Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 4 B 874/19
Tenor
Das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird eingestellt.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 18.6.2019 ist mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung wirkungslos.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Nachdem die Beteiligten das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung der §§ 87 a Abs. 1 und 3, 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Der angefochtene Beschluss ist – mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung – entsprechend § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO für wirkungslos zu erklä;ren.
lass="absatzRechts">3Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 VwGO. Billigem Ermessen im Sinne dieser Vorschrift entspricht es, die Kosten des Verfahrens beider Instanzen der Antragstellerin aufzuerlegen, weil der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses voraussichtlich auch in zweiter Instanz ohne Erfolg geblieben wäre. Die von der Antragstellerin innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe hätten keine Änderung des angefochtenen Beschlusses gerechtfertigt.
4</span>Das Verwaltungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Inhaber einer Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 ProstSchG u.a. dafür Sorge zu tragen hat, dass die in § 18 ProstSchG aufgeführten Mindestanforderungen an Prostitutionsstätten eingehalten werden und dem ordnungsgemäß nur nachkommen kann, wenn er die rechtliche und tatsächliche Verfügungsgewalt über die in Rede stehenden Räumlichkeiten hat. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG bedarf derjenige, der ein Prostitutionsgewerbe betreiben will, der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Nach § 12 Abs. 2 ProstSchG wird die Erlaubnis für das Betreiben einer Prostitutionsstätte zugleich für ein bestimmtes Betriebskonzept und für bestimmte bauliche Einrichtungen, Anlagen und darin befindliche Räume erteilt. Vorliegend hat die Antragstellerin die Erlaubnis für den Betrieb einer Prostitutionsstätte gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 ProstSchG beantragt (vgl. Bl. 23 des Verwaltungsvorgangs). Nach der gesetzlichen Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 ProstSchG betreibt ein Prostitutionsgewerbe, wer gewerbsmäßig Leistungen im Zusammenhang mit der Erbringung sexueller Dienstleistungen durch mindestens eine andere Person anbietet oder Räumlichkeiten hierfür bereitstellt, indem er eine Prostitutionsstätte betreibt. Prostitutionsstätten sind nach § 2 Abs. 4 ProstSchG Gebäude, Räume und sonstige ortsfeste Anlagen, die als Betriebsstätte zur Erbringung sexueller Dienstleistungen genutzt werden. Diese Form des Betriebs einer Prostitutionsstätte setzt nach dem gesetzlichen Konzept voraus, dass der Betreiber der Prostitutionsstätte spätestens bei der Aufnahme des Betriebs der Prostitutionsstätte die Verfügungsgewalt über die Räumlichkeiten, in denen das Prostitutionsgewerbe betrieben wird, nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich innehat. Denn nur dann kann er ‒ wie erforderlich ‒ gewährleisten, dass das Prostitutionsgewerbe entsprechend dem von ihm beantragten und von der Behörde genehmigten Betriebskonzept betrieben wird und die Mindestanforderungen an Prostitutionsstätten nach § 18 ProstSchG eingehalten werden.
5Die Antragstellerin besaß bereits bei Erteilung der Erlaubnis jedenfalls keine rechtliche Verfügungsgewalt über die in Rede stehenden Räumlichkeiten. Auch war angesichts der rechtlichen Verhältnisse nicht ersichtlich, dass sie diese erlangen könnte. Insoweit wird auf die zutreffende Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts (Beschlussabdruck, Seite 5, zweiter Absatz) verwiesen. Diese wird durch das Beschwerdevorbringen nicht erschüttert. Der Einwand, die Antragstellerin habe tatsächliche Verfügungsgewalt über die Räumlichkeiten, da eine unentgeltliche Gebrauchsüberlassung vorliege und sie ungehinderten Zugang zu den Räumlichkeiten habe, ist durch nichts belegt. Inwieweit neben der bestehenden Zwangsverwaltung und dem mit einer anderen Person geschlossenen Mietvertrag Raum für eine „unentgeltliche Gebrauchsüberlassung“ an die Antragstellerin bestanden haben könnte, ist weder dargelegt noch erkennbar.
6Das Beschwerdevorbringen setzt auch der Annahme des Verwaltungsgerichts, die Antragsgegnerin habe das ihr nach § 48 Abs. 1 VwVfG NRW zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt, nichts Durchgreifendes entgegen. In Fallgestaltungen, in denen ‒ wie vorliegend ‒ ausschließlich wirtschaftliche Interessen des Begünstigten betroffen sind und außergewöhnliche Umstände, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen, weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich sind, ist die Ermessensentscheidung der Behörde in Richtung auf die Rücknahme des Verwaltungsaktes "intendiert".p>
7 Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4.2.2019 – 4 B 1137/18 –, ZfWG 2019, 273 = juris, Rn. 21, und vom 18.1.2017 ‒ 4 A 1998/14 ‒, ZfWG 2017, 182 = juris, Rn. 8 f., jeweils m. w. N. Außergewöhnliche Umstände, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen könnten, hat die Antragstellerin nicht aufgezeigt. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
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Referenzen
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- VwGO § 3 1x
- VwGO § 92 1x
- §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG 3x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 173 1x
- ZPO § 269 Klagerücknahme 1x
- VwGO § 161 1x
- § 2 Abs. 3 Nr. 1 ProstSchG 1x (nicht zugeordnet)
- § 2 Abs. 3 Nr. 1 ProstSchG 1x (nicht zugeordnet)
- VwVfG § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes 1x
- VwGO § 152 1x
- 4 B 1137/18 1x (nicht zugeordnet)
- 4 A 1998/14 1x (nicht zugeordnet)