass Mehrfachspielhallen verboten und Mindestabstände eingeführt wurden. Es ist keine Frage einer unbilligen Härte, ob der Kanalisierungseffekt durch großzügigere Spielhallenzulassungen besser erfüllt werden könnte. Härten, die der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen hat und die dem Gesetzeszweck entsprechen, können nämlich keinen Härtefall begründen. Davon, dass keine hinreichende Alternative legalen Glücksspiels verbliebe, kann im Übrigen schon mit Blick auf den dem Antragsteller gestatteten Betrieb der „I. 1“ am selben Standort keine Rede sein. Insofern kann nach der gesetzlichen Konzeption lediglich Raum sein für die Eröffnung einer weiteren Spielhalle, die den Mindestabstand einhält; eine Härte, die die vorübergehende Fortführung einer unzulässig gewordenen Mehrfachspielhalle gebieten könnte, folgt daraus nach den hierfür maßgeblichen rechtlichen Maßstäben keinesfalls.
42Innerhalb der fünfjährigen Übergangsfrist des § 18 AG GlüStV NRW i. V. m. § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV musste sich der Antragsteller ebenso wie der frühere Betreiber zur Zeit seiner Betriebsführung darauf einstellen, dass künftig von mehreren Spielhallen an einem Standort nur noch eine Spielhalle betrieben werden darf.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 – 8 C 6.15 –, BVerwGE 157, 126 = juris, Rn. 55.
44In Nordrhein-Westfalen bestand zudem für Spielhallen, die der am 30.6.2017 abgelaufenen fünfjährigen Übergangsfrist nach § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV unterfielen, grundsätzlich jedenfalls bis zum 30.11.2017 zumindest ein Anspruch auf eine Härtefallerlaubnis nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV, nachdem die Spielhallenbetreiber durch Ministerialerlass und auch von der Antragsgegnerin auf einen Lauf der Übergangsfrist bis zum 30.11.2017 hingewiesen worden waren und sich deshalb hierauf einstellen durften.
45Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8.6.2017 – 4 B 307/17 –, NWVBl. 2017, 431 = juris, Rn. 71 ff.
46Da der Antragsteller selbst entscheiden konnte, welche seiner beiden Spielhallen nach tatsächlichem oder angenommenem Ablauf der Übergangsfrist fortbestehen sollte, stand auch nicht erst mit der Härtefallentscheidung fest, dass er einen Betrieb tatsächlich aufgeben musste. Schon innerhalb der fünfjährigen Übergangsfrist konnte der Antragsteller verlässliche Planungen dazu anstellen, welche seiner beiden Spielhallen er künftig aufgeben wolle, so dass sich eine Härte aufgrund von Unsicherheiten, ob eine Spielhalle fortbestehen kann, allenfalls für eine verbleibende Spielhalle ergeben kann, die mit weiteren Spielhallen anderer Anbieter in einem Konkurrenzverhältnis steht.
47Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8.6.2017 – 4 B 307/17 –, NWVBl. 2017, 431 = juris, Rn. 75; OVG Saarl., Beschluss vom 20.12.2018 ‒ 1 B 231/18 ‒, juris, Rn. 77.
48Ermessensfehler sind vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich.
49Bei der Ermessensentscheidung nicht berücksichtigte Besonderheiten, denen die Antragsgegnerin im Rahmen ihres Ermessens hätte Rechnung tragen müssen, ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass das „Auswahlverfahren“ zwischen den beiden Hallen des Antragstellers rechtlich zu beanstanden wäre.
50Der geltend gemachte Verstoß gegen das Transparenzgebot ist nicht ansatzweise ersichtlich. Die aus dem allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung folgende Pflicht zur Transparenz ist bei Auswahlentscheidungen heranzuziehen, bei denen angesichts bestimmter objektiver Kriterien ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht. Hier ist den Mitgliedstaaten ein gewisses Ermessen zuzuerkennen, um zur Einhaltung dieser Grundsätze bestimmte Maßnahmen zu erlassen. Die Verpflichtung zur Transparenz soll u. a. die Gefahr willkürlicher Entscheidungen ausschließen.
51Vgl. EuGH, Urteil vom 16.4.2015 ‒ C-278/14 ‒, VergabeR 2015, 555 = juris, Rn. 16 und 25 ff., m. w. N.; hierzu auch OVG NRW, Beschlüsse vom 8.6.2017 – 4 B 307/17 –, NWVBl. 2017, 431 = juris, Rn. 55 ff., und vom 15.5.2017 ‒ 4 A 1504/15 ‒, NVwZ-RR 2017, 690 = juris, Rn. 26 f., m. w. N.
52Die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit waren hier schon deshalb nicht einschlägig, weil die Antragsgegnerin eine Auswahl nur zwischen zwei Hallen zu treffen hatte, die beide vom Antragsteller betrieben werden. Zudem hatte die Antragsgegnerin dem Antragsteller bereits mit Schreiben vom 24.10.2017 Gelegenheit gegeben mitzuteilen, für welche seiner beiden Spielhallen die Erlaubnis nach § 24 GlüStV erteilt werden sollte. Nachdem der Antragsteller von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hatte, war es gemessen am Zweck der Ermächtigung zur Auswahl nicht ermessensfehlerhaft und rechtsstaatlich unbedenklich, mit Blick auf die nur in „I. 1“ vorhandenen eigenen Toiletten diese statt der wirtschaftlich und hinsichtlich der Betriebsabläufe im Wesentlichen vergleichbaren „I. 2“ auszuwählen. Dies gilt umso mehr, nachdem der Antragsteller gegen die ihm hierfür erteilte Erlaubnis nicht mit dem Ziel vorgegangen ist, stattdessen eine Erlaubnis für „I. 2“ zu erhalten.
53Ein Ermessensfehler liegt auch nicht darin, dass die Antragsgegnerin davon ausgegangen ist, sie müsse vor der Durchführung des Auswahlverfahrens über die Härtefallbefreiung entscheiden. Die Antragsgegnerin hat mit der streitgegenständlichen Verfügung vom 14.2.2018 rechtsfehlerfrei zugleich über die vom Antragsteller nicht selbst vorgenommene Auswahl und über die von ihm erst am 9.2.2018 erstmals geltend gemachten Härtegründe entschieden sowie eine unbillige Härte zutreffend verneint. Da der Antragsteller nicht über die spätestens nach dem 30.11.2017 erforderlichen glücksspielrechtlichen Erlaubnisse verfügte, hätte er schon zu diesem Zeitpunkt eine jedenfalls materiell-rechtswidrige Spielhalle bereits von sich aus schließen müssen, zumal er insoweit bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal Gründe für eine unbillige Härte benannt hatte. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, weshalb die Antragsgegnerin, die der mehrfachen Bitte des Bevollmächtigten des Antragstellers um Fristverlängerung entsprochen und deshalb erst im Februar 2018 die Auswahl für den Antragsteller vorgenommen hatte, rechtlich daran gehindert gewesen sein könnte, zugleich über den Härteantrag zu entscheiden. Ob im Fall einer (echten) Konkurrenz zu Spielhallen anderer Betreiber etwas anderes gelten könnte, bedarf hier keiner Klärung. Die Auswahl hätte jedenfalls seit dem Erhalt des Schreibens vom 24.10.2017 bis Mitte Februar 2018 vom Antragsteller selbst vorgenommen werden können, weshalb er hinreichend Gelegenheit hatte, sich für den Erhalt der einen oder der anderen I. einzusetzen. Selbst im Laufe der mit der Rechtsmittelfrist übereinstimmenden Frist für die Schließung der „I. 2“ von einem Monat nach Bekanntgabe hätte der Antragsteller noch geltend machen können, anstelle der Erlaubnis für „I. 1“ eine solche für „I. 2“ erhalten zu wollen. Da ohnehin keine Gründe für eine unbillige Härte gegeben waren, durfte die Antragsgegnerin auch rechtsfehlerfrei zugleich hierüber entscheiden.
54Schon mit Blick auf die großzügige Übergangsfrist von fünf Jahren und die insoweit bestehende Rechtsklarheit, nach ihrem Ablauf bei Fehlen unbilliger Härten jedenfalls eine I. schließen zu müssen, war auch die dem Antragsteller im Februar 2018 eingeräumte Frist von einem Monat zur Abwicklung der Geschäfte ausreichend, auch wenn er seinen Betrieb nicht ohne erforderliche Erlaubnis neu begonnen hat. Insoweit sind die Erwägungen des Senats, auf die sich der Antragsteller beruft, hier schon deshalb nicht einschlägig, weil die Antragsgegnerin ihr Ermessen ‒ anders als im vom Senat entschiedenen Fall ‒ ordnungsgemäß auch insoweit ausgeübt hat, als sie erwogen hat, durch Gewähren angemessener Fristen keinen vermeidbaren Schaden entstehen zu lassen.
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.7.2018 – 4 B 179/18 –, NWVBl. 2018, 529 = juris, Rn. 32 ff., m. w. N.
56Schließlich ergibt sich nicht schon dadurch eine rechtserhebliche Ungleichbehandlung des Antragstellers, weil die Antragsgegnerin in anderen, weniger klar liegenden, Fällen möglicherweise von der Anordnung der sofortigen Vollziehung absieht. Trotz des umfangreichen Beschwerdevorbringens kann bereits im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes sicher beurteilt werden, dass der Antragsteller den Betrieb einer seiner beiden Spielhallen schon im vergangenen Jahr einzustellen hatte und Gründe für einen weiteren Betrieb ohne Erlaubnis, die er nicht besitzt und die materiell-rechtlich nicht erteilt werden kann, nicht vorliegen. In dem gleichwohl beabsichtigten verbotenen Weiterbetrieb entgegen der gesetzlichen Zielrichtung deutlich über die großzügig gewährten Übergangsfristen und Zeiträume für rechtlich erforderliche Klärungen hinaus, liegt ‒ im Interesse des vom Gesetzgeber angestrebten verbesserten Spielerschutzes ‒ die von der Antragsgegnerin zu verhindernde Gefahr.
57Danach überwiegt das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Betriebsführung gegenüber den rechtlich nicht schutzwürdigen gegenläufigen Interessen des Antragstellers an einer vorläufig weiteren Nutzung.
58Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
59Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
60Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
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